Ein Volk für seinen Namen (Apg. 1-2)
Die Verheißung des Heiligen Geistes
Handlungen des Heiligen Geistes
Die Apostelgeschichte trägt eigentlich einen unzutreffenden Namen. Wir wissen, dass die Bezeichnung der Bibelbücher nicht von Gott inspiriert ist. Auch die Apostelgeschichte hat ihren Namen durch Menschen bekommen. Doch wir werden sogleich sehen, dass Menschen Mühe haben, einem inspirierten Buch Gottes auch nur einen richtigen Namen zu geben. Denn dieses Buch ist eigentlich nicht ein Buch der Geschichte der Apostel. Ohne Zweifel lesen wir in den ersten zwölf Kapiteln viel von Petrus und in den folgenden Kapiteln auch viel von Paulus. Trotzdem ist das nicht die Geschichte der Apostel, auch nicht der Apostel Petrus und Paulus. Eine alte Handschrift des Neuen Testaments, der von Tischendorf entdeckte ›Sinaiticus‹, hat hier nur ›Handlungen‹ stehen. Es wird offen gelassen, wer da handelt. Das kommt der Sache schon etwas näher. In der Tat finden wir hier Handlungen, aber nicht so sehr die der Apostel, sondern die Handlungen des Herrn Jesus, der längst im Himmel ist und jetzt von dorther durch den Heiligen Geist, der auf die Erde gekommen ist, hier auf der Erde wirkt.
Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Evangelien. Das Neue Testament enthält ja, wie wir wissen, nur fünf geschichtliche Bücher: die vier Evangelien und die Apostelgeschichte. Die vier Evangelien berichten über das Leben des Herrn Jesus, Seinen Tod, Seine Auferstehung und zum Teil auch über Seine Himmelfahrt. Nun, mit letzterer beginnt die Apostelgeschichte. Der gesamte Inhalt der Apostelgeschichte bezieht sich auf Vorgänge nach dem vollbrachten Werk auf Golgatha, und sie schildert uns – das ist ein Schlüssel zum Verständnis dieses Buches –, was Christus in uns wirkt, während die Evangelien uns schildern, was Christus für uns vollbracht hat. Durch Menschen, die den Heiligen Geist empfangen haben, verherrlicht sich Christus heute auf der Erde, wobei Er selbst im Himmel ist. Es ist also durchaus ein Buch von Handlungen, aber mehr von Handlungen des Heiligen Geistes als der Menschen, wenngleich Er Menschen benutzt.
Doch stellen wir jetzt die ersten fünf Verse dieses kostbaren Buches vor uns:
„Den ersten Bericht habe ich verfasst, o Theophilus, von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren, bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde, nachdem er den Aposteln, die er sich auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte; denen er sich auch nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt hat, indem er ihnen vierzig Tage hindurch erschien und über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen.
Und als er [mit ihnen] versammelt war, befahl er ihnen, sich nicht von Jerusalem zu entfernen, sondern auf die Verheißung des Vaters zu warten – die ihr, sprach er, von mir gehört habt; denn Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden nach nunmehr nicht vielen Tagen“ (Apg 1,1-5).
Zwei Berichte an Theophilus
In Vers 1 fällt uns etwas Interessantes auf: „Den ersten Bericht habe ich verfasst, o Theophilus ...“ Den ersten Bericht? Theophilus, wer ist das? Und wer ist der Schreiber? Offensichtlich Lukas, der kein Apostel, wohl aber ein Prophet war. Dieser Diener Gottes hat also zwei Bücher der Bibel geschrieben, das nach ihm benannte Evangelium und die Apostelgeschichte. Er bezieht sich zu Anfang des ersten Verses auf das Evangelium, das er geschrieben hatte.
Doch vergleichen wir einmal diesen Vers hier mit Vers 3 von Lukas 1: „... hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach zu schreiben.“ Lukas wendet sich also schon beim Schreiben des ersten Berichts an einen gewissen Theophilus. Es fällt uns auf, dass in Lukas 1, Vers 3 ein zusätzliches Eigenschaftswort vor ›Theophilus‹ steht, das in Apostelgeschichte 1, Vers 1 fehlt. Lukas nennt ihn vortrefflichster Theophilus. Warum sagt er das nur zu Beginn seines Evangeliums und nicht in Apostelgeschichte 1? Nun, gerade aus der Apostelgeschichte wissen wir, dass mit ›vortrefflichster‹ nur hochgestellte Persönlichkeiten angeredet wurden (vgl. bei Felix und Festus, Apg 24,3; 23,26; 26,25). Es wird somit deutlich, dass das Lukas-Evangelium an eine hochgestellte römische Persönlichkeit gerichtet ist.
Ich bemerke noch dazu, dass Lukas ein Mann aus den Nationen war, während die Schreiber der übrigen Bücher des Neuen Testaments ausschließlich Juden waren. Das ist sehr bedeutsam, wenn man bedenkt, dass Gott damals nur zu Juden redete (Mt 10,5.6). In der Apostelgeschichte werden wir diese Änderung in den Wegen Gottes noch weiter entfaltet sehen. Das Zeugnis Gottes beginnt bei den Juden, auch noch nach der Kreuzigung des Herrn Jesus. Dieser Mann, an den Lukas schrieb, dessen Name übersetzt ›Gottlieb‹ oder ›Gott liebt‹ bedeutet, war also in hoher römischer Stellung und hat diese dann, als Lukas seinen zweiten Bericht schrieb, offenbar nicht mehr innegehabt. Ich bin kein Freund von Phantasien in göttlichen Dingen und will mich daher auch hier einer phantasievollen Beschreibung enthalten. Ich gebe nur zu bedenken, dass Theophilus vielleicht, weil er ein Christ geworden war oder weil er es mit seinem christlichen Stand nicht mehr vereinbaren konnte, diese Stellung verloren oder aufgegeben hatte: Jedenfalls wird er hier nur noch ›Theophilus‹ genannt.
