Botschafter des Heils in Christo 1879
Die 70 Wochen in Daniel 9
Das Verständnis der in Daniel 9,24–27 erwähnten 70 Wochen hat schon manchem Leser des prophetischen Wortes Schwierigkeit gemacht. Ich möchte daher in kurzem die Bedeutung derselben zu erklären versuchen.
Diese 70 Wochen sind Jahrwochen, wobei jeder Tag zu einem Jahr gerechnet wird; sie stellen also einen Zeitraum von 490 Jahren dar. „Wisse denn und verstehe: Vom Ausgang des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Wochen (49 Jahre) und zwei und sechzig Wochen (434 Jahre). Die Straße und der Graben werden wiederhergestellt werden, und zwar in Drangsal der Zeiten“ (V 25). Wann wurde dieses Gebot, Jerusalem wiederherzustellen, gegeben? Wir finden es in Nehemia 2. Zwischen dem Erlass jenes Gebotes von Seiten des Königs Arthasastha (Artaxerxes Longimanus) und dem öffentlichen Einzug des Messias in Jerusalem, als des Fürsten und Königs von Juda (vgl. Mt 21,5 mit Sach 9,9), liegt ein Zeitraum von im Ganzen 483 Jahren. Nun ist es sehr wichtig, zu bemerken, dass das, was jetzt folgt, keinen Teil von diesen Wochen bildet, sondern erst nach Beendigung der 69. und vor Beginn der 70. Woche eintritt. Der Tod des Messias, die Zerstörung Jerusalems und „Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstungen“ sind die Ereignisse (V 26), welche zwischen der 69. und 70. Woche geschehen sollen. Es ist daher gleichsam eine Zeitperiode eingeschoben, die jetzt schon länger wie 1800 Jahre gedauert hat. Wird dieses nicht verstanden, so ist die ganze Prophezeiung in Dunkel gehüllt, und der Leser sieht sich von unauflöslichen Rätseln umgeben, während im anderen Fall alles klar und einfach ist. Während dieser Zwischenzeit wird das Zeugnis von dem auferstandenen Sohn Gottes in der ganzen Welt verkündigt. Gott sammelt durch die Wirksamkeit seines Wortes und des Heiligen Geistes ein Volk für seinen hochgelobten Sohn. Die Braut wird berufen und durch die Wüste hindurch zu Christus geführt, wie Rebekka zu Isaak (1. Mo 24). Wenn dieses Werk der Gnade vollbracht und die göttliche Familie in den vielen Wohnungen des Vaterhauses versammelt ist (Joh 14,1.3), dann wird der Lauf der 70 Wochen wiederaufgenommen. Die sieben Jahre, welche noch an der Vollendung der ganzen Periode (490 Jahre) fehlen, sind daher noch zukünftig. Die Rückkehr der Juden in ihr Land, das Wiederaufbauen des Tempels und das Schließen eines Bundes zwischen der Masse des Volkes und dem Haupt des vierten (römischen) Weltreiches, das wiedererrichtet werden wird, sind Umstände, die zur Erfüllung dieses letzten Zeitabschnitts von 7 Jahren notwendig sind (V 27). Diese siebzig Wochen bilden daher nicht, wie oft angenommen wird, einen Teil der gegenwärtigen Periode der langmütigen Gnade Gottes der Welt gegenüber.