Prophetische Übersicht über die Psalmen
Psalm 137-150
Psalm 137
Mit diesem Psalm beginnt die letzte Serie des Buches.1 Erneut sehen wir, wie die zehn Stämme Israels weit entfernt von ihrem verheißenen Land (Ps 137,1.4) unter den Vorwürfen der Heiden leiden (Ps 137,1–3). Da erweckte Gott in ihren Herzen die Sehnsucht nach Jerusalem und nach ihrem Heimatland, sodass sie empfinden, dort hinzugehören. Folglich können sie so lange nicht singen oder sich freuen, bis sie wieder nach Zion gebracht sind (Ps 137,4–6). Voll Sehnsucht nach der Wiederherstellung Zions beten sie um Verderben für die Feinde, die es zerstört haben (Ps 137,7–9). Edom und Babylon sind gemäß den Büchern der Propheten beide dazu verdammt, auszusterben (Obad 18; Jes 13,19.20; Jes 14,22).
Psalm 138
Im Gegensatz zum vorherigen Psalm sehen wir hier, wie die Stämme Israels Gott voll Freude preisen (Ps 138,1). Sie hatten zu dem Herrn geschrien und Er gab ihnen die Kraft (Ps 138,3), ihre Heimreise anzutreten (Ps 138,7). Da sie das Land noch nicht erreicht haben, richtet sich ihre Anbetung zum Tempel hin und kommt noch nicht aus ihm heraus.2 Dieser Psalm nennt die beiden großen Kraftquellen, die den Stämmen Israels während ihrer Reise zu Verfügung stehen werden (Ps 138,2.3): das Wort Gottes und das Gebet („ich rief“). Durch die Aussicht, in ihrem Land wiederbelebt oder wiederhergestellt zu werden und die Aussicht darauf, dass ihre Feinde besiegt würden (Ps 138,7.8), erwacht ihr Vertrauen in den Herrn erneut. Am Ende sehen sie die Zeit voraus, zu der alle Völker der Erde den Herrn preisen werden (Ps 138,4.5).
Psalm 139
Sobald sich die Stämme den Grenzen des Landes nähern, wird der Herr sie in die Wüste führen, wo Er ihre Herzen auf Aufrichtigkeit prüfen wird (Hes 11,9.10; Hes 20,34–38). Nichts wird seinem heiligen Auge entkommen. In diesem prüfenden Gericht können wir mehrere Aspekte der Gottheit des Herrn erkennen: sowohl seine Allwissenheit (Ps 139,1–6) und seine Allgegenwart (Ps 139,7–12) als auch seine Allmacht (Ps 139,13–18). Als Ergebnis dieser Prüfungen reinigen sich die Stämme von den Bösen („die Empörer“ Hes 20,38), indem sie diese aus ihrer Mitte hinaustun und sie fortan als Feinde des Herrn betrachten (Ps 139,19–22). Doch diejenigen, die echten Glauben haben und sich vollständig gedemütigt haben, werden ins Land geführt. Nach einem gebrochenen Eigenwillen und einem Bewusstsein, das unter dem Gericht Gottes war, haben sie nun nur noch einen Wunsch: von Gott auf ewigem Weg geleitet zu werden (Ps 139,23.24).
Psalm 140
Nachdem die Stämme Israels zurück in das Land ihres Erbes geführt wurden und sich dort ansiedelten, werden sie plötzlich in großer Bedrängnis innerlich dahinsinken, wenn sie die Armeetruppen sehen, die sich zum Krieg versammelt haben. Wir wissen aus der Prophetie, dass diese Armeen, die auftreten, nachdem die Stämme Israels in ihr Heimatland zurückgekehrt sein werden, die Armeen Gogs (Russlands) sind. Siehe Hesekiel 36–39. Die Psalm 140 bis 144 beschreiben die Gefühle in dieser großen Not, die die gerade erst gesammelten Stämme Israels empfinden werden, wenn sie von den Truppenbewegungen der russischen Heere und der Heere ihrer vielen verbündeten Staaten hören werden. Die zwölf Stämme des Überrestes Israels schreien zu dem Herrn, bittend um Bewahrung vor „dem bösen Menschen; vor dem Mann der Gewalttaten“, welches der Assyrer in seiner finalen Form ist (Gog-Russland).3 Es ist der Versuch des Feindes zu dieser Zeit das neu aufgerichtete Israel „umzustoßen“ (Hes 38,8–13). Die abtrünnigen Israeliten (die „Gottlosen“), die aus den zurückkehrenden Stämmen Israels herausgetan und vor den Grenzen des Landes zurückgelassen wurden (Ps 139,19.20), verbünden sich mit dem Assyrer bei dessen Ankunft. Augenscheinlich werden sie in die heranmarschierenden Truppen integriert, die gegen Israel ausgezogen sind (Ps 140,2–6).4 Als Antwort auf den Schrei der Israeliten bewahrt der Herr sie, indem Er ihr „Haupt beschirmt am Tag der Waffen“ (Ps 140,7–9). Vergleiche Psalm 46,5–7, Nahum 1,7, Jesaja 26,20.21, Jesaja 37,33–35 und Micha 5,5. Sie flehen den Herrn an, den Kopf 5 der angreifenden Armeen zu zerstören, sodass sie sich wieder freuen und seinem Namen danken könnten (Ps 140,10–14).
