Lebendiger Glaube
Eine Auslegung des Briefes des Jakobus

Einleitung

Angesichts der besonderen Stellung dieses Bibelbuches ist es nützlich, sich etwas eingehender mit den sogenannten Einleitungsfragen zu beschäftigen. Die Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Punkte ist hilfreich, um den Bibeltext gut zu verstehen.

Wir werden uns im Folgenden daher die folgenden Fragen stellen:

  1. Verfasser: Wer hat dieses Buch geschrieben? Um welchen Jakobus handelt es sich?
  2. Empfänger: An wen richtet er seine Botschaft?
  3. Inhalt: Was kann man vorweg über die inhaltlichen Grundlinien dieses Briefes sagen?
  4. Jakobusbrief und Matthäusevangelium: Es ist auffallend, dass Jakobus eine Reihe von Jesus-Worten aufgreift und in ähnlicher Form verwendet. Welche Parallelen gibt es zwischen unserem Brief und dem Matthäusevangelium?
  5. Widersprüche“ zwischen Paulus und Jakobus: Immer wieder wird gesagt, Jakobus polemisiere gegen die Lehre des Apostels Paulus über den Glauben. Gibt es hier wirklich Widersprüche?
  6. Abfassungszeit: Mit der vorherigen Frage steht direkt eine weitere Frage in Verbindung, die oft übersehen wird. Wann hat Jakobus seinen Brief eigentlich geschrieben?
  7. Kanonizität: Nachdem Martin Luther solche Schwierigkeiten mit diesem Brief hatte, fragt man sich natürlich: Können wir sicher sein, dass der Jakobusbrief zum Kanon der Schrift gehört?
  8. Besonderheiten: Jeder Brief weist Besonderheiten auf. Was sind die charakteristischen (formalen) Merkmale dieses Briefes?
  9. Bedeutung: Welche Bedeutung hat dieser Brief überhaupt?
  10. Gliederung: Was sind mögliche Gliederungen dieses Briefes?
  11. Literatur: Gibt es Auslegungen, die man zu diesem Brief empfehlen kann?

1. Verfasser und Abfassungsort

Wir beginnen mit der Frage nach dem Verfasser. Natürlich wissen wir, dass der eigentliche Autor jedes Bibelbuches Gott, der Heilige Geist, ist. Aber Er hat menschliche Schreiber benutzt, die Er auf göttliche Weise inspiriert hat. Wer war nun dieses menschliche Instrument? Er stellt sich vor als: „Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus“. Aus diesen Worten können wir zunächst nur entnehmen, dass der Schreiber Jakobus heißt.

Das Neue Testament und die verschiedenen Personen mit Namen Jakobus

Um über den Schreiber klarer zu sehen, müssen wir uns also die Glaubensmänner ansehen, die im Neuen Testament den Namen Jakobus tragen:

  1. Der erste Jakobus, dem wir in dem Neuen Testament begegnen, ist „Jakobus, der Sohn des Zebedäus“, der Bruder des Evangelisten Johannes (Mt 4,21). Dieser Jakobus kommt als Schreiber nicht in Frage, da er sehr früh ermordet wurde. Er war der erste Märtyrer der Apostel (Apg 12,2), vermutlich im Jahr 44 n. Chr. Dieses Ereignis fand statt, bevor wir über weitere Entwicklungen in der Versammlung in Jerusalem lesen. Da von diesem Jakobus weder in der Apostelgeschichte noch in den Briefen danach etwas erwähnt wird, können wir davon ausgehen, dass er nicht der Schreiber dieses Briefes ist.
  2. Es gibt noch einen zweiten Jünger des Herrn und damit Apostel mit dem Namen Jakobus. Das ist „Jakobus, der Sohn des Alphäus“ (Mt 10,3; Mk 3,18). Vermutlich war Matthäus, also Levi, sein Bruder, denn von ihm heißt es ebenfalls, dass er Sohn des Alphäus war (vgl. Mk 2,14). Sowohl in Matthäus 10,3 als auch in Apostelgeschichte 1,13 werden sie zusammen erwähnt. Wenn man die Kreuzigungsberichte der vier Evangelien miteinander vergleicht, kann man zum Schluss kommen, dass Jakobus, der Sohn des Alphäus, der in Markus 15,40 genannte „Jakobus, der Kleine“ ist. Dessen Mutter war am Grab Jesu.
    Dieser Jünger und Apostel Jakobus wurde nie als Verfasser genannt. Von ihm hören wir außer seiner Berufung als Jünger und seiner Jünger- und Apostelschaft keinen einzigen weiteren direkten Hinweis in der Schrift. Das letzte Mal lesen wir von ihm in der Apostelgeschichte (Kapitel 1,13). Daher kommt er wohl auch nicht als Verfasser in Betracht.
  1. In Lukas 6,16 und Apostelgeschichte 1,13 wird Judas als einer der Jünger des Herrn erwähnt und mit Jakobus in Verbindung gebracht, entweder als Bruder oder Sohn. Da es zu diesem Jakobus überhaupt keine weiteren Erklärungen gibt, ist nicht davon auszugehen, dass er der Schreiber des neutestamentlichen Briefes ist. Denn wenn man zunächst einmal von Jakobus und Judas absieht, sind uns alle anderen Schreiber, die sich als Autoren von Briefen und Büchern nennen bzw. von denen wir wissen, dass sie neutestamentliche Bücher geschrieben haben, gut bekannt. Daher dürfen wir davon ausgehen, dass dies auch im Fall der Briefe des Jakobus und des Judas so ist.
  2. Als vierter Jakobus kommt der Sohn Josephs und Marias, der Bruder des Herrn in Frage (vgl. Mk 6,3). Er wird im Allgemeinen als Verfasser des Jakobusbriefes angesehen. Dazu passt, dass als Bruder von Jakobus auch ein Judas genannt wird. Tatsächlich stellt sich der Autor des Judasbriefes als Bruder von Jakobus vor (Jud 1). In der Römisch-Katholischen Kirche meinte man, die Ehre des Herr Jesus nur dadurch aufrechterhalten zu können, dass Maria immer Jungfrau geblieben sei. Dieser Gedanke ist jedoch abwegig, wie Matthäus 12,46.47; 13,55 usw. deutlich machen. Der Herr hatte Brüder und Schwestern, die von Maria und Joseph abstammten. Ausdrücklich heißt es sowohl in Matthäus 1,25 als auch in Lukas 2,7, dass Jesus der „erstgeborene Sohn“ war. Dieser Ausdruck ergibt nur dadurch Sinn, dass Maria weitere Kinder geboren hat.

Jakobus, der Bruder Jesu

Die Tatsache, dass der Autor dieses Briefes es nicht für nötig hielt, seine Aufgabe innerhalb der Versammlung in Jerusalem bzw. seine irdischen Beziehungen (vgl. Jud 1) zu erläutern, zeigt, dass er seinen Briefempfängern gut bekannt war. Der einzige Jakobus, den wir als einen solchen Führer unter den frühen christlichen Versammlungen kennen, war dieser Bruder des Herrn, von dem wir sowohl in der Apostelgeschichte als auch in den Briefen an die Galater und Korinther lesen. Er war so bekannt, dass er sich keine Mühe geben musste, sich besonders bekannt zu machen.

Wer war nun dieser Mann? Jakobus muss eine zutiefst geistliche Persönlichkeit gewesen sein, wenn man bedenkt, dass er nicht zu den zwölf Aposteln gehörte und doch in recht kurzer Zeit eine, wenn nicht sogar die führende Rolle in der Jerusalemer Versammlung einnahm. Wenn ich von Führungsrolle rede, dann ist klar, dass er diese unter der Leitung des Heiligen Geistes ausgeführt hat. Er war nicht jemand, den man als Bischof oder dergleichen bezeichnet hätte, wie man das heute in vielen Kirchen kennt. Das Neue Testament spricht davon nicht in Verbindung mit einer örtlichen Versammlung.

Diese wichtige Stellung von Jakobus ist umso bemerkenswerter, als wir aus Johannes 7,5 wissen, dass die Brüder des Herrn zu seinen Lebzeiten nicht an Ihn glaubten als an den von der Jungfrau geborenen Sohn Gottes. Sie hielten Ihn offenbar nicht für den Messias. Dass der Herr Jesus seine Mutter Maria nicht einem seiner Brüder, sondern dem Jünger Johannes anvertraute (vgl. Joh 19,26.27), spricht dafür, dass weder Jakobus noch Judas, die Verfasser der beiden Briefe des Neuen Testaments, zu diesem Zeitpunkt schon gläubig waren.

Der Bemerkung in 1. Korinther 15,7 können wir jedoch entnehmen, dass Jakobus durch den Tod des Herrn innerlich so überwältigt wurde, dass er Jesus als seinen Retter annahm, so dass der Herr ihm in Auferstehung erschien. Aus Apostelgeschichte 1,14 lernen wir, dass nicht nur Jakobus, sondern auch seine Brüder in dieser Zeit zum Glauben an den Herrn Jesus kamen und dann bei den Jüngern und Aposteln Jesu blieben. Der Herr erschien ja in Auferstehung nur gläubigen Personen (vgl. Apg 10,41).

Die herausragende Bedeutung inmitten der Versammlung hatte Jakobus dann anscheinend schon zu Lebzeiten von Jakobus, dem Apostel und Sohn des Zebedäus. Denn nach dessen Märtyrertod und der Gefangennahme und Freilassung von Petrus lesen wir, dass dieser der Versammlung Jerusalem aufträgt: „Berichtet dies Jakobus und den Brüdern“ (Apg 12,17).

Später finden wir Jakobus in der denkwürdigen Zusammenkunft in Jerusalem wieder, die gelegentlich „Apostelkonzil“ genannt wird (Apg 15). Dort erkennen wir, dass Jakobus in der Frage, was den Erlösten aus den Heiden aufzuerlegen sei, die ausschlaggebende Stimme hatte. Im Anschluss an die Worte des Apostels Petrus und die Berichte von Barnabas und Paulus sprach Jakobus, im wesentlichen Amos 9,11.12 zitierend. Er urteilte, „dass man denen, die sich von den Nationen zu Gott bekehren, keine Schwierigkeiten mache, sondern ihnen schreibe, dass sie sich enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und von der Hurerei und vom Erstickten und vom Blut“ (Apg 15,19.20). Daraufhin wurde genau das in einem Brief festgehalten.

Jakobus in Apostelgeschichte 15 und im Jakobusbrief

Es gibt eine Reihe von auffallenden Ähnlichkeiten zwischen diesem Brief und der Rede von Jakobus in Jerusalem (Apg 15,13–21). Das gilt auch für den Brief, der vermutlich aus der Feder von Jakobus stammte und die Entscheidung der Konferenz enthielt (Apg 15,23–29).

Die Beifügung „Geliebte“ (Jak 1,16.19; 2,5; Apg 15,25) sowie die Ermahnung „Hört, meine geliebten Brüder“ (Jak 2,5; Apg 15,13) kommen sowohl im Brief als auch in der Rede von Jakobus vor. Dasselbe gilt für den „Gruß“ (Jak 1,1; Apg 15,23), genauso wie „zurückführen“ als Hinweis auf die Bekehrung (im Griechischen dasselbe Wort: Jak 5,19.20; Apg 15,19) und „besuchen“/“darauf sehen“ (Jak 1,27; Apg 15,14). „Eure Seelen“ findet man in Jakobus 1,21 (vgl. 5,20 und in Apg 15,24). Auch Apostelgeschichte 15,17 erinnert uns an Jakobus 2,7. Es ist daher sehr gut möglich, dass Jakobus diesen Brief in Apostelgeschichte 15 formuliert hat. Es gibt auch Ähnlichkeiten zwischen den Worten von Jakobus in Apostelgeschichte 21,20–23 und seinem Brief.

Jakobus besaß geistliches Gewicht!

Nicht nur in Apostelgeschichte 15 lesen wir davon, dass Jakobus inmitten der Gläubigen geistliches Gewicht besaß. Auch in Galater 1,19 wird die besondere Stellung von Jakobus in Jerusalem bestätigt. Paulus schreibt ausdrücklich, dass er nach seiner Rückkehr nach Jerusalem, nachdem er in seiner Heimat gewesen war, keinen anderen der Apostel sah „außer Jakobus, den Bruder des Herrn“. Das zeigt die Bedeutung von Jakobus. Dadurch wird bestätigt, dass dieser Jakobus einer der leiblichen Brüder des Herrn war und die Stellung eines Apostels einnahm.

Aus Apostelgeschichte 1 lernen wir, dass Jakobus nicht in Frage kam, als Ersatz für Judas Iskariot ein Apostel des Herrn zu sein. Er war eben in der Zeit des Dienstes Jesu nicht gläubig gewesen (vgl. V. 21). Zudem lesen wir nicht, dass er wie die anderen Apostel als ein Abgesandter das Evangelium nah und fern verkündigte. Aber offensichtlich waren seine Aufgabe und sein Leben mit einer solchen Autorität verbunden, dass er doch zuweilen Apostel genannt wird.

Im Neuen Testament bleibt der Ausdruck „Apostel“ (gr. apostolos) nicht nur auf die Zwölf und Paulus beschränkt. Sie besaßen eine von dem Herrn Jesus selbst gegebene amtliche, das heißt offizielle Autorität. Der Herr hatte diesen Aposteln auch besondere Aufgaben und Rechte übertragen (vgl. z. B. Mt 16,19; Joh 20,23). Das Wort „Apostel“ heißt ins Deutsche übersetzt „Abgesandter“ und kommt zum Beispiel in Johannes 13,16 (Gesandter), in 2. Korinther 8,23 (Gesandte) und Philipper 2,25 (Abgesandter) vor. Barnabas wird zusammen mit Paulus in Apostelgeschichte 14,14 „Apostel“ genannt. In diesem Sinn war auch Jakobus nach Galater 1,19 ein solcher Apostel. Er war ein Abgesandter des Herrn in Jerusalem und besaß große moralische Autorität.

In Galater 2,9 wird er dann noch vor Kephas (Petrus) und Johannes als „Säule“ der Versammlung in Jerusalem genannt. Vielleicht wird er vor diesen beiden amtlichen Aposteln genannt, weil er seine Aufgabe gerade und besonders in Jerusalem wahrnahm. Sie dagegen hatten eine darüberhinausgehende Aufgabe, die nicht auf Jerusalem beschränkt war.

Jakobus hatte nicht nur Einfluss, sondern war ein besonders tragendes „Element“ in Jerusalem. Zudem galt es etwas, wenn es ausdrücklich heißt, dass er Paulus und Barnabas „die Rechte der Gemeinschaft“ gab. Auch der Apostel Paulus sah in ihm einen geistlichen Bruder mit besonderem Gewicht. Das wird dadurch unterstrichen, dass Paulus ihn als einen Bruder des Herrn in 1. Korinther 9,5 als einen Vergleichsmaßstab anführt. Dort geht es um die Rechte der Diener, verheiratet zu sein und zusammen mit der Ehefrau im Dienst unterwegs sein zu können.

Jakobus und gesetzliche Elemente

Allerdings wird aus Galater 2,12 deutlich, dass Jakobus einen Hang zu gesetzlichen Gedanken hatte, so dass sogar Petrus Angst vor seinem strengen Urteil hatte. Man mag kaum glauben, dass dieser „große Apostel“ eine gewisse Furcht vor Jakobus hatte. Es zeigt, dass Autorität, ja sogar Druck inmitten der Gläubigen durchaus nicht immer geistlich ausgeübt wird.

Die Haltung von Jakobus, an den Gesetzen und Einrichtungen des jüdischen Gottesdienstes und Gesetzes festzuhalten, wird durch eine Begebenheit in Apostelgeschichte 21 unterstrichen. In diesen Versen lesen wir, dass Paulus in Jerusalem Jakobus begegnete. Der Bruder des Herrn war dort in Gesellschaft von Brüdern und Ältesten, die hervorhoben, dass „viele Tausende unter den Juden gläubig worden sind, und alle sind Eiferer für das Gesetz“ (Apg 21,20). Es gab somit viele Judenchristen in Jerusalem, die immer noch das alttestamentliche Gesetz hielten. Sie meinten, auch als Christen müssten sie dem Gesetz weiter folgen und gehorsam sein. Diesem seien sie unterworfen. Jakobus überredete Paulus dann, ein Reinigungsgelübde zu sprechen und damit eine jüdische Vorschrift zu erfüllen. Damit wurde Jakobus übrigens, sicher ungewollt, zum Anlass für die Gefangennahme von Paulus.

Bei diesen Hinweisen müssen wir bedenken, dass Jakobus nach Apostelgeschichte 15 klar sah, dass die Christen aus den Heiden nicht unter Gesetz standen. Nicht so klar sah er das offenbar im Blick auf die Christen aus dem Judentum. Bei ihnen vertrat er die Auffassung, dass sie sich noch gesetzeskonform verhalten sollten. So ist wahr, was jemand einmal über Jakobus geschrieben hat: „Wenn jemand das alte Bundesvolk gewinnen konnte, dann war er es.“

Jakobus war augenscheinlich das geistliche Haupt der Versammlung in Jerusalem, ohne dass er so etwas wie ein „Bischof“ oder Ähnliches gewesen wäre, was man heute aus solch einer Person machen würde. Er vertrat in seiner Person die Kraft jüdischer Vorschriften, durch welche die Versammlung in Jerusalem zu dieser Zeit noch beherrscht wurde. In der schon eingangs genannten Übergangszeit duldete Gott in seiner Langmut diese Vermischung von jüdischen und christlichen Elementen.

Im Jakobusbrief finden wir diesen Charakter der Barmherzigkeit Gottes wieder. Dort erhalten wir zugleich ein deutliches Bild vom Zustand der Juden-Christen. Jakobus selbst ist in seiner Person und Aufgabe wie der Stellvertreter und die Verkörperung dieses Systems, das allerdings nicht mehr lange Bestand haben sollte. So lange Gott es duldete, konnte sein Geist darin wirken und auch eine inspirierte Nachricht an diese Menschen senden, wie Er es mit diesem Brief tat.

Die weitere Geschichte von Jakobus und der Abfassungsort des Briefes

Es ist schon interessant, dass Gott einen Mann mit Namen Jakobus (also Jakob) dazu auswählte, einen Brief an die 12 Stämme, die Nachkommen Jakobs, schreiben zu lassen. Jakob, der in „Israel“ umbenannt wurde, war der Erzvater dieser Israeliten, des Volkes Israel. Als diese große Zeitepoche der Kinder Jakobs als Volk Gottes zu Ende ging, sandte Gott ihnen noch einmal einen Jakob. Dieser sollte ihnen zum vorerst letzten Mal den Weg des Lebens aufzeigen. Nicht lange danach würde ein anderer Schreiber im Hebräerbrief dazu aufrufen müssen, das jüdische System endgültig zu verlassen, um dem Gericht Gottes über Jerusalem und Israel zu entgehen (vgl. Heb 13,13).

Der jüdische Hintergrund des Autors spiegelt sich in diesem Brief wider. Es wird immer wieder deutlich, dass Jakobus die alttestamentlichen und jüdischen Formen, Gedanken und Ausdrücke gut kennt. Er spricht unter anderem von den zwölf Stämmen (Jak 1,1), von unserem Vater Abraham (Jak 2,21), vom Herrn Zebaoth (Jak 5,4). Nur Jakobus schreibt im Neuen Testament so von Gott. Denn Römer 9,29, wo dieser Name Gottes noch einmal vorkommt, ist ein Zitat des Alten Testaments. Wir finden auch eine Reihe von Illustrationen und Beispielen aus der alttestamentlichen Geschichte wieder, so in Jakobus 2,21.25; 5,11.17.18. Jakobus nennt die Einheit Gottes, also dass Gott einer ist, als zentrale Tatsache des Glaubens (Jak 2,19). Sie wird im Alten Testament immer wieder genannt, ausgehend von 5. Mose 6,4. Der Schreiber zeigt auch, dass er die jüdische Schwurformel gut kennt (Jak 5,12).

Über die weitere Geschichte und den Tod von Jakobus ist nichts Gesichertes bekannt. Man kann in der Geschichtsschreibung bei Josephus (Jüdische Altertümer) und einem weiteren, etwas fragwürdigen Schreiber mit Namen Hegesippus, einem christlichen Schreiber des zweiten Jahrhunderts, einige Einzelheiten entnehmen. Sie erscheinen aber nicht weiter überprüfbar und zum Teil sicher weit übertrieben.

Jakobus wurde von den Juden „der Gerechte“ genannt. Er hatte offenbar ein besonderes Auge für praktische Gerechtigkeit im Umgang mit anderen und im Umgang der Gläubigen in Jerusalem untereinander. Er soll als Märtyrer gestorben sein, angeblich sei sogar dieses Verbrechen an ihm wegen Jerusalems Zerstörung verübt worden. Es gibt sogar Überlieferungen, die besagen, dass die Pharisäer in Jerusalem das Zeugnis des Jakobus von Christus so sehr hassten, dass sie ihn vom Tempel hinabwerfen und dann mit Keulen totschlagen ließen. Aber wie gesagt, solche Hinweise sind nicht zuverlässig.

Abfassungsort

Was den Abfassungsort des Briefes betrifft, wissen wir nichts Genaues. Man kann berechtigterweise vermuten, dass als Ort eigentlich nur Jerusalem in Frage kommt, weil es keinen Hinweis darauf gibt, dass Jakobus diese Stadt für längere Zeit verlassen hätte. Aber der Abfassungsort ist nicht von so großer Bedeutung.

Jedenfalls ist das Nennen von Früh- und Spätregen (Jak 5,7) ein Hinweis, der auf Palästina schließen lässt, da diese Art von Regen in dieser Gegend existiert. Das ist jedoch nicht charakteristisch für Regionen weiter im Westen. Auch weitere Hinweise sind passend für die Verhältnisse in Palästina: die Folge warmer Winde (Jak 1,11), süße und bittere Quellen (Jak 3,11), das Kultivieren von Feigen und Oliven (Jak 3,12) sowie Bemerkungen, die man gut mit Seen verbinden kann, die dem Schreiber und den Empfängern bekannt waren (Jak 1,6; 3,4).

Ein von Gott inspiriertes Dokument

Während es bei den verschiedenen Schreibern des Neuen Testaments Gradunterschiede in geistlichem Wissen und geistlicher Erfahrung gegeben haben mag, gab es doch keine Konkurrenz zwischen Paulus und denen, die in der Jerusalemer Versammlung Verantwortung hatten (Gal 2,1–10). Es gab auch keinen Neid gegenüber den Brüdern des Herrn, dass sie so lange die Gelegenheit gehabt hatten, Jesus zu kennen. Umgekehrt gab es keine Eifersucht der Brüder des Herrn gegenüber den vom verherrlichten Herrn besonders begnadigten Dienern wie Paulus. Jeder Schreiber des Neuen Testaments erledigte einfach den Auftrag, den der Herr ihm übergab, ohne auf die Begabung oder Vorzüge seines Nächsten neidisch oder mitleidig zu sehen. Das sollten wir uns als Vorbild dienen lassen.

Es sollte eigentlich gar nicht erwähnt werden müssen, ist aber doch heute notwendig. In der modernen Theologie wird leider viel Böses geschrieben, das sich dann auch in populären Werken wiederfindet. So glauben die wichtigsten modernen Theologen, dass keiner der hier und im Neuen Testament genannten Personen mit Namen Jakobus diesen Brief geschrieben habe, sondern eine Person, die viel später gelebt und pseudomäßig diesen Namen für sich verwendet habe. Dass wir als gläubige Christen solchen Lug und Trug von vornherein ablehnen, sollte selbstverständlich sein. Diese Theorien entbehren jeder Grundlage und sind menschliche Versuche, die Strategie des Teufels zu verwirklichen. Wie hätten die ersten Christen einen solchen Betrug akzeptiert? Das ist undenkbar und zeigt, dass moderne Theologen sich anmaßen, die Dinge besser beurteilen zu können als die Christen, die in der Zeit von Jakobus lebten und seinen Brief dankbar aufgenommen haben.

2. Empfänger

Nachdem wir über den Schreiber Jakobus nachgedacht haben, wollen wir uns nun den Empfängern seines Briefes zuwenden. Im ersten Vers heißt es: „Den zwölf Stämmen, die in der Zerstreuung sind“ (Jak 1,1).

Jakobus kam als verantwortlicher Bruder der Versammlung in Jerusalem mit vielen Israeliten in Kontakt. Sie kamen aus zum Teil weit entfernten Gegenden nach Jerusalem (vgl. Apg 2,9–11). Jakobus kannte nicht nur diejenigen, die regelmäßig Zusammenkünfte in Jerusalem besuchten. Viele Juden kamen auch nach ihrer alten Gewohnheit und Vorschrift zu den Festen nach Jerusalem.

Es ist auch denkbar, dass Jakobus durch seine Reisen oder auch durch den Besuch dieser Gläubigen aus dem Judentum vom geistlichen Zustand in den verschiedenen Orten und Regionen hörte. Daraufhin richtete er seinen Brief an sie. Er schloss zudem alle diejenigen mit ein, die sich mit ihnen dem Bekenntnis nach verbanden, ohne selbst gläubig zu sein. Denn auch an sie richtet sich dieser Brief.

Kein Brief an die Versammlung Gottes!

Eigentlich wendet sich Gott im Neuen Testament an die Versammlung, den Leib Christi. Das sind alle Erlösten, denn sie alle zählen zur Versammlung Gottes. Aber Jakobus hat offensichtlich einen anderen Empfängerkreis vor Augen. Er bildet damit eine Ausnahme, indem er sich nicht an die Versammlung, sondern an das Volk Israel wendet. Damit sind aber nicht einfach Israeliten gemeint, sondern solche, die sich inzwischen zu den Christen rechneten, ihre Identität der Abstammung aber (noch) nicht aufgegeben hatten.

Einen vergleichbaren Ausnahmefall findet man, wie sollte es anders sein, auch im Alten Testament. Dort wandte sich Gott ausnahmsweise durch Jona ausschließlich an Heiden, an die Assyrer in Ninive. Vielleicht denkt der eine oder andere, dass doch auch die Propheten Obadja und Nahum ausschließlich Aussprüche über die Edomiter bzw. Assyrer enthalten würden. Das ist zwar wahr, stellt aber doch insofern einen grundsätzlichen Unterschied zum Buch bzw. Auftrag Jonas dar, als dieser zu den Assyrern gesandt wurde. Die Botschaft Obadjas und Nahums dagegen wurde schon damals (auch) an das Volk Gottes, das Volk Israel, gerichtet.

Jakobus‘ Empfänger: das Volk Israel

Dass sich Jakobus an die Masse des sozusagen alten Volkes Gottes wendet, ist zwar ein besonderer Umstand, aber selbst im Neuen Testament ist das nicht ganz ohne Beispiel. Auch Paulus wendet sich in Apostelgeschichte 22 an sein Volk. Überhaupt finden wir in der Apostelgeschichte in der Anfangszeit immer wieder Botschaften Gottes an das irdische Volk Israel, besonders durch den Apostel Petrus ausgesprochen.

Israel besaß noch immer in einer gewissen Übergangsweise, wie wir schon gesehen haben, seinen Platz als Volk Gottes. Für Jakobus gibt es noch das alte Verhältnis Israels zu Gott, in das Er es früher eingesetzt hatte, auch wenn manche jetzt den „christlichen“ Glauben angenommen hatten. Aber Jakobus spricht die Christen inmitten des Volkes an, als gehörten sie noch immer zu einem Volk, dessen Beziehungen zu Gott noch nicht durch Gottes Gerichtshandlungen abgebrochen waren. Das würde erst einige Jahre später passieren, wie der Schreiber des Hebräerbriefes es ankündigt.

Jakobus wendet sich an gläubige und ungläubige Juden

Es erscheint mir nützlich zu sein, die Empfänger des Hebräerbriefes und der Briefe des Jakobus und des Petrus gegenüberzustellen. Petrus richtet sich ausschließlich an Gläubige aus den Juden. Der Schreiber des Hebräerbriefes, vermutlich Paulus, schreibt an bekennende Christen, also an Gläubige und Ungläubige, aus den Juden. Jakobus hat den weitesten Blickwinkel dieser drei Schreiber. Er wendet sich an das gesamte Volk der Israeliten, an alle zwölf Stämme. Das bedeutet, dass er sowohl gläubige Christen als auch ungläubige Judenchristen vor Augen hat. Klar ist, dass nur diejenigen Juden, die Christen geworden waren, den Glauben an den wahren Messias besitzen konnten.

Die Gläubigen werden in diesem Brief deutlich von den Ungläubigen unterschieden (vgl. zum Beispiel Jak 1,18.21; 3,13.17). Die Gläubigen mochten sich noch nicht vom ungläubigen Volk getrennt haben. Wahrscheinlich hatten sie dazu auch noch keine konkrete Aufforderung erhalten. 15-mal nennt Jakobus die gläubigen Israeliten „Brüder“: Kapitel 1,2.16.19; 2,1.5.14; 3,1.10.12; 4,11; 5,7.9.10.12.19. Ungläubige Juden werden besonders in Kapitel 2,20 (nichtiger Mensch), Kapitel 4,1 (Kriege der Menschen), in Kapitel 4,4 (ihr Ehebrecherinnen), in Kapitel 4,8 (ihr Sünder) und Kapitel 5,1 (ihr Reichen) angesprochen.

