Jakobus, Der Brief des – Bibel-Lexikon
Jakobusbrief

Dieser Brief wurde an die zwölf Stämme geschrieben, die in der Zerstreuung waren. Sie werden immer noch in Verbindung mit Gott angesehen, obwohl es nur der jüdische Überrest war, der sich Christus zugewandt hatte und den Glauben an den wahren Messias bekannte, ein Glaube, den der Geist in ihnen bewirkt hatte. Der vorgestellte moralische Maßstab des Lebens ist derselbe wie der, den der Herr darlegte, als er hier unter seinen Jüngern weilte. Dieser Maßstab berücksichtigt nicht die Stellung und die erhabeneren Grundsätze der Versammlung, wie wir es in den Briefen des Apostels  Paulus finden. Der Umstand, dass die Gläubigen sich in der Mitte der Israeliten befanden, von denen einige den Glauben an Christus bloß bekannten, erklärt die Anrede des Apostels an einen so weit gefassten Personenkreis und die Warnungen an die Bekenner. Der Brief gehört seinem Charakter nach in die Übergangszeit, die im ersten Teil der Apostelgeschichte beschrieben wird und dadurch gekennzeichnet ist, dass die Gläubigen noch mit der Anbetung im Tempel und anderen Gewohnheiten fortfuhren, ehe das Zeugnis von Paulus zu ihnen gelangte. Deshalb folgt dieser Brief in manchen griechischen Handschriften der Apostelgeschichte und ist den paulinischen Schriften vorangestellt.

Der Brief wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von Jakobus, dem Bruder des Herrn, geschrieben. Es ist unbekannt, von wo aus er geschrieben wurde. Das Abfassungsdatum kann nur vermutet werden, es schwankt zwischen 45 und 60 n. Chr. In den üblichen Ausgaben wird er „der allgemeine" oder „der katholische" Brief genannt, wahrscheinlich meint das nichts anderes, als dass er nicht an eine bestimmte Versammlung gerichtet ist. Der Ausdruck „allgemeine" ist jedoch nicht in jeder griechischen Abschrift vorhanden.

Kapitel 1

Angesichts der verschiedenen Versuchungen, in die Heilige fallen können, bittet der Apostel sie, alles als Freude anzusehen, weil die Bewährung des Glaubens Ausharren bewirkt. Aber das Ausharren muss ein vollkommenes Werk sein, damit sie in nichts Mangel haben. Wenn es an Weisheit mangelt, so soll sie von Gott erbeten werden. Derjenige, der zweifelt, wird nichts empfangen.

Sowohl der Arme als auch der Reiche haben etwas, dessen sie sich rühmen können: der eine seiner Hoheit, der andere seiner Erniedrigung. Anhand dieses Beispiels sollten die Gläubigen lernen, das richtig beurteilen, was vergeht. Die Krone des Lebens ist für den, der Trübsale erduldet - für solche, die Gott wirklich lieben.

Es gibt jedoch Versuchungen von innen, die nicht von Gott sind, und diese führen zur Sünde und zum Tod. Was von Gott kommt, ist gut, denn er ist der „Vater der Lichter". Er hat uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt als eine Art Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe. Deshalb soll jeder „schnell zum Hören, [aber] langsam zum Reden [und] langsam zum Zorn" sein, d.h. schnell zum Aufnehmen, aber langsam zum Weggeben. Das „eingepflanzte Wort", mit Sanftmut aufgenommen, ist in der Lage, die Seele zu retten. Aber der Gläubige muss es sowohl hören als auch tun. Wenn jemand eine ungezügelte Zunge hat, so ist sein Gottesdienst vergeblich. Reiner Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist in seinem Wesen zutiefst praktisch: sowohl was die menschlichen Bedürfnisse angeht als auch in Bezug auf die Absonderung von der Welt.

