Prophetische Übersicht über die Psalmen

Psalm 114-119

Psalm 114

Dieser Psalm führt uns wieder zurück in die Zeit, in der Israel (insbesondere die zehn Stämme) errettet und in sein Heimatland zurückgeführt werden wird (Mt 24,31). Er schildert Israels alttestamentliche Befreiung aus Ägypten und seine Reise nach Kanaan als ein Vorbild seiner zukünftigen Errettung. Diese historische Reise wird in den Propheten häufig mit der zukünftigen Reise der zehn Stämme in ihr verheißenes Land in Verbindung gebracht (Jes 11,15.16; 51,9–11; Jer 16,14.15; Hes 20,34–36 usw.). Eine Parallele zwischen den beiden Reisen lässt sich daher eindeutig ziehen. Die Kinder Israel brachen aus Ägypten auf, wanderten durch die Wüste, in welcher sie geprüft wurden, und erreichten das verheißene Land. Auch die zurückkehrenden Stämme zukünftiger Tage werden aus jedem Teil der Erde hervorkommen (wovon Ägypten ein Bild ist: Hes 20,34), durch die Wüste ziehen, in der sie geprüft werden (Hes 20,35–39) und schließlich in ihr verheißene Land geführt werden (Hes 20,40–44). Der Psalm zeigt auf, wie der Herr seine Allmacht für die zurückkehrenden Stämme einsetzt, um ihnen den Weg freizumachen (Ps 114,3–7) und um sie zu versorgen (Ps 114,8). Vergleiche Jesaja 49,9–12.

Psalm 115

Dieser Psalm zeigt uns die moralische Seite der Rettung Israels. Die zehn Stämme, die lange Zeit durch Götzendienst geprägt waren (2. Kön 17,7–41; Hos 4,17) werden nun als solche vorgestellt, die ihre Götzen (Hos 14,9), durch welche sie gebunden waren, verurteilen (Ps 115,1–8). Die Nation wird dann ermahnt, dem Herrn zu vertrauen, und nicht den Götzen. Drei Klassen werden dabei aufgeführt: „Israel“, „das Haus Aarons“ (die Priester) und „ihr, die ihr den Herrn fürchtet“, was auch die Heiden miteinschließt (Ps 115,9–11). Während die Bevölkerung Israels durch die zehn Stämme, die in das Land einziehen, zunimmt, werden die Israeliten durch die Verheißung ihres göttlichen Segens ermutigt (Ps 115,12–18). Vergleiche Jesaja 9,2, Jesaja 26,15 und Jesaja 49,19–21.

Psalm 116

Nachdem die zehn Stämme Israels in das Land Israel zurückgekehrt sind (Ps 116, 9.18.19) und durch den Herrn wiederhergestellt wurden, feiern sie ihre Errettung. Sie realisieren, dass sie an der Schwelle des Todes standen, als der Herr sie in Gnade errettete. Dies bewirkt Liebe und Hingabe in ihren Herzen (Ps 116,1–9). Sie antworten auf seine Güte mit dem Wunsch, Ihm etwas darzubringen für alles, was Er für sie getan hat (Ps 116,12). Sie lösen ihre Gelübde ein und bringen Dankopfer dar (Ps 116,13–18). Der Psalm schließt damit, dass das „ganze Volk“ (alle zwölf Stämme) den Herrn in Jerusalem gemeinsam anbetet (Ps 116,18.19).

Psalm 117

Die Israeliten des wiederhergestellten Volkes rufen die heidnischen Nationen dazu auf, den Herrn anzubeten.