Besonders: die Gläubigen

Beim Lesen des ganzen Briefes bemerken wir jedoch, dass sich Jakobus besonders an die Gläubigen seines Volkes wendet. Hier und da werden wir aber auch Bemerkungen finden, die an die ungläubige Masse des Volkes gerichtet sind. Andere Hinweise haben die gerade genannten speziellen Gruppen von Ungläubigen im Auge.

Die christlichen Vorrechte werden in diesem Brief nicht behandelt. Dennoch scheinen diese immer wieder hervor. Da diese Juden die eigentlichen Segnungen des Christentums jedoch nicht in Gemeinschaft mit den ungläubigen Juden genießen konnten, werden diese auch nicht weiter behandelt. Diese Segnungen aber unterschieden die Gläubigen von den Ungläubigen. Denn nur im christlichen Leben sind diese Segnungen wirklich vorhanden.

Jakobus als Repräsentant der Empfänger

Jakobus ist ein besonderer Repräsentant der Gruppe von Christen, an die er sich wendet: Er war wie sie weder äußerlich noch von seinem Gedankengut von den Juden getrennt. Und durch seinen persönlichen Einfluss war er das Haupt der vom Judentum nicht getrennten Christen. Er führte, wie wir in Apostelgeschichte 21 und Galater 2 lesen können, ein jüdisches Christenleben, wenn man diese Vermischung einmal so ausdrücken möchte.

Wir wissen aus der Apostelgeschichte, dass die Gläubigen aus dem Judentum noch an dem hingen, was eigentlich jüdischer Natur war. Das wird uns auch durch die letzten Hinweise im Blick auf die Versammlung in Jerusalem bestätigt. Die gläubigen Juden benutzten den Glauben Christi, um ihre jüdischen Gedanken gewissenhaft, gottesfürchtig und gründlich auszuführen. So glaubten sie, Gott am besten dienen zu können. Doch darin irrten sie sich und bedurften besonders des Dienstes des Apostels Paulus. Dieser machte den Unterschied zwischen wahrem Christentum und Judentum deutlich und rief die gläubigen Judenchristen auf, sich vom Judentum zu lösen und zu trennen.

Die Zerstreuung der 12 Stämme Israels

Jakobus schrieb diesen Brief nicht einfach an Judenchristen in Jerusalem, sondern an gläubige und ungläubige Israeliten, wo auch immer sie sich aufhalten mochten. Sie waren zu einem großen Teil zerstreut. Von vielen wusste man schon damals nicht mehr, wo sie eigentlich wohnten.

Wir haben heute keine Ahnung, wo diese zwölf Stämme eigentlich sind. Ein Teil des Stammes Juda ist inzwischen wieder nach Israel zurückgekehrt. Vom Rest wissen wir aber praktisch gar nichts. Soweit wir das heute nachvollziehen können, waren sie auch schon zu Lebzeiten Jesu und damit zur Zeit von Jakobus nicht mehr genau zuzuordnen.

Man könnte dann natürlich fragen, wie der Heilige Geist Jakobus anleiten konnte, diesen Brief an eine unbekannte Empfängerschaft zu richten. Für eine Antwort auf diese Frage müssen wir bedenken, dass zumindest Überreste von ihnen in der damaligen Zeit Jakobus bekannt waren. Einige aus jedem Stamm, wo sich das Volk und die einzelnen Stämme auch sonst befinden mochten, hatten Jesus als Christus und Messias angenommen. Wir wissen zum Beispiel von der Prophetin Anna aus dem Stamm Aser, die zu Beginn des Lebens des Herrn in Jerusalem war (vgl. Lk 2,36).

Von dieser Art dürfte es mehrere Personen gegeben haben. Sie repräsentierten die zwölf Stämme Israels, an die sich Jakobus sozusagen mittels dieser Vertreter richtete. In diesem Sinn richtete sich Jakobus also nicht an Personengruppen, die ihm vollkommen unbekannt waren. Er hatte das ganze Volk im Blick.

Übrigens wandten sich auch die Propheten des Alten Testaments im Wesentlichen an das ganze Volk Israel, das sich zumindest äußerlich zu Gott bekannte. Auch da stand zahlenmäßig nicht das gesamte Volk leibhaftig vor den Knechten Gottes. Aber die Zuhörer waren Stellvertreter für das ganze Volk. Die Propheten waren dafür verantwortlich, die Botschaft an das übrige Volk weiterzugeben, soweit das möglich war. Aber immer wieder sprachen die Propheten besonders die an, die wirklich Glauben an Gott hatten. Manchmal aber wandten sie sich zugleich an diejenigen, die ungläubig waren.

Zerstreuung

Im Blick auf die Zerstreuung denken manche besonders an die Regionen in der Nähe Palästinas wie Phönizien, Syrien, Zilizien (Kilikien) und Kleinasien. Aber genau können wir die regionalen Zielorte des Jakobusbriefes nicht festlegen. Es erscheint gut möglich, dass der Brief besonders an diejenigen jüdischen Christen gerichtet wurde, die aus Jerusalem wegen der Verfolgungen, die nach dem Tod Stephanus‘ aufkamen, vertrieben wurden. Diese Christen kannte er, da er von Anfang an in Jerusalem war. Diese frühere Bedrückung und Zerstreuung der Christen in die nördlichen Gegenden Palästinas finden wir ja deutlich in der Apostelgeschichte beschrieben (vgl. Apg 8,4; 9,2; 11,19; 13,1).

Als Juden waren die Leser dieses Briefes daran gewöhnt, nach Jerusalem zu sehen, um von dort eine Art religiöse Anleitung zu erhalten. Manche Gläubige, an die sich Jakobus wendet, mögen auch zunächst in Jerusalem zum Glauben gekommen sein. Sie gehörten dann zur dortigen örtlichen Versammlung (Gemeinde; vgl. Apg 13,1). Später werden sie vermutlich regelmäßig nach Jerusalem zu Besuchen zurückgekommen sein. So kam Jakobus immer wieder in Kontakt zu Abgesandten dieser entfernt lebenden Christen. Durch Gespräche und Gastfreundschaft kannte er ihre Fragen, Probleme und auch ihren geistlichen Zustand.

Die zwölf Stämme sind kein geistliches Israel/die Versammlung

Zum Schluss muss ich noch einen kurzen Hinweis auf eine Auslegung geben, die eigenartigerweise weit verbreitet ist. In vielen theologischen Kommentaren werden die zwölf Stämme Israels als eine Art geistliches Israel gedeutet. Mit anderen Worten, man versteht unter ihnen ein Synonym der Versammlung.

Diese Schlussfolgerung ist jedoch falsch und irreführend. Im Neuen Testament lernen wir, dass die Versammlung himmlischer Natur, während Israel irdischer Natur ist. Ihre Herkunft, ihre Zukunft, ihr Wesen, ihre Verbindung zu Gott und zum Herrn Jesus sind grundlegend verschieden.

Es ist nicht nur wahr, dass die Versammlung Teil des ewigen Ratschlusses Gottes ist, während Israel von Gott von Grundlegung der Welt an auserwählt worden ist. Es ist geradezu wichtig zum Verständnis der Segnungen und der Stellung der Versammlung, dass sie wie ein Gegenstück und keine Vergeistlichung Israels ist. Übereinstimmend ist, dass beide zu ihrer Zeit die Zeugen Gottes auf der Erde waren bzw. sind oder sein werden.

Ein Grundsatz gesunder Bibelauslegung ist es, Ausdrücke buchstäblich zu verstehen, wo der Zusammenhang keinen anderen Schluss nahelegt. Eine symbolische Erklärung ist dann angebracht, wenn dies durch den Zusammenhang zwingend oder zumindest nachvollziehbar erscheint. Da Jakobus im ersten Vers von konkreten Personen (von sich selbst, von Gott, vom Herrn Jesus) schreibt, gibt es keine Veranlassung für irgendeine Art von Vergeistlichung des Empfängerkreises. Vergessen wir nicht, dass die Briefe des Neuen Testaments zwar die Besonderheit aufweisen, dass sie inspiriert sind durch den Geist Gottes. Aber es handelt sich um wirkliche Briefe, die von natürlichen Personen geschrieben wurden. Die Empfänger hatten also keinen Anlass, diese Briefe und damit auch den Empfängerkreis zu vergeistlichen. Denn auch die Empfänger waren „natürliche Personen“.

Wir müssen im Übrigen auch bedenken, dass es während der künftigen Gerichtszeiten auf der Erde noch einmal einen ähnlichen judenchristlichen Überrest in Israel geben wird. So war es auch zu der Zeit, als Jesus auf der Erde lebte, auch nach seinem Tod, seiner Auferstehung und kurze Zeit nach seiner Himmelfahrt. Das wird wieder so kommen, wenn die Versammlung nach 1. Thessalonicher 4 in den Himmel entrückt sein wird.

Es handelt sich dann um den gottesfürchtigen Überrest, dem wir oft im Buch der Psalmen und in den Propheten begegnen. In den jetzt angesprochenen künftigen Tagen wird das Evangelium des Königreiches wie zur Zeit Jesu gepredigt werden (vgl. Mt 24,14). Zeichen und Wunder in Form von Heilungen (Jak 5,15) und andere Erscheinungen werden wieder Wirklichkeit werden (vgl. Joel 3,1–5). In diesem Sinn wird der Jakobusbrief auch für diese Gläubigen künftiger Tage von Wert sein.

3. Der Inhalt des Jakobusbriefes

Im Folgenden gehe ich auf einige wichtige inhaltliche Linien des Jakobusbriefes ein. Sie sollen eine Hilfe sein, die später folgende konkrete Auslegung der einzelnen Abschnitte des Buches leichter zu verstehen. Diese Leitlinien helfen hoffentlich bei der weiteren Einordnung dieses bemerkenswerten Bibelbuches.

Wir haben uns bereits mit der Stellung von Jakobus sowie dem Zustand der Versammlung in Jerusalem beschäftigt. Weiter haben wir gesehen, dass die Judenchristen nach wie vor mit den ungläubigen Juden verbunden waren. Dennoch brachen die bekehrten Gläubigen aus dem Judentum getrennt von der ungläubigen Masse das Brot. Offenbar hielten sie auch für sich ihren Gottesdienst.

Wenn man das vor Augen hat, erkennt man, dass uns die Güte Gottes alle Formen zeigen wollte, die das Christentum im Laufe der Zeiten angenommen hat. Dazu gehört eben auch diese erste „jüdische Form“. So ist der Jakobusbrief offenbar ein Dokument, das zu einem sehr frühen Zeitpunkt gerade während dieser Übergangsperiode vom Judentum zum Christentum geschrieben wurde. Die sogenannten Lehrbriefe des Neuen Testaments waren zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht vorhanden. Wahrscheinlich waren manche Aspekte der christlichen Lehre im Allgemeinen noch nicht bekannt.

Jüdischer Charakter

Auch aus der Apostelgeschichte wissen wir, dass der Anfang des Christentums einen sehr jüdischen Charakter besaß. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da die Versammlung nach den Berichten von Apostelgeschichte 2 und den nachfolgenden Kapiteln zunächst ausschließlich aus Christen aus dem jüdischen Bereich bestand. Das war nicht nur in Jerusalem der Fall, sondern in ganz Judäa.

So können wir besser verstehen, dass viele Christen selbst in der späteren Dienstzeit des Apostels Paulus zugleich noch Eiferer für das Gesetz waren (vgl. Apg 21,20). Sie gingen noch in den Tempel und nahmen dort auch die gewohnten Gebetszeiten wahr

Es gab zudem viele Priester, die innerhalb kurzer Zeit zum Glauben gekommen waren (vgl. Apg 6,7). Zu Beginn bekamen diese jedoch noch keine weitere Belehrung, wie sie nun mit ihrem alten Priesterdienst umgehen sollten. Daher können wir davon ausgehen, dass sie noch über einen längeren Zeitraum im Tempeldienst tätig blieben.

Dieser Brief zeigt uns somit den moralischen Zustand der Gläubigen kurz nach Beginn des Christentums. Es ist gewissermaßen die erste Zeit im Anschluss an den ersten kraftvollen Zustand, wie wir ihn in Apostelgeschichte 2–7 lesen. Sehr schnell hatten die Beziehungen unter den Christen offenbar die bemerkenswerte Frische des Anfangs verloren, bei dem sie alles miteinander geteilt hatten. Wir lesen im Jakobusbrief bereits von Streitigkeiten inmitten der Gläubigen, wobei Arme und Reiche gegeneinanderstanden. Zwar wuchs die Zahl der Gläubigen durch das kraftvolle Wirken des Geistes Gottes, aber wir sehen in diesem Brief, dass die sozialen Unterschiede weiterhin bestanden und zu erheblichen Problemen führten.

Christliche Praxis

Das zentrale Problem in diesen Anfangstagen des Christentums war die Vermischung von Judentum und Christentum. Gott duldete dies für eine Übergangszeit. Durch die fehlende Trennung der Christen von den Juden mögen zwar gewisse innerliche, geistliche Veränderungen bei einer Reihe von Juden bewirkt worden sein. Diese wurden aber vielfach äußerlich nicht sichtbar. Dadurch gab es eine Menge ungläubiger Juden, in deren Mitte sich wahre Christen befanden.

Oft konnte zwischen diesen beiden Gruppen nicht unterschieden werden. Zum Teil bekannten sich auch Juden zum Christentum, ohne wirklich bekehrte Christen zu werden. Dadurch gab es ein Bekenntnis, das bei vielen nicht echt war. Da die Judenchristen noch an den jüdischen Gottesdiensten teilnahmen, konnten sich bloße Bekenner unter sie mischen, ohne dass ihre Werke die geringste Lebensveränderung bezeugten.

Prüfung des Bekenntnisses

Um dem zu begegnen, prüfte der Geist Gottes durch Jakobus dieses Bekenntnis in konkreter Weise im Blick auf das tägliche Leben. Viele bekannten sich zum Namen Christi. Deshalb drang Jakobus darauf, dass die Echtheit dieses Glaubens sich durch Glaubenswerke zeigte. Diese sind für Menschen der einzige Beweis der Wirksamkeit wahren Glaubens im Herzen. Der Glaube wirkt konkret durch die Liebe (Gal 5,6) und wird in Werken der Liebe sichtbar. Es geht nicht um Gesetzeswerke, da der Glaube Teil der neuen Schöpfung ist (Gal 6,15), Gesetzeswerke jedoch zur ersten Schöpfung gehören.

Um den ersten Christen die Notwendigkeit von Glaubenswerken nahe zu bringen, spricht Jakobus sehr praktisch. Er weist auf die Notwendigkeit hin, dass der christliche Glaube echt sein muss.

Lehre und Praxis

Es gibt bis heute eine unterschiedliche Wertschätzung von praktischen bzw. lehrmäßigen Vorträgen. Die einen wollen immer „Praxis“ hören. Andere wiederum suchen ausdrücklich Lehrvorträge. Richtig und wichtig für uns ist beides in ausgewogenem Verhältnis.

Man hat den Eindruck, dass manche Christen diesen Brief deshalb nicht besonders schätzen, weil kaum Lehre darin enthalten ist. Aber ist es nicht in gewisser Hinsicht leichter, die Lehre des Epheserbriefes oder des Johannesevangeliums zu verstehen, als die Praxis des Jakobusbriefes zu verwirklichen? Gott möchte, dass wir verstehen und tun: Genau das ist die Botschaft dieses Briefes.

Jakobus entwickelt darin keine christliche Lehre. Mit Ausnahme weniger Ausdrücke und Gedankengänge (z. B. Kap. 1,21.25; 4,5; 5,14.15) enthält dieser Brief wohl keine Ermahnung, die in ihrer geistlichen Höhe über das hinausgeht, was einem gottesfürchtigen Juden auch schon in alttestamentlichen Tagen hätte gesagt werden können.

Allerdings dürfen wir nicht übersehen, dass Jakobus durchaus voraussetzt, dass die Personen, denen er schreibt, nicht nur Glauben an Gott haben. Er geht davon aus, dass sie den Herrn Jesus und auch die christlichen Segnungen kennen. Aber Jakobus spricht nicht von dem, was das eigentliche Wesen wahren Christentums ist oder was dieses vom wahren Judentum unterscheidet. Allerdings strömen die Ermahnungen aus der zum Christentum gehörenden „höheren Quelle“ und atmen in dieser Hinsicht deutlich mehr vom himmlischen Christentum, als wir das im Alten Testament finden können.

Das Ergebnis der Belehrungen von Jakobus besteht darin, auf der Erde wirkliche, praktische Beweise des Glaubens zu offenbaren. Der Brief gründet sich in seinen Belehrungen nicht auf die christlichen Beziehungen. Er erkennt sie zwar an, und wir finden in jedem Kapitel einen entsprechenden Hinweis. Diese christlichen Segnungen werden aber eher beiläufig erwähnt. Jakobus geht bei den gläubigen Empfängern seines Briefes davon aus, dass sie nicht nur in einem lebendigen Verhältnis zu Gott stehen, sondern dieses auch kennen.

Nachahmer des Lebens Jesu

Es ist wichtig, die moralischen Belehrungen und die Perspektive des christlichen Lebens zu erfassen, wie sie in diesem Brief vorgestellt werden. Das Leben entspricht dem, was unser Herr inmitten des Volkes Israel in seinem Lebenswandel darstellte. Er offenbarte göttliches Licht vor seinen Jüngern. Er zeigte als Mensch die Beziehungen zu Gott, in die Er seine Jünger durch sein Werk am Kreuz einführte. Jetzt, zur Zeit der Abfassung des Briefes, war Christus abwesend. Aber das Licht und die dazu gehörenden Beziehungen sind als Maßstab unserer Verantwortlichkeit geblieben.

Was uns Jakobus vorstellt, ist somit im Wesentlichen auch schon für die Jünger während des Lebens Christi wahr gewesen. Da ist zunächst das vollkommene Gesetz, dessen wahren Wert der Herr Jesus in der Bergpredigt zeigt, erklärt sowie zusammenfasst. Genau das finden wir in den Belehrungen des Bruders unseres Herrn wieder. Darüber hinaus ist uns ein Leben geschenkt worden, das die sittlichen Grundsätze des Gesetzes erfüllt (Röm 8,4) und sogar göttliches Leben ist. Schließlich lesen wir etwas von der Offenbarung des Namens des Vaters, wie der Herr Ihn seinen Jüngern auch längst vorgestellt hatte (z. B. in der Bergpredigt).

Alles das war wahr, als der Herr auf der Erde lebte, und es war zugleich der stellungsmäßige Boden, auf den Er seine Jünger damals stellte. Während seines Erdenlebens hatten sie das zum großen Teil nicht verstanden. Jakobus greift nun diese Belehrungen Jesu auf und vertieft sie (Joh 14,26). Zugleich bestätigt Jakobus die Worte des Herrn, dass Er wiederkommen würde.

Natürlich ist wahr, dass das Gericht über Jerusalem und über das damit verbundene Judentum die Stellung des Überrests Israels grundlegend veränderte. Dennoch bleibt das Leben Christi auch für uns heute das Muster unseres Lebens. Auch darum sind diese Belehrungen von Jakobus in das ewige Wort Gottes aufgenommen worden, und wir haben geduldig auf das Kommen des Herrn zu warten.

Christliche Ermahnungen

Insgesamt besteht der Brief eigentlich von Anfang bis Ende aus Ermahnungen. Selbst die wenigen, eher lehrmäßigen Passagen beziehen sich sehr deutlich auf das moralische Verhalten der Gläubigen (vgl. Jak 1,13–15.16–21; 3,5–8.15–18).

Das zeigt: Jakobus ist vor allem ein Lehrer der Gerechtigkeit (vgl. Jak 1,20; 2,23; 3,6.18). Er wurde von Gott dazu benutzt, den Gläubigen notwendige Belehrungen für das tägliche Leben zu geben.

Er tut das mit Autorität, die er dazu benutzt, die Gläubigen in vielfacher Hinsicht zu ermahnen. Von den 108 Versen dieses Briefes enthalten 54 einen Imperativ (eine Befehlsform). Diese Ermahnungen beziehen sich in umfassender Weise auf das rechte, christliche Verhalten

  • in Glaubensprüfungen,
  • unter den Gläubigen verschiedener sozialer Stellungen,
  • in Versuchungen,
  • beim Reden,
  • im Blick auf den Nächsten,
  • gegenüber der Welt und
  • im Leiden.

Der Jakobusbrief und die christliche Wahrheit

Es gibt bei Jakobus im Unterschied zu den meisten neutestamentlichen Briefen sozusagen keinen lehrmäßigen Unterbau. So behandelt Jakobus nicht, auch wenn er wie Paulus inspiriert war,

  • die Erlösung,
  • die Quelle der Erlösung,
  • die Gegenstände der Erlösung, oder
  • die Auswirkungen der Erlösung.

Wir finden in diesem Brief das Werk Gottes in uns wie die neue Geburt und das eingepflanzte Wort. Was Jakobus nicht behandelt, ist Gottes Werk für uns: die Erlösung durch das kostbare Blut Jesu.

Man könnte sagen: Jakobus schreibt einen praktischen Brief, der wie ein heiliger Gürtel um unsere Lenden gelegt werden soll. Gott will, dass das praktische, äußere Leben des Christen dem göttlichen, inneren Leben entspricht. Wir sollen lernen, dass der Wille Gottes ein Gesetz der Freiheit für uns ist.

Wir finden bei Jakobus also weder die Erlösung und den Glauben als Mittel zum Ergreifen der Erlösung (Paulus, Petrus) noch die Geheimnisse der Ratschlüsse Gottes (Paulus). Wir lernen hier auch nichts über das göttliche Leben des Sohnes Gottes, wie es wahr ist in Ihm und in uns (Johannes). Der Gegenstand des Jakobusbriefes ist vielmehr das praktische Leben der Armen und Zerstreuten der Herde. Für sie ist die Synagoge noch das Zentrum ihres Gottesdienstes. Jakobus richtet auch Strafreden an die ungläubigen Reichen, welche die Armen bedrücken und den Namen des Herrn lästern.

Allerdings kennt Jakobus die neue Geburt und das Leben, das wir von Gott durch das Wort der Wahrheit geschenkt bekommen haben. Er bezieht sich zudem darauf, dass dieses Leben im Gegensatz zu Ausbrüchen unserer Emotionen steht wie Zorn und Wut. Dieses neue Leben wird auch nicht auf der Zunge „getragen“, wenn diese leichtfertig oder böse redet. Das alles sind Wirkungen der gefallenen Natur.

Um diesen Gegensatz zwischen alter Natur und neuem Leben zu illustrieren, spricht Jakobus vom Gesetz der Freiheit (Jak 1,25; 2,12). Dieser Ausdruck ist nur bei ihm zu finden. Er zeugt vom Gegensatz zum Buchstaben des Gesetzes und zur Knechtschaft dieser Gebote. Das Gesetz der Freiheit wendet sich an das neue Leben und setzt den Besitz dieses Lebens voraus. Gottes Gnade hat uns dieses Leben geschenkt. Diese neue Natur findet ihre Freude in den Dingen, die Gott gefallen und uns daher in seinem Wort vorgestellt werden.

Wenn also der Jakobusbrief kein lehrmäßiger Brief ist, liegt ihm doch die christliche Wahrheit zugrunde. Folgende Aspekte unserer Stellung und der neutestamentlichen Wahrheit, die wir im Jakobusbrief finden, sind auffallend:

  1. Der eine und zugleich dreieine Gott hat sich offenbart (1,1.27; 2,19; 3,9; 4,5).
  2. Jesus Christus ist unser Herr (1,1).
  3. Der Christ besitzt eine hohe christliche Stellung (1,9).
  4. Durch das Wort Gottes wird der Mensch gezeugt (1,18).
  5. Das Wort Gottes ist in den erlösten Menschen eingepflanzt (1,21).
  6. Es bedarf des Glaubens an den Herrn Jesus Christus (2,1).
  7. Jeder wahre Christ ist auserwählt1 worden (2,5).
  8. Wir kennen Gott als unseren Vater (3,9).
  9. Der Christ besitzt eine neue Natur (3,12).
  10. Der Heilige Geist wohnt in dem Gläubigen (4,5).
  11. Das Kommen Jesus steht nahe bevor (5,7.8).
  12. Die Seele des Christen ist errettet (5,20).

Der Jakobusbrief und die praktische Situation der Briefempfänger

Die Belehrungen des Jakobusbriefes sind natürlicherweise nicht von der konkreten, praktischen Situation der Briefempfänger zu trennen. Aus dem Brief wissen wir, dass sie durch schwere äußere Prüfungen gingen. Aber es ging nicht nur um Prüfungen von außen. Sie waren auch, wie jeder Gläubige, Versuchungen zur Sünde ausgesetzt. Das waren Versuchungen von innen, denen sie nachgaben. Es scheint zudem so, dass etliche der Gläubigen aus den Juden um Ämter in der Versammlung kämpften, besonders um die Aufgabe, als Lehrer an ihren Orten Anerkennung zu finden.

Vor allem aber gab es in den betreffenden Versammlungen offenbar das Problem, dass sich viele zwar als Gläubige bekannten, den Glauben aber nicht auslebten. So war oft überhaupt nicht klar, ob jemand wirklich von neuem geboren war oder nicht. Darüber hinaus hatten viele Gläubige ihre Zunge nicht im Griff, so dass es sogar zu scheinbar unlösbaren Streitigkeiten und Spaltungen inmitten der Versammlungen kam. Hinzu kam die Weltlichkeit. Einige der Gläubigen waren anscheinend auch in diesem Bereich nicht bereit, sich Gottes Wort unterzuordnen. Gott züchtigte sie in seiner Liebe, so dass etliche physisch krank wurden. Manche kamen auch ganz vom Herrn und von dem Weg der Versammlung Gottes auf der Erde ab. Soweit wir wissen, gab es damals noch keine verschiedenen christlichen Gruppierungen nebeneinander.

Jakobus belehrt die Brüder daher, diese traurigen Tendenzen zu korrigieren. Er muss viele Punkte nennen: Mangel an Weisheit, ein christliches Leben ohne Früchte, Streitigkeiten, Neid, Kampf der sozialen Klassen. Der Schreiber entfaltet die moralische Reinheit und Wahrheit der Belehrungen des Herrn, die Er schon in der sogenannten Bergpredigt gelehrt hat (vgl. Mt 5–7).

Wenn wir das so lesen, müssen wir wohl zugeben: Auch unsere Probleme sind ganz ähnlich. Zwar leben wir in Westeuropa nicht unter einem solchen Verfolgungsdruck. Aber die Versuchungen zur Sünde, Streit und Neid, eine ungezügelte Zunge sowie mangelnde Gottesfurcht kennen wir alle inmitten der Gläubigen und auch aus unserem eigenen Leben nur zu gut. Das Heilmittel ist auch für uns, auf den Herrn Jesus zu sehen und ein Leben in seiner Nachfolge zu führen. Wer auf sein Wort hört, lebt anders: in Gottesfurcht zur Ehre Gottes.

Jakobus und das kommende Gericht

Bereits in diesem frühen Brief spricht Jakobus vom Kommen des Herrn und damit auch vom kommenden Gericht. Dieses nahende Gericht lässt uns zugleich die Weise verstehen, in der Jakobus von der Welt spricht.

Dieses Gericht wird nicht über die Erlösten, sondern über diese Welt kommen, die schon heute unter dem Gerichtsurteil Gottes steht (Joh 16,8.11). Damit einher wird dann die endgültige Verurteilung der Reichen gehen, die sich an ihrem Wohlergehen in der Welt erfreuen. Jakobus warnt sie daher, auf einem solchen Weg weiterzugehen.

Den Reichen stehen die Bedrückten und Armen gegenüber. Natürlich ist jemand nicht dadurch, dass er arm oder bedrückt ist, ein Kind Gottes. Aber es bleibt wahr, dass diejenigen, die an den Herrn Jesus glauben und dadurch oft zu einem Überrest gehören, inmitten des ungläubigen Volks bedrückt werden und leiden. Gerade sie haben daher die Ermunterung des nahen Kommens des Herrn nötig.

Jakobus und der Hebräerbrief

Im Hebräerbrief befiehlt der Geist Gottes den Christen, aus dem jüdischen Bereich hinauszugehen. Sie sollten die jüdische Religion mit ihrem Gottesdienst, ihrer Brüderschaft und ihren Satzungen aufgeben und sich außerhalb dieses Lagers aufhalten (Heb 13,10–13). Sie waren jetzt keine Juden mehr, sondern Christen. Das sollte deutlich sichtbar werden.

Der Schreiber gibt den Gläubigen aus dem Judentum in diesem Brief sozusagen eine letzte Warnung, nun endgültig die bestehenden Verbindungen zu ihren Bundesgenossen aufzulösen. Das Gericht Gottes über dieses inzwischen Gott-lose System stand unmittelbar bevor.

