Evangelien, Die – Bibel-Lexikon
Gott hat es gefallen, in seinem Wort vier Evangelien niederzuschreiben, was zeigt, dass er einen Plan und Absicht dabei hatte, die es lohnt zu erforschen. Wenn man davon ausgeht, dass Gott wirklich der Autor aller vier Evangelien ist, werden sofort alle Fragen über vorhergehende Dokumente, von denen ein Evangelist einige bestimmte Ereignisse ausgewählt hat und ein anderer weitere Ereignisse zusammengestellt hat, ausgelöscht. Es werden auch die andere unbiblische Hypothese abgewiesen, dass jeder Evangelist die bereits fertigen Evangelien vor sich hatte und dann versucht hat, das Fehlende zu ergänzen. Bei all solchen Gedanken wird Gott gewiss vergessen.
Es ist erstaunlich, das die Masse moderner Ausleger keinerlei Muster in den Evangelien findet und nicht erkennt, dass jedes Evangelium seine eigenen speziellen Charakteristiken hat. In der Zeit von Irenäus (120 - 200 n.Chr.) erkannte man dies schon. Er verglich die vier Evangelien mit den vier Cherubinen in der Offenbarung. In einigen der alten Bücher wird ein Mann mit Matthäus dargestellt, ein Löwe mit Markus, ein Ochse mit Lukas und ein Adler mit Johannes. Warum sie in diese Reihenfolge gestellt wurden ist schwer zu erkennen, da der Löwe in der Offenbarung als erstes genannt wird und das Kalb als zweites, wogegen die oben genannte Reihenfolge die aus Hesekiel ist. Die Unterscheidung kann in mehreren Beispielen gesehen werden.
Matthäus. Das Buch beginnt mit „Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams". Die Abstammung führt hier nicht weiter als Abraham, wobei Lukas sie bis Adam zurückverfolgt, passend zum Bereich dieses Evangeliums. In Matthäus finden wir mehr Zitate aus dem Alten Testament als in jedem der anderen Evangelien. Alle beweisen, dass dieses Evangelium ein Zeugnis Jesu als dem wahren Messias für Israel ist. Hier kommen die Weisen und erkundigen sich nach dem „König der Juden". Bei seinem Einzug in Jerusalem wurde er mit „Hosanna dem Sohn Davids" empfangen, was wir in keinem anderen Evangelium finden. Die Himmelfahrt wird nicht geschildert, der Bericht endet mit dem Herrn in seiner Auferstehungskraft auf der Erde, was damit übereinstimmt, dass das Königreich für Israel auf der Erde in der Kraft des Auferstandenen aufgerichtet werden wird. Wenn dieses Evangelium, das Christus als Messias und Sohn Davids darstellt, einige charakteristischen Merkmale hervorhebt, heißt das nicht, dass andere Eigenschaften dem Herrn weniger wichtig sind. Tatsächlich ist die Person des Herrn in diesem Evangelium sehr hervorstehend, denn jede gegebene Verheißung stützt sich auf die Wahrheit und die Herrlichkeit seiner Person.
Markus. Die einleitenden Worte zeigen, dass hier mehr das Evangelium als die Geschichte von Jesus Christus des Sohnes Gottes herausgestellt wird, was dem Evangelium seinen eigenen Charakter verleiht. Es beginnt mit einem kurzen Vorwort, um den Weg für die Einführung des Evangeliums des Reiches Gottes vorzubereiten, indem es Teile aus Maleachi 3,1 und Jesaja 40,3 zitiert. Verschiedene Einzelheiten im Markusevangelium zeigen, dass Christus der treue Diener Gottes ist. So wird zum Beispiel das Wort ευθεως, zu deutsch „alsbald" oder „sogleich" zweiundvierzig Mal genannt. Sobald eine Aufgabe vollendet war, musste etwas anderes getan werden und nur bei Markus finden wir, dass sie keine freie Zeit hatten um zu essen. Die Grundsätze des Reiches werden hier nicht genannt, ebenso wie die angekündigten Drangsale, wie in Matthäus. „Von jenem Tag aber oder der Stunde weiß niemand, weder die Engel im Himmel noch der Sohn, sondern nur der Vater" (Mk 13,32). Der Ausdruck „noch der Sohn" in diesem Abschnitt kommt nur in diesem Evangelium vor, passend zu der Stelle, die sagt „der Knecht weiß nicht was sein Herr tut" (Joh 15,15). Als Sohn Gottes wusste er aber natürlich alle Dinge. In Markus spricht der Herr Gott nicht als seinen Vater an, außer in seiner Qual im Garten, als sein Weg des Dienstes beendet war. Ebenso nennen seine Jünger ihn nie „Herr". Sicherlich zeigen alle diese Dinge und auch weitere Unterschiede, die genannt werden könnten, den Charakter dieses Evangeliums, dass der Herr Jesus der göttliche Diener ist.