Jeder von uns, der von neuem geboren ist, ist sozusagen nur noch ein ›Theophilus‹. Wenn jemand eine hohe Stellung in der Welt bekleidet, ist er unter Brüdern dennoch nur ein ›Theophilus‹. Natürlich ist es nach Gottes Willen, dass wir eine hochgestellte Persönlichkeit, auch wenn es sich um einen Bruder handelt, ehren und ihr Achtung zollen. Obgleich Festus ein böser Mann war, redete ihn Paulus ehrerbietig mit „vortrefflichster Festus“ an. Diese Haltung sollte auch uns stets kennzeichnen. Wir sollten jedem die Ehre geben, die ihm gebührt, und zum Beispiel nicht abschätzig über unsere Regierung reden.
In der Versammlung Gottes, „in Christus Jesus“ jedoch sind wir alle gleich. Mehr als ein ›Bruder im Herrn‹ kann man überhaupt nicht sein, wenn es um unsere Beziehungen zueinander geht. Es ist das köstlichste Vorrecht, das Gott uns schenken kann: ›Brüder und Schwestern im Herrn‹ zu sein. „Ihr alle aber seid Brüder“, hat der Herr Jesus einmal gesagt (Mt 23,8). Um auf diese liebliche Wahrheit hinzuweisen, lässt Lukas hier, wie mir scheint, diesen Titel ›vortrefflichster‹ vor ›Theophilus‹ wegfallen. Das ist ein zweiter Grund für das Fehlen des Titels.
Tun und lehren
Nun beschreibt Lukas kurz den Inhalt seines Evangeliums und erinnert Theophilus, er habe ihm „von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren“ geschrieben. Hier lernen wir wieder eine große sittliche Wahrheit, und ich rede zu solchen, die durch die neue Geburt Kinder Gottes geworden sind. Der Herr Jesus war einst auf der Erde und hat die Wahrheit Gottes zuerst getan und sie dann gelehrt. In Esra 7 wird gesagt, dass Esra, dieser „kundige“ Schriftgelehrte, „sein Herz darauf gerichtet hatte, das Gesetz Jehovas zu erforschen und zu tun‹ und in Israel Satzung und Recht zu lehren“ (V. 10). Bei Esra waren es drei Dinge, bei dem Herrn Jesus nur zwei.
Gott möchte, dass auch wir unser Herz darauf richten, das Wort zu erforschen. Das ist nicht eine Sache von Theologen, sondern eine Sache eines jeden Kindes Gottes. Wir leben von dem Wort Gottes. Sein Wort ist die Speise unserer Seele. Wenn wir es tun und es lehren wollen, müssen wir es erst einmal kennenlernen und es selbst genießen. Wie müssen wir uns doch alle mehr oder weniger schämen, dass wir wertvolle Zeit unseres Lebens mit nichtigen Dingen verschwendet haben! Wir erforschen sehr viele Dinge, aber viel zu wenig das Wort Gottes. Wir sollten es nicht erforschen, um etwas zu wissen, sondern um es zu tun.
Das ist der zweite Punkt: Gott möchte, dass wir das, was wir gelernt haben – und wir lernen bruchstückartig –, in die Praxis umsetzen. Gott gibt sich nicht mit einem schönen Bekenntnis zufrieden, Er möchte Wahrheit im Innern haben. Er möchte, dass wir das, was Er uns gesagt hat, auch tun. Lasst uns doch den Vorsatz fassen: „Herr Jesus, ich möchte das Wort, soweit ich es erfasse, auch verwirklichen. Hilf mir bitte dabei!“
Der dritte Punkt ist ebenfalls sehr wichtig. Denn alles muss der Reihe nach vor sich gehen. Man kann nicht mit dem letzten anfangen: „... in Israel Satzung und Recht zu lehren.“ Hier beim Herrn Jesus heißt es: „Er fing an, sowohl zu tun als auch zu lehren.“ Das Lehren des Wortes Gottes kann niemals zu Anfang kommen.
Ich bin ganz sicher, dass das Wort zuerst einmal über mich selbst Macht haben muss, erst dann kann ich auch andere durch das Wort belehren. Das Wort Gottes muss zuerst einmal mich beurteilen und beeinflussen; erst dann kann ich auch anderen mit dem Wort dienen. Das ist die göttliche Reihenfolge. Deswegen glaube ich nicht, dass sehr junge Leute berufen sind, über das Wort Gottes lehrend zu sprechen. Das ist etwas anderes, als das Evangelium zu verkündigen oder ein Zeugnis von Ihm und für Ihn abzulegen.
Beim Herrn Jesus war das erste Stück, das wir bei Esra fanden, nicht notwendig. Er musste nicht das Wort Gottes erforschen. Jedes Kind Gottes kennt den Grund: Er war selbst das Wort Gottes. In Johannes 1 heißt es: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott“ (Joh 1,1.2). Der Herr Jesus ist das Wort Gottes. Er ist der lebendige Ausdruck der Gedanken Gottes. Das ist die Bedeutung des Ausdrucks ›Wort‹ in der Schrift.
