Im Anfang
Ein Kommentar zu 1. Mose 1-11

1. Mose 5

Im Anfang

Mit Kapitel 5 beginnt ein neuer Abschnitt im ersten Buch Mose. Nachdem die Familie Kains versagt hat, beginnt Gott gewissermaßen noch einmal „von vorne“ und stellt die Nachkommen Adams anhand der Familie Seths vor. In komprimierter Form wird eine Zeit von ca. 1650 Jahren über 10 Generationen von Adam bis Noah vorgestellt. Dabei fällt auf, dass, im Gegensatz zu der Familie Kains, keine großen Taten der Nachkommen Seths erwähnt werden. Stattdessen wird aber das Lebensalter der einzelnen Personen genannt. Sie scheinen ihr Leben unauffällig und als Fremdlinge geführt zu haben – doch Gott nimmt Notiz von jedem, der mit Ihm und für Ihn lebt.

Adams Geschlechter

„Dies ist das Buch von Adams Geschlechtern. An dem Tag, als Gott Adam schuf, machte er ihn im Gleichnis Gottes. Mann und Frau schuf er sie, und er segnete sie und gab ihnen den Namen Mensch, an dem Tag, als sie geschaffen wurden.

Und Adam lebte 130 Jahre und zeugte einen Sohn in seinem Gleichnis, nach seinem Bild, und gab ihm den Namen Seth. Und die Tage Adams, nachdem er Seth gezeugt hatte, waren 800 Jahre, und er zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Adams, die er lebte, waren 930 Jahre, und er starb“ (5,1-5).

Wir haben bereits gesehen, dass das erste Buch Mose durch den Satz „Dies ist die Geschichte oder die Geschlechter …“ eingeteilt werden kann. Hier findet sich jedoch etwas Besonderes. Es heißt: „Dies ist das Buch von Adams Geschlechtern.“ Dieser Ausdruck kommt in der Bibel nur noch ein weiteres Mal in Matthäus 1,1 vor: „Buch des Geschlechts Jesu Christi, …“. Der Heilige Geist will uns damit die „Bücher“ der beiden großen Familien und Häupter in der Bibel zeigen: die Familie der gefallenen Nachkommen des ersten Menschen und die Familie der erlösten Nachkommen des zweiten Menschen (Röm 5,12-21). Das Alte Testament beschreibt die Geschichte Adams und seiner Nachkommen. Das Neue Testament beschreibt die Geschichte des Herrn Jesus und seiner Nachkommen. Es ist schön, auch in diesem kleinen Detail die untrennbare Einheit der beiden großen Teilen des Wortes Gottes zu sehen.

Die ersten beiden Verse führen zurück bis zur Erschaffung des Menschen. Gott hatte Adam und Eva als Mann und Frau in seinem Gleichnis erschaffen. Sie waren Ihm moralisch ebenbildlich. Durch den Sündenfall – der hier übergangen wird – verlor der Mensch dieses Gleichnishafte. Daher heißt es in Vers 3 dann bei Adam, dass er einen Sohn „in seinem Gleichnis, nach seinem Bild“ zeugte. Adam konnte seinen Sohn nur in seinem Gleichnis als schuldiger Sünder zeugen und ihm seine eigene sündige Natur mitgeben.

Noch eine weitere Folge der Sünde tritt in diesem Kapitel hervor – der Tod. Wie Hammerschläge hören wir achtmal die ernsten Worte: „und er starb“. Nur bei Henoch und Noah wird es nicht erwähnt. Selbst wenn die Menschen ein hohes Alter erreichten, blieb das Todesurteil aus Kapitel 2,17 bestehen. Durch die Sünde Adams ist „der Tod zu allen Menschen durchgedrungen“ (Röm 5,12).

Adam lebte 930 Jahre und damit noch 56 Jahre zusammen mit Lamech, der die neunte Generation bildete.

Seth, Enos, Kenan, Mahalalel und Jered

„Und Seth lebte 105 Jahre und zeugte Enos. Und Seth lebte, nachdem er Enos gezeugt hatte, 807 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Seths waren 912 Jahre, und er starb.

Und Enos lebte 90 Jahre und zeugte Kenan. Und Enos lebte, nachdem er Kenan gezeugt hatte, 815 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Enos’ waren 905 Jahre, und er starb.

Und Kenan lebte 70 Jahre und zeugte Mahalalel. Und Kenan lebte, nachdem er Mahalalel gezeugt hatte, 840 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Kenans waren 910 Jahre, und er starb.

Und Mahalalel lebte 65 Jahre und zeugte Jered. Und Mahalalel lebte, nachdem er Jered gezeugt hatte, 830 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Mahalalels waren 895 Jahre, und er starb.

Und Jered lebte 162 Jahre und zeugte Henoch. Und Jered lebte, nachdem er Henoch gezeugt hatte, 800 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Jereds waren 962 Jahre, und er starb“ (5,6-20).

Bis auf die Namen und das Lebensalter wird von den hier erwähnten Männern nichts berichtet. Kenan bedeutet „Klagender“ bzw. „Weinender“. Er gibt seinem Sohn den Namen Mahalalel mit der schönen Bedeutung: „Gott ist lobenswürdig“ bzw. „der Gott lobt“. Verglichen mit der Familie Kains, die sich das Leben ohne Gott schön machen wollten, ist das bemerkenswert. Gott war in den Augen Kenans herrlicher als alle Attraktionen der Welt Kains, und das führte ihn zu Lobpreis. Wir leben in einer ähnlich bösen Zeit und sind von Menschen umgeben, die ohne Gott für sich selbst leben. Sind wir da solche, die wie Kenan darüber trauern, aber ebenso wie Mahalalel Gott loben?

Henoch

„Und Henoch lebte 65 Jahre und zeugte Methusalah. Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er Methusalah gezeugt hatte, 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Henochs waren 365 Jahre. Und Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr, denn Gott nahm ihn weg.

Und Methusalah lebte 187 Jahre und zeugte Lamech“ (5,21-25).

Der Bericht über Henoch unterscheidet sich von den anderen Beschreibungen in diesem Kapitel. Über Henoch berichtet der Geist Gottes einige bemerkenswerte Details. Weitere Hinweise auf ihn finden sich in Hebräer 11,5 und 6, sowie in Judas 14 und 15. Nehmen wir diese Stellen zusammen, erkennen wir vier herausragende Merkmale bei ihm:

  1. Henoch wandelte mit Gott (V. 22.24)
    Henoch ist der einzige Mensch in der Bibel, von dem dies zweimal ausdrücklich so gesagt wird. Sonst wird das nur noch einmal von Noah gesagt (Kap. 6,10). Henoch lebte in einer ganz persönlichen und vertrauten Beziehung zu Gott. Der Zusatz „nachdem er Methusalah gezeugt hatte“ legt nahe, dass die Geburt seines Sohnes ihn ganz besonders motivierte, seinen Weg von da an in enger Gemeinschaft mit Gott zu gehen. Tun wir das auch?
  2. Henoch besaß das Wohlgefallen Gottes (Heb 11,5)
    In Hebräer 11 Vers 5 heißt es, dass Henoch das Zeugnis hatte, dass er „Gott wohlgefallen habe“. Das ist die griechische Übersetzung des Ausdrucks „er wandelte ... mit Gott“. Abgesehen von dem Herrn Jesus, der von sich sagen konnte, dass Er allezeit das Gott Wohlgefällige tat (Joh 8,29), ist Henoch der einzige Mensch in der Bibel, von dem dies so ausdrücklich gesagt wird. Es beindruckt uns, dass Henoch dieses Zeugnis hatte, d. h., dass seine Mitmenschen von dem Wohlgefallen wussten, das Gott an ihm hatte! Was sehen sie in unserem Leben?
  3. Henoch zeugte für Gott (Jud 14.15)
    Henochs Name bedeutet „Eingeweihter“. Er war tatsächlich in die Gedanken Gottes eingeweiht. Er wusste, dass Gericht kommen würde und zeugte davon. Er ist der älteste Prophet in der Bibel und war so etwas wie das personifizierte Gewissen der Menschen, unter denen er lebte. Sein Wandel mit Gott war dabei die Voraussetzung für sein Zeugnis. Sind wir auch Zeugen für Gott in einer dunklen Welt?
  4. Henoch ging zu Gott, ohne den Tod zu sehen (V. 24; Heb 11,5)
    Statt der Worte „und er starb“ heißt es bei Henoch: „und er war nicht mehr, denn Gott nahm ihn weg“. Mit der Entrückung zeigte Gott:
     -  seine Wertschätzung für den Wandel Henochs;
     -  seine Macht über den Tod;
     -  einen ersten Hinweis darauf, dass der Himmel die Heimat für die ist, die mit Gott wandeln und an denen Er Wohlgefallen hat.

Neben Elia (s. 2. Kön 2) ist Henoch der einzige Mensch, der in den Himmel genommen wurde, ohne durch den Tod gehen zu müssen. Henoch ist hierin ein Vorausbild auf die Gläubigen der Gnadenzeit, die in den Himmel entrückt werden, bevor die Gerichte (die Flut) die Erde treffen werden.

Methusalah, Lamech und Noah

„Und Methusalah lebte 187 Jahre und zeugte Lamech. Und Methusalah lebte, nachdem er Lamech gezeugt hatte, 782 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Methusalahs waren 969 Jahre, und er starb.

Und Lamech lebte 182 Jahre und zeugte einen Sohn. Und er gab ihm den Namen Noah, indem er sprach: Dieser wird uns trösten über unsere Arbeit und über die Mühe unserer Hände wegen des Erdbodens, den der HERR verflucht hat. Und Lamech lebte, nachdem er Noah gezeugt hatte, 595 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Lamechs waren 777 Jahre, und er starb.

Und Noah war 500 Jahre alt; und Noah zeugte Sem, Ham und Japhet“ (5,25-32).

Henoch nennt seinen Sohn Methusalah – ein Name, der eine interessante Bedeutung hat und zu Henochs Einsicht und Weissagung passt: „Bei seinem Tode kommt es.“ – „Ist er tot, so wird er es senden.“ Das ist insofern interessant, da genau im Todesjahr von Methusalah das Gericht der Flut über die Erde kam1. Methusalahs langes Leben zeigt die Langmut Gottes mit der Welt (2. Pet 3,9). Sein Leben war das Zeitmaß bis das Gericht kommen sollte – und er wurde mit 969 Jahren der älteste Mensch auf der Erde.

Methusalah zeugt Lamech („Überwinder“, „Gewaltiger“) – ein Mann von ganz anderem Charakter als der gleichnamige Nachkomme Kains in Kapitel 4. Ähnlich wie bei Henoch wird auch bei Lamech von der üblichen Formulierung in diesem Kapitel abgewichen. Zunächst einmal steht in Vers 28 nur, dass Lamech einen Sohn zeugte, während sonst immer direkt der Name erwähnt wird. Dann wird das Motiv für die Namensgebung seines Sohnes genannt: „Dieser wird uns trösten über unsere Arbeit und über die Mühe unserer Hände wegen des Erdbodens, den der Herr verflucht hat.“

Offensichtlich hat Lamech sich tiefe Gedanken gemacht. Er litt unter den Folgen des Sündenfalls, lehnte sich aber nicht dagegen auf, sondern anerkannte sie als Strafe Gottes. Er sehnt sich auch nach Trost und Ruhe. Daher gibt er seinem Sohn den Namen Noah („Trost“, „Ruhe“). Dieser Trost kam in gewisser Weise auch in Noah – in dem Segen Gottes auf der gereinigten Erde nach der Flut. Allerdings erlebte Lamech selbst diesen Trost nicht mehr, da er wie alle anderen Vorfahren Noahs noch vor der Flut starb.

Mit Noah und seinen Söhnen endet dann die Aufzählung der Nachkommen von Adam und Seth. Bei Noah wird nicht nur ein Sohn genannt, sondern alle drei, da sie später für die Bevölkerung der Erde nach der Flut entscheidend waren. Wenn wir davon ausgehen, dass Noah an der Arche ca. 120 Jahre baute (vgl. Kap. 6,3), dann fing er damit in seinem 480. Lebensjahr an. Da er erst mit 500 Jahren begann, Söhne zu zeugen, sind alle Söhne Noahs während dieser Bauzeit geboren.

Interessanterweise wird Sem zuerst genannt, obwohl Japhet der Älteste war (Kap. 10,21). Ein Grund dafür könnte sein, dass aus Sems Nachkommen Abraham, der Stammvater Israels (Kap. 11,10.26), und schließlich Christus hervorgekommen ist (Lk 3,23.36).

Fußnoten

  • 1 Der Zeitpunkt lässt sich aus folgenden Angaben bestimmen: 782 Jahre (Kap 5,26) – 182 Jahre (Kap 5,28) – 600 Jahre (Kap 7,6)
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel