Die Stiftshütte - ihre Bedeutung und Symbolik
Vortrag 6: Die Decken aus rot gefärbten Widderfellen und Seekuhfellen
2. Mose 36,19
Einleitung
Die letzten beiden Decken der Stiftshütte werden sehr kurz in einem einzigen Vers beschrieben, während die Einzelheiten der ersten Decke oder der eigentlichen Wohnung einen beachtlichen Raum einnehmen. Auch das Zelt oder die Decke aus Ziegenhaar wurden sehr ausführlich beschrieben. Wenn wir bedenken, dass jede dieser Decken von unserem Herrn Jesus Christus spricht, so deutet dies an, dass, je tiefer unsere Erkenntnis von Ihm wird, wir umso größere Schönheit und göttliche Vollkommenheit sehen werden. Wahrlich haben wir hier den „unergründlichen Reichtum des Christus” vor uns (Eph 3,8).
Über diese beiden Decken finden wir nicht viele Einzelheiten – nicht, dass sie nicht seine Vollkommenheit zeigten, doch die Aufmerksamkeit wird bei jeder von ihnen nur auf einige wenige Merkmale gelenkt. Die Felle der Tiere stellten eine dichte Hülle dar, die weder von Sonne noch von Regen durchdrungen werden konnte. Es werden weder Maße angegeben noch Aufteilungen kenntlich gemacht.
Wir betrachten zunächst die rot gefärbten Widderfelle. Diese Worte beinhalten die drei Eigenschaften, über die wir nachdenken wollen:
· Es handelte sich um Widder.
· Es wurden ihre Felle verwendet.
· Diese wurden rot gefärbt.
Um Belehrung über diese Eigenschaften zu erhalten, müssen wir uns Gottes Wort zuwenden.
Die Bedeutung des Widders – die völlige Hingabe Christi
In Psalm 114 finden wir einen Abschnitt, der uns einen Hinweis auf die Bedeutung des Widders gibt. Als Gott Israel aus Ägypten herausführte, wird beschrieben, wie durch den Siegeszug die gesamte Schöpfung in Unterwerfung und Mitempfinden mit dieser wunderbaren Befreiung gebracht wird: „Das Meer sah es und floh, der Jordan wandte sich zurück; die Berge hüpften wie Widder, die Hügel wie junge Schafe“ (Ps 114,3-4). Das Wort für „Widder“ bedeutet „der Starke“, und das Hüpfen der mächtigen Berge zeigt die göttliche Majestät Gottes, vor der auch der Stärkste und Mächtigste zittern muss.
Als Abraham sich anschickte, Isaak als Brandopfer zu opfern, und Gott seine Hand ausstreckte, hatte Er für das Brandopfer kein Lamm ausersehen, sondern einen Widder, „im Gestrüpp festgehalten durch seine Hörner“ (2. Mo 22,13). Dies ist bei der Suche nach der Bedeutung von großer Wichtigkeit. Das Gestrüpp könnte ein Hinweis auf den Zustand Israels nach dem Fleisch sein, als unser Herr „in das Seine“ kam (Joh 1,11). Gott hatte einen Weinstock aus Ägypten herausgeführt, die Nationen vor ihm vertrieben und ihn auf den Berg seines Erbteils gepflanzt. Er erwartete, dass er Trauben brächte, aber er brachte schlechte Beeren (Ps 80,8-11; Jes 5). Der Weingarten war zu einem Gestrüpp geworden, voller Dornen und schlechten Beeren, dem Fluch der Unfruchtbarkeit und dem Kennzeichen der „Söhne Belials“ (2. Sam 23,6-7). Die Hörner des Widders weisen auf die königliche Autorität unseres Herrn hin (Ps 92,10), die den Juden gewissermaßen den Anlass bot – obgleich die Feindschaft einen tieferen Grund hatte –, Ihn dem Tod zu überliefern. Die Schrift oben am Kreuz lautete: „Der König der Juden“ (Mt 27,37). Der Widder war durch seine Hörner im Gestrüpp festgehalten. Doch wie vollkommen zeigt sich der Wille Gottes in alldem. Sein Ratschluss musste zustande kommen, und die Bosheit der Juden (die dabei ihre Feindschaft gegen Gott bewiesen) war nur die Gelegenheit für Ihn, das Opfer zu offenbaren, das Er vorbereitet hatte. Christus gab sich selbst in seiner ganzen Kraft und Energie der vollen Männlichkeit als das wahre Opfer hin, das Isaak niemals hätte sein können.
Wenn wir uns das Gesetz anschauen, finden wir, dass der Widder den vielleicht auffälligsten Platz einnimmt. Er wurde sehr häufig als Brandopfer verwendet (3. Mo 8,18; 9,2; 16,3.5), aber auch als Friedensopfer (3. Mo 9,18; 4. Mo 6,14; 7,88). Als Schuldopfer wurde er sogar fast ausschließlich benutzt (3. Mo 5,16; 6,6; 19,21). Doch vielleicht wird seine vollste Bedeutung im Opfer zur Weihe der Priester sichtbar (2. Mo 29,15-26). Hier wurden ein Stier und zwei Widder genommen. Der Stier diente als Sündopfer, einer der Widder als Brandopfer und der andere wurde „Einweihungswidder“ genannt. Die Priester legten ihre Hand auf diesen Widder, um ihre Identifikation mit diesem zu zeigen. Dann wurde er geschlachtet und sein Blut nicht nur auf den Altar gesprengt (um Gottes Annahme des Opfers zu zeigen), sondern auch an das Ohrläppchen, den Daumen und den großen Zeh des Priesters getan, um zu zeigen, dass er nun eigens und vollständig für Gott beiseitegesetzt war. Gott hatte nun einen uneingeschränkten Anspruch auf seinen Gehorsam (was durch das Ohrläppchen deutlich gemacht wird), auf seinen Dienst (verdeutlicht durch die Hand) und auf seinen Wandel (von dem die Füße sprechen). Somit war der Einweihungswidder das Mittel und Sinnbild der vollständigen, unumschränkten Hingabe an Gott – und zwar nicht nur im Leben, sondern bis in den Tod.
Dann wurden der rechte Schenkel, das Fett und die Eingeweide sowie ungesäuertes Brot genommen und ebenfalls mit den Opfernden einsgemacht, indem es in ihre Hände gelegt und vor dem Herrn gewebt wurde. Schließlich wurde es als ein lieblicher Geruch vor dem Herrn auf dem Altar verbrannt. Mose, der als Priester handelte, bekam die Brust. Das Übrige des Opfers durften die Priester essen, während sie sieben Tage beim Eingang des Zeltes der Zusammenkunft blieben, die volle Zeit ihrer Weihe (vgl. 3. Mo 8,31-33).
Wie wunderbar dies alles von Christus in seiner Hingabe an Gott spricht, sehen wir beim Studium der Einzelheiten – sowohl in den Gegensätzen als auch in den Übereinstimmungen. Ein Gegensatz kann in der Tatsache gesehen werden, dass die Priester etwas außerhalb von sich selbst brauchten, um ihre Weihe auszudrücken, während Christus Gott völlig hingegeben war und niemals einen Wunsch hatte, der von dem Willen Gottes abwich oder ihm entgegenstand. Die Sünde des Menschen machte es notwendig, dass Christus zur Sühnung sterben musste. Doch dies bot auch den Anlass, die Vollkommenheit dieses Gehorsams zu veranschaulichen, der bis in den Tod reichte. In dieser höchsten Erprobung zeigte sich die ganze Fülle seiner Weihe, deren Annahme nach der göttlichen Gnade auch seinem Volk zugute kommt.
Wenn wir uns jetzt den Einzelheiten zuwenden, möchten wir zunächst die inneren Ursprünge seiner Hingabe betrachten. Sein Gehorsam, sein Werk und sein Wandel gingen alle bis in den Tod, wie es in dem mit Blut besprengten Ohr, der Hand und dem Fuß vorgeschattet wird. Es gab während seines ganzen Lebens keine einzige Handlung, die nicht Ausdruck seiner Hingabe war. Der Schatten des Kreuzes lag von der Krippe bis Gethsemane auf Ihm, doch es war ein Schatten, in dem seine vollkommene und heilige Seele das Licht des Willens seines Vaters fand. Als Er in die Welt kam, sagte Er: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,5-7). Er konnte bis zu seinem Tod sagen: „Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen“ (Joh 10,18), und in der Angst Gethsemanes hieß es noch immer: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe“ (Lk 22,42).
Als dann die Stunde kam, für die Er in diese Welt gekommen war (Joh 12,27), und Er sich selbst bis in den Tod hingab, wurden alle verborgenen Quellen seines Lebens offenbar, und es wurde sichtbar, dass alles für Gott war. Der Schenkel, der von Kraft spricht, das innere und äußere Fett, das von der Energie des Willens spricht (beim Menschen das, was ihn mit Stolz und Rebellion erfüllt), und die Eingeweide, seine Gedanken, Motive und Wünsche: Alles, was Er war, stieg bei seinem Tod in einem solch lieblichen Geruch empor, wie ihn Gottes vollkommene Heiligkeit begehrte. Und das Wunder ist, dass es die Sünde des Menschen war, die eine solche Darstellung notwendig machte, sollte diese unendliche Liebe einen Ausdruck finden.
Darauf weist nun der Widder hin – Christus in der vollen Kraft eines vollkommenen Lebens, der nur für Gott lebte und sich selbst Ihm völlig hingab in einer Ergebenheit, die nur durch seinen Tod am Kreuz ein Maß gefunden hat.
Die Bedeutung des Fells – Christus, unsere Gerechtigkeit
Die Bedeutung des Fells, welche wir nun näher betrachten wollen, haben wir bereits angedeutet. Es ist sehr auffällig, dass die erste Andeutung der Erlösung durch Stellvertretung in der Bekleidung von Adam und Eva mit „Kleidern aus Fell“ gesehen werden kann (1. Mo 3,21). Die allererste Verheißung ist, dass der Same der Frau der Schlange den Kopf zertreten würde. Darin sehen wir den Sieg Christi über Satan, indem Er durch den Tod den besiegte, der die Macht des Todes hatte. Doch in der Kleidung aus Fell finden wir die Anwendung des Segens, der für sein Volk in diesem Tod zu finden ist.
Wie treffend ist das alles! Die Unwissenheit über die Unschuld war für immer vergangen. Der Mensch erkannte die schreckliche Tatsache, dass er nackt war. Ungehorsam gegenüber Gott hatte die Schönheit der ersten Schöpfung zerstört und die Schande eines gefallenen Lebens rückte an ihre Stelle. Es ist nun ein verdorbenes Leben, das mit dem Tod verbunden ist. So muss er sich verstecken, sogar vor seinem vertrautesten Freund – und wie viel mehr, als er die Stimme unendlicher Heiligkeit vernahm. Für Adam und Eva persönlich selbst mögen die Schurze aus Feigenblättern – selbstgemachte Kleidung – gereicht haben, doch vor dem alles durchdringenden Auge der göttlichen Wahrheit konnten sie nicht standhalten.
Blätter sprechen von Bekenntnis ohne Frucht, und sie sind bestenfalls vorübergehend. „Und wir sind allesamt wie ein Unreiner geworden, und alle unsere Gerechtigkeiten wie ein unflätiges Kleid; und wir verwelkten allesamt wie ein Blatt“ (Jes 64,5). Der Mensch mag die besten und strahlendsten Blätter menschlicher Würde und Gerechtigkeit sammeln, er mag sie geschickt verarbeiten und so Religiöses, Soziales, Moralisches oder Intellektuelles miteinander vernähen – doch das alles lässt ihn nackt dastehen, wenn sich der lebendige Gott nähert. Keine von Menschen erdachte Bedeckung kann in der Gegenwart eines heiligen Gottes auch nur einen Augenblick lang Freimütigkeit verleihen. In dieser herzerforschenden Gegenwart tritt die Schande des Menschen zu Tage.
Doch Dank sei Ihm, der die Liebe ist. Er hat eine Bedeckung bereitgestellt, die zu Ihm passt und die den glaubenden Sünder tatsächlich bedeckt und Frieden und Ruhe des Gewissens angesichts des göttlichen Gerichts bringt. Gott macht Kleider aus Fell und bekleidet sie damit. Ein Leben musste hingegeben werden, um diese Felle zur Verfügung stellen zu können. So hören wir aus Eden das Evangelium verkündet: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an“ (Lk 15,22). Das beste, kostbarste Gewand erhielten wir durch den Herrn Jesus Christus, der sein Leben hingab. Dadurch sind Gläubige „in Christus”, ja eingehüllt in Christus, von dem sie sagen können: „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit“ (Jer 23,6; 1. Kor 1,30).
Im dritten Buch Mose sehen wir, dass die Haut des Opfers dem Priester gehörte. Es gibt jedoch einen besonderen Ausnahmefall, und zwar beim Sündopfer am großen Sühnungstag (3. Mo 16,27), an dem die Haut zusammen mit dem gesamten Fleisch des Tieres außerhalb des Lagers verbrannt werden sollte. Dies geschah, um die Tiefe des Gerichts zu betonen, das über die Sünde kommen musste. Doch die Folge davon war, dass das Blut ins Allerheiligste gebracht und auf den Sühndeckel gesprengt wurde, womit es dem Gläubigen „Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu“ gab (Heb 10,19). Demnach wird dieselbe Wahrheit aus einer anderen Perspektive verdeutlicht.
Laut den Anweisungen für das Brandopfer sollte das Tier gehäutet werden. Dann wurde es in seine Teile zerlegt (3. Mo 1,6) und auf dem Altar verbrannt. Die Haut sollte dem Priester gehören, der das Opfer darbrachte (3. Mo 7,8). Auf diese Weise hat Christus, indem Er sich selbst am Kreuz opferte, eine Bekleidung für sein geliebtes Volk erwirkt. Dies wird – dürfen wir das nicht sagen? – in dem nahtlosen Gewand unseres Herrn angedeutet, über das nach göttlicher Vorsehung das Los geworfen wurde. Es ist ein vollkommenes, einheitliches Ganzes, das nicht zerrissen werden kann. Derjenige, dem Gott es zuteilt, kann es nur ganz oder gar nicht haben (Joh 19,23-24). In Gottes souveräner Gnade ist dieses Gewand der vollkommenen Gerechtigkeit für jeden vorgesehen, der es empfangen will. Dieses Gewand ist Christus selbst. In der Weisheit Gottes ist Er unsere „Gerechtigkeit“ geworden (1. Kor 1,30), Gerechtigkeit, die aus Gott ist – durch den Glauben (Phil 3,9).
Hier müssen wir uns vor einem Gedanken hüten, der sich bei vielen durchgesetzt hat, nämlich dass der aktive Gehorsam Christi in seinem Leben dem Gläubigen zugerechnet wird. Nach dieser Lehre kann der Mensch, der dem Gesetz vollkommenen Gehorsam schuldete, nicht in den Himmel kommen, ohne das Wort „Tu dies und du wirst leben“ (Lk 10,28) erfüllt zu haben. Da er darin völlig versagt habe, werde ihm die Gesetzestreue Christi zugerechnet, sodass Gott den Gehorsam Christi anstelle des Gehorsams des Sünders annehme. Wenn wir nun sehen, dass es die Haut des Tieres ist, die als Bedeckung gegeben wird, dann wird der Gedanke, dass bloßer Gehorsam im Leben zugerechnet wird, ausgeschlossen. Das Leben musste gegeben werden, der Tod musste eintreten. Auf diese Weise wurde das vollkommene Gewand der Gerechtigkeit erworben. Es ist Christus selbst und beinhaltet seinen vollkommenen Gehorsam während seines Lebens, seinen Tod und das, was Er jetzt ist, als Maßstab für die Annahme des Gläubigen und seine Stellung vor Gott.
Wir weisen noch auf einen weiteren Gedanken hin, der mit dem Fell in Verbindung steht. Beim Brandopfer wurde alles in die entsprechenden Teile zerlegt: Beine, Schulter, Kopf, Eingeweide. Was vor den Blicken verborgen war, wurde durch das Abziehen der Haut freigelegt. Der Mensch konnte nur das Äußere des Lebens Christi sehen, aber in seinem Tod wurden die verborgenen Quellen und Motive offenbar – in gewissem Maße sogar für das Auge des Menschen, aber in welch vollkommener Weise für Gott, dem alles als ein lieblicher Geruch dargebracht wurde.
Wie wir bereits in einem anderen Zusammenhang gesehen haben, wurden der Schenkel der Stärke, die Brust der Liebe, die inneren Motive oder Gedanken seines Herzens als absolut Gott geweiht angesehen. Im Tod hauchte Er sein ganzes Wesen für Gott aus – alles wurde auf dem Altar geopfert. Jede Einzelheit war in sich selbst vollkommen: Die Haut konnte entfernt werden.
Die rote Färbung – ein Zeichen des Todes
Es ist kaum nötig, nun auf die Bedeutung der roten Farbe der Widderfelle einzugehen, denn wir haben bereits immer wieder betont, dass der Gedanke hier die Hingabe des Herrn bis in den Tod ist, welcher in der blutroten Farbe zum Ausdruck kommt. Das Gesetz der roten jungen Kuh in 4. Mose 19 legt dasselbe nahe.
Das ganze Leben unseres Herrn war in der Tat eine Vorschattung seines Todes. Um die Krippe herum waren die Schatten des Kreuzes, denn wie die Krippe Nahrung für die Tiere enthielt, Nahrung aus abgeschnittenen Pflanzen, die geopfert wurden, um Leben für andere zu werden, so wurde unser Herr „abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen“ (Jes 53,8), damit Er die Nahrung für sein Volk sein konnte. Immer und immer wieder fielen die Schatten des Kreuzes auf seinen Weg und zweifellos war es in seinen Gedanken beständig vor Ihm.
In Jesaja 63 kommt unser Herr aus dem Gericht über seine Feinde „von Bozra in hochroten Kleidern“ (Jes 63,1). Derselbe Gedanke wird in dem roten Pferd des zweiten Siegels angedeutet: Tod und Gemetzel (Off 6,4). Demnach scheint das Rot in der vor uns liegenden Decke eindeutig vom Tod unseres Herrn zu sprechen.
So haben wir in drei zusammenlaufenden Linien die Bedeutung dieser dritten Decke aus rot gefärbten Widderfellen gefunden. Wir sehen darin Christus in der ganzen Energie eines vollkommenen Lebens, das Er in vollkommener Hingabe an Gott in den Tod gibt, und das kennzeichnete seinen ganzen Wandel hier auf der Erde.
Erinnern wir uns an ein paar bekannte Schriftstellen, die diese Wahrheit verdeutlichen. „Es geschah aber, als sich die Tage seiner Aufnahme erfüllten, dass er sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen“ (Lk 9,51). Er sollte in die Herrlichkeit aufgenommen werden, Er ging zu seinem Vater – aber wie ging Er hin? Was die äußerliche Herrlichkeit betraf, so schien Er dem Himmel auf dem Berg der Verklärung am nächsten zu sein. Doch wir wissen, dass Er auf eben diesem Berg nicht über die Herrlichkeit sprach, der Er so nahegekommen war, sondern über „seinen Ausgang, den er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,31). Er würde über das Kreuz in die Herrlichkeit zurückkehren. Im Licht dieser Wahrheit können wir die bekannte Stelle in Johannes 14 erklären: „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten“. Wäre Er in diesem Augenblick gegangen, so könnten wir in Ehrfurcht sagen, dass Er die Stätte nicht für uns bereitet hätte. Oh, wie viel Bedeutung lag in diesen drei kurzen Worten „ich gehe hin“. Sie bedeuteten Gethsemane und Golgatha – zuerst das Gericht Gottes und dann die Herrlichkeit. So wurde der Ort vorbereitet. Er, der um unserer Sünden willen von der Gegenwart Gottes abgeschnitten war, hat das Anrecht erworben, in die ewige Herrlichkeit einzugehen und sie für jeden Sünder zu beanspruchen, der auf Ihn vertraut.
Doch dieser Platz in der Herrlichkeit wurde in vollkommenem Gehorsam gegenüber dem Willen seines Vaters erworben. Als die Menge in Gethsemane kam, um Ihn zu greifen, benutzte Er nicht seine göttliche Macht, um seine Feinde zu vernichten, sondern gab sich ruhig in ihre Hände und sagte: „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ (Joh 18,11). So war der Tod am Kreuz, der den Lohn unserer Sünde und unseres Ungehorsams in seinem vollsten Ausmaß offenbarte, die Krönung eines Lebens in vollkommenem Gehorsam. Darauf wird in den Lehrbriefen eingegangen: „Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden“ (Röm 5,19). Das war nicht, wie viele meinen, die Gesetzestreue unseres Herrn während seines Lebens, sondern sein Gehorsam „bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8).
In Hebräer 10 finden wir das bekannte Zitat aus Psalm 40. Der Psalmist spricht prophetisch von und für unseren Herrn Jesus und sagt: „Schlachtopfer und Speisopfer hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brandopfern und Opfern für die Sünde hast du kein Wohlgefallen gefunden. Da sprach ich:,Siehe, ich komme (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott, zu tun.' […] (Er nimmt das Erste [die Opfer unter dem Gesetz] weg, damit Er das Zweite [sein eigenes Werk, in dem Er den Willen Gottes erfüllt hat] aufrichte.) Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“ (Heb 10,5-10). Hier finden wir also die Hingabe, von der wir gesprochen haben – das, was alle Opfer vorschatteten. In seinem Tod, der eintrat, um den Willen des Vaters zu erfüllen, sehen wir, woran Gott bei dieser Decke aus rot gefärbten Widderfellen dachte.
Und wie wir gesehen haben, kennzeichnete diese Hingabe sein ganzes Leben. Er geht in den Tempel, der für Ihn das Haus seines Vaters ist, findet ihn jedoch verunreinigt durch Menschen, die unter dem Vorwand, sich um Gottes Angelegenheiten zu kümmern, in Wirklichkeit ihre eigenen Interessen verfolgen. Unser Herr treibt sie mit einer Geißel aus Stricken hinaus und wirft ihre ganzen Waren hinaus. „Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus“, sagt Er, und seine Jünger erinnern sich an die Worte aus Psalm 69 – einem der Opferpsalmen: „Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt“ (Ps 69,9). Genau dieser Eifer und diese Hingabe an die Herrlichkeit seines Vaters waren das Unterpfand seines Todes. Als die Pharisäer Ihn also fragten, in welcher Vollmacht Er diese Dinge tat, zeigte seine Antwort, dass Er sehr wohl wusste, wohin dieser Eifer Ihn führen würde: „Brecht diesen Tempel ab“ – nehmt mein Leben – „und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten“ (Joh 2,13-22).
Welch ein Segen liegt in der Beschäftigung mit dieser Hingabe! Obwohl wir uns auch schämen müssen, wenn wir sie unserer Praxis gegenüberstellen und kaum wagen können, diese ebenfalls als Hingabe zu bezeichnen. „Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist!“ (Lk 12,50). Seine Schritte wurden schneller, je näher Er der Stunde kam, in der Er seinen letzten Atemzug für seinen Vater tat. Müssen wir nicht davon ausgehen, ja könnten wir auch nur einen Moment lang daran zweifeln, dass das Auge des Vaters während des ganzen Lebens unseres Herrn auf die Färbung der Widderfelle gerichtet war? Dass sein Auge in jeder Tat und jedem Wort darauf gerichtet war, in all seinen Gebeten und Wundern, in seinen Gedanken und innersten Wünschen – in der Energie von jemandem, dessen einziges Ziel es war, den Willen des Vaters zu tun, und dessen ganzes vollkommenes Leben in glühendem Verlangen darauf hinauslief, sich selbst auf den Altar zu legen? Es war ein allumfassendes Geschenk der Liebe an den Vater, der Ihn zu einem solchen Dienst gesandt hatte.
