Fragen zu biblischen Themen

Wiedererkennen im Himmel (2)

Fragen zu biblischen Themen

Frage: In ›Ermunterung und Ermahnung‹, Jhrg. 1986, haben Sie auf Seite 282ff darauf hingewiesen1, dass sich die Gläubigen im Himmel wiedererkennen werden und dass dies Freude bedeuten wird. Aber müssten wir dann andererseits nicht auch das Fehlen vieler feststellen, die uns auf der Erde nahe standen, zum Beispiel Kinder, Eltern, Geschwister usw.? Müsste das nicht ein Gefühl der Trauer auslösen? Aber Trauer wird es doch gemäß Offenbarung 21, Vers 4, im Himmel nicht mehr geben! Ich neige dazu zu glauben, dass wir den Einzelnen im Himmel nicht wiedererkennen werden. Wir selber werden unsere Persönlichkeit selbstverständlich behalten und werden uns bewusst sein, dass wir dort zusammen mit allen Gläubigen sind und Ihn anbeten. Gehe ich von falschen Voraussetzungen aus?

Antwort: Dass wir uns droben in Auferstehung wiedererkennen werden, zeigen uns die aus Lukas 16 zitierten Stellen klar und deutlich. Und wenn Paulus von den Philippern als seiner „Krone“ und von den Thessalonichern als seiner und seiner Mitarbeiter „Hoffnung und Freude und Krone des Ruhmes … bei seiner Ankunft“ spricht, so ist es offensichtlich, dass er davon ausgeht, sie dort wiederzusehen und sie wiederzuerkennen.

Wenn Sie es als Selbstverständlichkeit annehmen, dass wir unsere Persönlichkeit behalten – und diese Voraussetzung ist richtig –, dann ist es widersinnig zu glauben, dass wir die anderen, die auch ihre Persönlichkeit behalten, als solche nicht erkennen könnten. Wir werden einander wiedererkennen. Aber wie dann die irdischen Beziehungen, die uns hier miteinander verbanden, völlig aufgehört haben werden, so werden auch die Empfindungen, die mit ihnen verbunden waren, gänzlich ihre Bedeutung verloren haben: Wir werden sein wie Engel Gottes (Mt 22, 30).

Der Gedanke, dass wir als Einzelpersönlichkeit in der Masse der Anbeter sozusagen untergehen, ist dem Geist der ganzen Schrift entgegen. Gott nimmt die Einzelpersonen sehr wichtig: Er hat den einzelnen Gläubigen vor Grundlegung der Welt in Christus auserwählt und zur Sohnschaft bestimmt; für den Einzelnen starb der Herr Jesus und trug seine Sünden; jeder Einzelne wird vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen und in seinen Werken offenbar werden; jeder Einzelne wird Ihm dann Rechenschaft geben müssen; und Er wird für jeden Einzelnen einen besonderen Platz im Reich, eine besondere Belohnung und ein besonderes Verhältnis haben. Deswegen lesen wir in den Sendschreiben immer wieder die Worte: „Dem, der überwindet, dem werde ich … geben.“ Und warum redet der Herr in Johannes 14 nicht von einem großen Saal, sondern von vielen Wohnungen in dem Haus Seines Vaters, wenn Er nicht an die einzelnen Gläubigen gedacht hätte? Natürlich gibt es auch die korporative Seite, die sehr wichtig und köstlich ist; aber die persönliche, scheint mir, ist die größere und ursprünglichere.

Mit Ihrer Bemerkung, dass es im Himmel keine Trauer mehr gibt, haben Sie natürlich völlig Recht. Aber abgesehen davon, dass die irdischen Beziehungen und Gefühle keine Rolle mehr spielen, werden wir alle Dinge beurteilen wie Gott. Der Herr Jesus wird in Seiner ganzen Herrlichkeit und Liebe so anziehend für uns sein und so wunderbar vor uns stehen, Er wird unsere Zuneigungen derart fesseln, dass für andere Gedanken kein Raum bleiben wird. Und was die einzelnen verherrlichten Gläubigen angeht, wir werden in ihnen Christus sehen, die Widerspiegelung Seiner Herrlichkeit. Unmöglich, uns die Glückseligkeit des Himmels vorzustellen! „Und sie werden sein Angesicht sehen“ (Off 22, 4) – das wird der Himmel sein.

Fußnoten

  • 1 Siehe unter ›Wiedererkennen im Himmel (1)‹ in diesem Buch.
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