Gottes Rettung
Die Rechtfertigung des Sünders und die Befreiung des Gläubigen
Anhang B: Ein Vergleich der Briefe an die Römer, Kolosser und Epheser
Die Briefe an die Römer, Kolosser und Epheser sind (genau wie alle anderen Schriften) nicht willkürlich vom Geist Gottes abgefasst worden, sondern gemäß eines festgelegten und geordneten Planes, indem seine liebevolle Weisheit die örtlichen Umstände benutzte, die seinen Knecht Paulus dazu geführt haben, sie zu schreiben, so dass sie nicht nur Segen für die, an die sie ursprünglich adressiert waren, hervorbrachten, sondern dass sie auch eine aufeinander aufbauende und sich steigernde Linie der Wahrheit zur bleibenden Unterweisung der Kirche für alle Zeit geben.
Der folgende Abriss zielt darauf ab, die fortschreitende Natur der Briefe klarzumachen:
- Römerbrief – Der Gläubige lebend auf der Erde, aber Christus auferweckt aus den Toten.
- Kolosserbrief – Der Gläubige auferweckt aus den Toten, aber Christus aufgefahren.
- Epheserbrief – Der Gläubige auferweckt und mitsitzend in Christus in den himmlischen Örtern.
Es sei an dieser Stelle gesagt, dass diese Dinge gegenwärtige und wirkliche Fakten sind, zutreffend für den jüngsten und den reifsten Gläubigen in Christus. Ihre Erlangung wird nicht in Frage gestellt, denn der schwächste Gläubige in Ephesus, zusammen mit allen anderen, wird vom Geist Gottes angesprochen als bereits im Geist auferstanden und mitsitzend in den himmlischen Örtern in Christus. „Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat, hat auch uns, als wir in Vergehungen tot waren, mit dem Christus lebendig gemacht – durch Gnade seid ihr errettet –, und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus“ (Eph 2,4–6). Das ist die gesegnete Situation, wie wenig sie auch verwirklicht werden mag – zutreffend für jeden Gläubigen auf der weiten Welt.
Die Verwirklichung dieser Wahrheiten ist von größter Wichtigkeit. Ich habe Seelen kennengelernt, die geseufzt haben, weil sie Jahre lang von Zweifeln und Ängsten gebunden waren, die dann in einem Moment Freude und Freiheit erlangt haben, als sie ihren Platz in Christus erkannt haben, auferweckt aus den Toten – ja, dass sie sogar jetzt schon im Geist mitsitzen in den himmlischen Örtern!
Nun, es gibt zwei Wege, wie der natürliche Mensch von Gott angesehen wird, in Bezug auf die wir in unseren Gedanken klar stehen müssen, wenn wir diese drei Briefe verstehen wollen. Der Römerbrief zeigt uns den einen Blickwinkel; der Epheser- und der Kolosserbrief im Allgemeinen zeigen uns die andere Sichtweise. Wir werden sie für einen Moment untersuchen.
Im Römerbrief finden wir, wie wir in der Einleitung gesagt haben, den Menschen, wie er vom Geist als lebendig in Sünden gesehen wird, mit all seinen Gliedern – Kehle, Zunge, Lippen, Mund und Füßen – alles in offener Feindschaft gegen Gott. Wie kann so jemand vor Gott stehen? Das ist die Frage, deren Beantwortung sich Paulus im Römerbrief vorgenommen hat. Der Mangel des Menschen an Gerechtigkeit (Röm 3,10) sowie Gottes Gerechtigkeit und verbunden damit die Rechtfertigung sind daher seine Themen, während Gottes Ratschlüsse und Absichten nur mehr oder weniger beiläufig in einem Abschnitt erwähnt werden (Röm 8,28–30).
Der Epheserbrief gibt uns das genaue Gegenteil davon. Er handelt nicht vom Menschen als lebendig in Sünden und verantwortlich dafür, sondern als tot in Sünden, ohne Pulsschlag oder Regung für Gott. Die Rechtfertigung ist Gottes Heilmittel für die Verantwortlichkeit des Sünders, wenn er lebendig ist in Sünden. Aber das wird niemandem helfen, der tot ist in ihnen. Ein Heilmittel und eines allein wird diesem Fall helfen und das ist Leben. Gott muss hinzukommen und Leben geben. Und das tut Er, denn wir lesen: „Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat, hat auch uns, als wir in den Vergehungen tot waren, mit dem Christus lebendig gemacht“ (Eph 2,4.5). Der Epheserbrief handelt also nicht von der Verantwortlichkeit des Menschen auf der Erde und Gottes Art ihr zu begegnen wie im Römerbrief, sondern von Gottes Ratschlüssen vor Grundlegung der Welt (Eph 1,4) und (als die Welt erschaffen wurde und der Mensch auf ihr als tot in Sünden befunden wurde) von der neuen Schöpfung (Eph 2,10). Daher verweist der Epheserbrief, genau wie der Römerbrief nur einmal im Vorbeigehen auf Gottes Ratschlüsse hinweist, während er sich über Rechtfertigung entfaltet, nur einmal im Vorbeigehen auf die Erlösung, während er sich über Gottes Ratschlüsse und die neue Schöpfung entfaltet (Eph 1,7).
Der Kolosserbrief berührt, obwohl er den Menschen hauptsächlich vom selben Standpunkt wie der Epheserbrief betrachtet – d. h. tot in Sünden und daraus lebendig gemacht, „und euch, als ihr tot wart in den Vergehungen und der Vorhaut eures Fleisches, hat er mitlebendig gemacht mit ihm“ (Kol 2,13) –, zur gleichen Zeit in gewisser Hinsicht die Linie der Lehre, die im Römerbrief entwickelt wurde, denn er sieht den Gläubigen nicht nur als tot in Sünden, sondern auch als lebendig in ihnen und als solcher mit dem Bedürfnis nach Vergebung, „indem er uns alle Vergehungen vergeben hat“ (Kol 2,13). So bildet der Kolosserbrief den nötigen verknüpfenden Link zwischen dem Römer- und dem Epheserbrief.
Ein Bezug auf Israel, das als Nation ein Vorbild für den einzelnen Gläubigen darstellte, mag helfen, den Unterschied zwischen den drei Briefen klarzumachen.
Aber zuerst müssen wir erklären, wovon Jordan und Kanaan Vorbilder waren. Wir wissen, dass die allgemein angenommene Ansicht davon die ist, dass der Jordan den körperlichen Tod des Gläubigen darstellt, der ihm den Zutritt nach Kanaan ermöglicht – dem Himmel im Vorbild. Aber ein wenig Nachdenken wird beweisen, dass diese Sicht nicht richtig sein kann, denn wenn der Jordan der körperliche Tod wäre und Kanaan der Himmel, wie ist es dann möglich, dass die Israeliten, anstatt dass sie Ruhe in Kanaan fanden, ständig kämpfen mussten? Der Jordan ist in der Tat ein Vorbild für den Tod, aber es handelt sich jetzt um den moralischen Tod des Gläubigen mit Christus und nicht um den körperlichen Tod. Und Kanaan ist ein Vorbild der himmlischen Örter – das ist der Himmel selbst –, worin wir Gläubige in diesem Augenblick schon gesegnet sind, nicht, wie Israel damals, mit materiellem Segen in irdischen Örtern, sondern mit jeder geistlichen Segnung in himmlischen Örtern in Christus (Eph 1,3); wo Gott uns hat mitsitzen lassen (Eph 2,6); und wo wir uns selbst im Kampf wiederfinden, nicht, wie Israel damals, mit Fleisch und Blut, mit Riesen und Enakim, sondern mit Fürstentümern und Gewalten, mit geistlichen Mächten der Bosheit in den himmlischen Örtern (Eph 6,12).
Erscheint es komisch, dass Mächte der Bosheit in den Himmeln sein sollen? Offensichtlich erscheint es vielen Übersetzern so, denn sie haben oft Mühe mit dieser Stelle und übersetzen zum Teil falsch, um ihre Gedanken dort unterzubringen. Und doch handelt es sich um eine Wahrheit, die von mehr als einer Stelle bezeugt wird (vgl. Hiob 1,6; Dan 10,12.13; Röm 8,33; Off 12,7–10). Auch wird Satan, wie wir in der letzten angegebenen Stelle sehen, erst kurz vor dem 1000-jährigen Reich des Christus mit seinen Engeln aus dem Himmel geworfen werden – eine Zeit, die vorausblickend vor der Seele des Herrn ablief, als die Siebzig zurückkehrten, um ihm zu erzählen, dass selbst die Dämonen ihnen untertan waren (Lk 10,17.18). Ich würde gerne auf die sorgfältige Abwägung dieser Wahrheit drängen, weil sonst, wenn sie nicht erkannt wird, ein Großteil der Lehre, die im Epheserbrief enthalten ist, verloren gehen muss.
Der Jordan bildet also den Tod mit Christus vor und Kanaan den Himmel, in dem der Gläubige jetzt in Christus ist. Der Römerbrief bringt uns nun in seiner Lehre nicht weiter, jedenfalls in Vorbildern ausgedrückt, als auf die Wüstenseite des Schilfmeeres, das ein Vorbild des Todes des Herrn Jesus für uns ist. Wenn wir mit Christus da hindurchziehen, erlangen wir, wie Israel es damals tat, Befreiung von dem, was uns versklavt hat (Röm 6,8–23). Danach lehrt uns der Kolosserbrief, dass wir „mit Christus den Elementen der Welt gestorben sind“ und dass wir mit ihm auferweckt worden sind (Kol 2,20; 3,1), und er bringt uns damit, in Vorbildern ausgedrückt, aus dem Jordan wieder hinauf, aber nicht um uns im Land anzusiedeln, sondern um uns bestenfalls nach Gilgal zu bringen und uns dort der Beschneidung zu unterziehen (Jos 5,2): „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind“ (Kol 3,5). Darüber hinaus versetzt uns der Epheserbrief in himmlische Örter in Christus, wobei Gott uns dort gesegnet hat, nicht mit einem „zweiten Segen“, wie einige es sagen wollen, sondern mit jeder geistlichen Segnung. Sie gehören uns nach Recht und Anspruch. Wir müssen wie Israel damals nur losziehen und sie uns zu eigen machen. Jeder Ort, auf den unsere Fußsohle treten wird, gehört uns (Jos 1,3).
Fürstentümer und Gewalten sind jedoch dort, um uns in unserem Lauf zu behindern. Aber sie sind besiegte Mächte (Kol 2,15) und der Schrecken vor uns und unserem Josua-Jesus liegt auf ihnen (5. Mo 2,25; 11,25). Dennoch brauchen wir die nötige „Ausrüstung“, die ganze Waffenrüstung Gottes, denn, auch wenn der Feind besiegt ist, müssen wir noch gegen seine Listen bestehen (Eph 6,10–18).
Um es also zusammenzufassen: Der Römerbrief zeigt uns Christus auferstanden, aber den Gläubigen (der einst in Sünden lebte) als einen gerechtfertigten Menschen, lebendig auf der Erde und in Christus. Der Kolosserbrief zeigt Christus auferstanden und aufgefahren, aber den Gläubigen (der einst tot war in Sünden) auferstanden und in Christus. Und der Epheserbrief zeigt Christus auferstanden, aufgefahren und sitzend in den himmlischen Örtern, und den Gläubigen (der einst tot war in Sünden) auferstanden und mitsitzend in den himmlischen Örtern in ihm.