Christus ist ebenso Gott wie der Vater und der Heilige Geist, und Er ist in Seiner Person, auch als Mensch, ›die Wahrheit‹. Als die Juden Ihn als zwölfjährigen Knaben im Tempel sahen und die Fragen hörten, die Er den Schriftgelehrten stellte, gerieten sie außer sich über sein Verständnis, das Er in diesem Alter besaß.
Er musste nicht die Schrift erforschen, denn sie zeugt von Ihm, und Er hatte sie selbst gegeben. Er ist nicht nur der Urheber der Schöpfung, sondern auch der Bibel. Wie könnte Er sie nicht kennen, auch wenn Er ein Knabe war? Er war immer Gott. Das wollen wir festhalten und anbetend bewundern, wenn wir es auch nicht verstehen können. Es sind keine Nebensächlichkeiten, über die man verschieden denken könnte. Wer hierüber anders denkt oder diese Tatsache ablehnt, von dem kann man nicht sagen, dass er ein Kind Gottes ist. Ein lebendiges Kind Gottes weiß, dass der Herr Jesus Gott ist, Gott, der Sohn, und dass Er in Sich selbst die absolute Wahrheit aller Dinge ist.
Der Herr Jesus hat als Mensch dreißig Jahre lang in Zurückgezogenheit auf der Erde gelebt. Haben wir darüber schon einmal nachgedacht? Er ist nicht sogleich als Lehrer Gottes hervorgetreten, sondern Er hat dreißig Jahre lang im Verborgenen vor dem Auge Gottes gelebt. Als dann die geeignete Zeit dazu kam, redete Er von den Gedanken Gottes und lehrte das Wort. Das ist die Reihenfolge, wie wir sie hier finden – eine Reihenfolge, auf die der Herr auch in Matthäus 5, Vers 19, hinweist: „Wer irgend aber sie tut und lehrt, dieser wird groß heißen im Reich der Himmel.“
Ich möchte noch auf den interessanten Ausdruck ›er fing an‹ hinweisen. Es steht nicht da, dass Er auch aufgehört hätte. Diese Ausdrucksweise des Heiligen Geistes ist sehr lieblich. Ich glaube, sie deutet an, dass tatsächlich das, was der Herr anfing, zu tun und zu lehren, nicht aufgehört hat. Wenn Er auch ans Kreuz geheftet wurde und starb, wenn Er auch auferstand und zum Himmel auffuhr und heute zur Rechten Gottes ist, so hat Er doch die Absicht, das, was Er auf der Erde begann, vom Himmel aus fortzusetzen. Er tut das in der Person des Heiligen Geistes, der jetzt auf der Erde ist. Wir werden das im weiteren Verlauf unserer Betrachtungen bestätigt finden.
Sieben Wahrheiten
Im Ganzen finden sich in den ersten drei Versen unseres Buches sieben Wahrheiten oder Tatsachen:
- Er fing an, »sowohl zu tun als auch zu lehren“ - das haben wir schon betrachtet;
- »bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde“: Seine Himmelfahrt;
- »nachdem er den Aposteln, die er sich auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte“: Der Herr Jesus gab als der Auferstandene Seinen Aposteln durch den Heiligen Geist Anweisungen;
- »nach seinem Leiden“: Unser Herr hat gelitten;
- »in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt hat“: Er ist auferstanden;
- »indem er ihnen vierzig Tage hindurch erschien“: Er erschien den Seinen als der Auferstandene;
- »und über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen“: Der Inhalt Seiner Belehrungen vor Seiner Himmelfahrt war das Reich Gottes.
Alle diese Punkte gehören zu der Grundlage wahren Christentums, ja, zur Grundlage der Versammlung. Wir wollen nun mit der Hilfe des Herrn diese Wahrheiten in chronologischer Reihenfolge betrachten.
Sein Leiden
Der Herr Jesus hat Sich „nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt“. O Geliebte, unser Heiland und Erlöser hat „gelitten“! Wir wissen das, aber wie wenig beschäftigen wir uns wirklich damit!
Dieser Ausdruck „nach seinem Leiden“ muss uns tief bewegen. Er bezieht sich offensichtlich auf Seinen Kreuzestod. Aber Christus hat nicht nur im Tode gelitten, sondern Sein ganzes Leben auf der Erde war eine Zeit des Leidens. Er hat natürlich in ganz besonderer Weise gelitten, als Er am Kreuz hing. Dabei ist zu beachten, dass der Herr nicht nur als Märtyrer gelitten hat. Dieser Gedanke wäre zu gering. Es ist richtig, dass Er um der Wahrheit willen den Tod geschmeckt hat – und das ist ein Leiden als Märtyrer –, aber Er ist gestorben als ein Opfer Gottes, als stellvertretendes Opfer für dich und mich. Die Hingabe Seines Lebens bedeutet für die, die Sein Werk im Glauben in Anspruch nehmen, Versöhnung mit Gott. Welch ein Glück zu wissen: Er ist für mich gestorben! Es gäbe kein Christentum, es gäbe keine Versammlung, es sei denn, dass Christus litt und starb. Deswegen heißt es hier: „nach seinem Leiden.“ Welch ein ergreifender Ausdruck!
Sein Auferstehen
Aber der Herr Jesus ist nicht im Tod geblieben, Er ist auferweckt worden durch die Herrlichkeit des Vaters. 1. Korinther 15 zeigt uns, dass, wäre Christus nicht auferweckt worden, wir noch in unseren Sünden wären. Seine Auferstehung ist eine der Grundlagen des Christentums. Deswegen wird in der Apostelgeschichte immer wieder das Zeugnis von Seiner Auferstehung gegeben. So auch in Vers 3: „... denen er sich auch ... in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt hat.“
Hier finden wir also diese zweite Wahrheit, ebenfalls, wie wir schon gesehen haben, eine Wahrheit Gottes von grundlegender Art: Christus lebt! Manche anerkennen durchaus, dass Christus einmal hier auf der Erde gelebt hat. Aber wenn wir fragen, warum Er denn nicht mehr hier sei, dann ist die Antwort demütigend für uns alle: Wir Menschen haben Ihn gekreuzigt. Doch welch ein Triumph! Der Herr Jesus ist auferstanden, und jeder wahre Christ glaubt das. Er hatte einen menschlichen Körper. Gott als solcher hat keinen Körper. Gott ist ein Geist (Joh 4,24) und hat als solcher keinen Leib. Dennoch ist Gott höchste Persönlichkeit. Aber der Herr Jesus nahm in reiner Gnade und unendlicher Güte einen menschlichen Körper an (Joh 1,14: „Das Wort wurde Fleisch ...“) und lebte als wirklicher Mensch auf der Erde, nur ohne Sünde, und als wirklicher Mensch starb Er auch. Er hätte nie zur Sünde gemacht werden können, wenn Er selbst Sünde gehabt hätte. Immer war der Herr Jesus das Heilige und der Heilige. Halten wir das im Glauben fest!
Und dann ist der Herr Jesus auferstanden. Auch der Körper des Herrn, der nie die Verwesung gesehen hatte, trug den Namen ›Jesus‹. Wenn wir an einer offenen Gruft stehen – ich rede von Kindern Gottes –, dann reden wir nicht den Toten hinterher. Das hört der Tote sowieso nicht. Wir sollten nicht zu Toten sprechen, und schon überhaupt nicht zu Toten oder für Tote beten. Das ist alles nicht nach Gottes Gedanken. Aber der Körper unseres Herrn trug den Namen ›Jesus‹: „Dorthin nun legten sie Jesus“ (Joh 19,42). Auch der Körper unseres teuren Herrn ist ein Bestandteil Seiner Person. Diesen Körper erweckte Gott auf. Als Maria in der Frühe des ersten Wochentages kam, war Er schon auferstanden. „Was sucht ihr den Lebendigen unter den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden“ (Lk 24,5.6). Glückselige Gewissheit!
Das Bleiben des Heiligen Geistes in Auferstehung
Das ist ein bemerkenswerter Ausdruck: „... nachdem er den Aposteln, die er sich auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte.“ Der Herr gab als Auferstandener Seinen Aposteln durch den Heiligen Geist Befehl. Hinter dieser Tatsache verbirgt sich eine große Wahrheit. Jedes Kind Gottes besitzt den Heiligen Geist, besitzt Ihn für immer.
Der Herr Jesus sagt in Johannes 14, dass, wenn Er wegginge, Er die Jünger nicht als Waisen zurücklassen würde. Er würde ihnen einen anderen Sachwalter senden, den Geist der Wahrheit.
Geschichtlich findet das erst in Kapitel 2 der Apostelgeschichte statt. Wir leben in der Zeit, wo der Heilige Geist auf der Erde ist und in jedem Kind Gottes wohnt wie in einem Tempel. Der Besitz des Heiligen Geistes ist etwas Wunderbares. Wir sind dafür viel zu wenig dankbar. Ich danke Gott, dass diese erhabene Person, Gott selbst, aufgrund der vollbrachten Erlösung in mir wohnt. Dieser Sachwalter, den manche auch Tröster nennen – obwohl das Wort Trösten viel zu schmal ist angesichts der Erhabenheit des Geistes –, wird bei uns bleiben, auch wenn wir durch die Auferstehung gehen. Wir sehen dies, wie auch jede andere Wahrheit, in der Person des Herrn Jesus selbst vollkommen dargestellt. Jede Wahrheit des Neuen Testaments hat in Ihm ihren Mittelpunkt und vollkommenen Ausdruck. Die Tatsache, dass der Herr Jesus durch den Tod gegangen und durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt worden war, hat an Seinem Besitz des Heiligen Geistes überhaupt nichts geändert. Auch als der Auferstandene handelt Er nicht unabhängig vom Heiligen Geist. Der Heilige Geist wirkt auch in dem auferstandenen Menschen.
Wie der Herr trotz Seines Sterbens und Auferstehens den Heiligen Geist bleibend in Sich hatte, so wird der Heilige Geist auch von uns nicht weggenommen werden, wenn wir hier durch den Tod gehen sollten und die Auferstehung erleben. Der Herr Jesus hat gesagt, dass dieser ›andere Sachwalter‹ bei uns bleiben würde in Ewigkeit (Joh 14,16). Du glaubst, das sei nicht so wichtig? – Es ist sogar sehr wichtig! Hier auf der Erde ist der Heilige Geist leider genötigt, sich viel mit unseren Torheiten zu beschäftigen. Er muss sehr viel Mühe aufwenden, um uns auf dem Weg der Nachfolge zu erhalten, damit wir nicht mutlos werden, damit wir erkennen, wie verdorben unsere alte Natur ist, die wir auch als Kinder Gottes noch besitzen. Man lernt erst auf dem Weg der Nachfolge, wie verderbt man von Natur aus ist. Oft muss uns der Heilige Geist unsere Sünden in Erinnerung rufen und uns ihren wahren Charakter zeigen.
Der Heilige Geist kann vielfach überhaupt nicht das tun, was Er gern möchte – uns Christus zeigen. Was wird das jedoch in der Auferstehung sein, wenn wir durch den Geist fähig sind, in der Herrlichkeit bei Christus zu bleiben und diese Herrlichkeit zu genießen! Welch eine Fähigkeit werden wir Christen im Himmel durch den Heiligen Geist haben, der immer bei uns bleiben wird, wenn Er Seine ganze Kraft entfalten kann, damit wir die Segnungen des Vaterhauses in ihrer ganzen Fülle genießen können! Hier wird der Geist oft eingeschränkt und betrübt. Er kann uns Christus nicht zeigen, weil wir so oft im Ungehorsam falsche Wege gehen. Aber im Himmel werden wir dem Heiligen Geist nicht mehr hindernd im Wege stehen, wird es weder Welt noch Teufel geben. Dann wird Er uns in Kraft befähigen, Christus vollkommen zu genießen. Wie groß wird in jenem Zustand unser Fassungsvermögen für Glück und Freude sein!
Sein Erscheinen in Auferstehung
Wir glauben, dass ein wirklicher Mensch im Himmel ist. Er zeigte sich in vielen sicheren Kennzeichen den Seinen. Übrigens, kein Ungläubiger hat je den Herrn Jesus in Auferstehung gesehen, nur Gläubigen zeigte Er sich. Wohl waren die Hüter des Grabes Zeugen Seiner Auferstehung, zudem bestechliche. Diese Soldaten mussten erleben, wie der Stein weggerollt wurde; den Herrn Jesus selbst haben sie jedoch nicht gesehen. Petrus sagt später: „Diesen hat Gott am dritten Tag auferweckt und ihn sichtbar werden lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern den von Gott zuvor erwählten Zeugen, uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er aus den Toten auferstanden war“ (Apg 10,40.41).
Wie oft ist eigentlich der Heiland den Seinen in Auferstehung erschienen? Soweit wir aus Gottes Wort wissen, genau zehnmal. Wem zuerst? Natürlich einem bekannten Bruder! Sicherlich Petrus! Nein, es war eine Frau, die Ihn zuerst von allen sehen durfte, eine Frau, die Ihn sehr geliebt hatte, Maria Magdalene. Ihr offenbarte sich der Herr Jesus zuerst.
Vierzig Tage hindurch wurde der Herr Jesus bei verschiedenen Gelegenheiten und von verschiedenen Personen gesehen. Man konnte Ihn nicht immer sehen, sondern Er erschien nur zu gewissen Zeiten. Einmal waren sie versammelt, ein anderes Mal erschien Er einem Einzelnen. In 1. Korinther 15 werden uns einige Zeugen Seiner Auferstehung genannt, aber nicht alle. Die Gelegenheiten, bei denen Frauen zugegen waren, fehlen nämlich. Wenn es zum Beispiel heißt, „dann den Zwölfen“, dann war das nicht am Auferstehungstag des Herrn, sondern es war eine Woche später. An dem Auferstehungstag des Herrn waren auch Frauen zugegen, wie wir Lukas 24 entnehmen, jedoch acht Tage später offensichtlich nicht. Dann war auch Thomas anwesend, und das war das sechste Mal, dass Er den Seinen erschien. Im Ganzen aber waren es zehn Gelegenheiten.
Einmal erschien Er sogar fünfhundert Brüdern auf einmal. In Jerusalem wird uns nur von hundertzwanzig berichtet, wer sind dann die fünfhundert? Wahrscheinlich waren es Brüder in Galiläa. Fest steht, dass es fünfhundert Brüder auf einmal waren, die den Herrn Jesus bei einem bestimmten Anlass gesehen haben. Der Herr hat sich also in Seinem Auferstehungsleib, der allerdings noch nicht verherrlicht war, den Gläubigen gezeigt. Er hat auf diese Weise sichere Beweise davon gegeben, dass Er lebt, und Er hat diese Beweise innerhalb von nicht weniger als vierzig Tagen gegeben.
Vierzig Tage
Die Zahl ›vierzig‹ bezeichnet im Wort Gottes eine bedeutsame Zeitspanne. Hier einige Beispiele, in denen die Zahl ›vierzig‹ vorkommt:
- Es regnete vierzig Tage und Nächte, als die Flut über die Erde kam; denn Gott wollte die damals schon so verderbte Welt im Wasser untergehen lassen.
- Mose war vierzig Tage und Nächte auf dem Berg Gottes.
- Vierzig Tage lang kundschafteten die zwölf Häupter der Stämme Israels das Land Kanaan aus.
- Elia ging vierzig Tage in der Kraft der Speise, die Gott ihm gegeben hatte.
- Vierzig Tage ließ Gott der Stadt Ninive Zeit, um auf die Predigt Jonas hin Buße zu tun.
- Vierzig Tage war der Herr Jesus in der Wüste und wurde dort versucht.
- Hier lesen wir, dass Er vierzig Tage lang als Auferstandener auf der Erde war, ehe Er in den Himmel fuhr.
Es ist etwas Kostbares um die Zahl ›vierzig‹ in Verbindung mit Seiner Auferstehung. ›Vierzig‹ ist die Zahl der vollkommenen Erprobung und des vollkommenen Zeugnisses. Israel wurde vierzig Jahre in der Wüste erprobt, und auch der Herr Jesus wurde in der Wüste erprobt. Aber es wurde auch erprobt, ob Er wirklich lebe. In 1. Korinther 15 lesen wir, dass Er am dritten Tag auferweckt worden ist. So wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so war der Herr Jesus drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde. Um zu beweisen, dass Christus wirklich gestorben war, genügten drei Tage. Als Lazarus vier Tage im Grabe lag, wurde gesagt: „Er riecht schon“ (Joh 11,39). So schnell geht die Verwesung vor sich, vor allem im Orient. Was aber die Auferstehung des Herrn angeht, waren nach den Gedanken Gottes vierzig Tage notwendig, um zu beweisen, dass Er wirklich lebte und Derselbe geblieben war.
Die Tatsache, dass Christus lebt, ist die Grundlage des Evangeliums. Und wenn Er nicht auferstanden wäre, so wären die Apostel falsche Lehrer. Wir würden noch in unseren Sünden sein, und die Heimgegangenen wären tatsächlich verloren gegangen. Das sage nicht ich, sondern Gottes Wort sagt es (vgl. 1. Kor 15,13-19). Wenn Christus nur gestorben wäre, wüssten wir nicht, ob Sein Werk von Gott angenommen ist. Auch wüssten wir nicht, ob Er überhaupt der wahre Zeuge ist. Denn Er hatte oft bezeugt, dass Er nach drei Tagen auferstehen würde. Wenn es doch nicht geschehen wäre, was sollten wir dann von Ihm halten? Aber Er ist auferstanden, und Er ist und es ist die Wahrheit. Gesegnete Tatsache!
Aufgenommen in Herrlichkeit
Er ist auch als wahrhaftiger Mensch, auf ewig, im Himmel. Der Ausdruck ›aufgenommen‹ kommt im ersten Kapitel der Apostelgeschichte dreimal vor: In den Versen 2, 11 und 22. Außerdem heißt es in Vers 9: „er wurde emporgehoben“, in Vers 10, dass Er „auffuhr“, und ebenso in Vers 11, dass sie Ihn haben „auffahren sehen in den Himmel“. Nachdem sich Christus den Gläubigen gezeigt hatte, um ihnen die Gewissheit zu geben, dass Er lebe, ist Er in den Himmel gegangen. Und von dort wird Er wiederkommen, wie wir in diesem Kapitel später sehen werden.
Manche Gläubige haben die seltsame Ansicht, dass der Herr Jesus vorher eine private oder inoffizielle Himmelfahrt erlebt habe und dann erst hier in der Apostelgeschichte endgültig in den Himmel gefahren sei. Sie kommen wohl aus folgendem Grund zu diesem Gedanken: Der Herr Jesus hatte zu Maria am Auferstehungsmorgen, als sie Ihn offenbar berühren wollte, gesagt: „Rühre mich nicht an“. Und als Begründung hatte Er gesagt: „…denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater“ (Joh 20,17). Bei anderen Gelegenheiten sehen wir, dass man Ihn nach der Auferstehung durchaus anrühren durfte. Die Frauen in Galiläa zum Beispiel durften Ihn anfassen (Mt 28,9). Thomas durfte seine Hand in Seine Seite legen (Joh 20,27). Man hat daraus den Schluss gezogen – es ist immer gefährlich, in göttlichen Dingen Schlussfolgerungen zu ziehen, die Gottes Wort nicht zieht –, dass der Herr also kurz nach Seinem Gespräch mit Maria in den Himmel gefahren sei (weil Er sagte, dass Er noch nicht aufgefahren sei) und nachher wieder herabgekommen sei. Aber das ist reine Spekulation.
Doch warum verhielt Er Sich so verschieden? Die Frauen von Galiläa und Thomas dürfen Ihn anfassen, Maria Magdalene aber nicht. Warum dieser Unterschied? Es gibt eine, wie ich meine, einfache Antwort auf diese Frage. Maria Magdalene steht für den jüdischen Überrest damaliger Tage, und sie meinte, die irdischen Beziehungen, die der Überrest schon damals mit dem Herrn Jesus genoss, in Auferstehung fortsetzen zu können. Sie meinte, Ihn berühren zu können, wie sie es vordem getan hatte. Und da musste der Herr sagen: „Nein, Maria, das geht nicht; es kommt jetzt eine ganz neue Zeit, die durch himmlische Beziehungen gekennzeichnet ist.“ Er konnte sie nicht wie vordem behandeln. Paulus sagt: „Und wenn wir Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so“ (2. Kor 5,16). Auch wenn Menschen vor Seinem Tod mit Ihm als Mensch auf der Erde in bestimmten Beziehungen standen, so hatten diese jetzt aufgehört. Die Beziehungen mit einem auf der Erde lebenden Christus hatten endgültig ihr Ende gefunden. Wer meinte, sie fortsetzen zu können, dem musste er solch ein Wort sagen. Das ist also die Erklärung, und nicht irgendeine zweite, private Himmelfahrt des Herrn.