Kapitel 2

Die Heiligen werden davor gewarnt, in ihren Zusammenkünften auf das Ansehen der Person zu achten, indem man den Reichen mehr ehrt als den Armen. Wurden sie nicht gerade von den Reichen unterdrückt, und lästern diese nicht Christus? Wenn sie wirklich das „königliche Gesetz" (das besagt, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst) einhalten würden, so würden sie gut handeln. Aber sie übertraten es, indem sie die Person ansahen. Sie sollten reden und handeln als solche, die „durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden."

Danach spricht der Apostel von der Torheit, dass man sagt, man hätte Glauben, ohne dabei Werke zu haben. Wo der Glaube lebendig ist, da werden auch Werke vorhanden sein. Die Frage wird hier vom menschlichen Standpunkt aus gesehen: „Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen." Paulus betrachtet diesen Gegenstand aus der Sicht Gottes, der den Menschen „Gerechtigkeit ohne Werke zurechnet" (Röm 4,6). Es ist wichtig, beide Seiten zu verstehen.

Kapitel 3

Nun wird die Gefahr des Vorhandenseins von vielen Lehrern thematisiert. Die Zunge ist ein kleines Körperteil, aber sie ist zu starken Wirkungen imstande. Deshalb muss sie in Schranken gehalten werden. Ein Mensch, der nicht im Wort strauchelt, ist „ein vollkommener Mann". Ein weiser Mensch wird seine Werke durch ein gutes Verhalten mit Sanftmut und Weisheit zeigen. Das steht im Gegensatz zu den bloß selbst ernannten Lehrern. Himmlische Weisheit führt zu Frieden, aber sie ist erstens rein, d.h. Gott hat seinen Platz in der Seele. Darüber hinaus ist sie friedsam, d.h. das eigene Ich hat keinen Platz dort. Die Folge davon ist, dass sich die Weisheit anderen gegenüber als „voll Barmherzigkeit und guter Früchte" erweist.

Kapitel 4

Das Übel der Lust und der Welt werden in einen Gegensatz zu der Tätigkeit des Geistes in uns gesetzt. Die Gläubigen werden zur Demut, zur Unterwürfigkeit gegenüber Gott und zum Widerstand gegenüber dem Teufel angespornt. Sie werden davor gewarnt, schlecht voneinander zu reden; wenn sie dies aber trotzdem tun, richten sie das Gesetz, das einschärft, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst. Niemand sollte Eigenwillen ausüben; wo man sich auch hinbegibt, in allem sollte man sich dem Willen des Herrn fügen.

Kapitel 5

Die Ungerechtigkeit, die Genusssucht und die Unterdrückung durch die Reichen werden deutlich verurteilt, und am Tag der Vergeltung wird an diese Dinge erinnert werden. Die Geschwister werden im Hinblick auf das Kommen des Herrn zur Geduld ermahnt. Gleichzeitig werden sie vor einem Geist des gegenseitigen Klagens gewarnt, damit sie nicht selbst gerichtet werden würden. Die Propheten werden als Vorbild für Leiden und Geduld vorgestellt. Solche, die ausharren, werden glückselig gepriesen. Das „Ende des Herrn", auf das die Heiligen in Prüfungen schauen sollen, zeigt, dass er „voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist". Dann folgt eine Warnung vor dem Übel des Schwörens. Das Gebet ist die Hilfsquelle für die Leidenden, das Singen von Psalmen die Quelle der Fröhlichen. Anschließend werden ermunternde Anweisungen in Verbindung mit Krankheitsfällen gegeben. Vergebung und Heilung gehört zu dem regierungsmäßigen Handeln Gottes. Die Heiligen werden ermahnt, einander die Sünden zu bekennen und füreinander zu beten, daraufhin wird die Wirksamkeit des Gebets weiter ausgeführt.

Der Brief schließt etwas abrupt mit einer kurzen Aussage über das Ergebnis, das durch die Wiederherstellung eines Menschen erreicht wird, der von der Wahrheit abgeirrt war. Eine Seele wird vom Tod errettet, und eine Menge von Sünden wird bedeckt.