Wir kehren zurück zu dem Vers: „Durch diesen Willen sind wir geheiligt“. Gepriesen sei Gott! All unser mangelhafter Gehorsam wird zugedeckt, verschlungen in diesem Gehorsam, in dessen Wert wir für Gott abgesondert und ebenso vollkommen zu Gegenständen seines Wohlgefallens gemacht werden, wie der Eine, der es für uns und für Gott getan hat! Während wir uns also unserer selbst schämen, schämen wir uns Seiner nicht. Diese Bekleidung ist für uns das „beste Gewand“, so wie sie für Ihn das Kennzeichen dessen war, was nur das Herz des Vaters in seiner ganzen Fülle ermessen kann.
Die Decke aus Seekuhfellen – Reinheit inmitten einer feindlichen Umgebung
Wir kommen nun zur Decke aus Dachs- oder Seekuhfellen. Hier finden wir noch weniger Einzelheiten, obwohl die Bedeutung zweifellos deutlich wird, wenn wir den gottgegebenen Schlüssel benutzen. Es ist etwas fraglich, ob das Wort mit „Seekuhfell“ zu übersetzen ist, aber die Bibelforscher sind sich einig, dass es sich um die Haut eines Tieres handelt, das im Wasser lebte. Es wird uns gesagt, dass es an den Ufern des Roten Meeres Seekühe im Überfluss gab, sodass sich, was die geografischen Gegebenheiten betrifft, keine Schwierigkeiten ergeben.
Abgesehen von dieser Decke der Stiftshütte und den Decken auf den verschiedenen Geräten der Stiftshütte während der Reise (4. Mo 4) werden Seekuhfelle, wie wir sie nennen wollen, nur ein einziges weiteres Mal erwähnt. Wir finden sie in Hesekiel 16, wo Gott seine Gnade und Fürsorge für Israel, seine Braut, schildert. Er hatte sie in ihrem Blut liegend gefunden und ihr das Leben geschenkt; und Er hatte sie mit einer Schönheit bekleidet, die nicht ihre eigene war: Mit Buntgewirktem und Juwelen und einer wunderschönen Krone auf ihrem Haupt. In Verbindung mit all diesem Schmuck hatte Er sie mit Seekuhfellen beschuht (Hes 16,10). Leider missbrauchte Israel all diese Liebe und nutzte die Schönheit, die ihr geschenkt worden war, auf schändliche Weise aus. Doch die Bedeutung scheint klar zu sein: Schuhe aus Seekuhfell waren eine angemessene und wirksame Bedeckung für die Füße einer Braut, charakteristisch für die umfassende Versorgung Israels auf allen seinen Reisen. Wir erinnern uns, dass auch der verlorene Sohn nicht nur mit dem besten Gewand bekleidet wurde, sondern auch einen Ring bekam (ein Unterpfand der ewigen Liebe) und „Sandalen an seine Füße“ (eine gute Ausstattung für den Weg).
Um noch einmal auf die Seekuh zurückzukommen: Sie ist ein amphibisches Tier, das eigentlich auf das Land gehört, jedoch im Wasser lebt. Ihre Haut ist undurchlässig für das Element, in dem sie lebt. Ihre Hülle schützt sie also inmitten einer unnatürlichen Umgebung.
Wenn wir daran denken, wie unser Herr aus dem Licht, der Freude und der Seligkeit seiner himmlischen Heimat in diese Welt herabkam, wie fremdartig muss es für Ihn gewesen sein, darin zu leben! Doch aufgrund seiner absolut heiligen Natur hielt unser wunderbarer Herr alles, was zur Welt Satans gehört, von seinem Herzen fern. Nichts davon reizte Ihn. Der Fürst dieser Welt konnte alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit vor Ihm ausbreiten, seine Verlockungen fanden in diesem Heiligtum Gottes, seinem heiligen Herzen, keinerlei Anklang.
Dies ist also der erste Gedanke, den wir in dem Seekuhfell sehen: Vollkommener Schutz in einer feindlichen Umgebung. Und auch hier ist es gut, sich daran zu erinnern, dass das Leben aufgegeben werden musste, um die Felle zu liefern. So reichte diese Absonderung bis in den Tod. „Ihr habt noch nicht, gegen die Sünde ankämpfend, bis aufs Blut widerstanden“ (Heb 12,4) – Er schon.
Der nächste Gedanke in Bezug auf das Seekuhfell steht in engem Zusammenhang mit dem, was wir gerade gesehen haben, und fußt auf der Verwendung des Seekuhfells in dem Abschnitt in Hesekiel. Schuhe sollen die Füße vor Verletzungen und Verunreinigungen schützen. Die Füße sind unser Berührungspunkt mit der Erde. Und wie wichtig ist es, dass sie sowohl vor ihren Dornen als auch vor ihrem Schmutz geschützt werden. Die Schuhe wurden in der Gegenwart Gottes ausgezogen, denn der Boden war heilig. Der Erdboden darf in dieser heiligen Gegenwart nicht verunreinigen und in dieser Gegenwart lebte unser Herr jeden Augenblick: Das war die Bereitschaft, mit der Er beschuht war.
Betrachten wir Ihn, wie Er wandelte. Wie waren seine Füße beschuht? „Lieblich“ waren sie in der Tat, indem sie die frohe Botschaft brachten und Frieden verkündeten (Jes 52,7), denn Er tat einen Dienst der Versöhnung, indem Er den Menschen ihre Schuld nicht anrechnete. Seine Füße trugen Ihn auf vielen Wegen der Liebe und Barmherzigkeit: Zum Brunnen von Sichar und zu den Ufern von Tyrus und Sidon, nach Cäsarea-Philippi und nach Jerusalem. Überall, wo Er hinging, „lehrte [Er] in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches“ (Mt 4,23).
Was Gott geopfert wurde, durfte nicht den geringsten Makel oder Fehl haben. Ein Ochse konnte als Opfer untauglich werden, wenn er mit dem Fuß gegen einen Stein stieß und so zerschrammt wurde. Nehmen wir an, es wäre möglich gewesen, dass unser Herr versucht gewesen wäre, über die Prüfungen und Entbehrungen des Weges zu murren, weil Er keinen Ort hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte, oder dass Er die Selbstbeherrschung verloren hätte, als Er unter den hartherzigen Menschen, von denen Er umgeben war, ein- und ausging. Ein solches Stoßen seines Fußes gegen einen Stein hätte eine Prellung hervorgerufen, wäre eine Unvollkommenheit gewesen, es wäre ein verunstaltetes Opfer gewesen, untauglich für Gott. Mit Recht sagen wir „wenn das möglich gewesen wäre“, denn es war unmöglich. Gerade die Gelegenheiten, bei denen die Steine am dichtesten um Ihn herum lagen, bei denen alles darauf ausgelegt war, den Geist durch die Herzenshärte, den Neid und den Unglauben derer, die Ihn „in seiner Rede in eine Falle locken“ wollten, zu höchstem Zorn zu reizen, dienten nur dazu, die vollkommene Ausgeglichenheit seiner Seele zu zeigen (vgl. Lk 11,53-54).
Ganz unbeirrt durch Satans Tücke,
durch Leiden, Schande und Verlust,
Schritt ohne ird’sche Gunstbeweise
den Pfad zum Kreuz Dein heil’ger Fuß.1
Wohl gab es bei Ihm Trauer über die Sünde und die Härte des Herzens, auch heilige Empörung und vernichtenden Tadel – aber nie ein einziges Wort, das verunreinigt hätte, nie einen Augenblick, der seine ungetrübte Gemeinschaft mit dem Vater beeinträchtigt hätte. Lasst uns „den betrachten, der solchen Widerspruch von Sündern gegen sich erduldete“ (Heb 12,3), und diesen unbefleckten Wandel mit dem der hingegebensten Gläubigen in dieser Welt vergleichen: Können wir uns einen vorstellen, der über diese Erde geht, ohne mit einem einzigen Körnchen Schmutz in Berührung zu kommen? Wir sammeln den Staub der Welt auf unseren Füßen, wenn wir unseren notwendigen Geschäften nachgehen, wenn wir die Verantwortlichkeiten und Pflichten des Lebens erfüllen. Wir entschuldigen uns nicht dafür. Wir wissen, dass es an der Schwachheit unseres Glaubens und dem Mangel an geistlicher Energie liegt. Aber bei unserem heiligen Herrn war alles vollkommen. Gab es an seinen heiligen Füßen am Ende der Reise auch nur ein Staubkörnchen? Er wich nie auch nur um eine Haaresbreite vom Pfad des vollkommenen Gehorsams gegenüber Gott ab. Und als seine Füße, die umhergingen „wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren“ (Apg 10,38), ans Kreuz genagelt wurden, war darauf kein einziger Fleck.
Göttliche Herrlichkeit in bescheidenem Gewand
Doch wir können in der Decke aus Seekuhfellen noch einen weiteren Gedanken sehen. Sie war wahrscheinlich von einem braunen oder dunklen Farbton, nicht abstoßend im Aussehen, aber auch nicht besonders attraktiv. Für den Glauben sind die Eigenschaften, die wir an unserem Herrn betrachtet haben, ungeheuer anziehend und bewundernswert. Aber für den natürlichen Menschen hatte Er „kein Aussehen, dass wir Ihn begehrt hätten“ (Jes 53,2). Als die Menschen Ihn sahen, wie Er in bescheidener Absonderung von der Welt und ihrem Geist sein Leben führte, sagten sie: „Forsche und sieh, dass aus Galiläa kein Prophet aufsteht“ (Joh 7,52). Selbst seine erstaunlichen Lehren und Wunder konnten den Stolz des Unglaubens in vielen nicht überwinden: „Ist dieser nicht der Zimmermann?“ (Mk 6,3), lautete die ungläubige und verächtliche Frage, die gestellt wurde. Und dabei blieb es nicht: Das, was Ihn von aller Heuchelei und Religiosität des natürlichen Menschen moralisch trennte, war kein Hindernis dafür, dass der Bedrängte bei Ihm immer eine liebevolle Aufnahme fand. Die Ausgestoßenen, die Elenden und die Verlorenen kamen frei zu Ihm. Aber der Unglaube stößt sich immer noch daran und sagt: „Ein Freund der Zöllner und Sünder“ (Lk 7,34).
Und doch: Wer, der das Wort Gottes kannte, konnte übersehen, dass es ein demütiger Herr war, auf den man warten sollte? Er, der „sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm“, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden wurde und sich selbst erniedrigte (vgl. Phil 2,7-8). Der Glaube sieht in der Decke aus Seekuhfellen das bescheidene Gewand dessen, der kam, um zu dienen. Denke einmal darüber nach, dass es der Herr der Herrlichkeit war, der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, der in solch einer niedrigen Gestalt in die Welt kam! Und mache dir dann bewusst, dass diese ganze freiwillige Erniedrigung in den Herzen der Menschen nur Hohn und Spott hervorrief!
Wenn es auch so war, dass man k
eine Schönheit in dem Herrn Jesus sah, so hat man sich als blind für das erwiesen, was von wahrem Wert ist. Wenn das Herz nicht von einer Liebe ergriffen wird, die „die Erkenntnis übersteigt“ (Eph 3,19), beweist dies, dass es kalt und tot ist. Aber der Glaube sieht Schönheiten, wo die Welt nichts Schönes findet. Und der Glaube folgt mit anbetendem Herzen den Fußstapfen dessen, der von den Sündern abgesondert war, und erinnert sich mit Freude daran, dass unter diesem vermeintlich unscheinbaren Äußeren die Herrlichkeiten verborgen sind, über die wir bei den anderen Decken nachgedacht haben. Wenn sich die Welt abwendet, ruft der Glaube laut: „Alles an ihm ist lieblich“ (Hld 5,9-16). „Das ist mein Geliebter und das mein Freund“. Der Glaube antwortet auf die Frage „Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten?“ wie die Braut im Hohelied Salomos, indem er Ihn freudig vom Kopf bis zu den Füßen beschreibt. Jedes Merkmal hat seine eigene Schönheit und Anziehungskraft. Jeder Schritt, jedes Wort und jede Tat unseres Herrn haben eine ganz eigene Schönheit. Und nachdem wir all unser weniges Wissen über Ihn ausgeschöpft haben, können wir wahrlich sagen: „Nicht die Hälfte ist mir berichtet worden“ (1. Kön 10,7).
Das gibt der Tatsache eine besondere Bedeutung, dass für diese letzten beiden Decken keine Maße angegeben sind. Zweifelsohne bedeckten sie die ganze Stiftshütte. Beim Brandopfer gab es ebenfalls keine Begrenzung für die Anzahl der Opfer. Ein Ziegenbock reichte für ein Sündopfer aus, aber die Brandopfer wurden zur Zeit der Könige um Tausende vermehrt, bis der ganze Tempelhof in einen Altar verwandelt war (1. Kön 8,64) – die Anbetung hat keine Grenzen.
In diesen Decken ohne Maßangabe finden wir die unendliche Fülle Christi angedeutet. Unsere Gedanken dürfen unter der Führung der Schrift so weit gehen, wie es unser endliches Fassungsvermögen erlaubt, und doch gibt es noch mehr darüber hinaus – die Fülle Christi, die nur durch die Fülle Gottes gemessen wird. Und wie gesegnet ist der Gedanke, dass jeder Gläubige sagen kann: „Er ist mein und ich bin sein“ (vgl. Hld 2,16).
Fußnoten
- 1 Vgl. Lied 230, Strophe 4 der „Spiritual Songs“.