Ein Volk für seinen Namen (Apg. 8-10)
Petrus in Lydda und Joppe
Für eine Zeit verliert sich nun in der Apostelgeschichte die Spur des Saulus von Tarsus. Die Berichterstattung wendet sich stattdessen wieder dem Apostel Petrus zu. Ehe der Apostel der Nationen, Paulus, seinen eigentlichen Dienst beginnen konnte, musste – von seiner persönlichen Zubereitung einmal ganz abgesehen – noch etwas anderes geschehen: Die Tür zum Reich der Himmel sollte nach Juden und Samaritern nun auch den Nationen geöffnet werden. Zu diesem Zweck hatte der Herr Jesus dem Apostel Petrus die Schlüssel des Reiches der Himmel gegeben (Mt 16,19). Wenn Petrus jetzt eine Reise durch Judäa unternimmt, so dient sie unter der Leitung des Heiligen Geistes genau diesem Ziel, sie mündet in dieses Ergebnis, wenn auch weder Petrus noch irgendjemand sonst im Augenblick davon Kenntnis hatte.
Dass Petrus bei allem unter der besonderen Leitung des Heiligen Geistes stand, machen die Verse 19 und 20 in Apostelgeschichte 10 deutlich: „Während aber Petrus über das Gesicht nachsann, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich. Steh aber auf, geh hinab und zieh mit ihnen, ohne irgend zu zweifeln, denn ich habe sie gesandt.“ Vor den Aposteln und Ältesten in Jerusalem sagt er später selbst: „Brüder, ihr wisst, dass Gott mich vor längerer Zeit unter euch dazu auserwählt hat, dass die Nationen durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und glauben sollten“ (Kap. 15,7). Die Zeit für dieses bedeutsame Ereignis war nun gekommen.
Petrus in Lydda
„Es geschah aber, als Petrus überall hindurchzog, dass er auch zu den Heiligen hinabkam, die in Lydda wohnten“ (Apg 9,32).
Wir gehen sicher nicht fehl in der Annahme, dass es Hirtenliebe war, die Petrus bewog, durch ganz Judäa zu ziehen und die Heiligen dort aufzusuchen. Vorher schon hatten er und Johannes Samaria besucht und vielen Dörfern dort das Evangelium verkündigt (Kap. 8,14–25). Ein wenig später hatte auch Philippus auf seinem Weg nach Cäsarea „allen Städten“ das Evangelium verkündigt (Vers 40). Sie waren darin Nachahmer ihres großen Meisters, von dem es ebenfalls heißt, dass Er „nacheinander Stadt und Dorf durchzog, indem er predigte und das Reich Gottes verkündigte“ (Lk 8,1). „Und lehrend durchzog er nacheinander Städte und Dörfer, während er nach Jerusalem reiste“ (Kap. 13,22). „Und er predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus“ (Mk 1,39). Welch ein hingebungsvoller Dienst wird mit diesen wenigen Worten angedeutet!
Wenn nun in unserem Kapitel wieder Petrus in den Vordergrund rückt und wir einen Ausschnitt aus seinem Leben und Wirken vorgestellt bekommen, so müssen wir im Auge behalten, dass das Wirken der übrigen Apostel nicht Gegenstand der Apostelgeschichte ist. Wir erfahren wohl ein wenig über Johannes; aber was die anderen Apostel für den Herrn gearbeitet haben, wird uns nicht mitgeteilt. Dieses Buch hat uns Gott eben nicht gegeben, um uns über alle historischen Vorgänge jener Zeit zu unterrichten oder uns einen lückenlosen Überblick über das Wirken der Apostel und der ersten Christen überhaupt zu gewähren. Nein, der Fortgang des Evangeliums steht vor dem Auge des Schreibers. Und jetzt sollte das Reich der Himmel den Nationen aufgeschlossen werden. Dafür aber kam, wie bemerkt, nur ein Mann infrage, Petrus. Deswegen finden wir ihn hier – allein, im Dienst für den Herrn.
Zuvor sollte jedoch noch einmal die Macht des Namens Christi vor den Menschen offenbar werden, wie auch die Macht des Gebets. Das erste steht mit der Heilung des Äneas in Verbindung (in Lydda), das zweite mit der Auferweckung der Tabitha aus den Toten (in Joppe).
Als Petrus nach Lydda kam – dieser nicht unbedeutende jüdische Ort liegt auf dem Weg von Jerusalem nach Joppe und ist das alttestamentliche Lod (1. Chr 8,12; Neh 11,35) –, fand er dort schon Heilige vor. Das Evangelium der Gnade Gottes hatte also in dieser Gegend schon Eingang gefunden, bevor der Apostel dorthin kam. Durch wen, lässt der Berichterstatter offen.