Diese Gläubigen wussten, dass der Herr Jesus nicht gekommen war, das Gesetz und die Propheten aufzulösen, sondern sie zu erfüllen, wie Er sagte (vgl. Mt 5,17). Angesichts dieses Bewusstseins fiel es den ersten Christen aus dem Judentum sehr schwer, den tiefen Inhalt wahren Christentums zu erfassen, die Fülle, die sie jetzt in Christus empfangen hatten. Erst in der Zeit, als der Hebräerbrief geschrieben wurde, machte Gott ganz deutlich, dass die Schatten des Gesetzes durch die Wirklichkeit ersetzt worden waren. Damit verloren sie ihren Wert.

Diese Tatsache zu unbedingter Geltung zu bringen, ist das Hauptthema des Hebräerbriefes, in dem wir lesen: „Was aber alt wird und veraltet, ist dem Verschwinden nahe“ (Heb 8,13). Wenig später, nachdem diese Worte geschrieben waren, verschwand dann das ganze jüdische System mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer – Tempel, Altar, Opfer, Priester usw. Dadurch bestätigte der Heilige Geist seine Worte im Hebräerbrief auf deutliche Weise. Die Zerstörung Jerusalems beendete (oder unterbrach) diese Dinge definitiv.

Der Jakobusbrief als Brief der Übergangszeit und der Endzeit

Wir haben gesehen, dass die Situation der Christen, an die sich Jakobus richtet, und auch die Belehrungen dieses Apostels davon zeugen, dass es um eine Übergangszeit geht. Auf der anderen Seite haben wir auch gelernt, dass diese Übergangszeit kurz nach dem Versenden des Hebräerbriefes ihr Ende finden sollte.

In diesem Sinn geht es hier um eine Endzeit, die für die Empfänger des Jakobusbriefes nur noch eine begrenzte Zeit andauern sollte. Im Übrigen spricht fast jeder Brief des Neuen Testaments von den letzten Tagen, der letzten Zeit und in diesem Sinn von einer Art Endzeit. Das gilt ganz besonders für den zweiten Brief an Timotheus, an die Thessalonicher und für die Briefe von Petrus. Jakobus spricht direkt von „letzten Tagen“ (Jak 5,3), von der Ankunft des Herrn (Jak 5,7.8) und von dem Richter, der vor der Tür steht (Jak 5,9). Das alles sind konkrete Hinweise einer Endzeit.

Genau das ist die Übereinstimmung zwischen der damaligen und unserer heutigen Zeit. Auch deshalb hat dieser Brief eine sehr praktische Bedeutung für uns. Im Unterschied zu den gläubigen Juden der damaligen Zeit wissen wir, dass wir wirklich in der Endzeit des christlichen Zeugnisses auf der Erde leben. Für uns steht das Kommen des Herrn noch viel näher bevor als damals für die Empfänger des Jakobusbriefes.

Natürlich wissen auch wir nicht genau, wann der Herr kommt. Aber wir wissen heute, dass Er zugesagt hat: „Ich komme bald.“ In diesem Sinn wollen wir diesen Brief als direkt an uns gerichtet verstehen, wobei wir die jüdischen Elemente nicht übersehen und natürlich nicht buchstäblich in unsere Zeit übertragen können.

Aber auch bei uns gibt es eine Vermischung von wahren Gläubigen und falschen Bekennern. Und heute gibt es ebenfalls viele Christen, die sich zwar nicht an direkt jüdische Formen halten, dennoch halten sie die aus dem Judentum stammenden und in die christlichen Kirchen übertragenen Formen hoch (Priesterklasse oder örtliche Pastoren, Kirchen als Gebäude, Gewänder und Opfer, usw.). Wir sind aufgefordert, uns davon zu trennen (Hebräerbrief) und uns durch unser Glaubensleben als echte Christen zu erweisen (Jakobusbrief). Mit anderen Worten: ein wirkliches Leben mit Gott und dem Herrn Jesus zu führen. Sonst ist der Glaube in Wirklichkeit tot (Jak 2,17).

Der Jakobusbrief als alttestamentlicher Brief

Der Jakobusbrief nimmt, wie bereits gesehen, insofern eine Sonderstellung ein, als er sich im Gegensatz zu allen anderen Briefen des Neuen Testaments nicht an die Versammlung oder ausschließlich Erlöste wendet.

Ich habe aber den Eindruck, dass dieser Brief noch eine zweite Besonderheit trägt. Auch wenn er eine Reihe neutestamentlicher Wahrheiten beiläufig erwähnt, ist sein Charakter doch schwerpunktmäßig eine Belehrung, die ähnlich ist wie die der alttestamentlichen Schriften. Natürlich ist klar, dass im Alten Testament die Innewohnung des Heiligen Geistes und Gott als persönlicher Vater nicht behandelt werden könnten.

Diese Übereinstimmung mit dem Alten Testament sollte uns nicht überraschen. Uns Christen ist ja auch das Alte Testament gegeben worden, damit wir diese Belehrungen ernst nehmen. Vielleicht liegt ein besonderer Wert des Jakobusbriefes daher auch darin, dass wir durch eine neutestamentliche Schrift darauf hingewiesen werden, das Alte Testament wörtlich und ernst zu nehmen. Nicht, dass wir das als Aufforderung verstehen sollten, alles eins zu eins auf uns und unser Leben zu übertragen. Es ist klar, dass wir das zum Beispiel mit dem Gesetz nicht tun können, da Christus das Ende des Gesetzes ist. Aber diese „alttestamentliche Schrift“ im Neuen Testament soll uns verdeutlichen, dass wir nicht einfach über das Alte Testament hinweggehen dürfen. Dieser Teil des Wortes Gottes redet auch zu uns heute.

Es ist zudem interessant, dass unser Brief viele Querverweise und Parallelen im Alten Testament hat. Zwar finden wir nicht viele Zitate aus dem Alten Testament. Aber das ist im Matthäusevangelium auch nicht anders. Wie dort gibt es jedoch manche ähnlichen Verse zum Alten Testament. Der Herr Jesus spricht in der Bergpredigt von dem Alten Testament zusammenfassend als dem „Gesetz und die Propheten“ (Mt 5,17; 7,12). Jakobus bezieht sich mindestens auf diese beiden „Teile“ des Alten Testaments, eigentlich auf alle drei Teile: Gesetz (die fünf Bücher Mose), Schriften (Psalmen usw.) sowie Propheten (Lk 24,27.44).

Nun könnte man sich fragen: Wenn es im Neuen Testament eine Art alttestamentliches Buch gibt, gibt es vielleicht auch im Alten Testament eine Art neutestamentliches Buch? Wir haben gesehen, dass der Jakobusbrief im Neuen Testament eine Ausnahme bildet, so wie das Prophetenbuch Jona im Alten Testament. Mein Eindruck ist, dass dies auch auf die alt- bzw. neutestamentliche Belehrung zutrifft. Ich denke dabei weniger an den Propheten Jesaja, der manchmal der Evangelist unter den Propheten genannt wird, als vielmehr an das Buch Ruth.

Man hat oft und lange darüber nachgedacht, wie es möglich war, dass die direkten Nachkommen einer Frau, die Moabiterin war, in die Versammlung Gottes (Israels) kommen konnten. Denn es galt das Gesetz, dass „kein Ammoniter und Moabiter in die Versammlung Gottes kommen sollte in Ewigkeit“ (Neh 13,1; 5. Mo 23,4.5).

Es hat den Anschein, dass wir das Ergebnis dieses Bibelbuchs letztlich tatsächlich nur auf der Grundlage der neutestamentlichen Gnade erklären können. Vielleicht ist dieses kleine Buch daher in gewisser Hinsicht ein Gegenstück zum Jakobusbrief, was die Zugehörigkeit zu dem jeweiligen Kanon der Testamente betrifft.

Natürlich haben wir gesehen, dass der Jakobusbrief auch neutestamentliche Elemente enthält, die man nicht im Alten Testament finden kann. So ist es auch umgekehrt im Buch Ruth. Aber die Atmosphäre, die das jeweilige Bibelbuch atmet, bestätigt die hier geäußerten Überlegungen.

4. Der Jakobusbrief und das Matthäusevangelium

Jakobus spricht sehr wenig über den Herrn Jesus. Nur zweimal erwähnt er seinen Namen (vgl. Jak 1,1; 2,1). Aber man kann sagen, dass Jakobus oft wie der Herr spricht. Die Anklänge an die Worte des Herrn in der Bergpredigt sind unübersehbar.

Hinzu kommt eine weitere Parallele: Wie Jakobus sprach auch der Herr Jesus oft zu einer gemischten Zuhörerschaft von gläubigen und ungläubigen Juden. Er wies sie immer wieder darauf hin, was praktischer Glaube enthalten muss. Genauso ist der Jakobusbrief ein sehr praktischer Brief, der zum Leben des Glaubens in der Gesinnung Christi ermahnt. Ein solches Leben ist gekennzeichnet von guten Werken.

Im Folgenden gebe ich in einer Tabelle die wichtigsten Parallelen zwischen dem Jakobusbrief und dem Matthäusevangelium wieder.

Worte Jesu in Verbindung mit dem Jakobusbrief

(Kapitel, Vers) Jakobus Matthäus
1. 1,2 5,10–12
2. 1,4 5,48
3. 1,5 7,7–12
4. 1,6 21,21
5. 1,9 5,3
6. 1,13 6,13
7. 1,14 15,19
8. 1,17 6,32; 7,11
9. 1,20 5,22; (6,33)
10. 1,22 7,21.24–27
11. 2,2 5,47; 6,2
12. 2,8 22,39
13. 2,10 5,19
14. 2,13 5,7; 6,14.15;7,1
15. 2,14–16 7,21–23
16. 3,12 7,16–18
17. 3,17.18 5,9; 6,2.5.16; 7,18
18. 4,4 6,24
19. 4,6 5,3
20. 4,10 5,3–5; 23,12
21. 4,11.12 5,22; 7,1–5
22. 4,12 10,28
23. 5,1–3 6,19–21
24. 5,8 24,33
25. 5,10 5,10–12
26. 5,11 10,22; 24,13
27. 5,12 5,33–37

Nach dieser Liste gibt es 21 (plus 1) direkte Beziehungen zwischen dem Jakobusbrief und der Bergpredigt. Es kommen weitere sechs hinzu, insgesamt sieben Bezüge des Jakobusbriefes zu anderen Stellen im Matthäusevangelium. Auch das unterstreicht, dass der Jakobusbrief und das Matthäusevangelium in der großen Linie des Neuen Testaments zusammengehören.

5. Scheinbare Widersprüche zwischen Paulus und Jakobus

Im Verlauf der Kirchengeschichte ist immer wieder ein Gegensatz zwischen Jakobus und Paulus konstruiert worden. Im Wesentlichen hat man Jakobus unterstellt, mit den Ausführungen des Apostels Paulus über den Zusammenhang von Glaube und Werke nicht einverstanden gewesen zu sein. Dieser habe so einseitig gepredigt, dass es einer Abschwächung und Korrektur bedurft hätte.

Dieses Argument entbehrt jeder Grundlage. Hätten wir es noch mit Gottes Wort zu tun, wenn sich einzelne Bücher gegenseitig relativieren müssten? Nein, einem solchen Argument können wir uns, die wir die Bibelkritik in jeder Hinsicht ablehnen, niemals anschließen.

Wir wollen also von vornherein festhalten: Es gibt nicht den geringsten Gegensatz zwischen der Lehre von Paulus und Jakobus, zwischen den Belehrungen von Römer 3–4 und Jakobus 2, was der Hauptangriff der Bibelkritiker ist.

Gleichwohl ist unüberhörbar, dass nicht nur Martin Luther, sondern auch viele andere ihre Mühe mit der Belehrung des Jakobusbriefes gehabt haben. Viele schaffen es nicht, die Belehrungen von Jakobus und Paulus übereinzubringen. Es gibt nach Meinung dieser „Kritiker“ (ich meine nicht die Bibelkritiker, die ablehnen, die gesamte Bibel als Gottes Wort anzuerkennen) mehrere Stellen im Jakobusbrief, die im Gegensatz zu den Belehrungen von Paulus stehen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass es nicht nur um die Frage von Glaube und Werke geht.

Im Unterschied zu der Bibelkritik und auch solchen Personen, die Probleme mit dem Jakobusbrief haben, muss man an Folgendem festhalten: Paulus hätte sich dann in einen Gegensatz zu Jakobus gebracht (und nicht umgekehrt), da der Römerbrief und auch die weiteren Briefe von Paulus sehr wahrscheinlich nach dem von Jakobus geschrieben worden sind.

Es sind im Wesentlichen drei Stellen, bei denen man von Gegensätzen spricht:

  1. Jakobus 1,15 versus Römer 7,8
  2. Jakobus 1,20 versus Römer 3,10; 4,6
  3. Jakobus 2,22.23 versus Römer 3,28; 4,2.3; 5,1; Gal 2,16

Schauen wir uns diese drei Beispiele kurz etwas genauer an.

Drei Beispiele

  1. Jakobus spricht in Jakobus 1,15 von der Kette: a) Begierde b) Sünde c) Tod. Paulus dagegen beginnt mit der Sünde, aus der die Begierde hervorkommt.
    Was ist nun der Unterschied? Paulus spricht vom Prinzip der Sünde, die in einem Gläubigen die Begierde auslöst. Man könnte auch sagen: Das ist die grundsätzliche Betrachtungsweise. Jakobus dagegen hat immer wieder eine praktische Perspektive und sieht die Begierde, die in einem Gläubigen vorhanden ist und ihn dazu bringt, Sünden – das heißt Tatsünden – zu begehen. Die Begierde äußert sich somit konkret und praktisch in einzelnen Sünden, die jemand begeht. Mit anderen Worten: Paulus und Jakobus verwenden den Begriff „Sünde“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
  1. In Römer 3,10 und 4,6 schreibt der Apostel Paulus von der grundsätzlichen Gerechtigkeit vor Gott. Diese kann kein Mensch bewirken oder ausführen. Gott rechnet sie ohne das Dazutun eigener Werke ehemals Ungerechten zu. Sie nehmen die Erlösung Gottes im Glauben Dieser ist das einzige Mittel, dieses Geschenk der Gerechtigkeit zu erfassen. Es geht also nicht um das Ausleben und Sichtbarwerden des Glaubens.
    Jakobus dagegen spricht in Jakobus 1,20 von der praktischen Gerechtigkeit. Ihm geht es um ein praktisches Ausüben gerechter Taten. Der Zorn gehört nicht zu einem vor Gott wohlgefälligen Lebenswandel während also Paulus von unserer Stellung spricht, bezieht sich Jakobus auf praktisch gerechte Handlungen.
  1. Das dritte Beispiel ist sicherlich das bekannteste. Der Apostel Paulus schreibt, dass Abraham durch Glauben und ohne Werke gerechtfertigt wurde. Paulus nimmt die Perspektive Gottes ein und spricht von der Rechtfertigung vor Gott. Davon lesen wir in 1. Mose 15,6.
    Jakobus dagegen spricht davon, dass Abraham durch Glauben und Werke vor Menschen (Jak 2,18) gerechtfertigt wurde. Er bezieht sich dabei auf denselben Abschnitt der Geschichte Abrahams. Aber Jakobus spricht von der Rechtfertigung vor den Augen der Menschen, so dass Menschen sehen konnten, dass er wirklich gerecht war. Gott hat keine gerechten Taten nötig, um zu erkennen, dass jemand das Werk Gottes im Glauben angenommen hat. Er kann in unsere Herzen sehen. Vor allem gilt, dass Er selbst der Urheber und Ausführende dieses Werkes in unseren Herzen ist.

