Fragen zu biblischen Themen

Wiederverheiratung

Fragen zu biblischen Themen

Frage: Ist es für einen gläubigen Ehepartner nach der Heiligen Schrift möglich, wieder zu heiraten, wenn er selbst durch Untreue die Ehe gebrochen hat, die Ehe dann geschieden wurde und der andere Ehepartner inzwischen wieder verheiratet ist? Wie ist derselbe Fall zu beurteilen, wenn beide Ehepartner zum Zeitpunkt des Ehebruchs noch nicht bekehrt waren?

Antwort: Grundsätzlich müssen wir uns bei dem Problem der Ehescheidung immer vor Augen halten, dass nach den Gedanken Gottes nur der Tod Verheiratete scheiden kann und dass Gott Entlassungen hasst (Röm 7, 2.3; 1. Kor 7, 39; Mal 2, 16). Die Ehe besteht vor Gott so lange, wie beide Ehepartner leben. Im Gegensatz zum Judentum gestattet Gott im Christentum nicht länger, dass Frauen aus allen möglichen Gründen entlassen werden. Auch war es „von Anfang an nicht so gewesen“, fügt der Herr Jesus in Matthäus 19 so bedeutungsvoll hinzu. Das Neue Testament geht also keineswegs von der Möglichkeit einer Scheidung der Ehe aus. „Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ (Mt 19, 6). Das ist ein ehernes sittliches Gesetz in der Ordnung Gottes für Sein Geschöpf.

Nach den Worten des Herrn Jesus scheint es allerdings eine Ausnahme zu geben, die eine Entlassung rechtfertigen kann: Hurerei oder Unzucht. In Matthäus 5, Vers 32, redet der Herr von Entlassung „außer aufgrund von Hurerei“, und in Kapitel 19, Vers 9, ist von Entlassung „nicht wegen Hurerei“ die Rede. Beide Stellen machen deutlich, dass eine Entlassung aus einem anderen Grund nicht statthaft ist. Wer sich aus einem anderen Grund von seinem Ehepartner trennt, begeht eindeutig Ehebruch. „Denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13, 4).

Zudem fällt auf, dass an beiden Stellen in Matthäus m. E. nur von der Möglichkeit der Entlassung des schuldigen Teiles gesprochen wird, nicht jedoch direkt von einer Wiederverheiratung des unschuldigen. Man kann zwar aus diesen Versen die Schlussfolgerung zugunsten einer Wiederverheiratung ziehen, doch direkt sagen sie nichts darüber aus. Aber stellen wir uns trotzdem einmal auf den Standpunkt, dass der Herr in solch einem Fall eine Wiederverheiratung des unschuldigen Teiles billigt. Wird nicht auch dann aus Seinen Worten völlig klar, dass der von dieser Möglichkeit ausgeschlossen ist, der den Bruch der Ehe herbeigeführt hat? Wenn der Herr Jesus sagt, „dass, wer irgend seine Frau entlassen wird, nicht wegen Hurerei, und eine andere heiraten wird, Ehebruch begeht“ – meint Er damit, dass der schuldige Teil, der selbst die Hurerei begangen hat, durchaus wieder heiraten kann? Das kann unmöglich der Sinn Seiner Worte sein! Würde Er doch damit die Sünde des Ehebruchs geradezu belohnen und ihr Tür und Tor öffnen.

Ob übrigens der andere Teil inzwischen wieder geheiratet hat und somit kaum je wieder zurückkehren wird, ändert nach meinem Dafürhalten nichts am Urteil Gottes in solch einem Fall.

An der ganzen Sachlage ändert sich auch dann nichts, wenn die Sünde zu einem Zeitpunkt geschah, als die Eheleute noch unbekehrt waren. Kommen sie später zum Glauben und verurteilen ihr Vergehen, steht einer Vergebung seitens der Versammlung und ihrer Zulassung zum Vorrecht der Gemeinschaft am Tisch des Herrn nichts im Wege. Da aber die Schöpfungsordnung Gottes verletzt wurde, bleiben die oben geschilderten Folgen nichtsdestoweniger bestehen: Derjenige, der das Band der Ehe gebrochen hat, kann nicht wieder eine neue Ehe eingehen. Er kann dem Gericht Gottes von Hebräer 13 durch Buße und Bekenntnis entgehen, kann glückliche Gemeinschaft mit den Kindern Gottes pflegen, aber er kann nicht wieder heiraten. Ich denke, dass es wichtig ist, diese beiden Dinge auseinanderzuhalten.

Es bedarf keiner Frage, dass das Los des Einzelnen, der davon betroffen ist, überaus bedauernswert und schwer sein mag. Solche Gläubige sind unseres ganzen Mitempfindens wert und verdienen unsere Gebete und unseren Beistand. Doch müssen wir auf der Hut davor sein, derart ernste, die Ehre des Schöpfers betreffende Fragen nur aufgrund unserer Gefühle beurteilen zu wollen. Gefühle allein sind ein schlechter Leiter.

Und noch eins liegt mir auf zu sagen, bevor ich schließe: Wenn es in einer Ehe zu derartig bösen Entwicklungen kommt, ist es kaum vorstellbar, dass der eine Teil vollständig frei von Schuld ist, während der andere die ganze Schuld allein zu verantworten hat. Eine gewisse, von Fall zu Fall verschiedene Mitschuld wird fast immer auch den treffen, den ich zuvor den „unschuldigen Teil“ nannte. Vielleicht hat er durch ein unbesonnenes oder ungerechtes Verhalten den falschen Weg des anderen gefördert oder gar verursacht, ohne selbst in diese böse Form der Sünde gefallen zu sein. Das sollte man bei der Behandlung der Dinge durch die örtliche Versammlung nicht außer Acht lassen. Auch wird man beim Bedenken dieser Tatsache davor bewahrt bleiben, allzu leichtfertig einer Wiederverheiratung das Wort zu reden oder sie anzustreben, auch in solchen Fällen, wo sie grundsätzlich möglich erscheint.

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