Epheser, Der Brief an die – Bibel-Lexikon
Paulus besuchte Ephesus zum ersten Mal auf seinem Weg von Korinth nach Syrien. Er blieb dort aber nicht lange, sondern ließ Priszilla und Aquila zurück, denen sich später noch Apollos zugesellte (Apg 18,18-24). Paulus kehrte jedoch bald zurück und blieb noch zwei Jahre, um die Gläubigen dort in der Wahrheit zu gründen. Der Widerstand in der Synagoge war jedoch so groß, dass Paulus die Jünger absonderte, und sich täglich mit ihnen in der Schule des Tyrannus versammelte. Das Wort wuchs mächtig und nahm überhand (Apg 19,1-20).
In 1. Korinther 15,32 spricht Paulus von den Kämpfen mit Tieren in Ephesus, wobei er zweifellos auf den starken Widerstand anspielt, der sich durch die Juden dort gegen ihn äußerte. In Apostelgeschichte 20,17-35 ermahnt Paulus die Ältesten von Ephesus, als Aufseher die Versammlung Gottes zu hüten. Ebenso warnt er sie davor, dass verderbliche Wölfe hereinkommen würden, und manche aus ihnen würden verkehrte Dinge reden, um die Jünger hinter sich herzuziehen. Er befahl sie Gott und dem Wort seiner Gnade als ihrer Hilfsquelle an. Nach diesen Begebenheiten schrieb er den Ephesern während seiner zweijährigen Gefangenschaft in Rom den in der Bibel enthaltenen Brief.
In 1. Timotheus 1,3 sagt Paulus, dass er Timotheus gebeten hatte, in Ephesus zu bleiben und sie zu ermahnen, keine anderen Lehren zu lehren und nicht achtzuhaben auf Fabeln und endlose Geschlechtsregister. In 2. Timotheus 1,15 findet man die traurige Mitteilung, dass „alle, die in Asien sind" (was Ephesus mit einschließt) Paulus verlassen hatten - zweifellos ein Kennzeichen dafür, dass sie die Wahrheit, wie sie von Paulus gelehrt wurde, verlassen hatten und sich mit weniger zufrieden gaben. Gemäß Epheser 6,21 wurde Tychikus nach Ephesus gesandt. Die große Sorgfalt und Wachsamkeit, mit welcher Paulus zu ihrem Wohl arbeitete, ist sehr offenkundig. In Offenbarung 2,1-7 haben wir das Sendschreiben an diese Versammlung, in welchem viel Gutes über sie gesagt wird, obwohl ihnen auch der ernste Vorwurf gemacht werden musste, dass sie ihre erste Liebe verlassen hatten. Sie wurden gewarnt, dass, wenn sie nicht Buße tun würden, der Leuchter von seiner Stelle weggerückt werden würde.
In dem Brief an die Epheser wird im Besonderen der Ratschluss Gottes im Hinblick auf sein Volk als mit Christus verbunden dargelegt. Von diesem Standpunkt aus werden die Gläubigen betrachtet und nicht wie im Römerbrief hinsichtlich ihres Bedürfnisses als Sünder, und wie diesem zu begegnen ist. Der Zustand der Gläubigen in Ephesus ließ es zu, eine Mitteilung dieser Art zu empfangen, in welchem herrliche Entfaltungen der Gedanken Gottes über seine Kinder in der größten Fülle gegeben werden.
Den Schlüsselvers finden wir in Epheser 1,3, wo Gott gepriesen wird als „der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus" - als Gott, wenn unser Herr Jesus Christus als Mensch gesehen wird, als Vater, wenn er als Sohn Gottes gesehen wird. Kinder Gottes sind in diese wunderbare Beziehung gebracht, wie durch den Herrn selbst erklärt wird, als er aus den Toten auferstand: „Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott" (Joh 20,17). Es zeigt sich, dass sich das Gebet in Epheser 1,16-23 auf den Titel „der Gott unseres Herrn Jesus Christus" gründet, während sich das in Epheser 3,14-21 auf den Titel „Vater" gründet. Der „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus" hat die Gläubigen gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo. Er hat sie auserwählt zur Sohnschaft für sich selbst, was bedeutet, dass sie in die volle Stellung von Söhnen in Christus Jesus gebracht worden sind, entsprechend dem Wohlgefallen seines Willens. Eingeführt in die Gunst des Geliebten, haben sie in ihm Erlösung, die Vergebung der Sünden. Das Geheimnis des Willens Gottes wird vorgestellt, der das Himmlische und das Irdische unter ein Haupt zusammenbringen wird, zur Verwaltung der Fülle der Zeiten. Juden und Heiden sind Gegenstände der Errettung entsprechend dem Vorsatz Gottes, aus beiden Gläubige durch den Heiligen Geist zu versiegeln, welcher auch das Unterpfand ihres Erbes ist, welches zu Gottes Ehre sein wird, wenn alle Dinge sich in Christus vollenden werden.
Kapitel 1
Das Gebet des Apostels in Epheser 1,17-23 ist, dass die Heiligen den Geist der Weisheit und der Offenbarung der vollen Erkenntnis Gottes bekämen, damit sie die Hoffnung seiner Berufung kennen lernten, das Erbe in den Heiligen und die Macht seiner Stärke, in welcher er wirkte in der Auferweckung Christi (eines Menschen) aus dem Tod und ihn zu seiner Rechten setzte in den himmlischen Örtern (vgl. Ps 8). Er ist das Haupt über alle Dinge für seinen Leib, welcher die Fülle dessen ist, „der alles in allem erfüllt".