Ein viertes Beispiel

Noch ein weiteres Beispiel: Jakobus spricht von der Auserwählung der Armen (Jak 2,5). Er meint eine praktische Wahl Gottes, welche die Erlösten, die äußerlich arm sind, zum besonderen Ziel der Liebe und Gnade Gottes macht. Paulus dagegen denkt bei Auserwählung (Eph 1,4) an den ewigen Ratschluss Gottes, den Gott vor Grundlegung der Welt gefasst hat.

Wir können ganz allgemein festhalten: Paulus spricht oftmals grundsätzlich, während Jakobus vielfach sehr praktisch spricht. Da das genannte dritte Beispiel der Hauptfokus der Angriffe Satans und seiner Instrumente ist, will ich auf diesen noch etwas ausführlicher eingehen.

Glaube und Werke

Paulus spricht davon, wie ein gottloser Mensch gerechtfertigt wird: durch Glauben. Jakobus dagegen zeigt den Christen, dass ein toter Glaube, dem Werke mangeln, vergeblich und unnütz ist. Nur der Glaube ist wirklich wertvoll, der sich in Werken offenbart, die Gott verherrlichen. Und diese Werke können von Menschen gesehen werden.

Wenn Paulus in Römer 3,28; 5,1 und Galater 2,16 von der Rechtfertigung aus Glauben spricht, betrachtet er das Verhältnis des Menschen zu Gott. Scheinbar gute Werke oder auch Gesetzeswerke können keinen Menschen rechtfertigen. Der Mensch ist überhaupt nicht in der Lage, aus sich heraus Gott wohlgefällige Taten zu vollbringen. Als Sünder ist er nämlich unfähig, auch nur ein einziges gutes Werk nach Gottes Maßstäben zu vollbringen. Nur durch Gottes Werk kann ein Mensch vor Gott gerechtfertigt werden. Und mittels des Glaubens nimmt der Mensch dieses Wirken Gottes an. Die Rechtfertigung ist im Übrigen eine Gerechtsprechung vonseiten Gottes.

Jakobus sieht die Rechtfertigung von einer ganz anderen Seite. Er betrachtet in erster Linie die Werke eines Menschen. Er sieht den Gläubigen, nicht den Sünder wie Paulus. Die Werke sind bei ihm Glaubenswerke, nicht Gesetzeswerke. Die Rechtfertigung geschieht vor den Augen der Menschen, nicht vor Gott. Die Werke des Erlösten sind bei Jakobus das Ergebnis des Glaubens. So könnte man zusammenfassend sagen: Wie es keine wahrhaft guten Werke ohne Glauben gibt, so gibt es auch keinen wahren Glauben ohne Werke. Jakobus sieht auf die Praxis des Erlösten, Paulus dagegen auf seine Stellung.

Lebendiger Glaube

Jakobus sucht einen lebendigen Glauben. Dieser bewirkt grundsätzlich lebendige Werke. So entlarvt Jakobus die Wertlosigkeit einer rein intellektuellen Aufnahme des Evangeliums. Leider existierte so etwas schon damals unter den Juden. Auch heute ist ein leeres Glaubensbekenntnis leider nichts Ungewöhnliches.

Jakobus stützt sich gewissermaßen auf Johannes 2,23–25; 6,66 und Kapitel 15. Dort wird deutlich, dass ausgesprochener Glaube nicht immer wirklicher Glaube ist. Übrigens lässt auch Paulus die praktische Seite des Lebenswandels als Beweis wahrhaft vorhandenen Lebens nicht aus. Er spricht zum Beispiel in Römer 1,18b und 2,5–11 auf ähnliche Weise. Auch Römer 8,13 ist eine solche Stelle, die sehr stark die praktische Verantwortung des Christen betont. So gehen der große Apostel der Nationen, Paulus, und die „Säule der Beschneidung“, wie es jemand einmal ausgedrückt hat, Jakobus, Hand in Hand, wenn es die Gelegenheit nötig macht, über den gottesfürchtigen Lebenswandel zu sprechen. Das zeigt: Alle Wahrheit Gottes ist in Harmonie miteinander. Das gilt für die Lehre, für die moralische Unterweisung und für die Prophetie.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die „Polemik“ von Jakobus, nicht gegen dogmatische Irrtümer, sondern gegen ethische Verirrungen gerichtet ist. Sie richtet sich nicht gegen Paulus, sondern gegen falsche Lehrer und Laschheit im täglichen Leben. Jakobus zeigt, wie Gott darüber denkt, wenn man anders lebt, als man es bekennt.

6. Abfassungszeit

Es hat die Leser der einzelnen Bibelbücher immer interessiert, wann diese verfasst worden sind. Diese Frage ist im Blick auf unseren Brief insofern von Bedeutung, als sich damit womöglich auch erklären lässt, dass Jakobus dem Apostel Paulus nicht widersprochen haben kann, da dieser seine Briefe später als Jakobus geschrieben hat. Allerdings fällt es oft nicht leicht, ein konkretes Jahr oder auch nur eine engere Zeitperiode zu benennen. Sehen wir uns diesen Punkt etwas genauer an.

Dass der Brief vor der Zerstörung Jerusalems geschrieben wurde, können wir daraus schließen, dass es in diesem Brief keinen Hinweis auf die Zerstörung Jerusalems gibt, obwohl er sich an Menschen richtet, die mit dem Judentum verbunden waren. Hinzu kommt, dass Jakobus vermutlich lange vor der Einnahme der Stadt durch die Römer starb. Jakobus soll nach Josephus (ca. 37–100) im Jahr 62/63 als Märtyrer gestorben sein. Ein späterer Geschichtsschreiber und Nichtjude – Hegesippus, 2. Jahrhundert, schrieb, dass dieser Märtyrertod um 66 stattgefunden habe. Damit ist der spätmöglichste Zeitpunkt der Abfassung dieses Briefes ungefähr festgelegt.

Dennoch müssen wir mit solchen Hinweisen vorsichtig umgehen. Die Schreiber liegen zeitlich wesentlich näher an den Ereignissen und können diese daher besser als wir einordnen. Aber in anderer Hinsicht haben sie sich nicht immer als zuverlässig erwiesen. Das mahnt zu einer gewissen Vorsicht.

Zustand zu Beginn der Apostelgeschichte

Wir haben gesehen, dass der Brief selbst einen Zustand widerspiegelt, wie wir ihn besonders am Anfang der Apostelgeschichte in den Versammlungen von Judäa und Jerusalem finden. Daher nehmen manche an, dass der Jakobusbrief sehr früh entstanden ist. Mehrere Forscher neigen dazu, die Abfassungszeit bis in das Jahr 45 (oder 49) zu verlegen. Es ist tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass der Jakobusbrief das älteste Dokument des Neuen Testaments ist.

Dieser Gedanke wird dadurch unterstützt, als Jakobus die Entscheidungen des sogenannten Apostel-Konzils (Apg 15) über das, was den Christen aus den Heiden auferlegt werden sollte, mit keinem Wort erwähnt. Zwar ist das kein wichtiger Punkt für die eigentliche Zielgruppe des Briefes. Dennoch könnte man erwarten, dass er diese Punkte wenigstens kurz streifen würde, wenn der Brief nach dem Konzil verfasst worden wäre. Man muss bedenken, dass die Juden in der Zerstreuung immer wieder mit Christen, die aus dem Heidentum stammten, zu tun hatten.

Vor dem Apostelkonzil

Daher erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass der Brief noch vor dem Apostelkonzil geschrieben wurde, das ungefähr im Jahr 49 stattfand. Der Verzicht auf irgendeinen Hinweis über Gläubige aus den Heiden legt den Gedanken nahe, dass damals noch nichts bekannt war über Versammlungen, die im Wesentlichen aus Gläubigen aus den Nationen bestanden. Denn nichts im Jakobusbrief deutet darauf hin, dass der Streit über Gesetz und Beschneidung, der in der Versammlung in Jerusalem im Jahr 49 nach Christus Anlass gab (Apg 15), schon begonnen hätte. Diese Auseinandersetzung hing ja mit den unterschiedlichen Gewohnheiten von Juden und Heiden zusammen.

Auch die Schlichtheit der kirchlichen „Strukturen“, wenn man das so ausdrücken kann, scheint auf ein frühes Datum hinzuweisen. Wir finden keine besonderen Gaben erwähnt, bis auf Älteste, die es schon in Israel gab, auch keine weiteren Ämter. Das alles finden wir erst später im Neuen Testament. Auch die lebendige Hoffnung des zweiten Kommens Christi wird hier sehr kraftvoll beschrieben. Das ist ein Kennzeichen der ersten Zeit der Christen.

Es ist somit gut möglich, dass der Jakobusbrief der erste Brief des Neuen Testaments ist, der geschrieben wurde. Man kann im Blick auf uns Christen aus dem Heidentum allerdings hinzufügen, dass es notwendig ist, die Lehre der Briefe des Apostels Paulus zu kennen, um den Jakobusbrief richtig verstehen und anwenden zu können. Denn Jakobus zeigt uns sozusagen, wie wir die Lehre des Neuen Testaments, die hier nicht im Einzelnen genannt wird, in einer Endzeit praktisch verwirklichen können.

7. Zugehörigkeit zur Schrift (Kanonizität)

In theologischen Werken zu Büchern des Neuen Testaments ist die Frage, ob und seit wann ein Werk zum Kanon der Schrift gerechnet wurde, eine ganz wesentliche Fragestellung. Teilweise wird über diese Frage viele Seiten geschrieben. Wir wollen diese Frage nicht übergehen, ihr aber auch keinen zu großen Platz einräumen. Wir haben das feste Vertrauen zu Gott, dass Er sein Wort bewahrt. Von Anfang an finden wir in der Schrift, dass die einzelnen Briefe als von Gott kommend und nicht nur von Menschen erkannt und anerkannt wurden.

Das aber wird heute vielfach in Frage gestellt. Gerade für jüngere Christen ist es daher von Bedeutung, hier einen festen Standpunkt einzunehmen. Sie werden zunehmend mit bibelkritischen Überlegungen konfrontiert. Daher nenne ich hier einige Fakten.

Dass diese Frage auch bekannte Gläubige beschäftigt hat, zeigt das Zitat Martin Luthers, der diesen Brief eine „stroherne Epistel“ nannte. Er hat dies allerdings wohl nur in seiner Vorrede zum Jakobusbrief von 1522 getan. Soweit ich weiß, hat er das später nicht schriftlich wiederholt. Auch Erasmus (1465–1536), der große Humanist, Theologe, Philosoph und Philologe, urteilte recht abfällig über diesen Brief.

Der erste uns bekannte Schreiber, der den Namen des Jakobusbriefes zitiert, ist wohl Origenes (185–254)2. Er zitiert diesen Brief mehrfach als „Schrift“. Allerdings gibt es bereits eine Anlehnung an den Jakobusbrief beim „Hirten des Hermas“ (um 140; Jak 4,7). Hippolytus (vermutlich 170–235) bringt ein Wortzitat aus Jakobus 2,13, ohne die Stelle anzugeben.

Zudem wird der Jakobusbrief als Schrift zitiert in den zwei Briefen über die Jungfrauenschaft (1.11), die fälschlicherweise Clemens von Rom zugeschrieben werden. Vermutlich aber wurden sie in Palästina oder Syrien in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts geschrieben. Eusebius (ca. 260–337) platziert in seiner Kirchengeschichte (325) den Jakobusbrief unter die sogenannten „Antilegomena“, also die Schriften, deren Kanonzugehörigkeit angezweifelt wird. Er unterscheidet diese Bücher jedoch deutlich von denen, die kategorisch abzulehnen wären. Der Jakobusbrief sei gut bekannt und anerkannt von vielen.

Der Weg der äußeren Anerkennung

Eusebius schreibt, dass Clemens von Alexandria (155–220) Jakobus und die anderen katholischen Briefe als authentisch akzeptiert habe. Hilarius von Poitiers (gestorben 367) benutzte ebenfalls den Jakobusbrief. Athanasius von Alexandria (298–373) benennt in seinem 39. festlichen Osterbrief (367) die offizielle Liste der kanonischen Bücher, zu denen auch die sieben katholischen Briefe gehörten. Er stellt diese sieben Bücher zwischen die Apostelgeschichte und die Briefe des Apostels Paulus, wie es am Anfang wohl üblich war. Dieser Osterbrief, der im Wesentlichen die Anerkennung des Jakobusbriefes und somit die sieben katholischen Briefe (Jakobus, 1. und 2. Petrus, 1., 2. und 3. Johannes sowie Judas) sicherstellte, hatte zugleich Einfluss auf die Anerkennung dieser Briefe in der sogenannten Westkirche.

Zwar fehlt der Jakobusbrief noch im Kanon Muratori, einer teilweise erhaltenen Aufzählung der neutestamentlichen Bücher aus dem Ende des 2. Jahrhunderts. Die Ostkirche bestätigte aber auf der Synode von Laodizea (um 360) die Zugehörigkeit des Jakobusbriefes zum Kanon der Heiligen Schrift. Im Westen geschah dies auf den bekannten Synoden in Rom (382), Hippo (393) und Karthago (397).

In der sogenannten „abtrünnigen“ östlichen Nationalkirche (die Syrische, Armenische, Koptische) wurde ein eigener Kanon der Schrift definiert. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts fehlten in der syrischen (nestorianischen) Kirche alle katholischen Briefe. Erst im Laufe des 5. Jahrhunderts wurden Jakobus, 1. Petrus und 1. Johannes als Teil der Peschitta (Bibelübersetzung in der syrischen Sprache und zugleich Kompromiss zwischen Syrisch- und Ostkirchenkanon) anerkannt. Nach weiteren zwei Jahrhunderten wurden auch die restlichen katholischen Briefe als dem Kanon zugehörig anerkannt. Die koptische und äthiopische Kirche hat ohne Zögern die katholischen Briefe anerkannt.

Das alles zeigt, dass der Jakobusbrief tatsächlich relativ langsam und unter Widerstand als dem Kanon der Bibel zugehörig akzeptiert worden zu sein scheint. Das mag an der Tatsache liegen, dass nur dieser Brief an alle Stämme Israels gerichtet ist. Zudem fehlt in ihm, wie wir gesehen haben, die in vielen anderen Briefen vorherrschende christliche Lehre. Manche mögen auch den scheinbaren Widerspruch zur Lehre, wie Paulus sie in seinen Briefen weitergab, als schwierig empfunden haben. Aber es ist doch auffallend, dass trotz dieser Bedenken die Bezeugung des Jakobusbriefes sehr deutlich und vor allem vonseiten der Heiden-Christen existierte. Das gibt dieser Tatsache umso mehr Gewicht.

8. Charakteristische (sprachliche) Merkmale und Besonderheiten

An dieser Stelle gebe ich noch einige besondere Merkmale des Jakobusbriefes weiter. Es handelt sich im Wesentlichen um sprachliche Merkmale, die wir beim flüchtigen Lesen sicher überlesen. Diese Hinweise zeigen, was für ein wunderbares Kunstwerk Gott allein mit diesem kurzen Brief geschaffen hat.

Sprachliche Besonderheiten

Der Brief hat einen sehr autoritativen Klang. Fast jeder zweite Vers steht im Imperativ. Der Leser bekommt dabei allerdings nicht den Eindruck, dass Jakobus versuchen würde, seine Autorität auszunutzen. Das ist undenkbar, denn dieser Brief ist inspiriert. Es kommt hinzu, dass der Schreiber seine Empfänger immer wieder beispielsweise „Brüder“ nennt und sie auf seine Stufe stellt. Jakobus unternimmt keine Anstrengungen, seine ethischen Anweisungen auf die Grundlage von lehrmäßigen Offenbarungen zu stellen. Er spricht durch seine moralische Autorität.

Im Jakobusbrief finden sich mehr als 50 Aufforderungen und Befehle. Wie wir schon gesehen haben, spricht er in den 108 Versen mit 54 Imperativ (Befehls)-Formen. Jakobus schlug nicht vor, er ermunterte nicht, er befahl. Dabei vergessen wir nicht, dass er es inspiriert durch den Geist Gottes tat.

Die Sprache des Schreibers ist klar, scharf und lebendig. Der Verfasser, der sich selbst zu den Lehrern zählt (vgl. Jak 3,1), schreibt ein elegantes, sogar ein hervorragendes Griechisch. Es steht in seiner Qualität dem Hebräerbrief sehr nahe. Er macht Gebrauch von der Alliteration: Im zweiten Vers des Briefes fangen allein vier Wörter mit Pi (π) an. Er verwendet Redefiguren. Das sind rhetorische Mittel der Sprache wie Alliteration (Wörter beginnen mit demselben Buchstaben), Metapher (Wörter, die bildhaft verwendet werden: Reichtum vergeht wie des Grases Blume; Gesetz der Freiheit), Chiasmus (kreuzweise aufeinander bezogene Wörter: Groß war der Einsatz, klein war der Gewinn), Analogie (zwei Aussagen entsprechen sich und sind sich ähnlich), usw. Jakobus prägt schöne Vergleiche und befleißigt sich einer prägnanten Kürze bis hin zum gewollten Paradox (scheinbar unauflöslicher Widerspruch: „Gesetz der Freiheit“, Jak 1,25; 2,12).

Jakobus benutzt auch dialogische Elemente wie direkte Anreden, rhetorische Fragen, Einführung von gedachten Gesprächspartnern und Wiedergabe möglicher Reaktionen seiner Adressaten in wörtlicher Rede (z. B. Jak 2,3). Man hat das Diatribenstil genannt (moralphilosophische, manchmal sarkastische Rede). Ein besonderes Stilmittel ist die sogenannte Paronomasie: Jakobus greift Worte in Folgeversen wieder auf: Ausharren (1,3.4), keinen Mangel haben (1,4.5) bitte er (1,5.6), ohne zu zweifeln (1,6) (ebenso 1,12.15.21–25; 3,2–8; 4,1–3).

Im Jakobusbrief wird manche Belehrung durch wertvolle Hinweise aus der Natur formuliert. Jemand hat einmal gesagt, dass in diesem Brief mehr Bilder aus der Natur zur Anwendung kommen als in allen paulinischen Briefen zusammen. Das häufige Benutzen von Bildern aus der Natur zeigt, wie sehr Jakobus seinen Meister kennengelernt hat. Denn auch der Herr Jesus hat immer wieder Dinge aus der Natur benutzt, um seine Belehrungen zu illustrieren. Man denke nur an das prominente Beispiel von Matthäus 13,1: der Sämann.

Wörter und Worte

Im Jakobusbrief findet sich ein hoher Anteil an Worten, die im Neuen Testament sonst nirgends zu finden sind (z. B. „wankelmütig“ = doppelherzig; „das vollkommene Gesetz der Freiheit“, usw.). Allein das macht diesen Brief schon besonders auffallend. Ebenfalls zu den sprachlichen Besonderheiten gehören Wörter, die nur sehr selten Verwendung im Neuen Testament finden. Dazu gehört in Jakobus 1,27 „besuchen“, das in Apostelgeschichte 15,14, also in einer der wichtigen Parallelstellen zu diesem Brief, mit „sehen auf“ übersetzt wird.

Obwohl wir festgestellt haben, dass dieser Brief sehr stark jüdisch geprägt ist, enthält er keinen Hinweis auf wichtige jüdische Gewohnheiten wie die Beschneidung, den Sabbat, Tempelriten und jüdische Feste. Andererseits lesen wir auch von keiner Warnung vor heidnischem Götzendienst. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass wir keinen Verweis darauf finden, dass bereits damals Gläubige aus dem Heidentum in der Versammlung waren.

Auffallend ist die Lehre über Gott im Jakobusbrief. Folgende Hinweise finden wir:

  1. Gott ist ein einiger, einziger Gott (Jak 2,19; 4,12).
  2. Der eine Gott besteht aus drei Personen (Dreieinheit Gottes; Trinität; Jak 1,1: Herr Jesus Christus; Jak 1,27: Vater; Jak 4,5: der Geist Gottes).
  3. Gott ist Schöpfer von allem und damit auch des Universums (Jak 1,17; 5,4).
  4. Gott ist Erschaffer des Menschen (Jak 3,9).
  5. Gott ist unveränderbar gut (Jak 1,17).
  6. Gott ist die Quelle alles Guten (Jak 1,17).
  7. Gott ist die Quelle der Weisheit (Jak 1,5).
  8. Der Herr ist die Quelle der prophetischen Offenbarung (Jak 5,10).
  9. Gott versucht den Menschen nicht zum Bösen (Jak 1,13.14), sondern gibt ihm Gnade (Jak 4,6).
  10. Gott hört und erhört die Gebete der Seinen (Jak 1,5–7; 5,15–18).
  11. Gott vergibt die Sünden derjenigen, die sie Ihm bekennen (Jak 5,15).
  12. Gott wird ohne Barmherzigkeit diejenigen richten, die keine Barmherzigkeit offenbaren (Jak 2,13).

Während der Name des Herrn Jesus ganze zweimal erwähnt wird, finden wir Gott 17-mal in diesem Brief genannt. Der Ausdruck Glaube kommt 26-mal vor, Werke werden 15-mal erwähnt. Offensichtlich stellen diese beiden Themenkreise einen wichtigen Schwerpunkt des Jakobusbriefes dar.

Literaturart

Man hat den Jakobusbrief zur sogenannten Weisheitsliteratur gezählt, da er große Verwandtschaft zur alttestamentlichen Weisheitsliteratur aufweist. Wir werden das noch bei der Gliederung sehen, dass es aufgrund der Themenvielfalt nahezu unmöglich ist, eine eindeutige Aufteilung des Buches vorzunehmen. Durch den ständigen Themenwechsel erinnert der Brief ein wenig an den Prediger und die Sprüche im Alten Testament, aber auch an die sogenannte Bergpredigt (Mt 5–7).

Jemand schrieb einmal zu diesem Brief: „Der Jakobusbrief ist nicht so sehr ein Zug von Gedanken als eine Kette von Perlen.“ Und John Wesley meinte einmal zum Inhalt: „Das Problem der Probleme ist, Christentum in die Praxis umzusetzen“ – genau darum geht es in diesem Brief.

An keiner Stelle sagt Jakobus: „Das und das hat Jesus gesagt“. Er erweckt nicht einmal den Eindruck, Ihn an irgendeiner Stelle zu zitieren. Seine Parallelen mit den Lehren des Herrn machen jedoch deutlich, dass er viel vom Herrn Jesus gelernt hat. Er greift dessen Belehrungen auf, wie sie dann später zu Beginn der Kirchengeschichte auch beachtet wurden. Kein Brief baut so intensiv, geradezu Vers um Vers, auf Jesusworten auf wie der Jakobusbrief. Wir sehen damit in einen entscheidenden Vorgang im Urchristentum hinein: Die Worte Jesu werden geradezu in Kopf und Herz gehämmert.

Jakobus zitiert zwar das Alte Testament nur fünfmal, aber es gibt viele Anspielungen auf Abschnitte des Alten Testaments. Als er noch ein Ungläubiger war, muss er schon aufmerksam zugehört haben, was Jesus lehrte. In seinem Brief gibt es zahlreiche Anspielungen auf Reden unseres Herrn. Wie schon zitiert, sagte ein Bibelausleger: „Jakobus schreibt weniger über den Meister als jede andere Schrift im Neuen Testament. Aber seine Sprache ist dem Meister ähnlicher als jede andere des Neuen Testaments.“

Aufgrund der Ermahnungen gegen soziale Ungerechtigkeit ist Jakobus der „Amos des Neuen Testaments“ genannt worden. Denn auch der Prophet Amos tadelt das böse Verhalten inmitten Israels in ihrem Verhalten Armen gegenüber.

Reife und Erwachsensein

Ein Ausleger kommt zum Schluss, dass alle in diesem Brief genannten Probleme eine gemeinsame Ursache haben: geistliche Unreife. Diese Christen seien nicht geistlich erwachsen geworden. Vor diesem Hintergrund sieht dieser Ausleger auch das Grundthema dieses Briefes darin, die Kennzeichen der Reife im Leben eines Christen vorzustellen. Jakobus benutzt das Wort vollkommen oder vollendet tatsächlich sehr häufig, nämlich insgesamt sechsmal: Jakobus 1,4 (2x), 1,17.25; 2,22; 3,2. Mit einem vollkommenen Mann (Jak 3,2) meint Jakobus keinen sündlosen Menschen, sondern jemanden, der gereift, erwachsen und ausgeglichen ist.

Vor diesem Hintergrund ist es interessant, sich die von Jakobus behandelten Probleme näher anzuschauen. Tatsächlich sind sie eigentlich für kleine Kinder charakteristisch:

  • Ungeduld in Schwierigkeiten (Jak 1,1–4);
  • die Wahrheit reden, aber nicht ausleben (Jak 2,14 ff.);
  • keine Selbstbeherrschung, was die Zunge betrifft (Jak 3,1 ff.);
  • streiten und begehren (Jak 4,1 ff.);
  • materielles „Spielzeug“ sammeln (Jak 5,1 ff.).

Die Frage für uns besteht darin zu erkennen, inwiefern wir erwachsen geworden sind. Es reicht nicht, die Wahrheit zu kennen. Um zu wachsen, muss man sie auch verinnerlichen und in passender Form anwenden. Dann wächst man geistlich und wird zu einem Erwachsenen.

9. Bedeutung des Briefes

Jeder, der denkt, ohne diesen Brief auskommen zu können, wird dies zu seinem eigenen Schaden tun. Der geschätzte Ausleger William Kelly meint beispielsweise, dass sich der Reformator Martin Luther, dem wir viel zu verdanken haben, in manchen Bereichen nicht so nachteilig entwickelt hätte. Er wäre vielmehr erstarkt, wenn er diesen Brief des Jakobus richtig verstanden und zu verwirklichen versucht hätte.

Jedes Buch hat seinen eigenen und wichtigen Stellenwert und sein besonderes Thema. Dies zu erfassen ist übrigens keine Nebensächlichkeit, sondern von großer Bedeutung, um zu erkennen, was Gott uns mit dem jeweiligen Bibelbuch lehren möchte. Natürlich steht der Jakobusbrief nicht auf derselben Stufe wie die wichtigen Lehrbriefe Römer-, Epheser- oder Hebräerbrief. Aber damit ist unser Brief nicht weniger wert. Er ist einfach anders und muss in seiner eigenen Botschaft richtig verstanden werden. Dann haben wir auch den Nutzen davon, den Gott diesem Brief beimisst.

Gott hat diesen Brief nicht nur an Judenchristen geschrieben, auch nicht nur an Juden, sondern an die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung sind. Folglich schließt er solche unter ihnen ein, die Christen waren. Und er beschreibt für diejenigen, die den Glauben des Herrn Jesus Christus hatten, ihre wahrhaftige und gerechte Stellung. Manche Leute lesen auch den Jakobusbrief mit dem Gedanken, sämtliche Briefe seien an Christen gerichtet, doch diese Vorstellung ist falsch und führt zu irrigen Schlüssen. Dann schätzt man den wahren Wert eines Bibelbuches falsch ein.

Die Arbeit, die der Herr Jesus seinem Knecht Jakobus übertragen hatte, bestand nicht darin, die göttlichen Ratschlüsse zu enthüllen. Jakobus spricht auch nicht von der Erlösung. Sein Auftrag war es, die moralische Übereinstimmung des täglichen Lebens mit den Gedanken Gottes sicherzustellen. Er wollte die innere Zuneigung sowie die Worte und Taten und Wege derjenigen neu prägen, die aufgerufen waren, geduldig die verschiedenen Prüfungen in der Welt zu ertragen. Das ist angemessen für Menschen, die nach der Krone des Lebens Ausschau halten und die von Gott durch das Wort der Wahrheit nach seinem souveränen Willen gezeugt worden sind.

Jakobus hat eine moralische Botschaft

So ist die Botschaft des Jakobusbriefes eine moralische. Jakobus möchte durch die Kraft Gottes einen geistlichen, moralischen Zustand bei den Empfängern seines Briefes bewirken, der den moralischen Zustand der Treuen zu allen Zeiten ausmacht, sei es im Alten oder im Neuen Testament. Gott wird gemäß seiner ewig gültigen Wahrheit ge- und erkannt. Gottes Handeln mag von Epoche zu Epoche unterschiedlich sein. Der Umfang seiner Offenbarung den einzelnen Menschengruppen gegenüber mag verschieden voneinander sein. Aber Gott in seiner Natur und in seinem Wesen hat sich nie geändert. Er kann sich nicht ändern, weil Er Gott ist. Das wird gerade in unserem Brief deutlich (vgl. Jak 1,17).

Jakobus besteht auf der Übereinstimmung mit Gott im praktischen Leben derer, die an den Herrn Jesus glauben und durch das Wort der Wahrheit gezeugt wurden. Sie sind bis heute Teil der Christenheit und haben somit die Verantwortung, entsprechend als echte Christen zu leben. Wenn die Welt auf die Christen sieht, soll sie wenigstens in denen, die nach dem Willen Gottes gezeugt worden sind, erkennen können, was wahres Christentum ist.

Zugleich sind wir aufgefordert, Christen unter dem Gesichtspunkt des christlichen Bekenntnisses zu sehen. Jakobus richtet sich an die zwölf Stämme als an solche, die sich zum Christentum bekennen. Unabhängig davon, ob dieses Bekenntnis echt ist oder nicht, ist es der Maßstab, den Gott anlegt. Jakobus benutzt diese Tatsache, um die Verantwortung des Einzelnen zu unterstreichen und das Gericht Gottes über die leblose Masse anzukündigen.

Zielpunkt: das praktische Glaubensleben

Jakobus macht seine Briefempfänger auf bedeutsame Irrtümer in ihrem Leben als Gläubige aufmerksam. Er zieht ihren Glauben nicht in Zweifel, legt aber seinen Finger in die Wunde, dass ihr tägliches Leben nicht mit ihrem Glauben übereinstimmt. Ihr Glaube war mit dem Ansehen der Person verbunden, was vor dem Hintergrund jüdischer Erfahrungen, wo Treue äußerlich belohnt wurde, gut zu verstehen ist. Diese Christen aus den Juden blickten auf die äußeren Umstände. Jakobus zeigt ihnen das königliche Gesetz der Schrift, das aber nicht auf das Äußere fixiert ist. Er besteht darauf, dass ihr Glaube an den Messias durch ihre Werke bewiesen werden müsse.

Das Schlüsselwort dieses Briefes ist sicher Glaube, verbunden mit Ausharren bzw. Geduld. Die Bewährung des Glaubens sollte Ausharren wirken (Jak 1,3), das Ausharren wiederum sollte ein vollkommenes Werk haben (Jak 1,4). Die Brüder sollten Geduld haben bis zur Ankunft des Herrn (Jak 5,7). Auch an das Ausharren Hiobs wird erinnert (Jak 5,11).

Jakobus zeigt, dass wahrer Glaube nie von einem Leben in Gottesfurcht getrennt werden kann. Daher muss er in konkreten Werken sichtbar werden. So hat dieser Brief eine besondere Kraft für das Gewissen des einzelnen Gläubigen. Er „beurteilt“ die Stellung, zu der man sich bekennt, nach dem, was man davon in seinem Lebenswandel sichtbar macht. Aber er geht noch weiter und wirft das Licht Gottes auf die Gedanken und Absichten des Herzens jedes einzelnen Gläubigen.

Das Anprangern von Pharisäertum und Heuchelei

Kaum etwas ist dem Geist Gottes so zuwider wie Heuchelei und Pharisäertum. Das wird gerade in diesem Brief deutlich. Die Fehler, gegen die sich Jakobus richtet, beziehen sich immer wieder auf diesen Zwiespalt zwischen Worten und Taten:

  • Glaube ohne Werke,
  • Worte ohne Taten,
  • Die Sucht, andere zu tadeln, persönlicher Ehrgeiz, verbunden mit einer unpassenden Liebe,
  • das ehrgeizige Ziel, zu der Gruppe der angesehenen Lehrer zu gehören,
  • das Ausstrecken nach Reichtum und Stellung, verbunden mit einem geringschätzigen Behandeln von Armen,
  • die Begierde unter dem Deckmantel von Religion und Gottesdienst.

Das alles sind typisch pharisäische Probleme. Die charakteristischen heidnischen Sünden wie Götzendienst und Unreinheit, die so vorherrschend zum Beispiel im 1. Korintherbrief sind, fehlen hier. Das unterstreicht auch unter diesem Blickwinkel den jüdischen Charakter des Briefes.

Wir haben schon Unterschiede gesehen zwischen dem Hebräer- und dem Jakobusbrief. Es gibt auch noch einen Unterschied zwischen den Konsequenzen, die Paulus und Jakobus aus dem Unglauben und der Ablehnung der Juden ziehen. Jakobus handelt mit Israel nicht wie Paulus. Als dieser in Korinth in einer Synagoge im Konflikt mit Juden war, versuchte er, die Jünger von dem Judentum zu trennen. Er führte das Werk des Evangeliums getrennt von Juden und Synagoge zugunsten der Heiden weiter (vgl. Apg 19,9.10). Wir müssen dabei berücksichtigen, dass Paulus diese Konsequenz in einer deutlich späteren Zeit als der zog, in welcher der Jakobusbrief geschrieben wurde. Jakobus trennte sich trotz manchen Unglaubens nicht von Israel.

Auch zwischen Jakobus und Petrus gibt es einen Unterschied. Petrus ist im Wesentlichen mit dem treuen Überrest beschäftigt. Er betrachtet diesen als eine Gruppe von Menschen unter den Juden, die den echten Glauben an den Herrn Jesus Christus angenommen hatten. Er sieht Israel sozusagen nur in seinen Übriggebliebenen, während Jakobus die ganze Nation ausnahmslos im Blick hat. Natürlich ist der Überrest darin der einzig lebendige Teil, in dem die großen Wahrheiten des Glaubens und Leben verwirklicht werden. Und doch wendet sich Jakobus an das ganze Volk. Er sieht das Volk an als unter der Gunst der Verheißungen Gottes stehend. Diese Verheißungen sind später in viel höherem Maß im Evangelium der Herrlichkeit Gottes enthalten, das auch den Heiden gepredigt wurde und dessen Nutznießer wir heute sein dürfen.

Der Wert des Jakobusbriefes

So behalten die von Jakobus vorgestellten Belehrungen ihren Wert auch für uns heute. Der Glaube an den Herrn Jesus Christus, dem sich eigentlich ganz Israel beugen sollte, ist ja heute nur das Teil wahrer Christen. Aber in der Verantwortung, Ihn als Herrn anzunehmen, steht jeder Mensch. So sind die Botschaften von Jakobus sozusagen elementarer Unterricht im Christentum und gelten für Gläubige jeder Zeit. Auch wir, die wir in einen viel höheren, nämlich himmlischen Segen eingeführt worden sind, sollten uns an diese Dinge erinnern. Nicht, dass wir bei ihnen stehen bleiben sollen. Wir sollten geistliches Wachstum erleben, wie Akademiker nicht bei dem Kenntnisstand eines Mittelstufenschülers verharren sollten. Aber die früher erlernten Kenntnisse verlieren durch eine höhere Schule nicht ihren Wert. Das gilt auch im geistlichen Bereich.

Daher wollen auch wir uns diese Ermahnungen, die Jakobus in ernster und deutlicher Weise vorstellt, zu Herzen nehmen. Wir spüren, dass er seinen Brief voller Liebe und mit göttlicher Führung geschrieben hat. Es ist keine falsche Liebe, sondern es handelt sich um gesunde Worte der Liebe Gottes zu uns, die in unsere Herzen durch den Heiligen Geist ausgegossen worden ist (vgl. Röm 5,5).

10. Gliederung

In einführenden Worten darf eine Gliederung nicht fehlen. Diese aber fällt beim Jakobusbrief nicht so leicht. Im Unterschied zu vielen Briefen des Neuen Testaments ist es für uns nicht so einfach, in diesem Brief eine Gliederung zu erkennen, die unserer menschlichen Logik entspricht. Nicht von ungefähr hat man den Jakobusbrief, wie schon erwähnt, mit dem Buch der Sprüche verglichen, wo eine Gliederung ebenfalls nicht so leichtfällt.

Aus diesem Grund gebe ich an dieser Stelle nicht nur eine mögliche Gliederung weiter, sondern drei. Das hat noch einen anderen Grund. So sehr wir Gliederungen lieben, weil sie uns ein gewisses Gerüst mit an die Hand geben, so haben sie doch oft einen entscheidenden Nachteil: Sie sind oft eindimensional. So ist Gottes Wort nie. Gott lässt sich einfach nicht in ein menschliches Gerüst pressen, sondern verfolgt oft mehrere Gedankenstränge. Dieser Tatsache möchte ich ein wenig Rechnung tragen, indem ich mehr als eine Gliederung angebe.

Die Gliederung von Henry A. Ironside

Kapitel 1: Ein siegreicher Glaube
Kapitel 2: Ein sichtbarer Glaube
Kapitel 3: Ein kontrollierter und kraftvoller Glaube
Kapitel 4: Ein gehorsamer und demütiger Glaube
Kapitel 5: Ein geduldiger und erwartender Glaube

Die Gliederung von Hamilton Smith

  1. Einleitung (Kap. 1,1)
  2. Das praktische Christenleben (Kap. 1,2–27)
  3. Das christliche Leben als Beweis unseres Glaubens (Kap. 2)
    1. Die Unvereinbarkeit des Glaubenslebens mit dem Leben der Welt (V. 1–13)
    2. Der Beweis der Wirklichkeit des Glaubens durch Werke des Glaubens (V. 14–26)
  4. Die Übel des Fleisches (Kap 3.4)
    1. Die ungezügelte Zunge (3,1–12)
    2. Neid und Streit (3,13–18)
    3. Die ungezügelte Lust (4,1–3)
    4. Die Freundschaft der Welt (4,4)
    5. Der Hochmut des Fleisches (4,5–10)
    6. Das schlechte Reden über andere (4,11.12)
    7. Eigenwille und Selbstvertrauen (4,13–17)
  5. Das Kommen des Herrn (Kap 5)
    1. Die Reichen in dieser Welt (V. 1–6)
    2. Die Armen der Herde (V. 7–11)
    3. Ermahnung zu stiller Geduld in der Zucht des Herrn (V. 12–20)

Die Symmetrie der Themen des Jakobusbriefes nach Maurice Prohin

1,1–17 Prüfung, Ausharren, Gebet 5,7–20
2,1–13: in der Versammlung Reiche und Arme in der Welt: 5,1–6
2,14–16: & Glaube Werke & Abhängigkeit: 4,13–17
3,1–12: Die Zunge Beziehungen unter Brüdern Streitigkeiten 3,13–18
    Die Weisheit: 3,13–17    

Gliederung nach den Körperteilen des Menschen

Gott hat durch den Jakobusbrief das Ziel, dass der Gläubige sich nach Geist, Seele und Körper in den Dienst Gottes stellt. Insofern kann man diesen Brief auch nach den Aspekten gliedern, die jeweils vom menschlichen Körper angesprochen werden:

  1. 1,1–15: Das Herz soll auf Gott ausgerichtet werden.
  2. 1,16–27: Der Geist/die Gesinnung soll Gott zur Verfügung gestellt werden.
  3. 2,1–7: Das Auge soll den Nächsten im Blick haben.
  4. 2,8–26: Die Füße sollen das Glaubensleben sichtbar machen vor Menschen.
  5. 3,1–12: Die Zunge soll Gott loben und Menschen segnen.
  6. 3,13–18: Der Geist/die Gesinnung zu Menschen soll durch Weisheit geprägt sein.
  7. 4,1–10: Das Herz soll Gott zugewandt und von der Welt abgewandt sein.
  8. 4,11–17: Der Mund gegenüber Menschen soll von Gott gesteuert sein.
  9. 5,1–6: Die Hände sollen anderen Menschen gegenüber offen sein.
  10. 5,7–20: Der ganze Mensch soll Gott zum Nutzen anderer Menschen zugewandt sein.
    1. 7–11: Herz und Geist sollen den Herrn erwarten und geduldig sein.
    2. 12–18: Der Mund soll Gott loben und Menschen eine Hilfe sein.
    3. 19.20: Auge und Hände sollen dem Bruder helfen.

Die Gliederung in diesem Buch

In dieser Auslegung werden wir die folgende Gliederung verfolgen:

  1. 1,1–15: Merkmale des Glaubens
  2. 1,16–27: Das Wort Gottes als Grundlage des Glaubens
  3. 2,1–7: Der Glaube überwindet weltliche Unterschiede
  4. 2,8–13: Der Glaube wird durch Gottes Wort geformt
  5. 2,14–26: Der Glaube zeigt sich in konkreten Werken
  6. 3,1–12: Der Glaube zeigt sich durch eine kontrollierte Zunge
  7. 3,13–18: Der Glaube ist durch Weisheit von oben geprägt
  8. 4,1–10: Der Glaube sucht das Wohl des Bruders und unterwirft sich Gott
  9. 4,11.12: Der Glaube unterwirft sich Gottes Wort und dient
  10. 4,13–17: Der Glaube macht sich im täglichen Leben von Gottes Willen abhängig
  11. 5,1–6: Der Glaube widersteht der Verachtung und Verfolgung des Reichen nicht
  12. 5,7–12: Der Glaube harrt mit Geduld aus bis zur Ankunft des Herrn
  13. 5,13–18: Der Glaube lebt in Abhängigkeit von Gott (Gebet)
  14. 5,19.20: Der Glaube kümmert sich um Verirrte

11. Literatur

Zum Schluss des Einleitungsteils gebe ich noch hilfreiche Literatur an, die aus meiner Sicht nützlich zum Verständnis dieses Briefes ist. Wie immer ist eine solche Auswahl sehr subjektiv. Es handelt sich nur um eine Auswahl der zur Verfügung stehenden Kommentare. Es sind diejenigen, die ich für wirklich hilfreich halte.

Literatur zum Überblick und als Einleitung in den Jakobusbrief

  1. „Das Neue Testament im Überblick“ von Arend Remmers

Empfehlenswerte Auslegungen zum Jakobusbrief

  1. Synopsis von John Nelson Darby
  2. Betrachtungen über den Brief des Jakobus von J. N. Darby
  3. Einführende Vorträge (Teil: Jakobusbrief) von William Kelly
  4. Auslegung zum Jakobusbrief von W. Kelly (englisch)
  5. Kommentar zum Neuen Testament von Arno Clemens Gaebelein (Teil: Jakobusbrief)
  6. Auslegung zum Jakobusbrief von Hamilton Smith
  7. Auslegung zum Jakobusbrief von Frederick Binford Hole
  8. Auslegung zum Jakobusbrief von Henry Alan Ironside (englisch)
  9. Auslegung zum Jakobusbrief von Leslie M. Grant (englisch)

Fußnoten

  • 1 Allerdings hat Jakobus hier nicht den ewigen Ratschluss vor Augen.
  • 2 Die meisten der hier genannten Fakten stammen aus: „Die Bibel im Überblick“ von Arend Remmers; „Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments 2“ von Erich Mauerhofer; „James“ von D. Edmond Hiebert.
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