Im Anfang
Ein Kommentar zu 1. Mose 1-11

1. Mose 2

Im Anfang

Die ersten drei Verse von Kapitel 2 gehören eigentlich noch zu Kapitel 1, denn sie schließen die Schöpfungswoche ab. Oberflächlich betrachtet, könnte beim Lesen von Kapitel 2 der Eindruck entstehen, dass es sich hier um einen zweiten und teilweise widersprüchlichen Schöpfungsbericht handelt, aber dem ist nicht so. Kapitel 2 blickt wie mit einer Lupe auf einzelne Details aus Kapitel 1 und besonders auf den sechsten Schöpfungstag. Es geht nicht so sehr um die materielle, biologische Schöpfung, sondern darum, dass der Mensch als moralisch verantwortliches Wesen geschaffen wird und von Gott in Beziehungen gestellt wird:

  1. in die Beziehung zu Gott (V. 4–7)
  2. in die Beziehung zur Schöpfung (V. 8–20)
  3. in die Beziehung zu seiner Frau (V. 21–25)

Kapitel 2 ist darüber hinaus das einzige Kapitel in der Bibel, wo über den Menschen im Zustand der Unschuld und Sündlosigkeit berichtet wird.

Der siebte Tag

„So wurden vollendet der Himmel und die Erde und all ihr Heer. Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte“ (2,1-3).

Mit Beginn des siebten Tages ist das Schöpfungswerk Gottes vollendet. Mit den Worten „der Himmel und die Erde und all ihr Heer“ wird dabei die ganze Größe und Vielfalt der Himmelskörper sowie der Pflanzen-, Tier- und Menschenwelt ausgedrückt.

Nun, da Gott sein Schöpfungswerk vollendet, d. h. vollständig abgeschlossen hat, kann Er ruhen. Das hier für „ruhen“ verwendete Wort, von dem auch das Wort „Sabbat“ abgeleitet ist, bedeutet so viel wie „aufhören“. Gott kann mit seiner Arbeit aufhören, da es nichts mehr zu tun gibt. Er ist zu seinem Ziel gekommen. Darum segnet und heiligt Er diesen Tag. Dadurch wird der siebte Tag, der in 2. Mose 16 „Sabbat“ genannt wird, zu einem ganz besonderen Tag. Zum ersten Mal in der Bibel und zum einzigen Mal im 1. Buch Mose wird hier der Begriff „heiligen“ erwähnt. Er bedeutet: „absondern“, „weihen“ oder „für einen bestimmten Zweck reservieren“. Gott sondert diesen Tag als einen besonderen Tag für sich ab. In 2. Mose 16 bestimmt Gott den Sabbat dann auch zu einem Ruhetag für sein Volk: „Morgen ist Ruhe, ein heiliger Sabbat dem Herrn“ (2. Mo 16,23). So war der Sabbat als ein Segen und ein Vorrecht für den Menschen bestimmt. Erst in Verbindung mit der Gesetzgebung in 2. Mose 20 gab Gott dann das Sabbatgebot, um den Gehorsam des Menschen zu erproben.

Durch den Sündenfall des Menschen wurde Gottes Ruhe in der Schöpfung schnell gestört. Wie könnte Er ruhen, wenn der Mensch – und damit die Schöpfung – sich in einem Zustand der Sünde befindet und von Satan beherrscht ist? Daher sagte der Herr Jesus in Johannes 5,17 auch: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke.“ Er „wirkte“, um die Voraussetzung zu schaffen, dass Gott und Menschen wieder ruhen konnten. Auf der Grundlage des vollbrachten Sühnungswerkes am Kreuz wird sich Gottes Ziel mit der Schöpfung erfüllen. Im Tausendjährigen Reich, wenn der Herr Jesus gerecht und in Frieden regieren wird, wird die Sabbatruhe für die Schöpfung, für den Menschen und für Gott erfüllt sein. Das wird in Hebräer 4 deutlich, wo auf diesen siebten Tag Bezug genommen wird: „Denn er hat irgendwo von dem siebten Tag so gesprochen: Und Gott ruhte am siebten Tag von allen seinen Werken“ (Heb 4,4). In Hebräer 4,9-10 wird der Gedanke dann erklärt und gesagt: „Also bleibt eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig. Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ist auch selbst zur Ruhe gelangt von seinen Werken, wie Gott von seinen eigenen.“

Die geistliche Bedeutung des siebten Tages

Die Ruhe des siebten Tages markiert die Endphase der geistlichen Entwicklung des Gläubigen: die Einführung in die vollkommene Ruhe Gottes. Für den Gläubigen beginnt diese Ruhe, wenn der Herr ihn in den Himmel holt (sei es durch den Tod oder die Entrückung). Diese Ruhe in der Herrlichkeit wird durch nichts mehr gestört werden und ewig andauern (beim siebten Tag wird nicht von Abend und Morgen gesprochen). Dann sind alle Schwierigkeiten und Prüfungen, und alles Tun des Menschen für immer zu Ende gekommen. Was für ein Glück, für ewig im Haus des Vaters zu sein!

Die Geschichte des Himmels und der Erde

„Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tag, als Gott der HERR Erde und Himmel machte, und ehe alles Gesträuch des Feldes auf der Erde war, und ehe alles Kraut des Feldes sprosste; denn Gott der HERR hatte nicht regnen lassen auf die Erde, und kein Mensch war da, um den Erdboden zu bebauen.

Ein Dunst aber stieg auf von der Erde und befeuchtete die ganze Oberfläche des Erdbodens“ (2,4-6).

Mit den Worten „Dies ist die Geschichte…“1 beginnt der eigentliche Teil von Kapitel 2. Es ist nicht ganz einfach zu erkennen, worauf sich Vers 4 bezieht. Wenn er sich auf den vorhergehenden Bericht bezieht, könnten wir den ersten Versteil mit Kapitel 1,1 verbinden, als Gott die Himmel und die Erde schuf. Der zweite Versteil würde dann Bezug nehmen auf das Werk der sechs Schöpfungstage („an dem Tag“ o. „zu der Zeit“), als Gott die in Vers 1 geschaffene Schöpfung wiederherstellte („machte“), um sie zu einem Wohnort für den Menschen zu machen.