Den Ausdruck ›Heilige‹ finden wir bereits in Vers 13: „deine Heiligen in Jerusalem“. Ja, es sind die Heiligen des Herrn: Sie sind für Ihn abgesondert, und sie gehören Ihm. Wie tröstlich zu wissen, dass es auch heute noch an vielen Orten auf der Erde solche Menschen gibt, die durch den Tod des Herrn Jesus Christus und nach dem Willen unseres Gottes und Vaters aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf herausgenommen sind (Gal 1,4), um Dem zu dienen, der für sie gestorben und auferweckt worden ist (2. Kor 5,15)!
„… der da heilt alle deine Krankheiten“
„Er fand dort aber einen gewissen Menschen, mit Namen Äneas, der seit acht Jahren zu Bett lag und gelähmt war. Und Petrus sprach zu ihm: Äneas! Jesus Christus heilt dich; steh auf und mache dir selbst das Bett! Und sogleich stand er auf“ (Apg 9,33–34).
Der Bericht über die Heilung dieses Mannes fällt wohl deswegen so knapp aus, weil es Lukas nicht so sehr um diesen Gelähmten geht, sondern vielmehr um die Ergebnisse, die seine Heilung hervorrief. Wir hatten in der Apostelgeschichte schon einmal die Heilung eines Gelähmten vor uns, des Gelähmten an der schönen Pforte des Tempels in Kapitel 3. Die Parallelen zwischen beiden Ereignissen sind auffallend: In beiden Fällen war die Macht des Namens Christi vor den Menschen kundgeworden, und in beiden Fällen waren als Folge davon viele zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen (Kap. 4,4; 9,35). Eine dritte Parallele, die Art der Heilung betreffend, kommt sogleich noch vor uns.
Manche denken, dass dieser Gelähmte, der schon seit acht Jahren zu Bett lag (Kap. 9,33), ein Jünger des Herrn war. Doch nichts spricht für diese Annahme. Es ist schwer vorstellbar, dass Lukas ein wahres Kind Gottes meint, wenn er von „einem gewissen Menschen“ spricht. Im Gegensatz dazu führt er denn auch die (gläubige) Tabitha ein wenig später als „eine gewisse Jüngerin“ ein (Vers 36).
Da Petrus diesen Mann mit Namen anspricht, müssen ihm wohl andere von ihm gesagt haben. „Und Petrus sprach zu ihm: Äneas! Jesus Christus heilt dich; steh auf und mache dir selbst das Bett! Und sogleich stand er auf.“ Als der Herr Jesus den Gelähmten in Kapernaum heilte, tat Er dies in Seiner eigenen Kraft (Mk 2). Petrus aber war nur ein Diener des Herrn und besaß keine Kraft in sich selbst. Deswegen heilt er Äneas im Namen Jesu Christi und sagt: „Jesus Christus heilt dich.“ Ähnlich war es bei der schönen Pforte gewesen: „In dem Namen Jesu Christi, des Nazaräers, steh auf und geh umher!“ (Kap. 3,6). Beide Gelähmten erfuhren die Heilung – erfuhren sie augenblicklich, unvorhergesehen, vollständig und ohne darum gebeten zu haben. Das ist die dritte Parallele.
Der Zusatz „und mache dir selbst das Bett“ ist rührend; erinnert er doch daran, dass all die Jahre andere diese Aufgabe zu erfüllen gehabt hatten und dass diese Not nun vorüber war. Welch ein liebliches Bild der Gnade Gottes!
Und so wie dieser Gelähmte sie erfuhr, so wird einmal auch Israel sie erleben – dieses Volk, von dem der Gelähmte ein Abbild ist. Wenn es auch heute noch „gelähmt“ ist, unfähig, im geistlichen Sinn auch nur ein Glied zur Ehre Gottes zu bewegen, so kommt doch die Zeit, wo das wahr werden wird, was im 103. Psalm von dem Überrest aus Israel gesagt ist: „Preise den Herrn ..., der da vergibt alle deine Ungerechtigkeit, der da heilt alle deine Krankheiten“ (Verse 1–3). Es ist in diesem Zusammenhang gewiss nicht ohne Belang, dass der Name Äneas „Preis“ bedeutet. Alle Wege Gottes, auch die mit Israel, werden zu Seinem Lobpreis ausschlagen.
Wenn Kinder Gottes krank sind
Die Verheißung „der da heilt alle deine Krankheiten“ kann nicht direkt auf die Gläubigen der heutigen Zeit übertragen werden. Gewiss befreit Gott auch heute noch Seine Kinder von der einen oder anderen Krankheit, wenn es nach Seinem Plan für sie ist, und Er heilt dann gewöhnlich auch auf unspektakuläre Art und Weise. Aber „alle deine Krankheiten“ kann nur von Israel im Tausendjährigen Reich gesagt werden. Wir Christen haben diese Zusage nicht. Wenn wir uns im Neuen Testament danach umsehen, was über das Kranksein von Kindern Gottes in der Zeit der Gnade gesagt wird, so werden wir dies feststellen: Gläubige wurden, wenn sie krank waren, in aller Regel nicht durch übernatürliche Machtentfaltung Gottes geheilt, wenn sie überhaupt Heilung erfuhren. Sehr oft benutzte und benutzt Gott vielmehr gerade auch Krankheit zur Erziehung Seiner Kinder. Manchmal ist sie sogar direkt das Ergebnis Seiner strafenden Zucht. So war es bei den Gläubigen in Korinth, denen der Apostel erklären muss: „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen“ (1. Kor 11,30). Sie wurden über den Grund für ihre Schwachheit und Krankheit nicht im Unklaren gelassen.
Im Brief an die Philipper sehen wir ein anderes, ein liebliches Bild. Der Apostel Paulus war über die Krankheit des Epaphroditus sehr bekümmert gewesen. Wie glücklich und dankbar war er dann aber darüber, dass Gott diesen Mitstreiter wiederhergestellt hatte (Kap. 2,25–30)! Der Apostel besaß die Gabe der Heilungen, aber wir finden nicht, dass er sie je zu Gunsten der Heiligen Gottes angewandt hätte. Wenn Gott Seinen Kindern eine Lektion zu erteilen hatte oder sich in besonderer Weise an ihnen zu verherrlichen gedachte, so ließ der Apostel das so. Ob wir aus dieser Sichtweise nicht auch etwas für uns selbst und unsere Gebete für Kranke zu lernen haben?
Timotheus war ein hingebungsvoller jüngerer Mann von zarter Konstitution. Und was für ein „Heilmittel“ empfahl der Apostel seinem Mitarbeiter für seine körperlichen Schwächen? „Trinke nicht länger nur Wasser, sondern gebrauche ein wenig Wein wegen deines Magens und deines häufigen Unwohlseins“ (1. Tim 5,23). Keine Andeutung der Möglichkeit eines Wunders, sondern „ein wenig Wein“!
Auf einer seiner letzten Reisen sah sich der Apostel Paulus genötigt, einen anderen Mitarbeiter, Trophimus, krank in Milet zurückzulassen (2. Tim 4,20). Stellte er ihm baldige Genesung durch sein, des Apostels, Glaubensgebet in Aussicht? Oder durch die Ausübung seiner „Gnadengabe der Heilungen“ (1. Kor 12,9.28.30)? Nein. Er überließ ihn der Hand Gottes. Wenn Gott die Krankheit Seines Dieners für nötig hielt, so mischte sich der Apostel nicht ein. Wäre es jedoch zu seinem geistlichen Nutzen gewesen, gewiss, Trophimus wäre geheilt worden.
Die Heilung und ihre Wirkungen
Wir werden gewahr, dass wir in Äneas einen ganz anders gelagerten Fall vor uns haben. Bei ihm handelt es sich nicht um einen Gläubigen, aber gerade an ihm wollte sich die Gnade Gottes durch die Macht des Namens Jesu Christi erweisen – zum Zeugnis für die ungläubigen Juden. Auf die Aufforderung des Apostels Petrus hin: „Steh auf und mache dir selbst das Bett!“, stand der Gelähmte auch sogleich auf. In manchen Fällen, wo in der Kraft Gottes eine übernatürliche Heilung geschah, endete die Sache dort. In anderen Fällen wurde die äußere Heilung von inneren, geistlichen Segnungen begleitet. So war es in Lydda. Die Heilung des Äneas lenkte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass ein christlicher Prediger, ausgestattet mit der Gnadengabe der Heilungen, nach Lydda gekommen war.
„Und es sahen ihn alle, die in Lydda und Saron wohnten, die sich zu dem Herrn bekehrten“ (Apg 9,35).
Gott segnete zu jener Zeit noch Einzelne aus dem jüdischen Volk durch besondere Wunderwerke, doch nur in dem Namen des auf der Erde verachteten, aber im Himmel verherrlichten Heilands. Die Kunde von der Heilung verbreitete sich rasch, und sie hatte unter den Menschen in Lydda und Saron eine sehr heilsame Wirkung. Saron bezeichnet übrigens den Distrikt (eine Ebene), Lydda die Stadt.
Die Menschen, die dort wohnten, waren Nachkommen Abrahams. Und das erklärt die Ausdrucksweise „sie bekehrten sich zu dem Herrn“.
Von solchen aus den Nationen wird, wenn sie zum Glauben kamen, gesagt, dass sie sich zu Gott bekehrten. Zum Beispiel heißt es bei den Thessalonichern: „... wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen“ (1. Thes 1,9). Von einem Juden konnte man kaum sagen, dass er sich zu Gott bekehrte, da er dem Bekenntnis und seiner Stellung nach bereits ein Anbeter Gottes war. Für ihn war es umso wichtiger, sich zum Herrn Jesus Christus zu bekehren, das heißt, Jesus Christus, den er bisher verachtet hatte, als Herrn über sich anzuerkennen. Wir sehen einmal mehr, wie genau die Ausdrucksweise der Heiligen Schrift ist.
So viele sahen den Mann, erkannten das Wunder in seiner wahren Bedeutung und wandten sich im Glauben an den Herrn, dass Lukas schreiben kann: „alle“. Die ganze Gegend dort stand unter dem Eindruck des Wirkens Gottes und Seines Wortes. Nicht nur Verwunderung oder Erstaunen über das Wunder erfüllte die Menschen wie einst in Jerusalem (Joh 2,23–25), sondern es war ein echtes Werk des Geistes Gottes an ihnen geschehen.
Dass Petrus auch das Evangelium von dem Herrn verkündigt hat, wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber wir können davon ausgehen; denn „der Glaube ist aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort“ (Röm 10,17). Auch erfahren wir nichts über eine Taufe der Bekehrten, auch nichts darüber, wie lange Petrus sich in Lydda aufhielt. Das alles lässt der Heilige Geist unerwähnt. Offenbar war es Seine Absicht, den außerordentlichen Umfang, die große Ausdehnung dieses Werkes der Gnade hervorzuheben.
Petrus in Joppe
Etwa 15 km von Lydda entfernt in nordwestlicher Richtung liegt Joppe, das heutige Jaffa, seit ältesten Zeiten bedeutende Handels- und Hafenstadt und später von großer Wichtigkeit für Israel und Jerusalem (2. Chr 2,15; Esra 3,7). Dorthin führt uns nun die Berichterstattung des Lukas, denn dorthin lenkte Gott den Fuß des Apostels Petrus. Damit kommen wir jenem Ereignis einen großen Schritt näher, das für uns Gläubige aus den Nationen von so überragender Bedeutung ist und dessen Schilderung das folgende zehnte Kapitel der Apostelgeschichte ganz in Anspruch nimmt.
Gute Werke
„In Joppe aber war eine gewisse Jüngerin, mit Namen Tabitha, was übersetzt heißt: Dorkas; diese war reich an guten Werken und Almosen, die sie übte“ (Apg 9,36).
In Joppe bestand damals schon eine örtliche (christliche) Versammlung. Zweifellos hatte Philippus auf seinem Weg nach Cäsarea dort evangelisiert (Kap. 8,40), und überhaupt mochten viele der ersten Christen in der Gegend um Joppe Flüchtlinge aus Jerusalem gewesen sein (Vers 1).
Dort lebte ein Jüngerin des Herrn mit Namen Tabitha – eine aramäische Bezeichnung, deren griechische Entsprechung ›Dorkas‹ ist. Dieser Name, der ›Gazelle‹ bedeutet, wurde öfter jungen Mädchen gegeben, denn er steht für Schönheit und Anmut. Was nun diese Jüngerin angeht, so hinterlässt der Bericht den Eindruck, dass sie keine Verwandten hatte und allein lebte. Ihr besonderes Interesse für Witwen führt uns zu der Vermutung, dass sie selbst eine Witwe war, die keine Kinder besaß. Obwohl sie für sich allein lebte und keine Familie hatte, für die sie sorgen musste, machte sie stattdessen die Armen zu ihren Kindern und widmete dem Herrn auf diese Weise ihre Zeit und Kraft und Fähigkeit. Sie nahm dadurch in dem Leben der jungen Versammlung in Joppe einen bemerkenswerten Platz ein.
Ehe wir uns mit den guten Werken selbst, die sie tat, näher beschäftigen, sei auf einen Umstand hingewiesen, den unser Vers zumindest indirekt andeutet: In Joppe wurde keine Gütergemeinschaft praktiziert wie seinerzeit in Jerusalem (Kap. 2,44.45). Das unterstreicht das, was wir damals dazu gesagt hatten (vergleiche ›Ein Volk für Seinen Namen‹, Teil 1 und 2, Seite 317–322). Hätte es unter den Heiligen in Joppe noch den Zustand gegeben, wie er in Jerusalem zu Anfang bestand, es hätte für Dorkas und ihren besonderen Dienst weder Gelegenheit noch Notwendigkeit bestanden. Keine Frage: Hier haben wir, was die Behandlung von Armut unter Gläubigen angeht, den normalen Zustand vor uns; Jerusalem war ein Ausnahmezustand.
Dorkas war eine Jüngerin, reich an guten Werken und Almosen, die sie übte. Beachten wir die Reihenfolge! Der erste Satzteil deutet die Quelle oder Wurzel an, der zweite die Ergebnisse oder die Früchte. Sie war zuerst eine Jüngerin – das ist die Wurzel. Und dann war sie reich an guten Werken – das sind die Früchte. Sie übte nicht gute Werke, um eine Jüngerin zu werdenund sich den Himmel zu verdienen. Nein, sie war eine Jüngerin, und als solche war sie voll guter Werke. Aber nicht nur die Reihenfolge dieser beiden Dinge ist wichtig, sondern auch, dass sie eng miteinander verknüpft sind. Gott hat sie miteinander verbunden, und wir sollten sie nicht voneinander trennen. Wenn Gott uns zu Jüngern und Jüngerinnen des Herrn gemacht hat, dann möchte Er auch, dass wir reich an guten Werken sind. Gute Werke erwachsen aus dem Glauben; sie sind gleichsam das Wort Gottes, praktisch ausgelegt.
Das Werk der Dorkas war rein persönlicher Art, und es geschah freiwillig. Das ist die kostbarste Art, Wohltätigkeit zu üben, sowohl für den Gebenden als auch für den Nehmenden. Sie kannte jede Witwe, die sie bekleidete, jedes Kind, das sie versorgte. Sie besaß wahrscheinlich nicht viel Geld, das sie den Armen hätte geben können, aber sie half ihnen mit dem, was sie mit ihren Händen für sie zu tun vermochte. Auch ließ sie sich in ihren Bemühungen nicht entmutigen, ließ darin nicht nach. Das macht der Nachsatz deutlich, der im Griechischen im durativen (Dauer ausdrückenden) Imperfekt steht: „... die zu üben sie fortfuhr.“ Welch ein liebliches Bild, welch ein nachahmenswertes Beispiel entfaltet sich hier vor unseren Herzen!
Eine Jüngerin des Herrn stirbt
Doch dieses hingebungsvolle Leben für den Herrn fand ein jähes Ende:
„Es geschah aber in jenen Tagen, dass sie krank wurde und starb. Als sie sie aber gewaschen hatten, legten sie sie in ein Obergemach. Da aber Lydda nahe bei Joppe war, sandten die Jünger, als sie gehört hatten, dass Petrus dort sei, zwei Männer zu ihm und baten: Zögere nicht, zu uns herüberzukommen“ (Apg 9,37–38).
Ja, auch Kinder Gottes werden krank und sterben. Doch ihr Sterben ist in Wirklichkeit nur ein Entschlafen, wobei sich das Einschlafen auf ihren Körper bezieht, nicht auf ihre Seele. Wohl empfinden auch die gläubigen Angehörigen der Heimgegangenen tiefe Trauer über den erlittenen Verlust, aber sie sind nicht betrübt in der Weise, wie es „die Übrigen“ sind, „die keine Hoffnung haben“ (1. Thes 4,13–15) – eben, weil sie eine Hoffnung haben. Wenn es in der Absicht Gottes liegt, eins der Seinen durch den Tod zu Sich zu nehmen, so benutzt Er dazu gewöhnlich irgendeine Krankheit. So wird vom Propheten Elisa gesagt: „Und Elisa erkrankte an seiner Krankheit, an der er starb“ (2. Kön 13,14). Hier sehen wir nun dasselbe: Krankheit – Tod der Tabitha. Auch brauchten die Witwen sich ihrer Tränen nicht zu schämen. Denn das ist das Bittere am Tod: Er zerreißt selbst innigste irdische Bande.
Dennoch kann der Gläubige dem Tod furchtlos ins Auge sehen, denn er hat für ihn den Stachel verloren (1. Kor 15,55.56), ja, er ist nur ein „Diener“, der ihm die Tür ins Paradies öffnet. Deswegen hatte Paulus „Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser“ (Phil 1,23). Das aber hinderte ihn nicht im Geringsten daran, Gott dafür zu danken, dass Er sich seiner erbarmt und Epaphroditus vor dem Tod bewahrt hatte, „damit ich nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte“ (Kap. 2,25–27). Wie schön ist das Nebeneinander dieser beiden so unterschiedlichen Empfindungen! Der Heilige Geist hat sie beide hervorgerufen.
Wenn es nun heißt „Es geschah aber in jenen Tagen, dass sie krank wurde und starb“, so scheint der Heilige Geist damit anzudeuten, dass nach der Vorsehung Gottes die Krankheit und der Tod Tabithas gerade in jene Zeit fielen, als Petrus in der Nähe war. Gott hatte vor, sich in besonderer Weise an dieser demütigen, einfachen Frau zu verherrlichen – dadurch, dass Er sie aus den Toten auferweckte. Apostolische Macht war vorhanden – in Petrus, und sie sollte nach dem Willen Gottes noch einmal sichtbar werden.
Der Glaube hofft auf Gott
Gerade das scheinen die Jünger im Stillen auch erwartet oder doch wenigstens erhofft zu haben. Denn hätten sie nur nach der Tröstung durch Petrus verlangt, so würden sie ihn wohl kaum derart zur Eile gedrängt haben. So aber wurde die Tote nach jüdischer Sitte gewaschen und in ein Obergemach gelegt, während zwei Männer von den Jüngern nach Lydda gesandt wurden, um Petrus zu holen. „Zögere nicht, zu uns herüberzukommen.“
Wahrscheinlich hatten die Jünger in Joppe ohnehin seinen Besuch erwartet, nun aber war sein unverzügliches Kommen notwendig. Denn wegen des dort herrschenden Klimas wurden die Toten noch am Tag ihres Sterbens bestattet (Kap. 8,2), spätestens jedoch am nächsten Morgen, falls der Tod erst später am Tag eintrat. Wenn Petrus zu sehr zögerte, so war es durchaus möglich, dass er die Heimgegangene bei seiner Ankunft bereits bestattet vorfand.
Wenn also in der Bitte an Petrus, rasch zu kommen, die stille Hoffnung mitschwang, dass der Herr in Seiner Gnade Petrus benutzen könnte, Tabitha der Versammlung in Joppe wiederzugeben, so war ihnen wohl auch bewusst, dass der Herr bisher niemand anders als nur Seine Apostel mit solcher Macht betraut hatte (Mt 10,8). Weder hatte der Herr den Siebzig solch eine Macht gegeben (Lk 10), noch hat Er die Zeugen Seiner Auferstehung von Markus 16 damit ausgestattet (Verse 17–20). Obwohl es in Joppe Heilige gab, so besaßen sie doch nicht die Macht, Wunder zu wirken. Doch nichts anderes als göttliche Macht konnte Tabitha wieder zum Leben erwecken.
Dabei scheint die Art der Berichterstattung und besonders die Botschaft an Petrus noch etwas Weiteres anzudeuten: Die Jünger baten weder den Herrn selbst noch Petrus darum, dass ihnen Tabitha durch ein Wunder wiedergeschenkt würde. Was der Wille des Herrn in diesem Fall war, wagte niemand zu sagen. So überließen sie die Sache ganz Dem, der allein weiß, was gut ist. Der Glaube hofft auf Gott. Ist das nicht auch stets das Beste, gleichgültig, welche Situation gerade vorliegt?
Ein Denkmal aus Stoff und Tuch
„Petrus über stand auf und ging mit ihnen; und als er angekommen war, führten sie ihn in das Obergemach. Und alle Witwen traten weinend zu ihm und zeigten ihm die Unterkleider und Gewänder, die Dorkas gemacht hatte, während sie noch bei ihnen war“ (Apg 9,39).
Petrus gab der Bitte der Männer Gehör und ging unverzüglich mit ihnen. Als er in Joppe angekommen war – die Hin- und Rückreise muss fünf bis sechs Stunden in Anspruch genommen haben –, führen ihn die Jünger sogleich in das Obergemach. Auch jetzt äußern sie keine Bitte. Wortlos bringen sie ihn zu der Toten, und er findet sie – zubereitet zum Begräbnis. Eine rührende Szene spielt sich nun ab. All die Witwen, für die Dorkas Kleider und Gewänder gemacht hatte, sind zugegen. Wie könnte auch nur eine von ihnen fehlen? Deswegen heißt es: „Alle Witwen ...“ Weinend treten sie zu dem Apostel und zeigen ihm, was diese Frau ihnen bedeutete und was die Versammlung mit ihr verloren hatte.
Die Art und Weise, wie sie das tun, ist herzbewegend. Zwar ruhen jetzt die fleißigen Hände Tabithas still im Tod. Aber die Witwen zeigen, was diese Hände einst, von einem Herzen der Liebe getrieben, vollbracht haben. Viele tragen die von Tabitha verfertigten Kleider noch am Körper – lebendige Denkmäler! Manche in Bronze gegossenen oder in Stein gemeißelten Denkmäler berühmter Menschen und Taten sind längst verfallen oder vergessen. Aber diese mit Stoff und Nadel gefertigten Denkmäler der tätigen Liebe Gottes in einer einfachen Frau reden noch heute zu uns.
Die Frauen können ihre Gefühle der Trauer nicht zurückhalten, sie schluchzen laut. Aber dieses schmerzerfüllte, hörbare Weinen müssen wir unbedingt von dem bestellten und lautstarken Jammern und Klagen der Juden im Haus des Jairus unterscheiden (Mk 5,38.39). Hier bei den Witwen ist es kein „lärmendes Getümmel“, sondern eine echte, tiefe Trauer, der sie Ausdruck geben. Sie haben eine wirkliche Freundin verloren, die ihnen gedient hatte. Wir werden an das Wort erinnert: „Durch die Liebe dient einander“ (Gal 5,13). Dorkas hat das getan. Die Kleider, die sie für die Armen verfertigte, machte sie in Wirklichkeit für den Herrn. Sie hatte nur ein Talent, hatte nur ihre Nadel, aber damit diente sie Ihm. Und wie viel hat sie daraus gemacht!
„Tabitha, steh auf!“
„Petrus über schickte alle hinaus, kniete nieder und betete. Und er wandte sich zu dem Leichnam und sprach: Tabitha, steh auf! Sie aber schlug ihre Augen auf, und als sie Petrus sah, setzte sie sich auf Er aber gab ihr die Hand und richtete sie auf er rief aber die Heiligen und die Witwen und stellte sie lebend dar“ (Apg 9,40.41).
Was hier berichtet wird, hat einige Ähnlichkeit mit dem Vorgehen des Herrn Jesus, als Er das Töchterchen des Jairus auferweckte, und doch überwiegen eher die Gegensätze. Wie der Herr (Mk 5,40), so schickte auch Petrus alle hinaus, die zugegen waren. Im Griechischen wird an beiden Stellen ein sehr starker Ausdruck gebraucht, der eigentlich ›hinauswerfen‹ bedeutet: „Er stieß sie (trieb sie) hinaus.“ Offenbar waren sie der Aufforderung des Petrus, hinauszugehen, nur zögerlich nachgekommen.
Und was war der Grund für das Hinausschicken? Der Nachsatz gibt die Antwort: Petrus wollte mit dem Herrn allein sein, er wollte zu Ihm beten. Dazu „beugte er die Knie“, wie es wörtlich heißt – eine Haltung, die sich auch für uns schickt, wenn wir zum Herrn der Herrlichkeit reden wollen. Denken wir nicht, dass die äußere Haltung beim Gebet ganz und gar unwichtig sei, weil Gott ja das Herz ansieht! Gewiss, Gott sieht das Herz an, aber gerade deswegen wird sich bei uns die Ehrfurcht vor der höchsten Autorität auch – wenn irgend möglich – in einer gebührenden äußeren Haltung kundgeben. Mich ergreifen jedenfalls diese Worte immer wieder: „Petrus ... kniete nieder und betete.“ Auch vom Apostel Paulus wird gesagt: „Und als er dies gesagt hatte, kniete er nieder und betete mit ihnen allen“ (Apg 20,36). Und ein wenig später: „Und wir knieten am Strand nieder und beteten“ (Kap. 21,5). Auch im Himmel werden wir einmal vor Dem, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Lamm niederfallen und anbeten (Off 5,14).
Petrus drückte im Gebet seine Abhängigkeit von Gott aus, wusste er doch, dass er die Tote nicht in eigener Kraft auferwecken konnte. Gott ist es, der Leben gibt, sonst niemand. In diesem Bewusstsein hatten auch Elia (1. Kön 17,20–22) und Elisa (2. Kön 4,33) in ähnlicher Situation zu Gott gerufen und Erhörung gefunden. Der Sohn Gottes aber ergriff einfach die Hand des Kindes, und auf Sein Wort „Talitha kumi!“ hin stand das Mädchen auf und ging umher. Petrus war damals dabei gewesen und war Zeuge dieser wunderbaren Auferweckung geworden. Hier aber liegt er zu den Füßen Dessen, der, gleich dem Vater, lebendig zu machen vermag, „welche er will“ (Joh 5,21). Er setzt seine Hoffnung auf Gott, und Gott gibt ihm Antwort.
Um es noch einmal zu sagen: Das Vorrecht und die Macht, einem Geschöpf Leben zu geben, gehört Gott allein. Der Herr mag andere dazu benutzen, den Stein von der Gruft wegzunehmen (Joh 11,39.41), wie Er auch im Werk des Evangeliums Seine Knechte dazu benutzt, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Das Leben aber gibt Er selbst. Nur der Herr konnte dem Gestorbenen gebieten: „Lazarus, komm heraus!“ Als der Gerufene herauskam, sah er noch ganz wie ein toter Mensch aus: an Füßen und Händen mit Grabtüchern gebunden. Der Herr befreite ihn nicht davon. Er befahl anderen, das zu tun. Doch das direkte Verleihen von Leben wird nie einem Geschöpf anvertraut.
Petrus wendet sich jetzt zu dem Leichnam, aber er spricht nicht zu ihm - das wäre Torheit –, sondern zu der Person:„Tabitha, steh auf!“ Der Herr bewirkte, dass Tabitha es hörte; Er ließ ihre Seele in den Körper zurückkehren. Wie aus einem tiefen Schlaf erwachte Tabitha. Sie schlug ihre Augen auf, sie setzte sich auf, als sie Petrus sah, und dieser gab ihr die Hand und richtete sie auf. Dorkas wurde in einem Augenblick und vollständig zum Leben erweckt, nicht etwa in einzelnen Stufen. Was Lukas beschreibt, sind mehr die äußeren Begleitumstände; keineswegs deutet er einzelne Stadien des wiederkehrenden Lebens an, wie man schon einmal behauptet hat. Wenn jemand aus dem Schlaf erwacht – und das ist das Bild, das Lukas vor sich hat –, macht er zuerst seine Augen auf. So war es auch bei der entschlafenen Tabitha. Als der Herr ihr das Leben wiederschenkte, schlug sie als Erstes die Augen auf – die Augen, die eben noch im Tod gebrochen waren. Wunderbare Macht Gottes! Und dann half Petrus der Auferweckten, auf ihren Füßen zu stehen. Denn wir müssen bedenken, dass sie noch mit Grabtüchern und Binden gebunden war.
Es scheint, dass Petrus bei diesem Punkt die Tür öffnete und die wartenden Jünger hereinrief. Welch eine Szene muss sich abgespielt haben, als Petrus den besorgten Jüngern und weinenden Witwen Dorkas darstellte – als „lebend“! Lukas, der Berichterstatter, schweigt jedoch darüber. Und das ist geradezu typisch für inspirierte Schreiber des Wortes Gottes. Gewaltigste Ereignisse schildern sie nur knapp und mit den einfachsten Worten. Sie lassen die unerhörten Geschehnisse und Tatsachen für sich reden.
Im Blick auf Lazarus gab der Herr die Anweisung: „Macht ihn los und lasst ihn gehen.“ Bei der Tochter des Synagogenvorstehers befahl Er, ihr zu essen zu geben. Der Tabitha aber gab Petrus die Hand, und er richtete sie auf. Können wir nicht sagen, dass wir hier den dreifachen Auftrag des Herrn an uns angedeutet finden: junge Gläubige von Bindungen zu befreien, ihnen geistliche Nahrung zu geben und sie bei der Hand zu nehmen und sie auf ihrem weiteren Weg zu geleiten?
Viele glaubten an den Herrn
„Es wurde über durch ganz Joppe hin bekannt, und viele glaubten an den Herrn“ (Apg 9,42).
Im Vergleich zu dem in Lydda geschehenen Wunder, der Heilung des Gelähmten, war das in Joppe geschehene Wunder noch größer: Eine Tote war wieder zum Leben erweckt worden.
Aber während sich alle, die in Lydda und Saron wohnten und den Geheilten sahen, zu dem Herrn bekehrten, wird in Joppe nur von vielen gesprochen, die an den Herrn glaubten. Wie wir schon früher gesehen haben, beruht der Glaube nicht auf Wundern, sondern auf dem Wort Gottes. In jener Anfangszeit ließ Gott jedoch noch große Wunderwerke geschehen, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen und auf Sein Evangelium hinzulenken, als es noch neu war.
Noch eben ein Wort zu der Feststellung „Viele glaubten an den Herrn“. Die hier im Griechischen vorliegende Konstruktion bedeutet so viel wie: „Viele setzten ihr Vertrauen auf den Herrn.“ Das ist eine einfache und schöne Erklärung dafür, was es heißt, an den Herrn Jesus zu glauben: sein Vertrauen auf die Gnade und Macht des Herrn zur Errettung zu setzen. In Kapitel 10, wo wir dieselbe Konstruktion finden, wird hinzugefügt: „... dass jeder, der an ihn glaubt (wörtlich: auf ihn sein Vertrauen setzt), Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen“ (Vers 43). Wenn jemand im Blick auf seine Sünden sein Vertrauen auf Jesus und Sein am Kreuz vollbrachtes Erlösungswerk setzt, schenkt Gott ihm die Vergebung der Sünden für Zeit und Ewigkeit. Und wenn Gott Sünden vergibt, dann gedenkt Er ihrer „nie mehr“ (Heb 10,17).
Mit der Feststellung von Vers 42 in unserem Text ist Lukas zu seinem Hauptgegenstand zurückgekehrt – der Verbreitung des Evangeliums und dem Wachstum der Versammlung (Gemeinde) Gottes. Ein großes Wunder war durch Petrus in Joppe geschehen, und die „Ernte“ dort war groß. Es scheint, dass es in dieser Gegend auch jetzt noch viel zu tun gab, und so fügt Lukas an:
„Es geschah aber, dass er viele Tage in Joppe blieb, bei einem gewissen Simon, einem Gerber“ (Vers 43).
Wie viele Tage Petrus in Joppe blieb, wird nicht gesagt, aber es waren eben mehr als nur zwei oder drei Tage. Interessant sind indes die Bemerkungen über seinen Gastgeber. Offenbar wohnte der außerhalb der Stadt, „am Meer“ (Kap. 10,6). Und was seinen Beruf als Gerber anging, so gab ihm das in den Augen der Juden einen gewissen Beigeschmack von zeremonieller Unreinheit, weil sein Beruf den beständigen Kontakt mit den Häuten toter Tiere mit sich brachte. Aber Simon, der Gerber, war offensichtlich ein Christ, den das nicht weiter anfocht.
Auch Petrus ließ die jüdischen Bedenken unbeachtet, denn er wohnte bei diesem Mann die ganze Zeit, die er sich in Joppe aufhielt. Schließlich hatte er mit Johannes auch das von den Juden als unrein angesehene Samaria besucht. Doch gerade auf diesem Gebiet hatte Petrus im Haus Simons, des Gerbers, noch eine wichtige Lektion zu lernen. Selbst Petrus war nämlich dem gesetzlichen jüdischen System noch eng verhaftet. Welche Mühe der Herr hatte, Seinen Knecht davon zu lösen, und welche neuen Wege die Gnade Gottes beschritt, zeigt das nächste Kapitel.