Betrachtung über Hebräer (Synopsis)
Kapitel 2
Aus diesem Grund war es für die Hebräer umso nötiger, auf das geredete Wort zu achten, damit sie es weder im praktischen Leben vernachlässigten noch aus dem Gedächtnis entschwinden ließen (V. 1). Gott hatte die Autorität des durch Engel mitgeteilten Wortes aufrecht gehalten, indem Er den Ungehorsam bestrafte, denn dieses Wort war ein Gesetz (V. 2). Wie werden wir nun entfliehen, wenn wir eine Errettung vernachlässigen, die der Herr selbst verkündigt hat (V. 2)? So war denn der Dienst des Herrn unter den Juden ein Wort des Heils, das die Apostel bestätigten, und dem die Offenbarung der Macht des Heiligen Geistes Zeugnis gab.
Diese Ermahnung, die auf die Herrlichkeit des Messias, sei es im Blick auf seine Stellung oder auf seine Person, gegründet ist, richtete sich an die gläubigen Juden, um sie von allem jüdischen ab- und zu höheren Gedanken betreffs Christi hinzulenken. Wir haben schon bemerkt, dass das in diesem Brief niedergelegte Zeugnis dem Herrn selbst zugeschrieben wird. Deshalb dürfen wir die Versammlung als solche, von welcher der Herr nur prophetisch gesprochen hatte, nicht darin suchen, sondern vielmehr sein Zeugnis in Bezug auf Israel, in dessen Mitte Er hienieden wandelte, was auch die Ausdehnung dieses Zeugnisses sein mag. Das durch die Apostel Geredete wird hier nur als eine Bestätigung des Wortes des Herrn selbst betrachtet, während Gott sein eigenes Zeugnis dem ihrigen hinzufügte durch die wunderbaren Offenbarungen des Geistes, der einem jeden seine Gaben nach seinem Willen austeilte (V. 4).
Die Herrlichkeit, von der wir gesprochen haben, ist die persönliche Herrlichkeit des Messias, des Sohnes Davids, sowie seine Herrlichkeit in der gegenwärtigen Zeit, während Er, von Gott dazu berufen, zu seiner Rechten sitzt. Er ist der Sohn Gottes, Er ist selbst der Schöpfer. Doch gibt es auch eine Herrlichkeit in Verbindung mit dem zukünftigen Erdkreis, die Ihm als Sohn des Menschen gehört. Hiervon spricht das 2. Kapitel unseres Briefes, indem es Ihn immer noch mit den Engeln vergleicht, jedoch hier nur, um diese gänzlich auszuschließen. In dem vorhergehenden Kapitel hatten sie ihren Platz: das Gesetz war durch Engel gegeben worden. Sie sind von Seiten Gottes die Diener der Erben der Seligkeit. In Kapitel 2 aber haben sie keinen Platz. Sie regieren nicht. Der zukünftige Erdkreis ist nicht ihnen unterworfen, d. h. diese bewohnbare Erde, wie sie dereinst geleitet und regiert werden wird, wenn Gott alles, was Er durch die Propheten geredet hat, erfüllt haben wird.
Die Ordnung der Welt, die mit dem HERRN unter dem Gesetz in Verbindung war oder „in Finsternis lag“, ist durch die Verwerfung des Messias, der seinen Platz zur Rechten Gottes in der Höhe eingenommen hat, unterbrochen worden. Seine Feinde sind noch nicht zum Gericht in seine Hand gegeben worden, weil Gott sein Gnadenwerk fortsetzt und die Gemeinde sammelt. Doch wird Er eine neue Ordnung der Dinge auf der Erde einführen. Das wird der „zukünftige Erdkreis“ sein. Dieser Erdkreis ist aber, wie gesagt, nicht den Engeln unterworfen. Das darauf bezügliche Zeugnis des Alten Testaments lautet wie folgt: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, oder des Menschen Sohn, dass du auf ihn siehst? Du hast ihn ein wenig unter die Engel erniedrigt; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt und ihn gesetzt über die Werke deiner Hände; du hast alles seinen Füßen unterworfen“ (V. 6–8). Also ist alles, ohne Ausnahme (außer Dem, der Ihm alles unterworfen hat), nach dem Ratschluss Gottes den Füßen des Menschen und im Besonderen des Sohnes des Menschen unterworfen.