Es kann auch sein, dass es bei dem Ausdruck „Geschichte“ um die weitere „Geschichte“ der Schöpfung geht, um das, was mit dem Himmel, der Erde und dem Menschen noch weiter geschehen ist2. So berichtet Kapitel 2 nähere Details über die Erschaffung des Menschen und über den Garten Eden. In Kapitel 3 folgt der Bericht über den Sündenfall und in Kapitel 4 wird über die Kinder und weiteren Nachkommen Adams und Evas berichtet.

Noch etwas fällt in Vers 4 und 5 auf – es wird ein neuer Name Gottes eingeführt: „Gott der Herr“, hebräisch „Jahwe Elohim“. Während im ersten Kapitel 33 Mal ausschließlich der Name „Gott“ (Elohim) vorkommt, wird in Kapitel 2 elfmal (und in Kapitel 3 siebenmal) der Name „Gott der Herr“ (Jahwe-Elohim) genannt. Auch das ist kein Argument für einen zweiten (widersprüchlichen) Schöpfungsbericht. Vielmehr stehen die Namen Gottes in Kapitel 1 und 2 in völliger Übereinstimmung mit dem Charakter der Kapitel.

Elohim ist der mächtige und erhabene Schöpfergott. Dementsprechend stellt sich Gott in Kapitel 1, wo seine Schöpfermacht im Vordergrund steht, als „Elohim“ vor. Herr („Jahwe“) bedeutet „der Ewige“, „der Unwandelbare“, der sich immer treu bleibt. Dieser Name beinhaltet den Gedanken einer Beziehung und passt daher sehr gut zu Kapitel 2, in dem Gott in Beziehung zu dem Menschen tritt.

Die Verse 5 und 6 sind ein Einschub, der näheres Licht auf die Zeit vom dritten bis zum sechsten Schöpfungstag wirft. Sie machen Gottes Fürsorge für den Menschen deutlich. Sie zeigen, wie Gott die Erde zu einem guten Wohnort zubereitete. Gott schuf die Pflanzen und Kräuter am dritten Tag offensichtlich in vollem Wuchs und in voller Reife, um dem Menschen direkt nach seiner Erschaffung zur Nahrung zu dienen, bis dieser selbst Felder anlegen und bebauen konnte. Um Felder anzulegen und Pflanzen und Kräuter zu säen und zu kultivieren, braucht es Feuchtigkeit und Personen, die die Arbeit tun. Beides war noch nicht da, so dass Gott bis dahin für alles sorgte.

Adam wird erschaffen

„Und Gott der HERR bildete den Menschen, Staub vom Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele“ (2,7).

In Vers 7 richtet sich die „Lupe“ darauf, wie der Mensch erschaffen wurde. Es wird deutlich, dass der Mensch nicht auf dieselbe Weise wie die Tiere zu einer lebendigen Seele wurde. Während Gott die Tiere einfach durch sein Wirken als lebendige Wesen erschuf, handelt Er bei dem Menschen ganz anders. Er macht den Körper des Menschen aus Staub vom Erdboden und gibt ihm dann auf eine einzigartige Weise das Leben: indem Er in seine Nase den Odem des Lebens einhaucht. Durch dieses Einhauchen:

  • wurde der Mensch eine unsterbliche Seele.
    Auch wenn der Begriff der „Unsterblichkeit der Seele“ in der Bibel nicht wortwörtlich gebraucht wird, macht das Zeugnis der Bibel diese Wahrheit klar. Sterblich ist nur der Körper des Menschen, die Seele als Sitz der Persönlichkeit ist unsterblich.
    Als der Herr den Sadduzäern sagt, dass Gott nicht ein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebendigen sei, fügt er noch den Nachsatz hinzu: „denn für ihn leben alle“ (Lk 20,38). Für Gott leben alle Menschen, selbst wenn sie dem Körper nach schon gestorben sind.
  • kam der Mensch in eine Beziehung zu Gott und wurde Gott verantwortlich.
    Durch den Odem Gottes bekam der Mensch nicht nur natürliches Leben, sondern auch geistige und emotionale Fähigkeiten, die ihn befähigen, Beziehungen einzugehen. Nach 1. Thessalonicher 5,23 besteht der Mensch aus Geist, Seele und Körper. Der Geist befähigt den Menschen – im Unterschied zu den Tieren – mit Gott Gemeinschaft zu pflegen, Ihn zu lieben und zu ehren. „Jedoch der Geist ist es in den Menschen, und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht“ (Hiob 32,8).
    Durch die besondere Beziehung zu Gott ist der Menschen auch verantwortlich vor Gott.

Etwa viertausend Jahre später finden wir noch einmal ein Einhauchen Gottes: An seinem Auferstehungstag hauchte der Herr Jesus seinen Jüngern das Auferstehungsleben ein, dessen Kraft der Heilige Geist ist (Joh 20,22). So, wie der Mensch in 1. Mose 2 das natürliche Leben bekam und in eine Beziehung zu Gott dem Herrn kam, empfingen die Jünger in Johannes 20 das ewige Leben und wurden in eine ganz neue Beziehung zu Gott als ihrem Vater gebracht.