Es sei noch bemerkt, dass auch die Frauen von Matthäus 28 für den jüdischen Überrest stehen, aber als solche, die entsprechend dem Charakter dieses Evangeliums dem Auferstandenen als ihrem Messias in späteren Tagen huldigen werden. Die Himmelfahrt und damit die Zeit Seiner Abwesenheit wird von Matthäus daher auch nicht erwähnt.
In Verbindung mit den Festen Jehovas (Jahwes) wurde den Kindern Israel geboten, sie sollten sich vom Fest der Erstlingsgarbe bis zum Fest der Wochen (Pfingsten) fünfzig Tage zählen, vom Tag nach dem Sabbat bis zum Tag nach dem siebten Sabbat, also unserem Sonntag, dem ersten Tag der Woche (3. Mo 23,15.16).
Diese fünfzig Tage unterteilen sich nun in vierzig und zehn Tage. Vierzig Tage lang war der Herr Jesus als der Auferstandene auf der Erde, und während zehn Tagen war weder der Heilige Geist gekommen, noch war der Herr da. Es war ein gewisser Zwischenzustand, und das muss man gut verstehen, um zu erfassen, was im Gegensatz dazu die Versammlung Gottes ist, die erst mit dem Herabkommen des Heiligen Geistes am Tag der Pfingsten ihren Anfang nahm.
Unterredungen über das Reich Gottes
Während der vierzig Tage redete der Herr Jesus mit den Jüngern in vertrauter, altbekannter Weise. Diese Tatsache beglückt uns. Der auferstandene Herr ist auch in dieser Hinsicht Derselbe geblieben. Er spricht vertraulich mit Seinen Jüngern. Auch später sehen wir dasselbe, als Er vom Himmel her mit Saulus von Tarsus redete und ihn fragte: „Was verfolgst du mich? Er aber sprach: Wer bist du, Herr? Er aber sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9,4-5). Das war der verherrlichte Sohn des Menschen im Himmel, und Er redete von dort her mit Saulus. So war es auch bei Ananias. Vom Himmel her sprach der Herr in aller Vertrautheit mit Seinem Jünger und sagte ihm, er solle in die Straße gehen, die die ›Gerade‹ genannt wird. Der Herr weiß genau, wo wir wohnen. Diese Straße in Damaskus heißt übrigens heute noch so. Sie durchzieht die Stadt von Osten nach Westen. Dort wohnte Saulus in dem Haus eines gewissen Judas, und dahin sollte Ananias gehen. Der Herr ist also auch, was Seine Vertrautheit mit uns angeht, Derselbe geblieben. Das glauben wir oft nicht so recht. Wir denken, dass es schön gewesen sein muss, auf der Erde zu leben, als der Herr Jesus hier war; und es war auch etwas überaus Großes. Ist es aber nicht viel größer, heute mit Ihm, der im Himmel ist, sprechen und durch den Heiligen Geist Gemeinschaft mit Ihm dort haben zu können?
Hier nun redete Er über die Dinge, die das Reich Gottes betreffen. Das Reich Gottes ist ein wichtiger Gegenstand, zu dem ich hier nur einige Andeutungen machen kann. Das Reich Gottes ist der Bereich auf der Erde, auf den sich die Herrschaft des im Himmel weilenden Königs erstreckt. Es befindet sich dort, wo die Dinge in geistlicher Hinsicht nach Gottes Gedanken geordnet sind. Das Reich Gottes ist nicht dasselbe wie ›Kirche‹ oder ›Versammlung‹; denn das griechische Wort für Versammlung‹ – ›ekklesia,‹ - bedeutet ›Herausgerufene‹, ›Versammlung‹. Nicht einige wenige Gläubige bilden die Versammlung, sondern alle Kinder Gottes, die auf der Erde leben. Sie bilden zusammen die wahre Kirche.
Nun, die Kirche oder Versammlung Gottes hat als Grundgedanken Gemeinschaft und Einheit. Aber der Gedanke des Reiches Gottes ist ein anderer, nämlich Regierung. Ein sehr geschätzter Ausleger hat einmal gesagt: „Ich setze an die Stelle von ›Reich‹ das Wort ›Regierung‹, und dann wissen wir, worum es sich handelt.“ Es mag sein, dass dieselben Personen die Versammlung wie auch das Reich bilden oder im Reich sind. Zu Anfang war es so. Aber es ist ein ganz anderer Gedanke, ob es nämlich um Regierung, wie im Reich, oder um Einheit geht, wie es beim Leib Christi der Fall ist.
Das Reich Gottes ist heute nur in einer verborgenen Gestalt vorhanden. Die sichtbare Form des Reiches ist noch zukünftig. Wenn der Herr in Macht und Herrlichkeit vom Himmel wie- derkommt, dann wird Er sichtbar das sogenannte Tausendjährige Reich‹ hier aufrichten. Das ist dann das ›Reich Gottes‹ in seiner sichtbaren Gestalt. Das Reich Gottes besteht heute schon auf der Erde, jedoch nicht in Macht, sondern als Geheimnis. Es ist wirklich da, und jeder, der von neuem, der aus Wasser und Geist geboren ist, gehört zu diesem Reich. Der Gedanke des Reiches Gottes ist umfassender als der Gedanke des Reiches der Himmel. Beim Reich der Himmel geht es sehr oft um eine Haushaltung oder Epoche, während das Reich Gottes mehr ein sittlicher Begriff ist. Vergleiche Römer 14, Vers 17: „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Das macht deutlich, dass das Reich Gottes ein sittlicher Bereich ist, wo sich Herzen Gott unterwerfen und das tun, was Er möchte.
Der Herr Jesus sprach also über die Dinge, die das Reich Gottes betreffen. Auch der Apostel Paulus hat das getan. Aber in der Apostelgeschichte finden wir den Begriff ›Reich der Himmel‹ nicht, wie er überhaupt nur im Matthäus-Evangelium vorkommt. Paulus hat, nachdem Christus, der König, verworfen worden war, nicht das Reich der Himmel gepredigt, denn es hätte, was seine äußere Darstellung angeht, eine böse Sache sein können. In der Tat ist heute das Reich der Himmel in dieser Hinsicht eine gemischte Sache geworden, wo echte und unechte Bekenner nebeneinander sind. Es ist wahr, dass auch ›Reich Gottes‹ manchmal diese Bedeutung hat; aber im Allgemeinen ist das Reich Gottes der Bereich auf der Erde, wo Er herrscht und wo Er Seine Ansprüche geltend machen kann und jedes wahre Kind Gottes Ihn als Herrn über sich anerkennt.
Die Verheißung des Vaters
Schließlich gibt der Herr den Jüngern noch einen wichtigen Befehl. Sie, die Elfe, sollten in Jerusalem bleiben und dort auf die Verheißung des Vaters warten. Was ist damit gemeint? Nun, Er spricht von dem Herabkommen des Heiligen Geistes als Person auf die Erde. Die Jünger sollten sich nicht aus Jerusalem entfernen, bis die Verheißung ihres himmlischen Vaters eingetroffen sei. Übrigens haben wir sehr ähnliche Worte am Ende des Lukas-Evangeliums. Lukas beginnt in der Apostelgeschichte dort, wo er im Evangelium aufhörte. Der Startpunkt in der Apostelgeschichte ist der Tod, die Auferweckung und Himmelfahrt Christi, und dies ist auch der Endpunkt des Evangeliums.
So wichtig ist also das Kommen des Heiligen Geistes, dass es ohne dieses keine Versammlung gäbe. Die Jünger sollten warten, bis das Ereignis eintraf. Dieser Zustand, in dem die Jünger damals waren, kann nie wieder eintreten – das sei ganz deutlich gesagt. Nie wieder kann es Menschen auf der Erde geben, die um den Heiligen Geist beten oder auf Ihn warten sollen, denn Er ist längst gekommen. Hier war eine Zeit, nachdem das Werk vollbracht und der Herr im Himmel war, in der sie warteten, und zwar insgesamt zehn Tage, bis die Verheißung des Vaters eintraf.
„Denn Johannes taufte zwar mit Wasser“ – die Taufe zur Buße; jeder, der seine Sünden bekannte, war zu ihm zum Jordan gegangen, um sich dort von ihm taufen zu lassen „ihr aber“ – ihr Jünger, ihr Gläubigen –, „ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden nach nunmehr nicht vielen Tagen.“ So haben die Jünger denn gewartet und das Herabkommen des Heiligen Geistes am Tag der Pfingsten erlebt. Die Taufe mit Heiligem Geist indes war einmalig und kann nie wiederholt werden, weil der Leib Christi nicht immer wieder neu gebildet wird. Menschen, die heute durch den Glauben von neuem geboren werden, empfangen auch den Heiligen Geist, sie werden mit Ihm versiegelt; aber das wird nicht direkt ›Taufe‹ genannt.
Wie es nach den Gedanken Gottes eine bestimmte Zeit gab, zu der Gott, der Sohn, auf diese Erde kam, so gab es auch eine bestimmte Zeit, zu der Gott, der Heilige Geist, auf die Erde kommen sollte, um in den Gläubigen Wohnung zu nehmen und sie mit Kraft auszurüsten. Und wie der Herr Jesus zu Bethlehem in Erfüllung der alttestamentlichen Schriften geboren wurde, so würde auch der Heilige Geist genau am Tag der Pfingsten in Erfüllung der Vorbilder von 3. Mose 23 auf diese Erde kommen – „nach nunmehr nicht vielen Tagen“.
Zusammenfassung
Fassen wir das, was wir bisher betrachtet haben, noch einmal kurz zusammen:
Das Buch der Apostelgeschichte zeigt uns die Tätigkeit des auferstandenen Christus, der vom Himmel her in Menschen auf der Erde wirkt, und zwar durch den Heiligen Geist.
Er selbst hat den Heiligen Geist immer besessen, auch in Auferstehung. Das ist ein Bild davon, was auch wir erfahren werden, wenn wir die Auferstehung erleben werden.
Wir haben gesehen, dass Er sich in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt hat, damit der Glaube der Jünger gefestigt würde. Er ist ein lebendiger Mensch, ein lebender Christus im Himmel; denn als solcher fuhr Er empor in den Himmel.
Ehe Er aber in den Himmel fuhr, sagte Er den Jüngern, dass die Verheißung des Vaters, der Heilige Geist, auf sie kommen würde. Johannes zwar taufte mit Wasser zur Buße; der Sohn Gottes aber würde sie als auferstandener und aufgefahrener Mensch mit Heiligem Geist taufen (Joh 1,33). Sie würden Kraft bekommen und Seine Zeugen sein bis an das Ende der Erde. Das ist genau das, was auch wir heute noch sein sollen – Zeugen Seiner Auferstehung in der Kraft des Heiligen Geistes.