Galater, Der Brief an die – Bibel-Lexikon

Das Datum der Abfassung des Galaterbriefes ist ungewisser als bei irgendeinem anderen Brief - einige wollen die Abfassung früher ansetzen, andere später. Vieles spricht dafür, dass sich die Ereignisse wie folgt zugetragen haben. Während seiner zweiten Missionsreise bereiste der Apostel Paulus die Gegenden von Phrygien und die galatische Landschaft (Apg 16,6). Aus Gal 4,13-15 erfahren wir, dass er dort das Evangelium verkündigt hatte. Die gläubig Gewordenen hatten ihn wie einen Engel Gottes aufgenommen und waren sogar bereit, ihre Augen auszureißen und ihm zu geben. Wahrscheinlich hat dieser Besuch um das Jahr 51 n.Chr. stattgefunden. Ca. im Jahr 54 n. Chr. besuchte Paulus sie erneut. Alles, was wir von dieser Reise lesen, ist, dass er die galatische Landschaft durchzog, indem er die Jünger befestigte (Apg 18,23). Möglicherweise haben diese jedoch leider genau so bereitwillig die judaisierenden Lehrer aufgenommen. Als Paulus dies zu Ohren kam, schrieb er diesen Brief an sie. Er bedauerte, dass sie sich so schnell zu einem anderen Evangelium umgewendet hatten, welches jedoch kein anderes war.

In 1. Kor 16,1 lesen wir, dass Paulus die Versammlungen in Galatien bezüglich der Sammlung für die Heiligen belehrt hatte. Der 1. Korintherbrief wurde ca. im Jahr 55 n. Chr. geschrieben. In Bezug auf Sammlungen wird jedoch in dem Brief an die Galater nichts erwähnt, und soweit wir wissen, hat Paulus die Versammlungen in Galatien nicht noch einmal besucht. Das hat einige dazu veranlasst anzunehmen, Paulus habe den Brief nach seinem ersten Besuch geschrieben, und dass er ihnen die Unterweisungen bzgl. der Sammlungen bei seinem zweiten Besuch gegeben hat. Es kann jedoch auch sein, dass er ihnen die Belehrungen in einem weiteren Brief oder durch einen persönlichen Boten zukommen ließ.

Kapitel 1

Nach einer kurzen Einleitung, in der das Ziel der Hingabe des Herrn für unsere Sünden vorgestellt wird, nämlich uns aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf herauszunehmen nach dem Willen Gottes, kommt der Apostel direkt auf den Punkt und drückt sein Erstaunen darüber aus, dass die bekehrten Galater sich so schnell von dem Evangelium abgewendet hatten. Auf das Heftigste verurteilt er die Bestrebungen, die sie von der Gnade Christi abzuziehen und auf einen anderen Boden zu stellen suchten. Mit Nachdruck stellt Paulus ihnen vor, dass seine Apostelschaft nicht von Menschen noch durch einen Menschen ist, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, und dass ihm das Evangelium, welches er predigte, durch Offenbarung Jesu Christi zuteil geworden war. Die jüdische Religion, durch die sie so sehr angezogen wurden, hatte ihn dahin geführt, ein erbitterter Verfolger zu werden, aber es hatte Gott wohl gefallen, seinen Sohn in ihm zu offenbaren, damit er ihn unter den Nationen verkündigte. Er hatte seinen Auftrag und seine Autorität direkt aus dem Himmel empfangen; sie standen in keiner Weise mit Jerusalem als Ursprung in Verbindung. Die Heiligen in Judäa verherrlichten aber Gott an ihm.