Auch der Apostel Paulus bezieht sich auf die hier beschriebene Erschaffung des Menschen, wenn er in 1. Korinther 15,45 den ersten Menschen mit Christus dem, „letzten Adam“ vergleicht: „Der erste Mensch, Adam, wurde eine lebendige Seele; der letzte Adam ein lebendig machender Geist.“

Im Vergleich zu Kapitel 1,27 benutzt Gott hier einen zweiten Ausdruck, um zu zeigen, wie er den Menschen gemacht hat. Kapitel 1,27 sagt: „Gott schuf den Menschen.“ Hier heißt es: „Gott der Herr bildete den Menschen.“ Die Tatsache, dass Gott den Menschen geschaffen hat, betont die Schöpferallmacht Gottes. Gott allein kann aus dem Nichts heraus alles ins Dasein rufen. Er allein konnte aus dem Staub der Erde den Menschen schaffen. „Denn er sprach, und es war; er gebot, und es stand da“ (Ps 33,9). Doch Gott hat den Menschen auch gebildet. Dabei denken wir an die Schöpferweisheit Gottes, die sich in dem Menschen als Krone der Schöpfung besonders zeigt. Er bildete Mann und Frau unterschiedlich. Und in seiner Weisheit hat er ihnen eine unterschiedliche Stellung und einen unterschiedlichen Aufgabenbereich gegeben.

„Wie viele sind deiner Werke, Herr! Du hast sie alle mit Weisheit gemacht, voll ist die Erde deiner Reichtümer“ (Ps 104,24).

Der Garten Eden

„Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten, und dorthin setzte er den Menschen, den er gebildet hatte. Und Gott der HERR ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, lieblich anzusehen und gut zur Speise; und den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens, und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen“ (2,8-9).

Nachdem Gott den Menschen auf eine einzigartige Weise geschaffen hat, unternimmt Er noch etwas Besonderes: Er pflanzt in liebevoller Fürsorge einen Garten in der Gegend Eden („Wonne oder Lieblichkeit“), als Wohnort für den Menschen. Alles, was Gott gemacht hatte, war „sehr gut“, aber dieser Garten übertraf alles. Er muss unvorstellbar herrlich gewesen sein, wenn selbst die gefallene Schöpfung heute noch so schön ist. Jeder Baum, der lieblich anzusehen und gut zur Speise war, war dort vorhanden. Es fehlte an nichts, um dem Menschen ein Leben in Überfluss und Freude zu ermöglichen. Gott will seine Geschöpfe glücklich sehen und sieht nur das Beste für sie vor. Das gilt umso mehr für die neue Schöpfung, in der Gott den Seinen das höchste Glück in unmittelbarer Verbindung zu sich selbst schenkt.

Der Garten Eden wird noch an anderen Stellen im Alten Testament erwähnt: in 1. Mose 13,10; Jesaja 51,3; Hesekiel 28,13 und Hesekiel 31,8.9.16; Joel 2,3. Auch diese Stellen zeigen, dass der Garten Eden ein Ort der Wonne und Lieblichkeit, ein „Paradies“ auf Erden war. Das Wort „Paradies“ wird allerdings im Alten Testament selbst nicht erwähnt. Das Wort stammt aus dem Altpersischen und ist ins Griechische und andere europäische Sprachen übernommen worden. Es wird in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, für den Garten Eden benutzt. Das hat dazu geführt, dass man den Garten Eden oft Paradies nennt. Auch im griechisch geschriebenen Neuen Testament kommt der Begriff vor. An drei Stellen wird vom Paradies gesprochen: Lukas 23,43; 2. Korinther 12,4 und Offenbarung 2,73.

Zwei Bäume in diesem Garten Gottes werden besonders erwähnt: der Baum des Lebens in der Mitte des Gartens und der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Wir erfahren folgendes über diese beiden Bäume:

  1. der Baum des Lebens stand in der Mitte des Gartens,
  2. der Mensch sollte nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen essen (V. 17),
  3. der Weg zum Baum des Lebens wurde nach dem Sündenfall durch Cherubim bewacht (Kap. 3,24).

Die beiden Bäume haben jedoch zweifellos eine geistliche Bedeutung, die mit Christus und dem Menschen in Verbindung steht.

Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens redet von Christus, der „das Leben“ ist (Joh 11,25; 14,6; 1. Joh 5,20) und den Menschen Leben gibt (Joh 3,36; 6,33; 1. Joh 5,22). Warum gab Gott diesen Baum in der Mitte des Gartens, da Adam doch gerade von Gott selbst das Leben bekommen hatte? Offensichtlich wollte Gott mit diesem Baum andeuten, dass Er noch etwas Besseres für den Menschen vorgesehen hatte: eine andere Art von Leben als das, was der Mensch schon besaß. Im Licht des Neuen Testaments denken wir an Titus 1,2, wo wir von der „Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten“ lesen. So weisen uns schon die ersten Blätter der Bibel auf das große Geschenk des ewigen Lebens hin, das wir als Kinder Gottes heute besitzen.

Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen

Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen erinnert an den Herrn Jesus am Kreuz. Nirgendwo sonst wurde Gut und Böse mehr sichtbar als auf dem Kreuz von Golgatha. Dort offenbarte sich die ganze Güte Gottes, indem Er seinen geliebten Sohn für Sünder in den Tod gab. Gleichzeitig wurde das Böse im Menschen völlig offenbar. Doch das Gute in Gott hat über das Böse im Menschen triumphiert. Der Herr hat am Kreuz die Frage von Gut und Böse gottgemäß und vollkommen gelöst.

Der Mensch wurde durch das Gebot, nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen (V. 17), von Gott unter Verantwortung gestellt – er sollte Gott, seinem Schöpfer, gehorchen. Darin hat er versagt und ist in Sünde gefallen. Doch auch die Frage der Verantwortlichkeit des Menschen hat der Herr Jesus am Kreuz völlig geklärt. So sind durch den Tod und die Auferstehung des Herrn die beiden Bäume, die hier in 1. Mose 2 direkt miteinander erwähnt werden, gewissermaßen zueinander gebracht worden. Der Herr Jesus ist für alle die, die an Ihn und sein vollbrachtes Erlösungswerk glauben, zum Baum des Lebens geworden.

Wenn wir an das Ende der Bibel kommen, finden wir das Paradies und den Baum des Lebens wieder. In Offenbarung 2,7 ist die Rede von dem „Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist“ und in Offenbarung 22,2 heißt es von dem himmlischen Jerusalem (ein Bild der Versammlung Gottes in der Herrlichkeit): „In der Mitte ihrer Straße und des Stromes, diesseits und jenseits, war der Baum des Lebens, der zwölf Früchte trägt und jeden Monat seine Frucht trägt.“ Im Gegensatz zum Garten Eden gibt es im himmlischen Paradies nur noch den Baum des Lebens. Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen wird nicht mehr erwähnt. Alles, was an Verantwortlichkeit oder Erprobung erinnert, wird im Himmel nicht mehr sein. Christus, der wahre „Baum des Lebens“, wird der zentrale Gegenstand („in der Mitte“) der Erlösten und für jeden der Seinen völlig zugänglich sein. Was wird das sein, wenn wir Ihn dann vollkommen genießen und immer wieder neue Herrlichkeiten der Person unseres Herrn betrachten werden!

Vier Flüsse

„Und ein Strom ging aus von Eden, um den Garten zu bewässern; und von dort aus teilte er sich und wurde zu vier Flüssen. Der Name des ersten: Pison; dieser ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo das Gold ist; und das Gold dieses Landes ist gut; dort gibt es das Bedolach und den Stein Onyx. Und der Name des zweiten Flusses: Gihon; dieser ist es, der das ganze Land Kusch umfließt. Und der Name des dritten Flusses: Hiddekel; dieser ist es, der östlich von Assyrien fließt. Und der vierte Fluss, das ist der Phrat“ (2,10-14).

In seiner Fürsorge für den Menschen sorgt Gott auch für Wasser. Er lässt einen Strom im Garten Eden entspringen, der diesen bewässert und sich dann in vier Flüsse teilt. So wird von Eden aus die ganze Erde gesegnet und mit dem lebensnotwendigen Wasser versorgt.

Der Strom des segensreichen Wassers Gottes findet sich in verschiedenen Formen durch die ganze Bibel hindurch. Als Gott das Volk Israel durch die Wüste führte, versorgte Er es mit Wasser aus dem geschlagenen Felsen. Als der Herr auf der Erde war, rief Er am letzten Tag des Laubhüttenfestes aus: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7,37.38). Er selbst war und ist die Quelle lebendigen Wassers und bietet dieses Wasser jedem Menschen an. Das tut Er heute durch die Glaubenden, denen Er die Aufgabe und Verantwortung gegeben hat, für andere Menschen ein Segenskanal zu sein. Im Tausendjährigen Reich wird der Strom unter der Schwelle des Tempels hervorfließen und zu einem Doppelfluss werden, der Leben und Segen bringen wird (Hes 47; Sach 14,8). Schließlich finden wir den Fluss auch in Offenbarung 22 wieder: „Und er zeigte mir einen Strom von Wasser des Lebens, glänzend wie Kristall, der hervorging aus dem Thron Gottes und des Lammes“ (Off 22,1).

Wir sehen in diesem Strom allgemein ein Bild des Segens Gottes. Etwas spezieller sehen wir ein Bild der Gnade Gottes, die Leben bringt, schafft und erhält. Unter diesem Blickwinkel lassen sich in den hier genannten Details zu den Flüssen bemerkenswerte Übereinstimmungen erkennen:

  • Vier Flüsse
    Die Zahl 4 spricht von Universalität (z. B. „4 Ecken der Erde“ Off 7,1; 20,8). Die Gnade Gottes richtet sich im Evangelium an alle Menschen, um ihnen Heil und Leben zu geben. „Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen“ (Tit 2,11). Gott offenbart sich im Evangelium als der „Heiland Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim 2,3.4).
  • Der erste Fluss: Pison, der das ganze Land Hawila umfließt
    Pison bedeutet „der reichlich Fließende“ – eine treffende Beschreibung des Evangeliums, dessen „Gnadenflut reichlich strömt“, wie es ein Liederdichter ausgedrückt hat. Hawila bedeutet „Sandland“ und zeigt, dass sich das Evangelium an die Menschen in der „Wüste“ der Welt richtet.
  • Wo das Gold ist
    Gold ist ein Bild der göttlichen Herrlichkeit und Gerechtigkeit in Gnade. Das Evangelium bringt göttliche Gerechtigkeit, statt sie von dem Menschen zu fordern. „Indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den durch den Glauben“, schreibt Paulus in Philipper 3,9. Der Römerbrief zeigt, dass wir gerechtfertigt worden sind auf einer Grundlage, die völlig mit der göttlichen Gerechtigkeit und Herrlichkeit übereinstimmt.
  • Dort gibt es das Bedolach
    Bedolach (o. Bdellion) ist ein durchsichtiges, wohlriechendes Harz. Es wird in der Bibel nur noch einmal in Verbindung mit dem Manna, der Wüstennahrung des Volkes Israel, erwähnt (4. Mo 11,7). Das Evangelium bringt nicht nur das Leben, die Gerechtigkeit und das Wasser, das den Durst der Seele stillt. Es bringt auch das Brot des Himmels, als Nahrung für die Seele.
  • Dort gibt es den Stein Onyx
    Zwei Onyxsteine in Einfassungen von Gold waren auf den Schulterstücken des Hohenpriesters befestigt. Auf diesen beiden Steinen waren die Namen der zwölf Söhne Israels eingestochen (2. Mo 28,9). Dies ist ein Bild von Christus, der als der große Hohepriester, die Seinen auf seinen starken Schultern trägt und in die Gegenwart Gottes bringt. Auch das ist eine Segnung, die durch das Evangelium kennengelernt wird.
  • Der zweite Fluss: Gihon, der das ganze Land Kusch umfließt
    Gihon, der zweite Fluss bedeutet „Durchbruch“, Kusch bedeutet „schwarz“. Kusch ist ein anderer Name für Äthiopien. Es ist ein Bild der Welt, die in der Finsternis liegt. An diesen Ort ist das Evangelium durchgedrungen, um Menschen „von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt Satans zu Gott zu bringen, damit sie Vergebung der Sünden empfangen“ (vgl. Apg 26,18).
  • Der dritte Fluss: Hiddekel, der östlich von Assyrien fließt
    Der Hiddekel ist der heutige Fluss Tigris und bedeutet „pfeilschnell“. Dieser Name erinnert daran, wie schnell sich das Evangelium verbreitet hat und in viele Länder gelangt ist. Assyrien steht im Wort Gottes für die Feindschaft des Menschen gegen Gott und gegen das Volk Gottes. So eine Feindschaft überwindet das Evangelium manchmal schnell. Dafür ist die Bekehrung von Saulus von Tarsus ein Beispiel. Gewalttätig verfolgte er die Versammlung Gottes, bis die Gnade Gottes ihn in einem Augenblick überwältigte und zu einem eifrigen Jünger Jesu machte.
  • Der vierte Fluss: Phrat
    Von diesem Fluss wird außer dem Namen mit der Bedeutung „der Liebliche“ oder „süßes Wasser“ weiter nichts gesagt. Er lässt daran denken, dass das Evangelium auch die Liebe Gottes offenbart und Menschen zum Genuss dieser Liebe führen will. „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen“ (1. Joh 3,1)!

