Gedanken über das Johannesevangelium
Typische Begriffe: "Wie"
„„Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter eingehen und geboren werden?“ (Joh 3,4)
Der Mensch möchte in seiner Kühnheit das Wie aller Dinge erforschen. Ein kleines Kind zerteilte einmal eine Uhr in alle ihre Einzelteile und wollte herausfinden, wie und warum sie tickt. Nun, in natürlichen Dingen mag dieses Vorgehen seine Berechtigung haben, aber in göttlichen Dingen sollte den Menschen nicht das „Wie“ beschäftigen, sondern vielmehr das „Wer“, also das Fragen nach der zentralen Person. Ein Sünder sollte fragen: „Wer kann…“, denn bei Gott gibt es keine Unmöglichkeiten. Spurgeon sagte einmal: „Mit Gott wird eine Unmöglichkeit zu einer Gelegenheit.“
Im alltäglichen Leben akzeptieren wir unbewusst sehr viele Dinge, ohne dass wir das „Wie“ dieser Dinge wirklich verstehen oder begreifen. Wir drücken den Lichtschalter und bekommen Licht, ohne das Wunder der Elektrizität völlig zu verstehen. Wir essen Dinge, von denen wir oft wenig wissen, auf welche Weise die Speisen hergestellt wurden, und wie diese Speisen durch den Stoffwechsel in Fett, Blut und Muskeln umgeformt werden.
Aber wenn es zu geistlichen Tatsachen kommt, wollen viele wie Nikodemus das „Wie“ ergründen: „Wie kann ein Mensch von neuem geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter eingehen und geboren werden?“ (Joh 3,4). Unser Herr stillt nicht seine Neugier sondern betont in seiner Antwort die absolute Notwendigkeit, von neuem geboren zur werden.
Bei dem zweiten „Wie“ des Nikodemus, als er fragte „Wie kann dies geschehen?“ (Joh 3,9), tadelt der Herr ihn wegen seines Unglaubens: „Wenn ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage? Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel, als nur der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh 3,12.13).
Wir sehen also, dass eine solche „Wie-Frage“ in Bezug auf Gott schlichter Unglaube ist. Jedenfalls ist es Unglaube auf der Seite des Sünders, wenn er eine Antwort auf seine „Wie-Fragen“ bekommen möchte, bevor er an Gott glaubt. Gott erwartet von dem Menschen, dass er einfach Seinem Wort glaubt, und nicht auf einen Beweis besteht. Die Schrift sagt, dass wir durch Glauben auch verstehen, aber nicht, dass rationale Erkenntnis den Glauben bewirkt. Der Mensch möchte diesen Weg gehen, aber Gott wünscht Glauben. Der Mensch mag sagen, dass er nicht Dinge glauben kann, die er nicht versteht. Aber Gott sagt dem Menschen, dass er entweder glauben muss oder verloren geht. Deshalb bleibt die „Wie-Frage“ des Nikodemus unbeantwortet.
Wenn ein Kind seinen Vater darüber in Kenntnis setzen würde, dass es den Worten des Vaters erst glauben würde, wenn dieser den Beweis der Richtigkeit bringen würde, dann wäre der Vater sehr betrübt. Es gibt viele Dinge, die ich meinem Kind sage, die ich nicht erklären kann und das Kind nicht verstehen könnte, wenn ich sie denn erklären könnte. Ich kann meinem Kind sagen, dass eine Atombombe eine ganze Stadt in Japan ausgelöscht hat, aber ich könnte nicht erklären, wie genau das funktioniert. Selbst wenn ich es erklären könnte, dann wäre mein Kind wohl nicht in der Lage, die speziellen technischen Zusammenhänge zu verstehen.
So ist es auch mit Gott, mit dem großen Unterschied, dass Er alle Dinge durchaus versteht. Entweder bin ich in der gegenwärtigen Zeit nicht in der Lage, die herrlichen Wahrheiten zu begreifen, oder Gott weiß, wenn es nicht gut für mich wäre, wenn ich gewisse Dinge hier auf der Erde wissen würde. Er offenbar Seinem Volk die Dinge, die sie wissen sollen, aber auch nicht mehr. Und selbst solche Offenbarungen erfordern unseren Glauben an Ihn und Sein Wort. Glaube ist die lebenswichtige Grundvoraussetzung. Er offenbart Seine Geheimnisse solchen, die Ihm vertrauen und Ihn lieben.
Die gleiche Wahrheit begegnet und noch einmal in Johannes 6,52: „Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“ Der Herr beantwortet nicht das „Wie“ sondern stellt die Wahrheit noch einmal etwas umfänglicher dar, indem Er sagt: „…Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es sei denn dass ihr das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch selbst“ (Joh 6,53). Die Aussagen Gottes müssen in einfachen und kindlichem Glauben angenommen werden, weil Er es so sagt. Alles das, was Johannes schreibt, ist geschrieben, damit wir Glauben haben. Und Glauben habend werden wir die Dinge verstehen. Gott liebt es, Seine Ratschlüsse und Absichten solchen zu offenbaren, die Ihm beim Wort nehmen.
Wieder fragt Thomas in Johannes 14,5: „Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst, und wie können wir den Weg wissen?“ Diese Frage hätte anders gestellt werden sollen: „Können wir den Weg wissen?“ Die Antwort auf diese Frage wäre „Ja“ gewesen, denn Gott ist in Christus auf die Erde gekommen, um uns diesen Weg zu zeigen. Das Kind, das Seinen Worten glaubt, weiß mehr als ein Philosoph jemals durch seine Erforschungen herausfinden könnte. Ein Kind auf den Knien kann weiter sehen als ein Weiser auf den Zehenspitzen.
Nun, in Johannes 5,44 stellt der Herr eine „Wie-Frage“: „Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander nehmt und die Ehre, die von Gott allein ist, nicht sucht?“ Hier finden wir den Schlüssel zu all den im Unglauben gestellten Fragen der Neugier. Der Mensch möchte etwas sein, er möchte seine Klugheit zur Schau stellen, seine intellektuellen Fähigkeiten, seine Bildung. Aber das, was er braucht, ist die Haltung eins Kindes. Ein Kind sucht nicht nach solch einer Ehre. Ein Kind hat keine Vorurteile. Ein Kind glaubt einfach das, was der Vater oder die Mutter ihm sagt, egal, wie absurd es klingen mag. Auch wenn Kindern oft falsche Dinge und Märchen erzählt werden, so glauben sie dennoch jedes Wort. Gott sagt uns nichts außer der absoluten Wahrheit und wir dürfen glaubend in Seinem Wort Ruhe finden, ohne bestätigende Beweise zu fordern.
Wir werden sowohl durch Erfahrung als auch durch eine tiefere Kenntnis des heiligen Wortes Gottes erkennen, dass alles, was Er uns sagt, wahr ist. Wenn wir das „Wie“ durch die Frage nach Seiner Person ersetzen, dann werden unsere Herzen frohlocken und in Seiner Treue und Wahrheit Ruhe finden.