Lukas. In diesem Evangelium wird Jesus als der vom Himmel betrachtete Sohn des Menschen dargestellt. Sein Stammbaum wird daher bis Adam zurückverfolgt. Die frühen Ereignisse in seinem Leben werden hier beschrieben, z.B. wie er ein Kind seiner Eltern war. In dem Zitat aus Jesaja 40,3–5 endet Matthäus mit den Worten „bahnt den Weg des Herrn", Lukas aber setzt das Zitat fort bis „alles Fleisch wird die Rettung Gottes sehen". Als der Herr seine Jünger aussendet um zu predigen, befehlt er ihnen in Matthäus: „Geht nicht auf einen Weg der Nationen, und geht nicht in eine Stadt der Samariter". Aber in Lukas werden diese Worte ausgelassen. Hier ist der Herr der Sohn des Menschen für Menschen. Nur in diesem Evangelium haben wir das Gleichnis des barmherzigen Samariters. Es lehrt uns, dass Gnade nicht danach fragt „wer ist mein Nächster?", weil alle Menschen unsere Nächsten sind. Und nur hier finden wir das Gleichnis des verlorenen Schafes, der verlorenen Münze und des verlorenen Sohnes: Gott sucht die Verlorenen. Alles das stimmt damit überein, dass Christus der Sohn des Menschen ist, um den Menschen Segen zu bringen (vgl. Lk 2,14).
Johannes. Die bemerkenswerte Einleitung dieses Evangeliums zeigt auch seinen Charakter. „Das Wort war bei Gott und das Wort war Gott." Und am Ende der Einleitung wird sein Gegenstand aufgezeigt, dass die Menschen glauben, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes. Es gibt kein Geschlechtsregister des Herrn bei Johannes. Im Anfang war er mit Gott und die Welt wurde durch ihn gemacht. In diesem Evangelium wird die Auferweckung des Lazarus berichtet und der Herr nennt sich selbst „die Auferstehung und das Leben". Nur hier werden seine Qualen im Garten Gethsemane ausgelassen, und als sie kamen um ihn gefangen zu nehmen, wichen sie alle zurück und fielen zu Boden. In diesem und vielen anderen Abschnitten dieses Evangeliums sehen wir die charakteristische Darstellung des Herrn Jesus als dem Sohn Gottes, obwohl von dem fünften Kapitel an seine vollkommene Abhängigkeit von dem Vater klar gezeigt wird.
So finden wir in den vier Evangelien vier göttliche Bilder des Herrn Jesus in den oben genannten Charakterzügen. Es betont ihre göttliche Vollkommenheit, wenn wir versuchen, sie in ein Bild zusammenzufassen, was oft eine „Harmonie" genannt wird. Lassen wir sie in ihrer Einzigartigkeit stehen, wie sie durch den Finger Gottes gezeichnet wurden. Bewundern wir sie in ihren Unterschieden, und wir werden den Herrn, der durch sie geoffenbart wird, besser kennen lernen.
Die unverwechselbaren Eigenschaften der Evangelien mag unter Berücksichtigung bestimmter griechischer Wörter weiter studiert werden.
Für die Chronologie der Geschichte der Evangelien siehe Neues Testament.