Bei der Betrachtung der Psalmen haben wir gesehen, was ich hier wiederhole, dass dieses Zeugnis von Psalm 8 über die Stellung und Herrschaft Christi als Mensch über das des 2. Psalms hinausgeht. Der 1. Psalm stellt uns den von Gott angenommenen gerechten Menschen vor, den göttlichen Überrest, mit dem Christus sich verband; der 2. Psalm redet von den Ratschlüssen Gottes bezüglich seines Messias, gegenüber den Anstrengungen der Könige und Fürsten der Erde. Gott setzt Ihn als König in Zion ein und versammelt alle Könige, um Dem zu huldigen, den Er als seinen Sohn auf der Erde ankündigt. Nachher sehen wir, dass nach der, Verwerfung des Messias der Überrest leidet, und dieser zweite Psalm wird von Petrus angeführt, um zu zeigen, dass die Mächte der Erde, jüdische und heidnische, gegen den Messias aufgetreten sind (Apg 4, 26). Doch der 8. Psalm führt aus, wie alles das nur dazu gedient hat, den Kreis seiner Herrlichkeit zu vergrößern. Christus nimmt die Stellung eines Menschen und den Titel „Sohn des Menschen“ an und genießt seine Rechte nach den Ratschlüssen Gottes, und unter die Engel erniedrigt, wird Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (V. 9). Ja, nicht nur werden die Könige der Erde Ihm unterworfen, sondern alle Dinge werden ausnahmslos unter seine Füße gestellt 1. Das ist es, was der Apostel hier in Erinnerung bringt. Der Christus war schon verworfen, und seine Einsetzung als König in Zion war verschoben worden, um später erfüllt zu werden. Zur Rechten Gottes erhöht, wie wir gesehen haben, waren Ihm weitergehende Rechte zuteil geworden, obwohl das Ergebnis seiner Erhöhung noch nicht sichtbar geworden war.
Auf diesen Punkt richtet der Apostel jetzt unsere Aufmerksamkeit. Die Erfüllung von alledem, was dieser Psalm ankündigt, nämlich dass alles seinen Füßen unterworfen werden soll, sehen wir noch nicht. Doch ein Teil ist schon erfüllt, und das ist für das Herz eine Bürgschaft für die Erfüllung des Ganzen. Ein wenig unter die Engel erniedrigt, um den Tod zu erleiden, ist Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Er hat den Tod erduldet und ist zur Belohnung für sein Werk, durch das Er Gott vollkommen verherrlicht hat, gekrönt. Er hat Gott da verherrlicht, wo Er verunehrt worden war, und Gott hat den Menschen (jeden, der an Ihn glaubt) da gerettet, wo er verloren war; denn „Er war unter die Engel erniedrigt, so dass er durch Gottes Gnade für alles den Tod schmeckte“. Es scheint mir, dass die Worte: „wegen des Leidens des Todes“ und „ein wenig unter die Engel erniedrigt“ zusammengehören, und die Worte: „so dass er durch Gottes Gnade ...“, als ein allgemeiner Ausdruck, mit der ganzen dargestellten Wahrheit in Verbindung stehen.
Diese Stelle denn, die so auf den Herrn angewandt wird, stellt Ihn als zum Himmel erhöht dar, nachdem Er sich dem Tod unterworfen hatte, was Ihm auf eine neue Weise ein Recht auf alles gegeben hat, und Er wartet nun, bis alles seinen Füßen unterworfen wird. Doch gibt es noch eine andere Wahrheit, die mit dieser Erniedrigung des Messias in Verbindung steht. Da Er die Sache der Söhne übernommen hatte, die Gott zur Herrlichkeit bringen will, musste Er in die Umstände eintreten, in denen diese sich befanden. Und indem Er das tat, musste Er die Folgen davon tragen und entsprechend dem Werk, das Er unternommen hatte, behandelt werden. Das, was geschah, war eine Wirklichkeit und es geziemte Gott, die Rechte seiner Herrlichkeit zu behaupten und sie denen gegenüber, die Ihn verunehrt hatten, auszuüben, indem Er Den, der ihre Sache in die Hand nahm und sich in ihrem Namen vor Ihn hinstellte, als ihren Stellvertreter behandelte. Gott wollte den Anführer ihrer Errettung durch Leiden zur Vollkommenheit bringen (V. 10). Christus hatte sich den Folgen der Stellung zu unterwerfen, in die Er eingetreten war. Sein Werk musste eine Wirklichkeit sein nach dem Maß der Verantwortlichkeit, die Er auf sich hatte, und zu diesem Werk gehörte die Verherrlichung Gottes auf dem Schauplatz der Sünde. Er musste dieserhalb leiden. Er musste den Tod schmecken, und Er tat es durch Gottes Gnade. Wir schmecken den Tod der Sünde wegen, Er hat es getan aus Gnade für die Sünde.