Es ist außerordentlich schön, dass wir hierin schon vor dem Sündenfall die unermessliche Gnade Gottes angedeutet finden, die Seinem Herz voller Liebe entspringt.

Bebauen und Bewahren

„Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen und ihn zu bewahren“ (2,15).

Nachdem in den vorangegangenen Versen der Garten Eden beschrieben worden ist, erfahren wir in den nachfolgenden Versen etwas über die moralische Bedeutung des Gartens und Gottes Absicht damit. Er wollte den Menschen darin:

  1. als Mittelpunkt einsetzen und ihm die Arbeit als einen Segen geben und
  2. bezüglich seines Gehorsams und Vertrauens erproben.

Gott setzt den Menschen nun in den wunderbar geschaffenen Garten und überträgt ihm die Aufgabe, ihn zu bebauen und zu bewahren. Das ist ein weiterer „Anfang“ im ersten Buch Mose: der Anfang der (beruflichen) Arbeit. Gott wusste, dass es für den Menschen gut und nützlich sein würde, seine Zeit mit sinnvoller Beschäftigung auszufüllen. So gibt Er ihm in diesem Kapitel zwei verschiedene Arten von Arbeit, die wir bis heute kennen: körperliche Arbeit und geistige Arbeit. Adam und Eva sollten zum einen mit ihren Händen arbeiten, um den Garten Eden zu bebauen und zu bewahren. Zum anderen bekam Adam den Auftrag, allen Tieren Namen zu geben (V. 19.20). Das war eine geistige Tätigkeit.

In Verbindung mit der körperlichen Arbeit werden zwei Aspekte genannt. Bebauen ist eine mehr aktive, weiterbringende Tätigkeit, während Bewahren eine mehr erhaltende, beschützende und pflegende Tätigkeit ist. Gott möchte, dass wir aktiv tätig werden und unsere schöpferischen und kreativen Fähigkeiten, die Er uns geschenkt hat, nutzen. Er möchte auch, dass wir das, was Er uns anvertraut hat, bewahren. Beide Aspekte sind wichtig und lassen sich auch auf unser Ehe- und Familienleben und auf die Arbeit im Dienst für den Herrn anwenden.

Da Gott bei allem, was Er tut und anordnet, den Segen des Menschen im Auge hat, war auch die Arbeit ein Geschenk an den Menschen. Dinge wie Stress, Überlastung oder Burnout, die wir heute oft mit Arbeit verbinden, waren für Adam und Eva in Unschuld kein Thema. Das änderte sich erst mit dem Sündenfall. Als Strafe Gottes sollte die Arbeit von diesem Tag an für den Menschen mit Mühsal und Schweiß verbunden sein (Kap. 3,17–19). Trotzdem ist die Arbeit bis heute ein Segen und Auftrag Gottes für uns Menschen. Auch das Neue Testament gibt uns manche Belehrungen zu diesem Thema. Einige Punkte, warum und wozu wir arbeiten, seien kurz genannt:

  • um unseren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen (2. Thes 3,10.12)
  • um Bedürftige zu unterstützen (Eph 4,28; Apg 20,35)
  • um das Werk des Herrn zu unterstützen (Heb 13,16)
  • um ein gutes Zeugnis vor unseren Mitmenschen abzulegen (1. Thes 4,10-12)
  • um die biblische Lehre zu zieren (Tit 2,9.10)

Das Gebot des Herrn

„Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“ (2,16-17).

Von Gott in den wunderbaren Garten gebracht, bekommt der Mensch die Erlaubnis, von jedem Baum des Gartens nach Belieben zu essen. Es gibt nur eine Ausnahme: Vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen soll er nicht essen. Wir fragen uns, wieso Gott dieses Gebot gab.

Ein Grund ist sicherlich, dass Gott den Menschen erproben wollte. Würde er seinem Schöpfer gehorchen und vertrauen? Dazu gibt Er dem Menschen bei maximaler Freiheit ein einziges Gebot. Bei diesem Gebot ging es allein um die Frage, ob der Mensch die Autorität Gottes anerkennen oder ob er unabhängig von Gott handeln würde. Das Essen von dem Baum war in sich selbst nicht gut oder böse. Allein durch das Verbot wurde diese Handlung böse.

Ein zweiter Grund mag sein, dass Gott mit diesem Gebot andeutete, dass nur Er allein Gut und Böse kennt und beidem vollkommen begegnen kann. Der Mensch im unschuldigen Zustand kannte Gut und Böse nicht. Er konnte diese Kenntnis nur dadurch erlangen, dass er selbst böse wurde.

Gott warnt den Menschen auch vor den Folgen des Ungehorsams: „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben.“ Zwar starben Adam und Eva nach dem Essen der verbotenen Frucht nicht sofort buchstäblich, aber von dem Zeitpunkt an standen sie unter dem Urteil des Todes und waren geistig und moralisch von Gott getrennt.

Gott führt die Tiere zu Adam

„Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Und Gott der HERR bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels, und er brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde; und wie irgend der Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, so sollte sein Name sein. Und der Mensch gab Namen allem Vieh und den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber für Adam fand er keine Hilfe, die ihm entsprach“ (2,18-20).

Erneut wird die Güte und das Wohlwollen Gottes für den Menschen deutlich. Als Schöpfer weiß Er um die tiefsten Bedürfnisse des Menschen. Er sieht, dass Adam einsam ist und hat Mitempfinden mit ihm, so wie Er auch heute mit jedem der Seinen fühlt, der allein und einsam ist. Er möchte Adam eine Hilfe, d. h. ein ihm entsprechendes und auf gleicher Stufe stehendes Gegenüber machen. Dieses Gegenüber gibt es unter all den geschaffenen Tieren nicht4. Um das deutlich zu machen, bringt Gott zunächst alle Tiere zu Adam und gibt Adam die Aufgabe, ihnen Namen zu geben.

Die Namensgebung verdeutlicht zunächst einmal die Vorrangstellung und Autorität des Menschen in der Schöpfung, von der Gott in Kapitel 1,26–28 gesprochen hatte. Wer einem anderen einen Namen gibt, übt dadurch Autorität aus. Das wird immer wieder in der Bibel deutlich. Ein Beispiel dafür finden wir in Daniel 1,7, wo der Oberste der Hofbeamten Nebukadnezars Daniel und seinen Freunden neue Namen gibt. Wir denken auch an Johannes 1,42, wo der Herr Jesus Simon, dem Sohn Jonas, den neuen Namen Kephas (Petrus) gibt. Gott gab Adam diese Machtbefugnis und akzeptierte seine Namensgebung. Das wird beispielsweise in Hiob 38-41 deutlich, wo Gott sich der von Adam vergebenen Namen bedient.

Die Namensgebung zeigt auch, dass Adam ein hochintelligenter Mann mit einer voll entwickelten Sprache war. Adam war in der Lage, den Charakter der vielen einzelnen Tiere zu erkennen und ihnen passende Namen zu geben. Die dazu nötige Einsicht und Intelligenz ebenso wie die dazu erforderliche Sprache, hatte er von seinem Schöpfer bekommen. So ist es bis heute: Wenn Gott einen Auftrag gibt, gibt Er immer auch die nötige Kraft und Fähigkeit dazu.

Eva wird gebildet

„Und Gott der HERR ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er entschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch; und Gott der HERR baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau, und er brachte sie zu dem Menschen. Und der Mensch sprach: Diese ist nun Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Mann ist diese genommen. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein. Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht“ (2,21-25).

Diesen kurzen, aber sehr inhaltsreichen Abschnitt können wir unter verschiedenen Blickwinkeln ansehen: geschichtlich, vorbildlich und praktisch.

Die geschichtliche Bedeutung

In Kapitel 1,27 hatte es eher allgemein geheißen, dass Gott Mann und Frau schuf. Hier in Kapitel 2 werden nun Details über die Erschaffung Evas genannt, die sich in Kapitel 1 nicht finden. Wir erfahren, dass Eva nicht zur gleichen Zeit wie Adam geschaffen wurde, sondern etwas später und dass sie nicht direkt aus dem Staub des Erdbodens geschaffen wurde, sondern aus ihrem Mann Adam.

Da unter all den Tieren keine passende Hilfe für Adam ist, sorgt Gott nun dafür. Er lässt einen tiefen Schlaf auf Adam fallen, entnimmt ihm eine Rippe und baut daraus eine Frau, die Er dann zu Adam bringt. Was für ein großartiger Augenblick wird das für Adam gewesen sein, als er diese Frau aus der Hand Gottes entgegennehmen konnte! Wie dankbar und erstaunt wird er gewesen sein. Mit der ihm von Gott geschenkten Einsicht erkennt er sofort, dass sie von ihm genommen ist und ruft aus: „Diese ist nun Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch.“ Das hatte er bei all den Tieren vorher nicht sagen können. Da war kein intelligentes Wesen mit Einfühlungsvermögen dabei gewesen, mit dem er eine Beziehung hätte haben können. Jetzt erkennt er, dass diese Frau ihm völlig entspricht und gibt ihr den passenden Namen „Männin“ (hebr. = isha; Mann = ish)5.

Darauf folgen bedeutsame Worte: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.“ Das sagt nicht Adam, sondern Gott, wie Matthäus 19,5 zeigt. Gott stellt damit einen neuen und allgemeinen Grundsatz vor (es gab hier ja noch keinen Vater und keine Mutter). Er macht deutlich, dass die Ehe die innigste und engste Beziehung im menschlichen Zusammenleben auf dieser Erde ist.

Viermal wird im Neuen Testament auf diesen Satz Bezug genommen (Mt 19,5; Mk 10,7; 1. Kor 6,16; Eph 5,31.32) – auch das unterstreicht die grundsätzliche Bedeutung dieses Verses. Jedes Mal geht es dabei um wichtige Belehrungen.

Die vorbildliche Bedeutung

Die Erschaffung Evas und ihre Verbindung mit ihrem Mann Adam ist ein Vorausbild auf die Beziehung zwischen Christus und seiner Versammlung (Gemeinde) in der „neuen Schöpfung“. Epheser 5,31.32 zeigt, dass darin das eigentliche Ziel Gottes mit der Ehe liegt. Welch einen hohen Wert gibt das jeder christlichen Ehe! Die Wahrheit von der Versammlung ist im Alten Testament noch nicht offenbart. Doch im Licht des Neuen Testaments erkennen wir hier auf den ersten Blättern der Bibel manche Hinweise zu diesem für Gott so wichtigen Thema:

  • Es war Gottes alleinige Entscheidung, Eva zu machen, um sie Adam zur Frau zu geben (V. 18). – Die Versammlung gehört von jeher zum Ratschluss Gottes. Gott dachte an sie, als sie noch nicht vorhanden war (vgl. Eph 1,4; 3,8).
  • Eva wurde als Ergänzung für Adam geschaffen (V. 18). – Die Versammlung wurde gebildet, um die „Fülle“ des Christus zu sein (Eph 1,23). Sie ist – mit Ehrfurcht gesagt – die Ergänzung des auferstandenen Herrn als Mensch. Der Herr Jesus wäre ohne die Versammlung in seiner Auferstehungsherrlichkeit ebenso wenig vollständig, wie Adam es ohne Eva gewesen wäre. Eine Tatsache, die wir nicht fassen können, aber anbetend bewundern!
  • Eva gehörte nicht zu dem Bereich der Schöpfung, der unter Adams Herrschaft gestellt war (V. 19) – Christus herrscht nicht über die Versammlung, sondern die Versammlung wird einmal mit Ihm herrschen. Christus ist „als Haupt über alles der (nicht: über die) Versammlung gegeben“ (Eph 1,22), d.h. in dem Charakter als Haupt über alles ist Er der Versammlung gegeben.
  • Adam war auch ohne Eva das Haupt über die Schöpfung. Eva sollte an seiner Herrschaft teilhaben, weil sie zu Adam gehörte (V. 20) – Christus ist von jeher das Haupt über alles Geschaffene. Auch als es die Versammlung noch nicht gab, gehörte Ihm alles. Die Versammlung wird jedoch einmal mit Christus herrschen, weil sie zu Ihm gehört (Off 20,4; Eph 1,11)!
  • Adam musste in einen tiefen Schlaf fallen (entschlafen), damit Eva gebildet werden konnte (V. 21) – Christus, von dem Adam ein Vorbild ist, musste sterben, um sich die Versammlung zu erwerben (Eph 5,25). Außerdem weist der Schlaf Adams auf die Zeit hin, in der die Versammlung gebildet wird. Es ist die Zeit, wo Christus nicht hier auf der Erde ist, wo Er „verborgen ist in Gott“, für die Welt unsichtbar (Kol 3,3).
  • Während Gott Adam und die Tiere „bildete“ (V. 7.8.19), heißt es bei Eva bemerkenswerterweise, dass Er sie „baute“ (V. 22) – Dasselbe Wort benutzt der Herr Jesus in Matthäus 16,18, wenn Er von der Versammlung spricht: „Auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen“ (s. a. Eph 2,20.22).
  • Gott brachte Eva zu Adam (V. 22) – Hier ist es keine Parallele, sondern ein gewisser Gegensatz. Christus wird die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen (Eph 5,27). Das konnte Adam mit Eva nicht tun.
  • Eva hatte dieselbe Natur wie Adam, war Gebein von Adams Gebeinen und Fleisch von seinem Fleisch (V. 23). – Paulus gebraucht diese Formulierung in Epheser 5,30: „Wir sind … von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen.“ Die Versammlung ist eins mit dem verherrlichten Christus.
  • Evas Verbindung zu Adam war so eng, dass der Grundsatz festgelegt wurde, dass ein Mann seine Eltern verlassen muss, um eine Einheit mit seiner Frau zu bilden (V. 24) – Christus musste aus dem Himmel auf die Erde kommen, musste „sich selbst zu nichts machen“ (vgl. Phil 2,7), um die Versammlung zu besitzen.
  • Adam und Eva werden in 1. Mose 1,26 als ein Mensch bezeichnet. – Christus und die Versammlung zusammen werden in 1. Korinther 12,12 als „der Christus“ bezeichnet.

Die praktische Bedeutung

Diese Verse über die Einsetzung der Ehe sind auch reich an praktischen Hinweisen. Sie zeigen Gottes Gedanken für das Eheleben. Auch hier wollen wir einige Punkte nennen:

  • Gott will Adam eine Hilfe machen (V. 18) – Eine Ehefrau wird dem Mann zur Hilfe gegeben. Das ist nichts Minderwertiges, nennt Gott sich selbst doch als unsere Hilfe (Ps 46,2). In der Ehe können Mann und Frau sich gegenseitig helfen und unterstützen (s. Pred 4,9-12). Dabei erstreckt sich die Hilfe nicht nur auf praktische Dinge, sondern auch auf den geistlichen Bereich.
  • Eva wird aus einer Rippe Adams gebildet (V. 21) – Gott „baut“ Eva nicht aus dem Kopf von Adam. Er baut sie auch nicht aus seinen Füßen, sondern aus einer Rippe, die Er aus der Seite Adams nimmt. Gott wollte weder, dass die Frau über den Mann herrscht, noch, dass der Mann mit seinen Füßen auf sie tritt. Nein, die Frau steht gleichwertig neben dem Mann. Auch wenn Mann und Frau äußerlich und vom Wesen her alles andere als gleichartig sind, sind sie sehr wohl gleichwertig vor Gott. Sie sollen sich in der Ehe in gegenseitiger Liebe und mit Respekt begegnen.
  • Gott bringt die Frau zu Adam (V. 22) – Um Eva zu bekommen, war Adam auf Gott angewiesen. Gott sah das Bedürfnis Adams und entsprach ihm. Er sieht auch heute den Wunsch nach einem Ehepartner im Herzen eines Menschen und kann ihn erfüllen. Es ist Gott, der zwei Menschen zusammenführt, damit sie in der Ehe verbunden sind. „Eine einsichtsvolle Frau kommt von dem Herrn“ (Spr 19,14).
  • Der Mann verlässt Vater und Mutter (V. 24) – Nach Gottes Gedanken geht die Initiative zu einer Verbindung im Normalfall von dem Mann und nicht von der Frau aus. Er verlässt Vater und Mutter, um seiner Frau anzuhangen.
  • Bei der Ehe geht es um Mann und Frau – Das setzt Reife und Selbständigkeit voraus. Es ist gut, wenn sowohl eine körperliche Reife als auch eine gewisse geistige und geistliche Reife da ist, bevor eine Ehe geschlossen wird. Diese Reife besitzen Kinder oder Jugendliche noch nicht.
    Zudem fügt Gott in der Ehe immer zwei Geschlechter zusammen. Das wird in der heutigen Zeit heftig angegriffen. Homosexualität wird propagiert und gutgeheißen. Doch gleichgeschlechtliche Verbindungen sind für Gott ein Gräuel. Die Bibel macht sehr deutlich, dass solche Verbindungen gegen die Natur und gegen den ausdrücklichen Willen Gottes sind (vgl. z. B. 3. Mo 18,22; 20,13; Röm 1,24-27; 1. Kor 6,9.10; 1. Tim 1,10).
  • Vater und Mutter werden verlassen – Mit der Ehe von einem Mann und einer Frau entsteht eine neue, eigenständige Einheit. Wenn (junge) Menschen heiraten, müssen sie sich vom Elternhaus lösen, und die Eltern müssen ihre Kinder gehen lassen. Ein Ehepaar muss sowohl materiell als auch geistig / geistlich auf eigenen Füßen stehen können. Der Mann muss in der Lage sein, seine Frau (und Familie) mit beidem versorgen zu können und Verantwortung zu übernehmen. Und für die Eltern gilt es, ihre Kinder loszulassen und sich nicht in schlechter Weise in die Ehe ihrer Kinder einzumischen.
  • Es geht um einen Mann und seine Frau – Von Anfang an ist es Gottes Wille gewesen, einen Mann mit einer Frau in der Ehe zu verbinden. Zur Zeit des Alten Testaments duldete Gott es zwar, wenn ein Mann mehrere Frauen heiratete. Allerdings war die Vielehe oft mit Not und Problemen verbunden, was allein die Beispiele von Abraham, Jakob und Salomo deutlich machen. Heute haben wir dieses Problem nicht, weil es in unseren westlichen Ländern gesetzlich geregelt ist. Aber es gibt ein anderes Problem, dass eine Ehe belastet: wenn ein Mann (oder eine Frau) neben der eigenen Ehe eine emotionale, geistige oder körperliche Beziehung zu einer anderen Frau (oder einem Mann) aufbaut. Dieses Problem wird durch die heutigen Kommunikationsmedien, die eine einfache und von anderen Personen unbemerkte Kontaktaufnahme und Kommunikation ermöglichen, verstärkt. Da ist Vorsicht und Zurückhaltung angeraten.
  • Seiner Frau anhangen – Das Wort „anhangen“ kann auch mit „ankleben“, „zusammenkleben“ oder „eine Pflanze werden“ übersetzt werden. Es bezeichnet die innige und dauerhafte Verbindung, die mit der Ehe auf allen Ebenen des Lebens (Geist, Seele und Leib) beginnt und sich immer mehr vertieft. Eine Verbindung, die lebenslang besteht und nur entgegen Gottes ausdrücklichem Gebot und unter größtem Schaden für beide Seiten getrennt werden kann (Mal 2,16; Mt 19,6; 1. Kor 7,10).
  • Ein Fleisch sein – Die mit dem Wort „Anhangen“ ausgedrückte Verbindung nach Geist, Seele und Leib wird in der Verlobungszeit vorbereitet. Mann und Frau lernen sich in dieser Zeit geistig, geistlich und seelisch kennen. Die körperliche, geschlechtliche Vereinigung – die in 1. Korinther 6,18 mit dem Ausdruck „ein Leib“ bezeichnet wird – ist jedoch nach Gottes Gedanken ausschließlich der Ehe vorbehalten. Erst in der Ehe werden Mann und Frau „ein Fleisch“ – ein Ausdruck, der die vollständige Einheit nach Geist, Seele und Körper beschreibt. Die geschlechtliche Verbindung ist erst dann von Gott gewollt, wenn zuvor eine geistige und seelische Vereinigung stattgefunden hat. So hat es Gott, der uns immer nur Gutes geben will, zu unserem Segen bestimmt.

Der letzte Vers des Kapitels beschreibt den wunderbaren Zustand der Unschuld, in dem Adam und Eva ihre Ehe beginnen. Sie kennen die Sünde noch nicht und genießen eine völlig offene und ungetrübte Beziehung in einem Zustand, den nach ihnen kein anderer Mensch mehr erlebt hat. Auch deshalb heißt es am Ende, dass sie beide nackt waren und sich nicht schämten.

Fußnoten

  • 1 Diese Worte kommen so oder ähnlich 11-mal im ersten Buch Mose vor (1. Mo 2,4; 5,1; 6,9; 10,1; 11,10.27; 25,12.19; 36,1.9; 37,2). Man kann das Buch damit in 12 Abschnitte einteilen.
  • 2 Vgl. 1. Mose 6,9. Dort folgt auf die Worte: „Dies ist die Geschichte Noahs“ auch kein Hinweis auf seine Geburt, sondern eine Beschreibung des Lebens Noahs und seiner Söhne. Noch deutlicher ist es in 1. Mose 37,2 und der „Geschichte Jakobs“, die in Joseph fortgesetzt wird.
  • 3 Darüber hinaus gibt es noch einige Stellen, wo der Begriff zwar nicht genannt wird, aber doch die Sache selbst gemeint ist, z. B. Philipper 1,23 („bei Christus zu sein“) und Offenbarung 22,1-5.
  • 4 Die Worte: „Und Gott der Herr bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels“ könnten den Eindruck entstehen lassen, dass Gott die Tiere zeitlich nach dem Menschen gebildet habe. Doch die hebräische Verbform für „bildete“ kann auch mit „hatte gebildet“ übersetzt werden. Insofern besteht hier kein Widerspruch zu Kapitel 1, sondern der Gedanke ist, dass Gott die Tiere, die Er aus dem Erdboden gebildet hatte, zu Adam brachte.
  • 5 Allerdings wird dieser Name in der Bibel sonst nie verwendet, sondern nur der Name Eva (Mutter aller Lebenden), den Adam seiner Frau in Kapitel 3,20 gegeben hat.
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