Fragen zu biblischen Themen
Sündenvergebung
Frage: Wie ist 1. Johannes 1, 9 zu verstehen? „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ Bezieht sich diese Stelle auf Sünder, die zur Buße kommen, oder auf Kinder Gottes, wenn sie auf ihrem Weg sündigen? Ich dachte, ein Gläubiger hat die Vergebung der Sünden (Eph 1, 7; Kol 1, 14; Heb 10, 14). Er bekommt sie doch nicht immer wieder neu?
Antwort: Das Wort aus 1. Johannes 1, Vers 9, ist ein allgemeiner Grundsatz, wie überhaupt Johannes Grundsätze vorstellt, die auf den jeweiligen Fall angewandt werden müssen. Es ist ein Prinzip des Handelns Gottes: Wenn jemand seine Sünden bekennt, ist Gott treu und gerecht, dass Er die Sünden vergibt. Direkt anzuwenden ist das auf den Sünder, der zum ersten Mal in seinem Leben ins Licht Gottes kommt und Ihm seine Sünden bekennt. Dann vergibt ihm Gott aufgrund des vollbrachten Sühnungswerkes Seines Sohnes alle seine Sünden, um ihrer nie wieder zu gedenken. Das ist, was wir absolute oder ewige Sündenvergebung nennen könnten, denn sie bezieht sich auf den Himmel, hat ewig Gültigkeit, umfasst alle unsere Sünden und ist eine vollendete Tatsache, die keiner Wiederholung bedarf, ja, die gar nicht wiederholt werden kann. Gott sei Dank dafür!
Von dieser Sündenvergebung im absoluten Sinn, die mit der Rechtfertigung aus Glauben einhergeht (Röm 5, 1), reden die angeführten Stellen aus Epheser 1, Kolosser 1 und Hebräer 10.
Auch in unserem Brief spricht Johannes von dieser alles umfassenden Sündenvergebung, wenn er im zweiten Kapitel sagt: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens (des Namens des Herrn Jesus) willen“ (Vers 12). Es ist in diesem Zusammenhang nicht ohne Belang, dass hier für „vergeben sind“ im Grundtext die Perfektform steht, die bedeutet: Sie sind (in der Vergangenheit) vergeben worden und sind es noch. Dieser Ausdruck bezeichnet also eine Stellung oder einen Zustand.
Aber man kann den Grundsatz von 1. Johannes 1, 9 auch auf Gläubige anwenden, wenn dies auch hier – nach meinem Dafürhalten – nicht der Hauptgedanke zu sein scheint. Doch dann steht ›Vergebung‹ nicht in Verbindung mit Zurechnung oder besser Nicht-Zurechnung von Sünde in Bezug auf die Ewigkeit, sondern mit der Regierung Gottes in Bezug auf diese Zeit. Gott steht in Seiner Regierung über den Seinen, und wenn sie auf ihrem Weg durch diese Welt sündigen, Ihm aber ihre Sünden bekennen, vergibt Er ihnen, was Seine Regierungswege mit ihnen auf der Erde angeht. Auch wird durch das Bekenntnis der Sünden der Genuss der Gemeinschaft mit dem Vater wiederhergestellt. Er war durch die Sünde unterbrochen worden.
Doch der Gedanke der Regierung geht weiter als nur die Wiederherstellung der praktischen Gemeinschaft. Es gibt Dinge, die Gott in den Seinen missfallen, die, werden sie nicht bekannt, Sein ernstes Handeln auf sie herabziehen. In diesem Sinn gibt es sogar „Sünde zum Tode“ (1. Joh 5, 16), das heißt Sünde, auf die Gott den leiblichen Tod bringt. „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen“ in 1. Korinther 11, 30 liegt auf derselben Ebene. So ernst jedoch dieser Gedanke der Regierung Gottes, der Wege Gottes mit Seinen Kindern ist, er berührt überhaupt nicht die absolute Sündenvergebung, von der wir vorher sprachen.
Gottes Wort widerspricht sich nie. Es wäre gut, wenn sich alle ängstlichen Kinder Gottes diesen Unterschied zwischen der Sündenvergebung als geschenkter Stellung und der Vergebung in Bezug auf das Handeln Gottes mit ihnen vor Augen hielten und nicht auf die Stimme jener hörten, die, diesen Unterschied nicht beachtend oder nicht kennend, davon sprechen, dass ein Gläubiger unter Umständen eben doch verloren gehen könnte.
Wenn ich vorher bemerkte, dass unser Vers nicht in erster Linie das Sündigen des Gläubigen zum Inhalt hat, dann aus zwei Gründen. Erstens prüft Johannes im ersten Kapitel das christliche Bekenntnis, was in dem dreimal vorkommenden Ausdruck ›Wenn wir sagen‹ vorgestellt wird. Diesem ›Wenn wir sagen‹ stellt er stets das Echte gegenüber. Es mochte solche geben, und es gibt solche, die sich selbst betrügen, indem sie sagen, dass sie keine Sünde haben. Nun, der echte Glaube handelt anders: Er bekennt seine Sünden. Und die Antwort Gottes auf diese Aufrichtigkeit des Herzens ist immer dieselbe: Er vergibt ihnen die Sünden. Darum geht es hier. Zweitens kommt der Apostel tatsächlich auf das Sündigen von Kindern Gottes zu sprechen, aber erst in den ersten beiden Versen von Kapitel zwei. Dort ermahnt er sie, dass sie nicht sündigen sollten. Wenn aber jemand doch gesündigt hatte, was dann? „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten. Und er ist die Sühnung für unsere Sünden: nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Unendliche Gnade, die auch für den Fall unseres Sündigens als Kinder Gottes vorgesorgt hat!