Dies lenkt unseren Blick auf Christus in der Mitte, zugleich aber auch an der Spitze der Erretteten, die Gott zur Herrlichkeit bringt. Das ist es, was unser Brief uns vorstellt. Der, der heiligt (Christus), wie auch die, die geheiligt werden (der für Gott durch den Geist abgesonderte Überrest), sind alle von einem: ein Ausdruck, dessen Bedeutung leicht erfasst wird, aber schwer auszudrücken ist, wenn man den abgeleiteten Sinn, den das Wort hier hat, außer Acht lässt. Man beachte, dass das Gesagte nur auf Geheiligte Bezug hat. Christus und die Geheiligten bilden alle eine Genossenschaft, Menschen in derselben Stellung vor Gott. Doch der Gedanke geht noch etwas weiter. Es heißt nicht: von einem und demselben Vater. Wäre das der Fall, so würde nicht gesagt werden können: „Er schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen.“ Er könnte dann nicht anders, als sie Brüder zu nennen. Wenn man sagen wollte: „von derselben Masse“, so könnte der Ausdruck zu weit gedeutet werden, als ob Er und die anderen von gleicher Natur wären als Kinder Adams, zusammen Sünder. In diesem Fall würde Er jeden Menschen seinen Bruder nennen müssen, während Er doch nur die Kinder, die Gott Ihm gegeben hat, die „Geheiligten“, also nennt. Aber Er und die Geheiligten sind alle, als Menschen, miteinander in derselben Natur und Stellung vor Gott. Wenn ich sage: „in derselben“, so meine ich nicht in demselben Zustand der Sünde, sondern das Gegenteil, denn sie sind der Heiligende und die Geheiligten, aber in derselben wahren menschlichen Stellung, wie sie vor Gott ist, als Ihm geheiligt, in derselben Natur als Mensch, wenn Er als der Geheiligte vor Gott ist. Um dieser Ursache willen schämt Er sich nicht, die Geheiligten seine Brüder zu nennen (V. 11).
Diese Stellung ist durchaus erworben durch die Auferstehung, denn obgleich grundsätzlich die Kinder Ihm zuvor gegeben waren, hat Er sie doch erst dann seine Brüder genannt, als Er sein Werk vollendet hatte – das Werk, das Ihn befähigte, sie mit sich vor Gott darzustellen. Er sagte freilich: „Mutter, Bruder, Schwester“, aber den Ausdruck „meine Brüder“ gebrauchte Er nicht eher, als bis Er zu Maria Magdalene sagen konnte: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, und zu meinem Gott und eurem Gott.“ Ebenso verkündigt Er in Psalm 22 erst dann, wenn Er von den Hörnern der Wildochsen erhört worden ist, den Namen eines Heiland-Gottes seinen Brüdern und lobt Gott inmitten der Versammlung.
Wohl redete Jesus zu den Seinigen von dem Vaternamen, als Er hienieden war, aber das Band selbst konnte noch nicht gebildet werden. Er konnte sie nicht eher als Kinder bei dem Vater einführen, als bis das Weizenkorn in die Erde gefallen und gestorben war. Bis dahin blieb Er allein, was auch immer die Offenbarungen sein mochten, die Er ihnen machte; und tatsächlich verkündigte Er den Namen seines Vaters denen, die Gott Ihm gegeben hatte. Dennoch hatte Er in voller Wirklichkeit die menschliche Stellung eingenommen, und Er selbst stand in diesem Verhältnis zu Gott. Aber obwohl Er die Jünger im Namen des Vaters bewahrte, waren sie doch noch nicht mit Ihm in dieser Stellung vereinigt; wohl aber stand Er als Mensch in dem Verhältnis zu Gott, in dem auch sie sein sollten, wenn sie einmal durch die Erlösung in die Vereinigung mit Ihm eingeführt sein würden. Im letzten Teil des Evangeliums Johannes (in den Erklärungen, die Er seinen Jüngern von der Lage gab, in der Er sie zurückließ) versetzte Er sie in die Stellung, die Er tatsächlich in Beziehung zu seinem Vater und im Zeugnis an die Welt auf der Erde innegehabt hatte – die Herrlichkeit seiner Person als Desjenigen, der den Vater darstellte und offenbarte, notwendigerweise ausgenommen. Und in dem Verlangen, Sich mit ihnen zu vereinigen, verband Er sie mit sich und sich mit ihnen, als Er gen Himmel fuhr, obwohl Er selbst körperlich nicht länger den mit ihrer Stellung verbundenen Prüfungen unterworfen war 2.
Er schämte sich also nicht, sie Brüder zu nennen, indem Er (obwohl Er auferstanden, ja, erst nachdem Er auferstanden war) sagte: „Ich will deinen Namen kundtun meinen Brüdern, inmitten der Versammlung will ich dir lobsingen“ (V. 12). Und indem Er von dem von Israel getrennten Überrest spricht, sagt Er: „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat, wir sind zu Zeichen und zu Wundern in Israel.“ Und wiederum: „Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen“ (Jes 8,17+18). Dasselbe finden wir in den Psalmen, besonders in Psalm 16, wo der Herr erklärt, dass Er nicht seinen Platz als Gott einnehme – „meine Güte reicht nicht hinauf zu dir“, sondern dass Er sich einsmache mit den Herrlichen der Erde, ja, dass alle seine Lust an ihnen sei, und diese „Herrlichen der Erde“ sind wiederum der durch die Gnade berufene Überrest Israels. Christus vereinigt diese Geheiligten, diese gottseligen Menschen auf der Erde, mit sich. In der angeführten Stelle handelt es sich um seinen Platz auf der Erde. Hier werden, wie wir gesehen haben, seinen Leiden, seine Erhöhung, die zukünftige Herrlichkeit und seine Gottheit hinzugefügt. Da Er diesen Platz an der Spitze der erwählten Schar, aber als Einer von ihnen, eingenommen hat, musste Er, als ihr Diener in allem, Sich ihrer Stellung gleichförmig machen. Und dies hat Er getan: da die Kinder Fleisches und Blutes teilhaftig waren, hat auch Er an denselben teilgenommen, damit Er durch den Tod der Herrschaft dessen, der die Macht des Todes hatte, ein Ende setzte und diejenigen befreite, die durch Todesfurcht während des ganzen Lebens der Knechtschaft unterworfen waren (V. 14+15).
Auch hier – indem der Apostel, wie immer, die herrliche und wirkungsvolle Seite sogar von dem, was sehr demütigend war, hervorzuheben sucht, um das schwache Herz der Juden an diesen Teil des Evangeliums zu gewöhnen – finden wir, dass das Werk des Herrn weit über die Grenzen einer Darstellung des Messias seinem Volk gegenüber hinausgeht. Nicht nur ist Er im Himmel verherrlicht, sondern Er hat Satan gerade an dem Ort besiegt, wo dieser seine traurige Herrschaft über den Menschen ausübte und wo das Gericht Gottes schwer auf dem Menschen lag. Durch eine unergründliche Liebe zu dem Menschen getrieben, trat der Sohn, Er, der des Menschen Sohn geworden ist, dem Herzen und der Tat nach in alle Bedürfnisse des Menschen ein und unterwarf sich allen seinen Umständen, um ihn zu befreien. Er nahm Fleisch und Blut an (denn Er war vorher nicht darin), um zu sterben, weil der Mensch dem Tod unterworfen war, und ferner, um den zunichte zu machen, der durch den Tod seine Herrschaft über den Menschen ausübte und ihn sein Leben lang zittern machte in der Erwartung jenes schrecklichen Augenblicks, der Zeugnis gab von dem Gericht Gottes sowie von der Unfähigkeit des Menschen, den Folgen der Sünde oder, mit anderen Worten, dem Zustand, in den sein Ungehorsam gegen Gott ihn gestürzt hatte, zu entfliehen. Denn fürwahr, der Herr nahm sich nicht der Sache der Engel an, sondern der des Samens Abrahams. Wollte Er das Werk vollbringen, das dafür nötig war, und diesen Samen wirksam und wesentlich vor Gott vertreten, so musste Er sich notwendig in die Stellung und die Umstände versetzen, in denen er war, obwohl nicht in den Zustand, in dem die einzelnen Personen sich befanden (V. 16).
Man wird hier bemerken, dass es immer eine von Gott anerkannte Familie ist, die wir als Gegenstand der Zuneigung und Sorge des Heilandes vor uns haben, nämlich die Kinder, die Gott Ihm gegeben hatte. Sie waren Kinder Abrahams dem Fleisch nach, wenn sie in diesem Zustand der Bezeichnung „Same Abrahams“ entsprachen (eine Frage, um die es sich in Joh 8,37–39 handelt), oder Seine Kinder dem Geist nach, die Gnade sie dazu machte.
Diese Wahrheiten führen das Priestertum ein. Als Sohn des Menschen war Jesus ein wenig unter die Engel erniedrigt worden, und jetzt schon mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, soll späterhin alles seinen Füßen unterworfen werden. Das sehen wir freilich noch nicht. Er nahm jedoch diesen Platz der Erniedrigung ein, um den Tod zu schmecken für das ganze System der Schöpfung, das von Gott entfernt war, und um die vollen Rechte des zweiten Menschen zu erlangen, indem Er Gott da verherrlichte, wo das Geschöpf durch Schwachheit gefehlt hatte, und wo andererseits der Feind, indem er den Menschen durch seine List betrogen hatte, durch Macht und Bosheit (nach dem gerechten Gericht Gottes) Herrschaft über ihn besaß. Zugleich schmeckte Er den Tod zu dem besonderen Zweck, um die Kinder, die Gott zur Herrlichkeit bringen wollte, zu befreien. Er nahm ihre Natur an und sammelte sie als Geheiligte um Sich selbst, indem Er sich nicht schämte, sie Brüder zu nennen. Doch so musste Er sie jetzt auch vor Gott darstellen nach der Wirksamkeit des Werkes, das Er für sie vollbracht hatte. Er wollte ein Priester werden, indem Er durch sein Leben der Erniedrigung und Versuchung hienieden befähigt war, mit den Seinigen Mitleid zu haben in allen ihren Kämpfen und Schwierigkeiten (V. 17).
Er litt, denn niemals gab Er nach, nie willigte Er ein. Man leidet nicht, wenn man in die Versuchung einwilligt. Das Fleisch findet vielmehr sein Vergnügen an den Dingen, durch die es versucht wird. Jesus litt, indem Er versucht wurde, und Er ist fähig, „denen zu helfen, die versucht werden“ (V. 18). Es ist wichtig zu bemerken, dass das Fleisch, wenn es von seinen Lüsten beeinflusst und geleitet wird, nicht leidet; wenn es versucht wird, ach! so genießt es. Aber wenn der Geist nach dem Licht des Heiligen Geistes und der Treue des Gehorsams den Angriffen des Feindes, mögen sie sich in List oder in Verfolgungen kundgeben, widersteht, dann leidet man. Das tat der Herr, und das haben auch wir zu tun. Das, was der Hilfe bedarf, ist der neue Mensch, das treue Herz, aber nicht das Fleisch. Ich bedarf der Hilfe gegen das Fleisch, um alle die Glieder des alten Menschen zu töten.
Es handelt sich hier also um die notwendige Hilfe in den Schwierigkeiten, die dem treuen Gläubigen begegnen, wenn er den ganzen Willen Gottes zu erfüllen sucht. Hierin leidet er, und hierin vermag der Herr, der gelitten hat, ihm zu helfen. Er selbst hat diesen Pfad betreten und alles das gelernt, was auf ihm von Seiten des Feindes und der Menschen gelitten werden kann. Ein menschliches Herz fühlt, was das ist, und Jesus hatte ein menschliches Herz. Überdies, je treuer ein Herz ist, je mehr es erfüllt ist von der Liebe zu Gott, und je weniger es von der Härte besitzt, die die Folge der Gemeinschaft mit der Welt ist, desto mehr wird es leiden. In Jesus war keine Härte. Seine Treue war ebenso vollkommen wie seine Liebe. Er war ein Mann der Schmerzen und mit Kummer und Ermüdung bekannt. Er litt, indem Er versucht wurde 3.
Fußnoten
- 1 Vergleiche die Antwort, die der Herr in Johannes 1,51 dem Nathanael gibt, und ferner Matthäus 17 und Lukas 9, wo Er den Jüngern verbietet, Ihn als den Christus zu verkündigen, und wo Er erklärt, dass Er im Begriff stehe, als Sohn des Menschen zu leiden; aber zugleich auch ihnen die zukünftige Herrlichkeit zeigt.
- 2 Es handelt sich hier jedoch um die Beziehung zu Gott. Die Jünger stellten nicht den Vater dar, noch offenbarten sie Ihn, wie Er es getan hat. Auch wird, obschon wir in dieselbe Herrlichkeit mit Christus und in dieselbe Beziehung zu dem Vater eingeführt werden, die persönliche Herrlichkeit Christi als Sohn doch immer sorgfältig gewahrt. Es ist von anderer Seite mit Recht darauf hingewiesen worden, dass der Herr nie sagt: „unser Vater“ in Verbindung mit den Jüngern. Er weist sie an, „unser Vater“ zu sagen, aber Er sagt: „mein Vater und euer Vater“, und das Ist viel köstlicher.
- 3 Es gibt in diesem Kapitel vier verschiedene Gründe für die Erniedrigung des Herrn: 1. sie geziemte Gott seiner Herrlichkeit wegen; 2. die Zerstörung der Macht Satans; 3. die Versöhnung oder genauer die Sühnung durch seinen Tod, und 4. die Erlangung der Fähigkeit, Mitleid zu haben im Priestertum.