Psalm 141
Als die heranmarschierenden Truppen des Assyrers (Gog-Russland) immer näherkommen, wird der Schrei der Israeliten des Überrestes immer lauter. Ihr Schrei entspricht in diesem Psalm einem Gebet; in Psalm 142 wird er zu einem Flehen und in Psalm 143 ist es ein Gebet mit mehrfachem Flehen. Diese Israeliten flehen den Herrn an, sie zu beschützen, und sie verbinden dies mit dem Wunsch, Er möge ihr Gebet als Räucherwerk annehmen (Ps 141,1.2). Obwohl Israel zu diesem Zeitpunkt bereits vor dem Herrn wiederhergestellt sein wird, werden sie dessen Herzenseinstellung ihnen gegenüber zunächst nicht erkannt haben. Daher sind sie bezüglich seiner Güte und Fürsorge noch unsicher. Aus diesem Grund ist auch ihre Erprobung in Form dieser zweiten Invasion durch den Assyrer 6 notwendig. Sie müssen lernen, dem Herrn als demjenigen, der in seiner Allmacht für sie sorgt, zu vertrauen. Sie nehmen diese Not als Zucht vom Herrn an und durchforschen ihre eigenen Herzen, damit nichts Böses bei ihnen sei. Sie fahren fort, zu beten, dass das Werkzeug ihrer Züchtigung (der Assyrer) im Gericht umkomme, wenn die Prüfung ihr Ziel erreicht habe (Ps 141,3–6). Sie erinnern sich an das schreckliche Blutbad des ersten Angriffs (Ps 79,1–3 usw.) und beten, dass es sich so nicht wiederholen möge (Ps 141,7–10).
Psalm 142
Da sich ihre Notsituation verschärft, rufen die wiederhergestellten Stämme Israels weiterhin flehentlich zu dem Herrn (Ps 142,2–4). Es wird keine Nation oder Macht geben, die Israel zu dieser Zeit helfen könnte (Ps 142,5), denn alle Nationen, bis auf diejenigen unter Gog, werden bereits unterworfen sein. Die Stämme werden allein zu dem Herrn aufschauen, ihrer einzigen Zuversicht. Sie werden Ihm vertrauen und Zuflucht bei Ihm nehmen. Und Er wird sie nicht enttäuschen (Ps 142,6–8).
Psalm 143
Dieser Psalm geht noch weiter. In Psalm 142,2 ist im Grundtext von einem Flehen die Rede; hier hingegen von mehreren Flehen.7 Der Psalm ist ein Ausdruck völligen Mangels und daher ein Zeichen vollständiger Erforschung des Herzens und Hinwendung zu dem Herrn. Wieder erinnern sie sich, was die Assyrer bei ihrem früheren Angriff anrichteten (der erste Angriff: der König des Nordens und sein arabischer Staatenbund, Ps 79,1–3), als das komplette Land verwüstetet wurde und sie befürchten nun ein ähnliches Blutvergießen (Ps 143,1–3). Daher schauen sie auf den Herrn und hoffen, ihr Flehen werde schnell beantwortet. Ihr Geist wird dabei bis zum Äußersten geprüft. Sie müssen zugeben, dass, wenn der Herr ihnen nicht helfen würde, ihre Lage hoffnungslos wäre und ihr Ende gleich denen wäre, die zur Grube hinabfahren (Ps 143,4–8). In einem abschließenden Appell rufen sie zu dem Herrn, damit Er den Feind vernichte, sodass sie noch errettet würden (Ps 143,9–12).
Psalm 144
Dieser Psalm ist die Antwort auf Israels Schrei in den vorherigen Psalmen. Er zeigt die Folgen des Eingreifens des Herrn, der Gericht an ihren Feinden übt, um sein Volk zu befreien und damit das 1000-jährige Reich einläutet. Wie in so vielen Psalmen bilden die ersten ein bis zwei Verse eine Überschrift, welche das Ergebnis des Psalms bereits im Vorhinein verkündet. Der Herr hat bewiesen, dass nur Er den nötigen Schutz für Israel bietet. Er ist aufgestanden, um die Völker (die Nationen) Israel zu unterwerfen. Auch Israel hat sich an der entsprechenden Schlacht beteiligt (Ps 144,1.2). Vergleiche Jeremia 51,20–23; Micha 4,11–13; Micha 5,5–8. In ihrer Not schrie Israel zu dem Herrn, um die Himmel herabzuneigen zum Gericht über die heidnischen Feinde („Söhne der Fremde“), die erneut mit großen Wasserfluten verglichen werden (Ps 144,3–8). Vergleiche Psalm 46,4; 65,8; 93,3 usw. Die letzten Verse beschreiben die Freude und den Segen, die Israels Teil sein werden, wenn der Herr sie aus allen ihren Drangsalen befreit haben wird (144,9–15).
Psalm 145
Nachdem die Israeliten nun aus all ihren Nöten befreit wurden, feiern sie ihre vollständige Erlösung, indem sie den Herrn als ihren Messiaskönig preisen. Sobald das 1000-jährige Reich angebrochen ist, wird sich die Herrlichkeit Christi als König über die ganze Erde ausbreiten. Dann führt Christus den Lobpreis Gottes an (Ps 22,23) für seine wunderbaren Werke (Ps 145,1–7), für seine Güte (Ps 145,8–13) und für seine große bewahrende Macht über all seine Geschöpfe (Ps 145,14–21). Während sein Volk bewahrt werden wird, werden diejenigen, die sich selbst im Reich als Böse erweisen, gerichtet werden (Ps 145,20; 101,3–8; Zeph 3,5; Sach 5,1–4).
Psalm 146
Die nächsten fünf Psalmen werden auch als die großen Halleluja-Psalmen oder die großen Hallel bezeichnet. Zwar gab es auch vorher schon Psalmen, die mit „Halleluja“ begannen oder endeten, doch diese Psalmen beginnen und enden mit „Halleluja“. Auf diese Weise geben sie einem vollständigen irdischen Lobpreis Ausdruck und bilden einen passenden Abschluss der gesamten Sammlung. Das Wort „loben“ taucht im hebräischen Grundtext 37-mal in diesen letzten fünf Psalmen auf.
Das wiederhergestellte Volk Israel hat gelernt, wie nutzlos es ist, sein Vertrauen auf Menschen zu setzen. Stattdessen hat es alles in dem Herrn gefunden (Ps 146,1–5). Folglich wird Er hier gepriesen als der Schöpfer aller Dinge, als derjenige, der die Wahrheit hält (wohl bezogen auf seine Verheißungen an die Väter) und als der Befreier der Bedrückten (Ps 146,6.7a). Im letzten Teil des Psalms erlöst der Herr die Schöpfung, die der Sünde wegen unter der Knechtschaft des Verderbens litt (Röm 8,20–23). Blinde Augen werden geöffnet und Gekrümmte (Lk 13,11–13) werden geheilt werden (Ps 146,7b-10). Vergleiche Jesaja 35,5.6.
Psalm 147
Das Lob des Herrn wird fortgeführt. Die Stadt Jerusalem wird nach ihrer Zerstörung wiederaufgebaut (Ps 79,1–3) mit dem Herrn als Baumeister. Vergleiche Jesaja 61,4; Jeremia 30,18; Jeremia 31,38–40; Amos 9,14. Nach wie vor führt der Herr noch Israeliten, die über die unterschiedlichsten Gebiete der Erde zerstreut waren, heim ins Land. Sie stammen insbesondere aus den zehn Stämmen. Vergleiche Jesaja 11,11.12 und Jesaja 66,22. Der Herr wird sie trösten und ihnen ein Erbteil in seinem Reich zuweisen (Ps 147,1–6). Dabei wird das Lob Gottes weiterhin zunehmen (Ps 147,7–12). Die vier Jahreszeiten werden auf der Erde bestehen bleiben (Ps 147,14–20).
Psalm 148
Psalm 148 fordert die ganze Schöpfung auf – vom höchsten (die Engel) bis zum niedrigsten Rang (die Kriechtiere) – in das große Halleluja mit einzustimmen (Ps 148,1–10). Sie werden Ihn aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaft als Schöpfer preisen (Ps 148,5). Die Könige der Erde und alle Menschen in allen Nationen, Jung und Alt, werden alle dazu aufgerufen, in den Lobpreis einzustimmen (Ps 148,11–13). Der Psalm endet damit, dass Israel auf der irdischen Seite des Reiches den nahen Platz bei dem Herrn erhält (Ps 148,14).
Psalm 149
Während die ganze Schöpfung Gott als Schöpfer preist (Ps 148), wird Israel Ihn als Erlöser preisen. Dies wird „ein neues Lied“ genannt (Ps 149,1–4). Dann wird die Verantwortung, Gericht zu üben, in die Hände Israels gelegt (Ps 149,5–9). Der Herr wird sie gebrauchen, um auf der Erde des 1000-jährigen Reiches Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten und Gericht auszuüben (Jes 60,17; Mich 5,8–9).
Psalm 150
Der Klänge der Lobpreisungen Gottes steigen zu ihrem Höhepunkt auf. Die ganze Schöpfung stimmt in diesen Lobpreis mit ein. Dieser letzte Psalm zeigt uns:
- Wo Gott gepriesen werden wird: in seinem Heiligtum (Ps 150,1)
- Warum Er gepriesen werden wird: wegen seiner unermesslichen Größe (Ps 150,2)
- Wie Er gepriesen werden wird: mit allerlei Musikinstrumenten 8 (Ps 150,3–5)
und letztlich - Wer Ihn preisen wird: alles, was Odem hat (Ps 150,6)
Fußnoten
- 1 Die verschiedenen Serien dieses Buches zeigten, wie die zehn Stämme Israels von außerhalb des verheißenen Landes zu dem Herrn in Zion zurückkehrten. Die Schrift sagt uns, dass sie über alle Völker verstreut waren (5. Mo 28,25; Ps 107,3). Wir sahen, wie sie aus dem Süden kamen (Ps 114), aus Norden und Osten (Ps 120). Und nun sehen wir sie aus dem Westen kommen, denn Babylon spricht typologisch von den westlichen Nationen.
- 2 Vielleicht ist mit dem Tempel hier lediglich der heilige Boden gemeint, denn es ist zweifelhaft, ob der Tempel des 1000-jährigen Reiches zu diesem Zeitpunkt bereits gebaut sein wird.
- 3 „Der Mann der Gewalttaten entspricht den späteren Feinden der Juden, den Assyrern.“ J. N. Darby: „Notes and Comments“, Bd. 3, S. 264; „Gog wird die letzte Form des Assyrers sein“ J. N. Darby: „Letters“, Bd. 1, S. 522–523.
- 4 C. E. Lunden: „Notes for Prophetic Scriptures“, S. 32; „Egypt, Assyria, Israel“, S. 43.
- 5 Das hebräische Wort für „Kopf“ oder „Haupt“ ist „Rosch“. Es hat dieselbe Wurzel wie das Wort „Russland“. J. N. Darby Translation, Hes 38,2.
- 6 Die erste Invasion des Assyrers durch den König des Nordens und seinen arabischen Staatenbund war erfolgreich (Ps 73,18.19; 74,1-8; 75,4; 79,1-3.7; 80,13-17 usw.). Die zweite Invasion des Assyrers unter der Führung Gogs wird nicht erfolgreich sein. Der Herr wird zurück in Zion (Jerusalem) sein, wenn die Armeen des Assyrers ins Land kommen, und Er wird sie auf den Bergen Israels vernichten (Hes 38.39).
- 7 Die Mehrzahlform steht für eine höhere Intensität des Flehens. Deutsche Bibelübersetzungen können dieses Detail des Grundtextes nicht wiedergeben. (Anm. des Übers.)
- 8 Dies ist richtig und passend für ein irdisches Volk mit irdischer Anbetung.