Kapitel 2

14 Jahre nach seiner Bekehrung ging er nach Jerusalem hinauf und legte denen in Jerusalem das Evangelium vor, das er unter den Nationen predigte. In dem Fall des aus den Nationen bekehrten Titus lehnte er es hinsichtlich der Beschneidung auf das Entschiedenste ab, sich dem Druck judaisierender Brüder zu beugen, und erhielt als Folge im Hinblick auf seinen Dienst unter den Nationen die volle Gemeinschaft von Jakobus, Kephas und Johannes, die als Säulen angesehenen wurden. Hinterher in Antiochien widerstand Paulus Petrus ins Angesicht wegen der Wahrheit des Evangeliums, das Petrus aus Furcht vor den Juden preiszugeben drohte. Das Verhalten von Petrus war ganz und gar widersprüchlich. Petrus und Paulus selbst hatten das Gesetz als Mittel zur Rechtfertigung aufgegeben, um ausschließlich auf dem Grundsatz des Glaubens an Jesus Christus gerechtfertigt zu werden. War Christus, indem sie dieses getan hatten, zu einem Diener der Sünde geworden? Wenn nicht, dann bauten sie durch ihre Rückkehr zu dem Gesetz das wieder auf, was sie vorher abgebrochen hatten, und waren offenbar Übertreter. Denn wenn sie recht getan hatten, als sie das Gesetz zugunsten von Christus aufgegeben hatten, dann war ein Zurückkehren zu demselben falsch. Für Paulus zumindest war es Wahrheit, dass er durch das Gesetz dem Gesetz gestorben war, damit er Gott lebte. Er war mit Christus gekreuzigt (d.h. rechtlich tot); dennoch lebte er, jedoch nicht länger er selbst, sondern Christus lebte in ihm, und sein Leben, das er noch in dieser Welt lebte, lebte er durch Glauben - durch den Glauben an den Sohn Gottes, dessen Liebe seine Seele erfüllte. Wenn Gerechtigkeit tatsächlich durch Gesetz kommen würde, dann wäre Christus umsonst gestorben.

Kapitel 3

Die Galater waren wie bezaubert. Hatten sie den Geist aus Gesetzeswerken empfangen oder aus der Kunde des Glaubens? Darauf konnte es nur eine Antwort geben. Nachdem sie im Geist angefangen hatten, wollten sie nun im Fleisch vollenden? Der Grundsatz, auf dem Abraham, das Haupt der Verheißungen und Segnungen, gerechtfertigt worden war, war derjenige des Glaubens, und auf dem gleichen Grundsatz würden auch die Nationen, zusammen mit dem gläubigen Abraham, gesegnet werden, gemäß der ihm von Gott gegebenen Verheißung. Diejenigen, die unter dem Gesetz waren, waren unter dem Fluch, und auf diesem Grundsatz konnte niemand gerechtfertigt werden. Christus hatte den Fluch getragen, damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen käme, und damit sie durch den Glauben die Verheißung des Geistes empfingen. Das Gesetz, das 430 Jahre nach der Verheißung gegeben worden war, konnte diese nicht beiseite setzen, die zudem nicht nur Abraham zugesagt worden war, sondern auch seinem Nachkommen, nämlich Christus. Das Gesetz kam daneben ein, bis der Nachkomme käme: es belegte, dass es Übertretungen gab. Es war nützlich als Aufseher oder Vormund insofern, als es für diejenigen, die unter seiner Herrschaft waren, die Funktion eines Erziehers auf Christus hin hatte. Jetzt aber, da der Glaube gekommen war, waren solche nicht mehr unter einem Erzieher. Die Gläubigen aus den Nationen waren nun Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus. In Christus waren die Unterschiede zwischen Jude und Grieche aufgehoben: alle waren einer in Christus Jesus. Da die Gläubigen aus den Nationen Christus angehörten, waren sie Abrahams Nachkommen und nach Verheißung Erben.

Kapitel 4

Die Juden waren, obwohl Erben, unter Gesetz in dem Zustand unmündiger Kinder, geknechtet unter die Elemente der Welt, mit denen das Gesetz tatsächlich zu tun hatte. Jetzt jedoch hatte Gott seinen Sohn gesandt, um diejenigen, die unter Gesetz waren, loszukaufen, damit die Gläubigen die Sohnschaft empfingen. Er hatte den Geist seines Sohnes in ihre Herzen gesandt, durch den sie rufen können: „Abba, Vater!" Sie waren daher nicht länger Knechte, sondern Söhne; wenn aber Söhne, dann auch Erben durch Gott. Wollten denn die Gläubigen aus den Nationen (die sich ehemals in der Finsternis des Heidentums befanden, jetzt aber Gott erkannt hatten) sich wieder zurückwenden zu den Grundsätzen des Gesetzes, die der Apostel ohne zu zögern schwache und armselige Elemente nennt? Sie beobachteten Tage und Monate und Zeiten und Jahre, als ob das Christentum ein System für den Menschen im Fleisch wäre.

Er erinnert sie jedoch an ihre früheren Zuneigungen zu ihm, und wie sie ihn als einen Engel Gottes aufgenommen hatten. War er jetzt ihr Feind geworden, weil er ihnen die Wahrheit sagte? Die judaisierenden Lehrer hatten diese Uneinigkeit gesät, damit sie selbst in den Zuneigungen der Galater den Platz des Apostels einnähmen. Geistlicherweise hatte er wieder Geburtswehen um sie, bis Christus in ihnen Gestalt gewonnen hätte. Er war ihretwegen in Verlegenheit. Mochten diejenigen, die unter Gesetz sein wollten, das Gesetz hören! Er stellt ihnen dann die bildliche Bedeutung von Sara und Hagar vor. In diesen beiden Frauen kommt bildlicherweise der Gegensatz zwischen dem Grundsatz des Gesetzes einerseits und demjenigen des Glaubens an die Verheißungen Gottes andererseits deutlich zum Vorschein. Die Verheißung ist in Isaak, das heißt in Christus, gesichert. Gläubige sind, wie auch Isaak es war, Kinder der Verheißung, sie sind nicht Kinder der Magd, sondern der Freien.

Kapitel 5

Er ermahnt die Galater, fest zu stehen in der Freiheit, für die Christus frei gemacht hat. Wenn sie beschnitten würden, wären sie einerseits schuldig, das ganze Gesetz zu halten, und andererseits aller Wirkungen beraubt, die von Christus ausgingen. In diesem Fall wären sie aus der Gnade gefallen. Christen erwarteten durch den Geist aus Glauben die Hoffnung der Gerechtigkeit. Denn für diejenigen, die in Christus sind, gilt, dass der Glaube durch die Liebe wirkt. Die Galater waren gut gelaufen - wer hatte sie aufgehalten? Das Urteil für diesen Schaden würde derjenige tragen, der sie verwirrt hatte, wer er auch sei.

Das Ärgernis des Kreuzes wäre hinweggetan, wenn Beschneidung gepredigt würde, denn das würde bedeuten, das Fleisch zu bestätigen. Liebe jedoch war die Erfüllung des Gesetzes. Fleisch und Geist waren in der Tat auf das Schärfste einander entgegengesetzt. Wenn die Gläubigen jedoch durch den Geist geleitet würden, würden sie nicht unter Gesetz sein. Anschließend werden die Werke des Fleisches im Gegensatz zu der Frucht des Geistes vorgestellt. Diejenigen, die des Christus waren, hatten das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Begierden. Der Geist ist die einzige Kraft für einen christlichen Wandel.

Kapitel 6

Es folgen einige abschließende Ermahnungen. Die Geistlichen unter ihnen sollten diejenigen, die von einem Fehltritt übereilt würden, wieder zurechtbringen, indem sie daran dachten, was sie in sich selbst waren. Sie sollten einer des anderen Lasten tragen, nichts von sich selbst halten, und für die zu sorgen, die sie in dem Wort unterwiesen. Er warnt sie vor den Folgen, die das Säen für das eigene Fleisch nach sich ziehen würde. Wenn sie jedoch für den Geist säten, würden sie von dem Geist ewiges Leben ernten. Allen gegenüber sollte Gutes gewirkt werden, am meisten jedoch gegenüber den Hausgenossen des Glaubens.

Er teilt ihnen mit, dass er den Brief mit eigener Hand geschrieben hat als Zeichen der tiefen Fürsorge für sie. Noch einmal wendet er sich mit scharfen Worten an diejenigen, die Unheil anrichteten. Das Kreuz des Herrn Jesus war jedoch sein einziger Ruhm, durch den ihm die Welt gekreuzigt war und er der Welt. In Christus Jesus war weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern eine neue Schöpfung. Und über diejenigen, die nach dieser Richtschnur wandelten, wird Frieden und Barmherzigkeit ausgerufen.

Der Brief, in dem Kummer und Entrüstung des Apostels vermischt sind, schließt mit einem ergreifenden Hinweis auf die Leiden, die er um der Aufrechterhaltung der Wahrheit willen ertragen hatte, von der sie sich so leicht abwendeten: er trug an seinem Leib die Malzeichen des Herrn Jesus. Die sonst üblichen Grüße am Ende eines Briefes fehlen.

Der Brief ist ein Beispiel für den energischen und forschen Stil des Apostels und für die geistliche Kraft seiner Argumente. Wir sehen ihn tief bewegt wegen der verderblichen Einflüsse judaisierender Lehrer in Galatien und ihres Erfolgs. Ach! Leider hat sich dies in der ganzen Christenheit verbreitet.


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Galaterbrief