Psalm 118

Dieser Psalm ist sehr passend platziert. Er wurde offensichtlich für das Laubhüttenfest komponiert, das im Allgemeinen die Segnungen des 1000-jährigen Reiches auf der Erde symbolisiert. Die Israeliten des wiederhergestellten Volkes sprechen von den Dingen in diesem Psalm wie im Nachhinein, als hätten sie sie bereits durchlebt. Sie haben viel während der gesamten Zeit der Bedrängnis gelernt und nun geben sie dem Herrn dafür die Ehre (Ps 118,1–4). Sie sprechen mit völligem Vertrauen zu Ihm. Wenn Er sie erretten konnte, als sie in Not waren, und sie in ihr Land zurückzuführen vermochte, kann Er sie nun mit Sicherheit auch im Land selbst beschützen – auch angesichts der Feinde („meine Hasser“), die nach wie vor auf der Erde existieren (Ps 118,5–9). Während sie sich gemeinsam freuen, werden sie von einer großen Konföderation von Staaten umzingelt. Dieser Staatenbund, der sich dem Staat Israel nach dessen Wiederherstellung nähert, ist Gog (Hes 37–39). Es ist der zweite Angriff des Assyrers.1 Doch Gog wird durch die Macht des Herrn im Gericht besiegt. Auch die Heere des wiederhergestellten Staates Israels werden in diese Schlacht miteingebunden und siegreich 2 über die Nationen, die Gog folgen, triumphieren (Ps 118,10–18). Siehe Micha 4,11–13; 5,5–9; Sacharja 14,14; Maleachi 4,3.4, Psalm 108,11–13 und Jesaja 11,12–14. Mit dem 1000-jährigen Reich, das nun eingeläutet wird, geht Israel durch die Tore der Gerechtigkeit ein. Diese Tore symbolisieren Christus als den Weg zum Segen Gottes. (Einen ähnlichen Gedanken finden wir in Johannes 10,7, wo der Herr von sich selbst als „die Tür“ spricht).3 Tausende haben dieses Eingangstor zur Gerechtigkeit mit Gott während dieser christlichen Epoche genutzt. Nun endlich durchschreitet Israel dasselbe Tor und erkennt den Herrn als ihren Erlöser an (Ps 118,19–21). Israel (eigentlich die Juden) verwarfen Christus als „den Stein“, als Er hier auf Erden war (sein erstes Kommen: Apg 4,11), doch nun nehmen sie Ihn als den Eckstein an. Es ist dieser Eckstein, der die Grundlage des Baus der Kirche bildete. Zuletzt hat nun auch Israel eben jenen Stein als ihre feste Grundlage angenommen. Sobald der „Tag, den der HERR gemacht hat“ (das 1000-jährige Reich) beginnt (Ps 118,24), freut sich Israel in dem Herrn und bringt Ihm Gedenkopfer (Hes 44–46; Jes 56,7; Jer 33,18) in Anerkennung seines großen Erlösungswerkes vom Kreuz dar (Ps 118,22–29).

Psalm 119

Dieser Psalm beschließt die Serie mit einem Zeugnis für das Gesetz des HERRN (das Wort Gottes), das auf das Herz des erlösten Volkes Israel geschrieben ist. Vergleiche Jeremia 31,31–34 und Hesekiel 36,27. Nahezu jeder Vers (außer 90,122 und 132) dieses langen Psalms erwähnt das Wort Gottes.4 Das zeigt uns, wie jeder Gedanke und jede Tat Israels in diesen Tagen dem Gesetz des HERRN entspringen wird. Der Psalm besteht aus 22 Abschnitten, die jeweils einem Buchstaben des hebräischen Alphabets zugeordnet sind. Jeder Abschnitt hat acht Verse. Die Zahl Acht nimmt damit eine herausragende Stellung in diesem Psalm ein. Sie spricht von einem neuen Anfang. Aufgrund der neuen Ordnung der Dinge des nun beginnenden 1000-jährigen Reiches ist es sehr passend, dass der Aufbau dieses Psalms derart durch diese Ziffer geprägt ist. Das erlöste Volk Israel sinnt in den einzelnen Abschnitten über alles nach, was geschehen ist. Jeder Abschnitt greift eine bestimmte Übung auf, die es durchschreiten musste.