Kapitel 2
Dieselbe Kraft hatte in den Gläubigen gewirkt (was in dem fortlaufenden Gegenstand gezeigt wird, der von Kap. 1 bis 2 ohne Unterbrechung durchläuft), die in Sünden tot waren, nun aber mit Christus lebendig gemacht, zusammen (Juden und Heiden) auferweckt und passend gemacht worden sind, in Christus Jesus in die himmlischen Örtern versetzt zu sein. Da ist eine neue Schöpfung in Christus durch Gott betreffs seines Volkes. Der Apostel wollte den Heidenchristen ihre gegenwärtigen Vorrechte ihrem vorigen hoffnungslosen Zustand gegenüberstellen. Gläubige aus Juden und Heiden haben den Zugang durch einen Geist zu dem Vater, während die letzteren jetzt Mitbürger der Heiligen waren und zum Haushalt Gottes gehörten, indem sie ein Teil des Tempels waren, den er baute. Sie waren auch gemeinsam eine Behausung Gottes im Geist.
Kapitel 3
Dieses Kapitel entfaltet in einer Einschaltung die Verwaltung des Geheimnisses, das in Gott verborgen war, aber jetzt durch den Geist offenbart ist, nämlich, dass die Heiden Miterben, Miteinverleibte und Mitteilhaber von Gottes Verheißung in Christus Jesus sein sollten. Ein Geheimnis ist etwas, was nur von Eingeweihten verstanden wird. In den öffentlichen Handlungen Gottes mit Menschen hatte dieses Geheimnis keinen Platz, es ist (obwohl es auf der Erde verwaltet wird) verbunden mit Christus, während er im Himmel verborgen ist, und mit den Heiligen, die dort mit ihm vereinigt sind. Durch die Verwaltung des Geheimnisses würden all die verschiedenen Weisheiten Gottes den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Örtern bekannt gemacht. Es folgt ein Gebet von außerordentlicher Tragweite. Christus wird hier als der Mittelpunkt des Ratschlusses Gottes vorgestellt, und seine Liebe soll von den Herzen des Volkes in ihrer ganzen Fülle gekannt werden.
Kapitel 4
Der Apostel richtet den Sinn auf das, was in dem ersten Teil des Briefes, besonders am Ende von Epheser 2, mitgeteilt wurde, nämlich das Zusammenfügen von solchen, die auf irdischem Boden in Feindschaft waren, in einer neuen und himmlischen Art und Weise. Die Heiligen sollten sich bemühen, die Einheit des Geistes zu bewahren im Band des Friedens. Auf die Gaben wird hingewiesen als vom Haupt gegeben, zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, zur Auferbauung des Leibes Christi, „bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus" (Eph 4,13). Alles was für den Leib nötig ist, leitet sich vom Haupt an. Alles wächst in Christo. Es folgen praktische Ermahnungen in Epheser 4,17. Die Wahrheit „in dem Jesus" besteht im Ablegen des alten Menschen und im Anziehen des neuen. Folgerichtig muss alles das, was den alten Menschen gekennzeichnet hat, abgelegt werden, und was den neuen Menschen kennzeichnet, gefördert werden.
Kapitel 5 und 6
Die Gläubigen sollen Nachahmer Gottes sein als geliebte Kinder. Sie sind Licht in dem Herrn und müssen als Kinder des Lichts wandeln. Sie müssen mit dem Geist erfüllt sein. Es wird auf die irdischen Beziehungen zwischen Ehefrauen und Ehemännern, zwischen Kindern und Vätern sowie zwischen Knechten und Herren Bezug genommen. Jede Beziehung ist im Herrn anzunehmen. Gesegnete Belehrungen über das Geheimnis des Christus und die Versammlung werden in Verbindung mit dem Wort an die Ehefrauen und Ehemänner gegeben.
Im Blick auf das Wesen des geistlichen Kampfes, der in den himmlischen Örtern geführt wird, werden die Christen ermahnt, die ganze Waffenrüstung Gottes anzuziehen. Ohne diese können sie nicht bestehen. Der Apostel bittet um die Gebete der Heiligen, damit er das Geheimnis der guten Botschaft mit Freimütigkeit kundtun möchte, und schließt den bemerkenswerten Brief mit einem Segen.
Die „himmlischen Örter" charakterisieren diesen Brief (vgl. Eph 1,3.20; 2,6; 3,10; 6,12). In dem Brief an die Römer wird der Mensch als lebend in der Sünde behandelt, und die Gnade begegnet seinen Bedürfnissen. Im Brief an die Epheser ist es Gottes belebende Kraft betreffs solcher, die tot in Sünden waren, herrlich dargestellt in der Auferstehung Christi aus den Toten. Im Kolosserbrief werden die Heiligen als mit Christus auferweckt gesehen, aber auf der Erde lebend mit ihrer Hoffnung in den Himmeln. Im Epheserbrief sind die Heiligen in Christus versetzt in die himmlischen Örter.