Zwölf Menschen in den Schriften des Paulus
Bedeutung und Anwendung einiger lehrmäßiger Ausdrücke von Paulus
6. Der „fleischliche“ Mensch und der „erwachsene“ Mann
In 1. Korinther 2,6 sagt der Apostel: „Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen [oder Erwachsenen]“. Und dann in 1. Korinther 3,1–3a sagt er: „Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise; denn ihr vermochtet es noch nicht, aber ihr vermögt es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich.“ Auch wenn sich diese beiden Begriffe nicht in demselben Vers finden, scheint es sich um einen weiteren Kontrast zu handeln, mit dem Paulus unterschiedliche Reifezustände eines Christen gegenüberstellt. 1
Der fleischliche Mensch
Das Adjektiv „fleischlich“ bezeichnet den Zustand eines Menschen, der vom Fleisch statt vom Geist geleitet wird. Bei einem „fleischlichen“ Menschen kann es sich durchaus um einen Christen handeln, der den Geist Gottes hat, jedoch nicht gemäß diesem Geist wandelt. Ein fleischlicher Christ ist in seiner geistlichen Entwicklung gehemmt. Genau das war das Problem einiger Korinther.
Es gibt drei Stellen, an denen der Apostel Paulus von Säuglingen spricht und sie als Bild für einen nicht-wünschenswerten Zustand gebraucht. Viele der jüdischen Gläubigen befanden sich nach wie vor in einem solchen Zustand, da sie die Gebräuche und Rituale der irdischen Religion des Judentums nicht losgelassen hatten (Heb 5,11–14). Genauso ist ein Gläubiger in seinem Wachstum gehemmt, solang er sich an äußerliche, formale und religiöse Regeln der Christenheit klammert. Zweitens spricht Paulus in Epheser 4 von Christen, die „Säuglinge“ bleiben, da sie keinen Gebrauch machen von den Gaben, die Christus der Gemeinde als das Haupt im Himmel gegeben hat (Eph 4,14).2 Der Zweck dieser Gaben besteht darin, den Heiligen zu helfen, die Wahrheit zu verstehen und ihr gemäß zu wandeln. Und drittens gab es die Korinther, die als „Säuglinge“ bezeichnet werden, da sich eine fleischliche Einstellung in ihrem Hang zur Nachfolge von Menschen äußerte (1. Kor 3,1–2). Natürlich ist keiner dieser drei Zustände löblich. Der einzige Zeitpunkt, zu dem geistliches Säuglingssein in Ordnung ist, liegt vor, wenn ein Gläubiger jung im Glauben, also neu errettet, ist (1. Joh 2,18–27).
Der erwachsene Mann
Das Adjektiv „erwachsen“ trägt den Gedanken von „Reife“ und „vollem Wachstum“. Mit einem „erwachsenem“ (oder „vollkommenem“ 3) Mann ist nicht jemand gemeint, der nie einen Fehler begeht, sondern ein Gläubiger, dessen Leben diese eine Ziel kennt: Christus (Phil 3,13–15). Wenn der Herr kommt, werden wir „vollkommen“ gemacht; und zwar in jedem Sinne, wie die Schrift den Begriff gebraucht. Dann werden wir das Fleisch nicht mehr in uns haben und folglich nicht mehr versagen (Phil 3,12; Heb 11,40; 12,23). Doch bis dahin entspricht es dem Wunsch Gottes, dass wir geistlich „hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus; damit wir nicht mehr Unmündige [Säuglinge] seien“ (Eph 4,13–14).
Es entsprach der Gewohnheit des Paulus die Weisheit Gottes „unter den Vollkommenen“ (1. Kor 2,6) zu reden. Hamilton Smith schreibt zu diesem Vers: „Der Ausdruck [„Vollkommene“] bezeichnet nicht einfach einen Gläubigen im Gegensatz zu einem Sünder, sondern er wird vielmehr gebraucht, um einen erwachsenen Gläubigen im Gegensatz zu solchen Gläubigen zu beschreiben, von denen der Apostel als von „Unmündigen“ [oder „Säuglingen“] spricht.“ Es bedeutet, dass Paulus versuchte, diejenigen in seiner Zuhörerschaft zu erreichen, die geistlich waren. Wenn sie seine Lehre annahmen und dadurch erbaut wurden, könnten sie es selbst wiederum an die anderen weitergeben, sobald diese fähig wären, es zu empfangen. Auch Timotheus wies Paulus an, es genauso zu tun. Er sollte die Wahrheit „treuen Leuten“ anvertrauen, die auch andere belehren könnten. Während die Mehrheit der Korinther aufgrund ihrer Fleischlichkeit „Säuglinge“ waren, gab es doch einige die in diesem Sinne „vollkommen/erwachsen“ waren. Dies wird in 1. Korinther 16,15–18 angedeutet. Und solche sprach Paulus an, als er die „feste Speise“ der Wahrheit vermittelte, während die Säuglinge nur „Milch“ bekamen.
Der erwachsene Mensch – ein biblisches Profil
- Er hat ein Interesse im Leben: Christus (Phil 3,13–15)
- Er nimmt feste Speise, statt nur Milch zu sich (Heb 5,11–12)
- Er wandelt in Absonderung von der Welt (2. Kor 6,14–17)
- Er lebt im Selbstgericht (2. Kor 7,1)
- Er hat das Judentum verlassen und alle judaistischen Prinzipien (Heb 6,1–4)
- Er ist gekennzeichnet von einfachem Gehorsam (1. Joh 2,5)
- Er empfindet tiefere und weitere Liebe zu andern (1. Joh 4,11–12)
- Er ist in Versuchungen weniger besorgt (Jak 1,2–4)
- Er kontrolliert seine Zunge (Jak 3,2)
- Er ist freigebig mit seinem Besitz (Mt 19,21)
- Er hält Schritt mit seinen Brüdern (Joh 17,21–23)
- Sein Dienst ist im Einklang mit den Gedanken Gottes (Heb 13,21)
Einige praktische Überlegungen
Wir mögen uns manchmal fragen, warum manche Christen nach ihrer Bekehrung in göttlichen Dingen schnell Fortschritte machen, während andere eher langsam und mit mehr Auf und Ab vorankommen. Würden wir es graphisch darstellen, ergäbe sich für manche eine fast vertikale Linie und bei anderen eine ständige auf- und absteigende Welle. Manche führen dies darauf zurück, dass wir alle unterschiedlich intelligent sind. Andere vermuten, dass es mehr damit zu tun habe, ob man eher lernbegierig veranlagst sei oder nicht und entschuldigen sich selbst damit, dass sie einfach kein Lese-Typ seien. Und wieder andere behaupten, man müsse eine spezielle Gabe dafür besitzen und nicht alle Christen wären mit dieser ausgestattet. Doch dies alles ist nicht der Grund, warum manche schneller wachsen als andere.
Es hat einmal jemand geistliches Wachstum mit dem Anzünden eines Feuers verglichen. Man kann das Anzündholz so arrangieren, dass es beim Anfachen wirklich Feuer fängt und gut brennt. Doch es ist ebenfalls möglich, das Holz in einer völlig willkürlichen Weise aufzubauen, sodass das Feuer nicht gut brennen wird. Genauso verhält es sich auch in den göttlichen Dingen. Wir müssen bestimmte Prinzipien unseres Lebens an ihrer Stelle haben, sodass der Geist Gottes die göttliche Wahrheit auf unser Herzen und Gewissen anwenden kann, um wahres Wachstum zu ermöglichen. Da es eine Parallele zwischen natürlichem und geistlichem Wachstum gibt, müssen wir die folgenden Dinge in unserm Leben den richtigen Stellenwert gegeben haben:
- Gutes Essen: Christus im Wort Gottes als unsere Nahrung (1. Pet 2,1–2)
- Frische Luft: Atmen der himmlischen Atmosphäre der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und dem Sohn (Joh 14,23)
- Regelmäßige Übung: Selbstgericht, durch welches jede fleischliche Regung aus unserem Leben getan wird (1. Tim 4,7)
- Eine Umwelt, die nicht verseucht ist: Christliche Gemeinschaft abgesondert von der Welt (2. Kor 6,14–17; Apg 4,23; 2. Tim 2,22)
Fußnoten