Die Bergpredigt
Eine Verständnishilfe zu Matthäus 5 - 7
26. Niemand kann zwei Herren dienen (Matthäus 6,24)
In Matthäus 6,19–24 warnt der Herr Jesus seine Jünger vor dem Trachten nach irdischem Reichtum, zugleich aber auch vor geteilten Zuneigungen. Im letzten Vers dieses kurzen Abschnitts fasst Er alles mit den Worten zusammen: „Niemand kann zwei Herren dienen ... „
Dieser Ausspruch ist, ebenso wie viele andere Worte der Bibel, fast zu einem Sprichwort geworden. Jedem vernünftigen Menschen in dieser Welt leuchtet es ein, dass man seine Interessen und Energien nicht gleichzeitig auf einander entgegengesetzte Ziele richten kann.
Der Jünger als Knecht Gottes
Der Herr Jesus spricht hier von Herren und vom Dienen. In der Parallelstelle in Lk 16,13 heißt es denn auch: „Kein Hausknecht kann zwei Herren dienen.“ Mit diesem Bild bringt Er also zum Ausdruck, dass der Mensch nicht sein eigener Herr ist, sondern Diener oder Knecht. Von Natur ist jeder Mensch ein Sklave der Sünde (Röm 6,17) und unfähig, Gott zu dienen. Andererseits ist jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, jetzt sein erkauftes Eigentum und dadurch auch sein und Gottes „Sklave“ geworden.
Das Verhältnis des Jüngers zu seinem Herrn ist jedoch kein knechtisches. Nein, in Wirklichkeit ist es so, wie der Herr Jesus bereits vor seinem Tod am Kreuz zu seinen Jüngern sagte: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut; euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört habe, euch kundgetan habe“ (Joh 15,15). Nach seinem Erlösungswerk nannte Er die Jünger sogar seine Brüder, weil jetzt alle, die Ihn im Glauben annehmen, zu Kindern Gottes und Söhnen seines Vaters werden. Sind das nicht einzigartige und hohe geistliche Vorrechte? Gerade deshalb aber ist es die Lebensaufgabe eines wahren Jüngers Jesu, „dem lebendigen und wahren Gott zu dienen“ (1. Thes 1,9).
Unsere Herzenseinstellung
Die Worte „Niemand kann zwei Herren dienen“ sind ein allgemeiner Grundsatz, dessen Auswirkungen der Herr Jesus sodann erläutert. Im letzten Teil des Verses spricht Er seine Jünger ganz persönlich an und sagt ihnen klar und deutlich, was gemeint ist: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
Wie schon in Vers 21 erwähnt, geht es hier nicht in erster Linie um das äußerlich Sichtbare, sondern um das Herz. Der Herr Jesus spricht deshalb zunächst vom Hassen und Lieben, sodann vom Anhangen und Verachten. Hass und Liebe bezeichnen also den Herzenszustand, der sich entweder in Verachtung oder Anhänglichkeit offenbart. Einen „Mittelweg“ gibt es nicht.
Den Israeliten, die sich zu dem Herrn als Gott bekannten, aber gleichzeitig dem Baal dienen wollten, musste der Prophet Elia einst zurufen: „Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Wenn der Herr der Gott ist, so wandelt ihm nach, wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach!“ (1. Kön 18,21) Im Neuen Testament unterstreicht der Apostel Paulus seine Warnung vor dem ungleichen Joch mit den Worten: „Denn welche Genossenschaft haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern?“ (2. Kor 6,14–16) – Und Jakobus schreibt: „Wisset ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes“ (Jak 4,4).
Dass es hier um die Herzensstellung geht, sehen wir daran, dass der Herr Jesus von Hass und Liebe spricht. Als Kennzeichen des neuen Lebens äußert sich die Liebe zu Ihm im Gehorsam und in der Bereitschaft, Ihm zu dienen. Für einen anderen „Herrn“ ist dann kein Raum. Wenn der Widersacher dem Fleisch verlockende Angebote macht, dann wird er gehasst. Dieses Hassen ist jedoch nicht eine Reaktion der alten Natur, sondern der neuen, die sich in der tiefen Verabscheuung alles Bösen offenbart (vgl. Röm 7,15; Jud 23). Umgekehrt kann ein Mensch, der fern von Gott in der Finsternis lebt, Ihn nicht lieben, sondern nur hassen, so wie er sein Licht hasst (Joh 3,20; 15,24).
Gott oder der Mammon
Den Schluss dieses Abschnittes bilden die Worte: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Als Jünger des Herrn Jesus sind wir dazu berufen, Ihm zu folgen und Gott zu dienen. Mit dieser hohen Berufung verträgt es sich nicht, einem anderen „Herrn“, dem Mammon, zu dienen. Das ist einfach unmöglich. Es gibt also in dieser Hinsicht keinen Mittelweg! Das menschliche Herz neigt zwar dazu, doch immer wieder einen solchen Weg zu suchen. Aber Gottes Wort warnt uns davor, und unsere eigene Erfahrung bestätigt es, wenn wir aufrichtig sind.
Die genaue Herkunft des Wortes „Mammon“ ist ungeklärt. Meistens wird es als ein aramäisches Wort bezeichnet, das so viel wie „Besitz, Vermögen“ bedeutet. Manche möchten es aus einer anderen semitischen Sprache (dem Phönizisch-Punischen oder Syrischen) ableiten. Jedenfalls handelt es sich nicht um einen Götzennamen, sondern um ein Wort, das schon damals bei den Juden als personifizierter Inbegriff des Geldes und des Besitzes schlechthin bekannt war. Wie manche anderen Begriffe haben die Schreiber des Neuen Testaments auch dieses Wort unübersetzt gelassen1. So ist durch die Bibel der „schnöde Mammon“ als abwertender Ausdruck für das Geld bekannt geworden. Im Neuen Testament kommt „Mammon“ hier und in Lk 16,9.11.13 vor.
Vor dem Sammeln irdischer Schätze hatte der Herr Jesus seine Jünger schon in den Versen 19–21 eindringlich gewarnt. Mit den Worten „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ stellt Er nun abschließend ganz klar heraus, dass das Ansammeln von Geld und Gut ein Zeichen eines bösen Herzenszustandes und Götzendienst ist (vgl. Kol 3,5). Aber auch der Jünger, dessen Herz von ungläubiger Sorge für den morgigen Tag erfüllt ist, dient – vielleicht unbewusst – dem Mammon. Darauf geht der Herr in den folgenden Versen ein.
Fußnoten
- 1 Aramäisch war zur Zeit des Herrn Jesus Landes- und Umgangssprache in Palästina. Das Neue Testament ist jedoch in griechischer Sprache geschrieben worden.