  • ALEPH: Der Segen des Wandels im Gehorsam Gott gegenüber (Ps 119,1–8)
  • BETH: Der Weg ihrer Reinigung (Ps 119,9–16)
  • GIMEL: Nachdenken über die Gnade Gottes (Ps 119,17–24)
  • DALETH: Bewusstwerdung ihrer eigenen Schwachheit (Ps 119,25–32)
  • HE: Suche nach Wegweisung im Wort (Ps 119,33–40)
  • WAW: Zeugnis ablegen vor der Welt (Ps 119,41–48)
  • ZAJIN: Vorwürfe seitens der Welt (Ps 119,49–56)
  • CHET: der Herr und sein Wort, die einzige Kraftquelle in Zeiten des Widerstands (Ps 119,57–64)
  • TET: der Wert des Wortes (Ps 119,65–72) 5
  • JOD: Hoffnung auf den Schöpfer in Zeiten des Elends (Ps 119,73–80)
  • KAPH: Trost in Zeiten des Elends (Ps 119,81–88)
  • LAMED: die Einsicht, dass der Herr in Zeiten des Elends souverän über allem steht (Ps 119,89–96)
  • MEM: Weisheit aus dem Wort gewinnen (Ps 97–104)
  • NUN: Wegführung in Zeiten des Elends (Ps 105–112)
  • SAMECH: Bewahrung zur Zeit des Gerichts (Ps 119,113–120)
  • AIN: Erwartung der Befreiung (Ps 119,121–128)
  • PE: Gemeinschaft (Ps 119,129–136)
  • TSADEH: Eifer für Gott (Ps 119,137–144)
  • KOPH: Abhängigkeit (Ps 119,145–152)
  • RESH: Standhaftigkeit (Ps 119,153–160)
  • SCHIN: Freude an Gott und seinem Wort (Ps 119,161–168)
  • TAW: Lobpreis Jehovas und Aufblick zu Ihm, dem Erretter (Ps 119,169–176)

Fußnoten

  • 1 J. N. Darby bringt diese Verse mit dem zweiten Angriff des Assyrers (das ist Gog-Russland) in Jesaja 29 in Verbindung. Vergleiche „Collected Writings“, Bd. 30, S. 221.
  • 2 Beim Angriff des Königs des Nordens und seines arabischen Staatenbundes (der schon vorher stattfand) konnte Israel definitiv nicht siegen. Zwei Drittel aller Juden, die sich zu dieser Zeit im Land befanden, wurden abgeschlachtet (Dan 11,40-42; Joel 2,1-11; Sach 13,7-9; 14,1.2).
  • 3 A. C. Gaebelein: „The Book of the Psalms“, S. 437.
  • 4 In diesem Psalm tauchen zehn unterschiedliche Bezeichnungen für das Wort Gottes auf: 1.-3. „Wort“, „Zusage“, „Weg“: das Wort in seiner allgemeinen Bedeutung 4.-5. „Gebote“, „Zeugnisse“: die zehn Gebote (2. Mo 20,1-17; 34,29; 5. Mo 4,13; 6,17; 10,4) 6. „Rechte (d.h. die Urteile, die Entscheidungen)“: die richterlichen Entscheidungen des Herrn bei Angelegenheiten, die innerhalb seines Volkes auftreten können. Sollte ein solcher Fall eintreten, wird dabei die Gesinnung des Herrn offenbar (2. Mo 21-23; beachte die „wenn‘s“). 7. Satzungen: die moralischen Auslegungen des Gesetzes erweitert durch den Herrn, meistens in Verbindung mit den Umständen seines Volkes im alltäglichen Leben; Verbote (3. Mo 18,5; 26; 19,19 usw.) 8. Vorschriften: die kleinsten Einzelheiten des Gesetzes (Jes 28,10; Heb 9,19) 9. Verordnungen: Anordnungen verbunden mit Anweisungen für ihre Opfer und ihren Gottesdienst (Heb 9,1; 10; 2. Mo 12,14) 10. Gesetz: die Thora, womit die kompletten Schriften Moses gemeint sind, alle fünf Bücher, der Pentateuch (1. Kön 2,3)
  • 5 Die Angabe zu Tet fehlt im Original und wurde durch den Übersetzer ergänzt. (Anm. des Übers.)
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel