Fragen zu biblischen Themen

Geduld

Fragen zu biblischen Themen

Der Gedanke der

Geduld

nimmt in der Heiligen Schrift einen weiten Platz ein. Im Alten wie im Neuen Testament werden wir darüber belehrt, wie wichtig es für den Gläubigen ist, Geduld zu üben. Denn Geduld ist der Ausdruck des Vertrauens zu Gott. Deswegen stellt uns Gottes Wort immer und immer wieder heilige Männer und Frauen vor, die in den verschiedensten Lagen Geduld bewiesen und dadurch Gott geehrt haben. Auch fehlt es andererseits nicht an Beispielen dafür, wie verhängnisvoll das Fehlen von Geduld sich auswirken kann.

Nun werden im Neuen Testament für ›Geduld‹ drei verschiedene griechische Ausdrücke gebraucht, mit denen wir uns hier ein wenig beschäftigen wollen. Sie bedeuten nicht genau dasselbe, vielmehr sind feine Unterschiede vorhanden. Wenn wir diese Unterschiede beachten, werden wir die entsprechenden Schriftworte wesentlich besser verstehen können.

Das mit am häufigsten verwendete Wort für ›Geduld‹ ist ›hypomoné‹. Es wird fast durchweg mit ›Ausharren‹ wiedergegeben, so dass der Leser des deutschen Bibeltextes mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen kann, dass er, wenn er auf das Wort ›Ausharren‹ trifft, dieses griechische Wort vor sich hat. Wörtlich bedeutet ›hypomoné‹ so viel wie ›Darunterbleiben‹. Das macht bereits deutlich, was mit diesem Wort im übertragenen Sinn ausgedrückt werden soll: das geduldige Ertragen der von Gott auferlegten Umstände. Das entsprechende Verb (Tätigkeitswort) wie auch das Hauptwort selbst machen diese Bedeutung klar:

„In Trübsal harrt aus“ (Röm 12, 12).

„ Aber wenn ihr ausharrt, indem ihr Gutes tut und leidet, das ist wohlgefällig bei Gott“ (1. Pet 2, 20).

„Sei es aber, dass wir bedrängt werden, so ist es eures Trostes und Heils wegen; sei es, dass wir getröstet werden, so ist es eures Trostes wegen, der im Ausharren in denselben Leiden wirksam ist, die auch wir erleiden“ (2. Kor 1, 6).

„Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt“ (Röm 5, 3; vgl. auch Jak 1, 3.4).

„Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört“ (Jak 5, 11).

Da ›hypomoné‹ das geduldige Ausharren in prüfenden Umständen beschreibt, wird es nie direkt in Bezug auf Gott gebraucht. Aber in Römer 15, Vers 5, wird das Ausharren auf seine Quelle, auf Gott selbst zurückverfolgt; und deswegen wird dort von dem ›Gott des Ausharrens‹ gesprochen. So vollkommen nahm der Herr Jesus dagegen den Platz der Niedrigkeit als Mensch ein, dass Er den Widerspruch der Sünder gegen sich erduldet hat (Heb 12, 3). Hier wird dasselbe griechische Wort benutzt.

Das zweite griechische Wort für ›Geduld‹ ist ›makrotymía‹. Unser deutsches Wort ›Langmut‹ ist dafür eine vortreffliche Wiedergabe. Manchmal wird es allerdings direkt mit ›Geduld‹ übersetzt, wie folgende Beispiele zeigen:

„Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn“ (Jak 5, 7).

„Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben“ (Vers 10).

Während sich jedoch ›Ausharren‹ hauptsächlich auf Dinge und Umstände bezieht, drückt ›Langmut‹ mehr die Geduld in Bezug auf Personen aus. Weil dieser Unterschied besteht, wird auch – im Gegensatz zum ›Ausharren‹ – die Tugend der ›Langmut‹ direkt Gott zugeschrieben:

„Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte und Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet?“ (Röm 2, 4).

„ Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteil geworden, damit an mir, dem ersten, Jesus Christus die ganze Langmut erzeige“ (1. Tim 1, 16).

Diese Tugend, die Gott in so vollkommener Weise den Menschen gegenüber offenbart, soll nun auch die Seinen auszeichnen. Stellvertretend für viele Stellen, die das zeigen, seien hier nur zwei genannt:

„… mit Langmut, einander ertragend in Liebe“ (Eph 4, 2).

„Überführe, weise ernstlich zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre“ (2. Tim 4, 2).

In Hebräer 6, Vers 12, wird ›makrotymía‹ mit ›Ausharren‹ übersetzt. Hin und wieder stehen beide Wörter eng beieinander oder begegnen uns gar in einem Vers:

„… gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freuden“ (Kol 1, 11; vgl. auch 2. Tim 3, 10).

Das dritte griechische Wort für ›Geduld‹ – ›anoché‹ – kommt im Neuen Testament nur zweimal vor, im bereits zitierten Vers aus Römer 2 und in Römer 3, Vers 26. In der ersten Stelle wurde es mit ›Geduld‹, in der zweiten mit ›Nachsicht‹ übersetzt. Eigentlich bedeutet dieses Wort ›Aufschub‹, es wurde im Altertum auch für einen Waffenstillstand gebraucht. ›Anoché‹ bezeichnet also eine Geduld, die befristet ist, die vorübergeht, und diese befristete Nachsicht Gottes harmonisiert vollkommen mit dem Gedanken des „Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden“ zur Zeit des Alten Testaments.

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