Ich sah den Himmel geöffnet
Offenbarung 19-22
Die Erscheinung des Herrn
Überblick und Gliederung
Der Abschnitt ab Kapitel 19, Vers 11, bis Kapitel 21, Vers 8, bildet ein einheitliches Ganzes. Das Besondere an diesem Teil der Offenbarung ist: Er schildert die Ereignisse streng chronologisch, zeigt ihre zeitliche Aufeinanderfolge ohne irgendeine Unterbrechung. Er beginnt mit der Erscheinung des Herrn vom Himmel und endet mit dem ewigen Zustand. Die dazwischenliegenden Geschehnisse – die letzten und ernstesten dieser leidvollen Menschheitsgeschichte – werden lückenlos und zeitlich aufeinanderfolgend beschrieben. Zu Beginn dieses Abschnittes finden wir das Gericht der Lebendigen, an dessen Schluß das Gericht der Toten.
Diesem chronologischen Teil folgt ab Kapitel 21, Vers 9, bis Kapitel 22, Vers 5, eine Art «Rückblende» auf die «heilige Stadt, Jerusalem^ das ist die verherrlichte Versammlung Gottes, in Verbindung mit dem Tausendjährigen Reich. Daß und warum der Heilige Geist nach Schilderung des ewigen Zustandes noch einmal diese Rückschau auf die Versammlung im Reich gibt, soll dann erörtert werden, wenn wir an diesen Punkt gelangen. Doch soviel sei schon hier gesagt: Die bemerkenswert breit angelegte Beschreibung der Versammlung in Herrlichkeit in ihren Beziehungen zur Erde während des Friedensreiches Christi hätte die zeitlich geordnete und geraffte Berichterstattung der Endzeitereignisse empfindlich gestört.
Achtmal finden wir in dem uns jetzt beschäftigenden Abschnitt (Kap. 19, 11 – 21, 8) die Worte „und ich sah“ (gr. kaieidon).1 Sie markieren jeweils einen neuen Anfang und geben uns zwangsläufig die Gliederung dieses Teiles der Offenbarung; denn jedesmal folgen nach diesen Worten neue Gesichte, die dem Seher zuteil werden.
- „Und ich sah den Himmel geöffnet“ – es folgt die Erscheinung des wahren Königs der Könige (Kap. 19,11–16).
- „Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen“ – es folgt die Einladung zum großen Mahl Gottes (Verse 17.18).
- „Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt“ – es folgt das Gericht über das Tier und den falschen Propheten (Verse 19–21).
- „Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herniederkommen“ – es folgt das Binden Satans (Kap. 20, 1–3).
- „Und ich sah Throne“ – es folgt die Herrschaft mit Christus im Tausendjährigen Reich (Verse 4-6) und der letzte Kampf und Sieg über Satan (Verse 7–10).
- „Und ich sah einen großen weißen Thron“ – es folgt die Beschreibung des Herrn als Richter (Vers 11).
- „Und ich sah die Toten“ – es folgt das Gericht der Toten (Verse 12–15).
- „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“ – es folgt der ewige Zustand (Kap. 21, 1–8).
Ein kurzer Blick auf das neunzehnte Kapitel zeigt uns eine ganze Reihe starker Gegensätze. Wir finden zwei Frauen, zwei Festmahle, zwei Heere und zwei Könige. Die «große Hure» (Vers 2.) steht im Gegensatz zum Weib des Lammes» (Vers 7), das «Hochzeitsmahl des Lammes» (Vers 9) zu dem «großen Mahl Gottes» (Vers 17), die «Kriegsheere des Himmels» (Vers 14) zu den «Heeren des Tieres» (Vers 19) und die «Könige der Erde» (Vers 19) zu dem «König der Könige und Herrn der Herren» (Vers 16). Welch eine Unvereinbarkeit! Es ist der Gegensatz zwischen Echtem und Unechtem, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Himmel und Hölle!
Geöffnete Himmel
Das ist das fünfte und letzte Mal, daß wir von einem geöffneten Himmel im Neuen Testament hören. Vielleicht von einer Ausnahme abgesehen, ist stets der Herr Jesus die zentrale Person, wenn sich der Himmel öffnet.
Als der Heiland im Jordan getauft worden war, wurden Ihm die Himmel aufgetan, und es kam eine Stimme aus den Himmeln: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3, 16.17). Einmaliges Ereignis! Noch nie hatte sich der Himmel über einer in dieser Welt lebenden Person geöffnet. Jetzt aber war der Sohn Gottes auf der Erde, Gott, der Sohn, die volle Offenbarung Gottes. Der Himmel schaut auf Ihn herab, und der Vater drückt Sein ganzes Wohlgefallen über diese eine Person aus.
In Johannes 1 spricht der Herr selbst von einem geöffneten Himmel und sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen“ (Vers 51). Das wird sich im Tausendjährigen Reich erfüllen. Auch dann wird Christus der Mittelpunkt, der Gegenstand des Himmels auf der Erde sein.
In Apostelgeschichte 7 sieht Stephanus die Himmel geöffnet. Er schaut die Herrlichkeit Gottes und „Jesus zur Rechten Gottes stehen“ (Verse 55.56). Wie wunderbar ist auch das! Der, welcher der Gegenstand Gottes auf der Erde war, ist jetzt der Gegenstand des Gläubigen im Himmel. Laßt auch uns in Leiden und Nöten, ja, laßt uns stets zu Ihm empor blicken! Der verherrlichte Sohn des Menschen ist die Kraftquelle für uns auf unserem Weg durch diese Welt, und Er ist auch das Ziel, dem wir entgegenlaufen.
Auch Petrus in Apostelgeschichte 10 sah den Himmel geöffnet, sah, wie ein gewisses Gefäß, gleich einem großen leinenen Tuch mit allerlei vierfüßigen und kriechenden Tieren darin auf die Erde herniedergelassen wurde, und er hörte eine Stimme: „Stehe auf, Petrus, schlachte und iß!“ (Verse 11–13).
Dieses leinene Tuch mit den unreinen Tieren darin ist ein Bild von dem Evangelium der Gnade, das nun weltweit („an vier Zipfeln gebunden“) auch den Nationen verkündigt werden sollte. Das ist das eine Beispiel, wo nicht der Herr Jesus direkt im Mittelpunkt des geöffneten Himmels steht.
In Offenbarung 19 nun sieht Johannes den Himmel geöffnet. Zu Beginn der prophetischen Gesichte war ihm eine Tür in dem Himmel aufgetan worden (Kap. 4, 1). Jetzt aber ist der Himmel selbst aufgetan, um jemand heraustreten zu lassen, eine erhabene Person, die einen vierfachen Namen trägt.
Einst war diese Person aus des Himmels Herrlichkeit auf diese mit Fluch beladene Erde herabgekommen, um hier als vollkommener Mensch zur Verherrlichung Gottes zu leben und zu sterben und das Werk der Erlösung zu vollbringen. Nach vollbrachtem Werk war Er dann wieder in den Himmel zurückgekehrt – „dieser Jesus“, wie die Engel Ihn genannt hatten (Apg 1,11). Aber Er würde auf die gleiche Weise wiederkommen, wie sie Ihn hatten hingehen sehen in den Himmel. Das war die Botschaft der Engel an die unverwandt zum Himmel schauenden Jünger gewesen.
Nun ist dieser Augenblick gekommen. Er tritt wieder aus dem geöffneten Himmel hervor, jetzt aber, um Gericht auszuüben.
Die Erscheinung des Herrn als Richter
„Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, [genannt] Treu und Wahrhaftig, und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit“ (Off 19, 11).
Wir erreichen jetzt das alles beherrschende Ereignis, das so häufig im Alten und Neuen Testament erwähnt wird und auf das die Welt zusteuert: die persönliche und direkte Intervention des Herrn Jesus auf dieser Erde.
Gott wird „den Erstgeborenen wiederum in den Erdkreis einführen“. Diese Ausdrucksweise des Heiligen Geistes in Hebräer 1, Vers 6, schließt eine Entfaltung göttlicher Macht in sich, die notwendig sein wird, um dieses Ziel zu erreichen. Denn tatsächlich würden Ihm die Menschen denselben Empfang bereiten, wie sie es taten, als Er zum ersten Mal in diese Welt eintrat, käme Er noch einmal in Demut und Niedrigkeit. Wenn den Menschen irgend etwas unbequem und zuwider ist, dann ist es der Gedanke an ein mögliches Wiederkommen Christi zu ihnen. Aber Er wird zu ihnen kommen, und es wird in Macht und Herrlichkeit geschehen. Das wird dann Sein Tag sein, der «Tag des Herrn», von dem wir so oft im Alten und Neuen Testament lesen (z.B. Joel 1,15; 2, 31; 2. Thes 2, 2 ff).
Lange hat Er auf diesen Augenblick gewartet, hat gewartet, bis Gott, der Vater, Ihm Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße legt (Heb 10, 12.13; Ps 110, 1). Jetzt ist dieser Augenblick gekommen. Er hatte selbst davon gesprochen: „Alsbald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen in dem Himmel erscheinen; und dann werden wehklagen alle Stämme des Landes, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit“ (Mt 24, 29.30).
Das weiße Pferd
Der Seher sieht ein weißes Pferd. Es ist das Symbol siegreicher Macht, der nichts zu widerstehen vermag. Wie viele Symbole der Offenbarung ist auch dieses dem Alten Testament entliehen. So finden wir zum Beispiel in Sacharja 1, Vers 8, neben roten und hellroten Rossen auch weiße Rosse, die dort allesamt von dem Handeln Gottes in Seiner Vorsehung reden. Auch in Kapitel 6 unseres Buches begegnete uns bereits ein weißes Pferd. Von dem, der darauf saß, wird gesagt, daß er auszog, „siegend und auf daß er siegte“ (Vers 2). Das ist also die Bedeutung des «weißen Pferdes»: siegreiche Macht zur Unterwerfung jeder entgegenstehenden Macht.
Doch die Person auf dem weißen Pferd ist in Kapitel 6 eine andere als in Kapitel 19. Daß beide auf einem weißen Pferd gesehen werden, ist absolut kein Hinweis darauf, daß es sich jeweils um dieselbe Person handelt. In Kapitel 6 geht es offensichtlich um einen großen Eroberer, der nicht näher bezeichnet wird. Hier jedoch ist eindeutig von Christus die Rede, wie uns die weitere Schilderung der Persönlichkeit auf dem weißen Pferd klarmacht.
Einst war der Herr Jesus in Schwachheit gekommen, hatte als kleines Kind in einer Krippe gelegen. Jetzt kommt Er in siegreicher Macht, um Sich alle Seine Feinde zu unterwerfen. Einst war Ihm ins Angesicht gespien worden, war Seine Gestalt entstellt gewesen, mehr als der Menschenkinder (Jes 52, 14). Jetzt aber entfaltet Er Seine Macht und Herrlichkeit und macht Seine Rechte geltend. Und wir werden weiter sehen, daß Er nun gleichsam all Seine Herrlichkeiten anlegt, die Er Sich erworben hat, und alle Ehren, die dem ernsten Anlaß angemessen sind.
Treu und Wahrhaftig
Von den vier Namen, die dem Herrn Jesus in den Versen 11 bis 16 beigelegt werden und die von dem reden, was Er in Seiner Person offenbart, ist dies der erste – Treu und Wahrhaftige. Nur Er war in Seiner Person und in Seinen Wegen die vollkommene Verkörperung dieser Charakterzüge. Schon in Kapitel 1 war von Ihm als dem «treuen Zeugen» gesprochen worden (Vers 5). Der Versammlung von Philadelphia hatte Er Sich als «der Heilige, der Wahrhaftige» vorgestellt (Kap. 3, 7) und der Versammlung in Laodicäa als der «treue und wahrhaftige Zeuge» (Kap. 3, 14). Treu war der Herr Jesus immer gewesen, auf Seinem ganzen Pfad auf der Erde. Treue zu Gott und zu den Menschen hatte Ihn stets gekennzeichnet, und das auf dem Schauplatz, wo sich die Untreue des Menschen so völlig erwiesen hatte. Was auch die Kosten für Ihn gewesen waren, Er hatte Gott in Treue gedient, hatte Ihn bis zum Tod am Kreuz verherrlicht und kundgemacht. Selbst vor Pontius Pilatus hatte Er, damals noch als Gefangener, das gute Bekenntnis bezeugt (1. Tim 6, 13; Joh 18, 37). Aber jetzt ist Er selbst der Richter. Welch ein gewaltiger Wandel! Trotzdem bleibt Er der Treue, wenngleich sich Seine Treue nicht mehr in mannigfachen Gnadenerweisungen, sondern in gerechtem Gericht kundgibt. „Und Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein, und die Treue der Gurt seiner Hüften“ (Jes 11, 5).
Aber Sein Name ist auch Wahrhaftige Als Mensch auf der Erde war Er stets «die Wahrheit» gewesen (Joh 14, 6), der vollkommene Ausdruck all dessen, was Gott ist. Ja, Er zeigte in bezug auf alles und jeden, was die Gedanken Gottes darüber sind. Und wenn die Juden Ihn fragten, wer Er sei, so konnte Er – und auch nur Er – sagen: „Durchaus das, was ich auch zu euch rede“ (Joh 8, 25). Ob es sich um Sein Verhältnis zu Gott oder zu den Menschen handelte, was immer Er sagte oder tat, Er war der Wahrhaftige» war und ist «die Wahrheit» Er ist das «wahrhaftige Licht» (Joh 1, 9), das «wahrhaftige Brot» (Joh 6, 32), der «wahrhaftige2 Weinstock» (Joh 15, 1), der «wahrhaftige Gott» (1. Joh 5, 20) und der »wahrhaftige Zeuge» (Off 3, 14). Und auch in der Ausführung der Gerichte wird Er vollkommen wahrhaftig sein und das Wesen Gottes, Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit gegenüber dem Bösen ungeschmälert zum Ausdruck bringen.
Er richtet und führt Krieg
In Sich selbst treu und wahrhaftig, richtet Er und führt Krieg in Gerechtigkeit. Er liebt Gerechtigkeit und haßt Gesetzlosigkeit (Heb 1,9), und Gerechtigkeit wird alle Seine Wege kennzeichnen, ob es sich nun um die Errichtung Seines Reiches oder um die Ausübung Seiner Herrschaft handelt, ob das Gericht über Seine Feinde oder der Kampf wider entgegenstehende militärische Mächte in Frage kommt.
Paulus hatte am Schluß seiner Rede auf dem Areopag schon davon gesprochen, daß Gott „einen Tag gesetzt hat, an welchem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn auferweckt hat aus den Toten“ (Apg 17, 31). Nun, dieser von Gott bestimmte «Mann» ist hier vor uns, und der von Gott für das Gericht festgesetzte Tag in Offenbarung 19 ist gekommen. Das vom Herrn ausgeführte Gericht wird sich dabei sowohl auf Lebendige als auch auf Tote erstrecken: Er ist der von Gott verordnete «Richter der Lebendigen und der Totem, der universale Richter (Apg 10, 42; 2. Tim 4,1; 1. Pet 4, 5). Das Schicksal aller Menschen liegt in Seiner Hand. Welch eine erstaunliche Feststellung! Sie ist geeignet, jeden Widersacher mit Schrecken zu erfüllen.
Wenn die Juden an das Gericht dachten, war ihnen ausschließlich das Gericht der Lebendigen gegenwärtig. Die Mehrzahl der Christen dagegen geht gerade über diese Seite des Gerichts hinweg. Sie beschäftigen sich, wenn überhaupt, mehr mit dem Gericht der Toten. Der Herr Jesus wird beide Personen-Gruppen richten, und zwar zu ganz verschiedenen Zeiten. In unserem Kapitel finden wir das Gericht der Lebendigen. Es findet kurz vor dem Tausendjährigen Reich statt. Das Gericht der Toten wird im letzten Abschnitt von Kapitel 20 geschildert. Dieser überaus ernste Augenblick wird erst dann kommen, „wenn die tausend Jahre vollendet sind“ und nachdem Satan noch einmal aus seinem Gefängnis losgelassen wurde (Kap. 20, 7ff).
Das Gericht der Lebendigen wird einen doppelten Charakter tragen. Einerseits wird es ein «Kriegsgericht» sein, wie wir es ab Vers 19 unseres Kapitels finden. Es ist der «Tag der Rache» von dem in der Schrift so oft gesprochen wird. Das Schwert wird aus dem Mund Dessen hervorgehen, der auf dem Pferd sitzt, und alle Widersacher töten.
Andererseits wird es auch noch einen anderen Aspekt des Gerichts geben, den wir wohl am besten mit dem Ausdruck «Sitzungsgericht» umschreiben können. Denn der Herr Jesus wird auf Seinem Thron der Herrlichkeit sitzen, und vor Ihm werden versammelt werden alle Nationen (Mt 25,31.32). Auf dieses Sitzungsgericht spielt Offenbarung 20, Vers 4, an: „Und ich sah Throne, und sie saßen darauf, und es wurde ihnen gegeben, Gericht zu halten.“ Ohne jetzt näher darauf einzugehen, seien nur noch zwei Punkte bemerkt:
- Dieses Gericht wird nicht allein zu Beginn des Reiches stattfinden, sondern auch während der ganzen Zeit der Regierung Christi auf der Erde seinen Verlauf nehmen: „Jeden Morgen will ich vertilgen alle Gesetzlosen des Landes, um aus der Stadt Jehovas auszurotten alle, die Frevel tun“ (Ps 101, 8).
- Der Thron Christi wird in dem irdischen Jerusalem jener Tage stehen: „In jener Zeit wird man Jerusalem den Thron Jehovas nennen, und alle Nationen werden sich zu ihr versammeln wegen des Namens Jehovas in Jerusalem“ (Jer 3,17). Daß Er auch im Himmel einen Thron hat und daß es auch ein himmlisches Jerusalem gibt, wird uns noch beschäftigen, wenn wir zum 2.1. Kapitel der Offenbarung kommen.
Augen wie eine Feuerflamme
Der heilige Schreiber fährt mit der Beschreibung der Person auf weißem Pferd fort:
„Seine Augen aber sind [wie] eine Feuer flamme, und auf seinem Haupte sind viele Diademe, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt, als nur er selbst“ (Off 19, 12).
Schon in Kapitel 1, Vers 14, und Kapitel 2, Vers 18, wurde davon gesprochen, daß die Augen des Herrn wie eine Feuerflamme sind. Hier wird das wiederholt, mit dem kleinen Unterschied, daß das «wie» fehlt – jedenfalls in einigen alten Handschriften. Der Gedanke scheint dadurch noch verstärkt zu werden: Sie sind eine Feuerflamme.
«Feuer» ist das Symbol von Gottes prüfendem Gericht. Mit göttlicher Allwissenheit und Unbestechlichkeit sieht und beurteilt der Herr alle Dinge, durchdringt Sein Auge jedes verborgene Böse. Grundsätzlich ist das auch in der Zeit der Kirche auf Erden der Fall, wie die beiden eben genannten Stellen aus Kapitel 1 und 2 deutlich machen. Wir sollten das gewiß mehr bedenken. Der Herr „inmitten der sieben goldenen Leuchter“ beurteilt den Zustand der örtlichen Versammlungen mit einem alles durchdringenden Blick. Daß Seine Augen auch „die ganze Erde durchlaufen, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist“ (2. Chr 16,9), bleibt indes ebenso wahr und ist ein tiefer Trost für die Treuen zu allen Zeiten. Aber an jenem zukünftigen Tag wird Er entsprechend dem, was Seine Augen wahrnehmen, unerbittliches Gericht ausüben. Keiner wird sich vor Seinen Augen verstecken, keiner wird dem verdienten Gericht entrinnen können.
Viele Diademe
Ein Diadem spricht von königlicher Herrschaft und Majestät. Wohl in Anspielung auf den «Drachen», der sieben (Kap. 12, 3), und auf das «Tier» (den römischen Fürsten), das zehn Diademe hat (Kap. 13, 1), wird hier vom König der Könige und Herrn der Herren gesagt: „Auf seinem Haupte sind viele Diademe.“ Diese vielen Diademe stehen symbolisch für die Universalität und die Mannigfaltigkeit Seiner Herrschaft, die die ganze Welt und jeden Bereich umfassen wird. „Und Jehova wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tage wird Jehova einer sein und sein Name einer“ (Sach 14, 9).
Einst hatte der Teufel dem Herrn Jesus alle Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit angeboten: Wenn Er vor ihm niederfallen und ihn anbeten würde, wollte er sie Ihm alle geben (Mt 4, 8–10). Aber wie hätte der Herr etwas aus der Hand des Teufels annehmen können! Unmöglich! Er, der rechtmäßige Erbe aller Dinge, würde warten, bis die geeignete Zeit kommt und Er alles aus der Hand Seines Vaters empfangen kann. Inzwischen bekannte Er offen vor Pilatus: „Jetzt aber ist mein Reich nicht von hier“ (Joh 18, 36). Eine aus Dornen geflochtene Krone sollte zuvor Seine „Zierde“ sein, das Sühnungswerk mußte vollbracht werden.
Wenn der Herr das Angebot des Teufels ablehnte, zwei andere Persönlichkeiten werden es annehmen, Vasallen und Sklaven Satans: das «Tier» und der «Antichrist». Der Herr dagegen war stets der wahre «Knecht Jehovas», und in Seiner Hand wird das Wohlgefallen Jehovas gedeihen (Jes 53, 10). Nachdem Er – was den Antritt Seiner Regierung angeht – lange Zeit zur Rechten Gottes gesessen und auf diesen Augenblick gewartet hat, tritt Er nun aus dem geöffneten Himmel heraus, und „auf seinem Haupt sind viele Diademe“. Wie beglückt uns das! Einst war Sein Haupt „voll Tau“, waren Seine „Locken voll Tropfen der Nacht“ (Hld 5, 2), aber jetzt erglänzen die Symbole königlicher Herrlichkeit auf Seinem Haupt. Bei diesem Gedanken muß jedes gläubige Herz frohlocken.
Es ist dies übrigens das erste Mal, daß der Herr Jesus mit diesen Zeichen der königlichen Macht und Würde gesehen wird. Schon Sein Erscheinungsbild in Kapitel 1 als Sohn des Menschen war von Macht und Würde gekennzeichnet, aber eines finden wir dort nicht, finden es bis hierher im ganzen Buch der Offenbarung nicht – Diademe auf Seinem Haupt. Daraus ersehen wir zweierlei: Wir Christen haben es heute nicht mit dem Herrn Jesus als König zu tun. Er ist nicht unser König, sondern unser Herr und Heiland. Und zweitens, Seine Herrschaft als König der ganzen Erde wird Er erst antreten, wenn der Augenblick gekommen sein wird, von dem Offenbarung 19 redet.
Ein Name, den niemand kennt
Darüber kann kein Zweifel bestehen: Die Herrlichkeiten, die wir hier an dem Herrn Jesus sehen, sind verliehene Herrlichkeiten, sind Herrlichkeiten, die Er als Mensch besitzt und die Menschen sehen können. Das entspricht ganz dem Charakter des Buches der Offenbarung. Aber darüber hinaus besitzt Er Wesenszüge und Herrlichkeiten, die Ihm als einer Person der Gottheit eigen sind und die Ihm niemand verleihen konnte.
Es ist ein besonderer Charakterzug in den Schriften des Johannes, daß er den Herrn Jesus als den stets abhängigen Menschen vorstellt, der nichts aus Sich selbst heraus tut, sondern alles von Seinem Vater her und für Seinen Vater tut. Aber Johannes, inspiriert vom Heiligen Geist, stellt dieser Wahrheit sogleich immer eine andere an die Seite: Diese Person ist unendlich mehr als ein vollkommener Mensch – sie ist Gott. Selbst in diesem Buch, das einen eher förmlichen, strengen Charakter trägt und viel mit Gericht zu tun hat, selbst in der Offenbarung also finden wir dieses Kennzeichen. Eben war von den vielen Diademen auf dem Haupt des Herrn die Rede, und auf einmal hören wir, daß Er einen Namen trägt, den niemand kennt, als nur Er selbst. Was will uns der Heilige Geist damit sagen?
Wie schon häufig bemerkt, steht in Gottes Wort mit dem Namen einer Person der Gedanke der Offenbarung dieser Person in Verbindung. Wenn Sich Gott einen Namen beilegt, dann tut Er damit kund, was Er in Sich selbst ist, wobei jedoch im allgemeinen Seine Beziehung zu anderen im Vordergrund steht. Wenn Er zum Beispiel zu Abraham sagt: „Ich bin Gott, der Allmächtige“ (1. Mose 17, 1), dann offenbart Er Sich ihm als der Allmächtige. Er sagt ihm gleichsam: „Bei Mir ist alle Macht, auf Mich kannst du in jeder Situation rechnen. Vertraue nur auf Mich!“ Wir dürfen Gott ebenfalls in diesem Charakter kennen und können im Vertrauen auf den allmächtigen Gott trotz aller Wirren und Gefahren ruhig unseren Weg gehen. Doch hat Er Sich uns noch in einer weit innigeren Weise offenbart – als Vater. Das ist die wahrhaft christliche Stellung, daß wir in die Beziehung zu Ihm als Vater gekommen sind: Wir haben „den Vater erkannt“ (1. Joh 2,13). Unermeßliches Vorrecht! Es ist allerdings nicht Gegenstand unseres Buches.
Wenn es nun hier vom Herrn Jesus heißt, daß Er einen Namen trägt, den niemand kennt als nur Er selbst, dann wird damit auf Seine unergründliche Beziehung innerhalb der Gottheit hingewiesen. Obwohl Er der verherrlichte Sohn des Menschen ist und im Begriff steht, als solcher eine neue Stellung einzunehmen, nämlich Gericht auszuüben, ist Er und bleibt Er eine göttliche Person. Er steht zu Gott in Beziehungen, die niemand der Menschen wahrnehmen oder gar ergründen kann. Die Sprache hier ähnelt der in Matthäus 11, Vers 27: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater.“ In Christus ist etwas und wird immer etwas sein, was erschaffenen Menschen verborgen bleiben wird, auch in der Herrlichkeit des Himmels. Das Geheimnis Seiner Person, des Mensch gewordenen Sohnes Gottes, kann nur vom Vater erkannt werden. Das sagt uns der Herr in Matthäus 11. Und hier lernen wir, daß Er stets in Sich das Bewußtsein trägt, wer Er und was Er in Sich selbst ist. Anbetungswürdige Person! Anbetungswürdiger Herr Jesus!
Ist vielleicht einer meiner Leser ein wenig traurig darüber, daß in seinem Heiland etwas ist, was er nie wird ergründen können? Es ist kein Grund, traurig zu sein, sondern ein Grund zur Freude und Anbetung. Bedeutet doch dieser „Name, den niemand kennt als nur er selbst“, durchaus nicht, daß wir gar nichts von Ihm erkennen können. Ganz im Gegenteil! Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir über Seinen nächsten Namen nachdenken. Aber das Geheimnis Seiner Person – Gott und Mensch in Ihm, in einer Person vereinigt – kann kein menschlicher Geist ergründen, kein menschliches Herz erfassen. Darüber müssen wir nicht bestürzt sein. Wir müßten ja Gott sein, um Gott verstehen zu können.
Er, der Sich so tief erniedrigt, der uns geliebt und Sich selbst für uns hingegeben hat, ist in Seiner Person so unendlich über uns erhaben, daß wir in alle Ewigkeit Grund haben werden, Ihn zu bewundern und anzubeten. Je näher wir Ihm kommen werden, Geliebte, desto mehr werden wir erkennen, wie groß, wie unendlich Er ist. Wir können Seine Unendlichkeit nicht verstehen, aber wir wissen, daß Er unendlich ist, und wir beten Ihn dafür an.
Solange wir in dieser Welt sind, ist jedoch eine Warnung am Platz: Wir sollten davor auf der Hut sein, uns bezüglich der Person unseres Herrn in etwas hineindrängen zu wollen, was Gott uns nicht offenbart hat. Welcher sterbliche Mensch könnte je in dem angegebenen Sinne den Namen Dessen kennen, der Gott, „offenbart im Fleische“, ist (1. Tim 3, 16)? Es wird uns hier ausdrücklich gesagt, daß niemand ihn kennt!
Die Kinder Israel mußten beim Durchzug durch die Wüste die Geräte des Heiligtums tragen, aber gewisse Geräte mußten durch Decken und Vorhänge «bedeckt» sein. Niemand durfte es wagen, sie auf der Wüstenwanderung zu enthüllen. Auch wir wollen uns nicht an Dinge heranwagen, die die Person Christi betreffen, uns aber nicht enthüllt sind. Die Nichtbeachtung dieser Warnung war schon allzuoft die Quelle tödlichen Irrtums. Andererseits laßt uns mit aller Kraft, deren wir fähig sind, mit dem beschäftigt sein, was Er von Sich offenbart hat: Wir werden übergenug in Ihm finden, um vollkommen glücklich zu sein!
Zum Abschluß dieses Abschnittes sei noch auf einen ähnlichen Ausdruck im Sendschreiben an Pergamus in Kapitel 2. hingewiesen. Dort wird dem Überwinder ein weißer Stein verheißen, auf den ein „neuer Name“ geschrieben ist, den „niemand kennt, als wer ihn empfängt“ (Vers 17). In der Herrlichkeit wird der Herr dem Überwinder nicht allein Seine Billigung für erwiesene Treue zuteil werden lassen („weißer Stein“), sondern Er wird ihm auch unabhängig von der Freude, die alle gemeinsam genießen werden, ein ganz persönliches Teil schenken, eine besondere Beziehung in Seiner Gunst („neuer Name“). Wunderbare Gnade!
Ist es nicht der Mühe wert, in unseren Tagen geistlicher Verflachung und sittlichen Verfalls Überwinder zu sein oder es zu werden? Die Belohnung wird sehr groß sein.
Das in Blut getauchte Gewand
Bevor uns ein dritter Name des Herrn genannt wird, kommt noch ein sehr ernster Charakterzug in der Person Dessen auf weißem Pferd vor uns:
„Und er ist bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewände, und sein Name heißt: Das Wort Gottes“ (Vers 13).
Merkwürdig, wie manche das «in Blut getauchte Gewand» derart mißdeuten und annehmen konnten, daß es sich dabei um das kostbare Blut des Lammes ohne Fehl und Flecken, des Herrn Jesus, handele! Nein, es ist symbolisch das Blut Seiner Feinde. Als man den Heiland kreuzigte, zog man Ihm Seine Kleider aus, verteilte sie und warf über sie das Los (Mt 27, 35). Dann vergoß man Sein Blut am Kreuz. Hier aber ist Er bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewand.
Eine Stelle aus dem Propheten Jesaja erklärt uns das: „Wer ist dieser, der von Edom kommt, von Bozra in hochroten Kleidern, dieser, prächtig in seinem Gewände, der einherzieht in der Größe Seiner Kraft? – Ich bin's, der in Gerechtigkeit redet, der mächtig ist zu retten. – Warum ist Rot an deinem Gewände, und sind deine Kleider wie die eines Keltertreters? – Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war niemand bei mir; und ich zertrat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meinem Grimm; und ihr Saft spritzte auf meine Kleider, und ich besudelte mein ganzes Gewand“ (Kap. 63, 1–3). Keine Frage: Es ist das Blut Seiner Feinde, das Sein Gewand rot gefärbt hat. Welch ein ernster Gedanke!
In Verbindung mit Vers 11 „Er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit“ hatten wir bereits das Gericht der Lebendigen unterschieden in ein «Kriegsgericht und ein «Sitzungsgericht. Hier wird nun eine weitere Unterscheidung in bezug auf das Kriegsgericht notwendig. Uns beschäftigt jetzt das «Keltergericht, das die allgemeine Vernichtung der Feinde Christi zum Ziel hat. Davon zu unterscheiden ist das «Erntegericht», das wir in Matthäus 13, Verse 39–43, und in Offenbarung 14, Verse 14–16, finden. Es ist durch Unterscheidung zwischen gut und böse gekennzeichnet: Der Weizen wird in die Scheune gesammelt, das Unkraut wird zusammengelesen und verbrannt.
In Offenbarung 19 jedoch haben wir das «Keltergericht». Der Herr selbst wird die „Kelter des Weines des Grimmes des Zornes Gottes“ treten (Vers 15; vgl. auch Kap. 14,17–20). Es wird die Erfüllung von Jesaja 63 und Psalm 68, Vers 23, sein: „auf daß du deinen Fuß in Blut badest...“ Doch schon ehe Er das tut, wird Er mit dem in Blut getauchten Gewand gesehen – ein sicherer Hinweis darauf, daß die Vernichtung der gegen Ihn versammelten Heere mit ihren beiden Häuptern, dem Tier und dem falschen Propheten, eine beschlossene Sache ist und kurz vor ihrer Ausführung steht.
Sein Name: das Wort Gottes
Von allen neutestamentlichen Schreibern ist Johannes der einzige, der vom Herrn Jesus als dem «Wort», dem Wort Gottes» spricht. Mit diesem ewigen Wort» beginnt er sein Evangelium („Im Anfang war das Wort“), und auch jetzt, da er Ihn in menschlicher Gestalt aus dem geöffneten Himmel heraustreten sieht, teilt er uns mit, wie Sein Name genannt wird: «das Wort Gottes».
Mit der Bezeichnung Wort» für den Herrn Jesus ist ein überaus erhabener Gedanke verbunden: Der Herr Jesus verleiht allem, was in Gott ist, einen vollkommenen Ausdruck. Das ist an sich unfaßbar und ist um so bedeutsamer, als niemand jemals Gott gesehen hat. Erst Er, der eingeborene Sohn, der allezeit in des Vaters Schoß ist, hat Ihn in dieser Zeit kundgemacht (Joh 1,18). Wort» – das heißt «Ausdruck geben», und Er ist «das Wort».
Manchmal steht neben Wort» noch eine Beifügung. So wird Er zum Beispiel auch das Wort des Lebens» genannt (1. Joh 1, 1). Als Er auf der Erde war und umherging, wohltuend und heilend alle, die vom Teufel überwältigt waren (Apg 10, 38), war Er die Verkörperung dessen, was ewiges Leben ist. Er hat dem ewigen Leben, das Er in Sich selbst ist und das wir heute in Ihm haben dürfen, einen vollkommenen Ausdruck gegeben, so daß wir wissen dürfen, was das ewige Leben wirklich ist.
Hier nun heißt Sein Name «das Wort Gottes». Im Evangelium offenbarte Er die Geheimnisse göttlicher Gnade und Liebe, und Seine Worte wiesen Ihn als Den aus, der Er stets war und ist – als das Wort Gottes, die Wahrheit (Joh 8, 25). Er war die Verkörperung des geschriebenen Wortes. Er konnte sagen: „Dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.“ Nein, Er hemmte Seine Lippen nicht in der großen Versammlung, Er tat sowohl die Gerechtigkeit als auch die Treue und Rettung Gottes kund (Ps 40, 8–10). Doch die Menschen wollten Ihn nicht. Sie zeigten ihren verderbten Zustand dadurch, daß sie auf die absolute Offenbarung der Gnade und Güte Gottes nur eine Antwort fanden – Haß.
Jetzt aber hat sich das Blatt gewendet: Christus steht im Begriff, Gott in Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit durch Gericht kundzumachen. Auch das ist ein nicht zu vernachlässigender Gedanke. Gott hat Anrechte an den Menschen und an diese Erde. Er will Seinen Sohn in den Erdkreis einführen, will die Regierung über die Welt in Seine Hände legen. Wenn sich der Mensch dem widersetzt, nachdem er auch die Gnade verworfen hat, kann Gott Seine Herrlichkeit nur durch Gericht aufrechterhalten. Und so sehen wir hier den Herrn Jesus als das Wort Gottes». Auch das Gericht, das Er über Rebellen ausübt, wird ein vollkommener Ausdruck dessen sein, was Gott ist.
Auf eine kleine sprachliche Besonderheit im griechischen Text unserer Stelle sei zum Abschluß noch hingewiesen. Die wörtliche Übersetzung von Vers 13 lautet nämlich: „Und sein Name wird genannt das Wort Gottes.“ Die besten Handschriften haben diesen Wortlaut. Die benutzte Verbform (Perfekt) bedeutet so viel wie: „Er ist so genannt worden und wird noch immer so genannt.“ Das unterstreicht das zuvor Gesagte. Der Herr Jesus war das Wort, ehe die Welt war. Er war das Wort, als Er über diese Erde ging. Er wird das Wort Gottes sein, wenn Er aus der Herrlichkeit des Himmels hervortritt. Er wird immer das Wort Gottes sein – der vollkommene Ausdruck Gottes. Wie beglückt uns dieser Gedanke! Sein erhabener Name sei gepriesen, jetzt und in alle Ewigkeit!
Die Kriegsheere des Himmels
Der Seher unterbricht jetzt für einen Augenblick die Beschreibung der richterlichen Gestalt Christi, um sich denen zuzuwenden, die in Seinem Gefolge sind.
„Und die Kriegsheere, die in dem Himmel sind, folgten ihm auf weißen Pferden, angetan mit weißer, reiner Leinwand“ (Vers 14).
Kriegsheere werden im Himmel gesehen, und sie folgen nun als ein gewaltiger Kriegszug dem Reiter auf weißem Pferd. Auch sie reiten auf weißen Pferden. Daraus ersehen wir, daß sie an dem triumphalen Sieg des Königs der Könige teilhaben werden. Als der Herr Jesus unter dem Namen «Treu und Wahrhaftig» auf weißem Pferd gesehen wurde (Vers 11), sahen wir niemand bei Ihm. Aber jetzt, unter dem Namen «Das Wort Gottes», werden andere sichtbar, die mit Ihm verbunden sind. Wer sind sie? Wer sind jene Scharen, die der Herr, an Seinem
Triumph teilhaben läßt? Sind es die großen Heerscharen der Engel, die im Himmel sind?
Engel
Nun zeigt uns Gottes Wort klar, daß Engel den Herrn Jesus begleiten werden, wenn Er zur Ausführung des Gerichts erscheint.
„Denn der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er einem jeden vergelten nach seinem Tun „ (Mt 16,27).
Auch wird bei der Beschreibung des Gerichts der Lebendigen in Matthäus 25 gesagt:
„Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, dann wird er auf seinem Throne der Herrlichkeit sitzen“ (Vers 31).
Bei beiden Zitaten fällt uns auf, daß jedesmal der Herr Jesus der «Sohn des Menschen» genannt wird und mit Ihm als solchem Engel in Erscheinung treten. Dasselbe ist der Fall in Matthäus 13, Vers 41. Die Engel haben also eine besondere Verbindung mit Ihm als dem Haupt über alles. Und wenn es um die Ausführung des Gerichts geht, treten stets die Engel in den Vordergrund. Aber in unserem Vers in Offenbarung 19 ist Er «Das Wort Gottes», das heißt, Er steht im Begriff, Gott in Seiner Herrlichkeit auf dem Wege des Gerichts kundzumachen. Und dabei verbindet Er Sich in Seiner Gnade mit anderen.
Wenn auch die Engel an diesem Ereignis beteiligt sind, so sind es offenbar doch nicht sie, die mit Ihm in dieser besonderen Beziehung gesehen werden, sondern Heilige – Menschen also, die an der ersten Auferstehung teilhatten und sich nun mit verherrlichten Leibern im Himmel aufhalten. Auch der vierte Name des Herrn in diesem Abschnitt, «König der Könige und Herr der Herren», läßt darauf schließen, daß es sich hier bei den Kriegsheeren nicht um Engel, sondern um verherrlichte Heilige handelt.
Berufung
Diese Deutung wird durch zwei weitere Erwägungen gestützt. In Kapitel 17 wird uns gezeigt, daß das Tier und die mit ihm verbündeten Könige Krieg mit dem Lamm führen (Vers 14). Das Lamm wird sie überwinden. Und dann werden uns dort ebenfalls solche gezeigt, die auf der Seite des «Herren der Herren und des Königs der Könige» stehen. Sie werden als «Berufene» und «Auserwählte» und «Treue» beschrieben. Nun werden ohne Frage in der Schrift «auserwählte Engel» genannt (1. Tim 5, 21), aber die Titel «Berufene» und «Treue» passen nur auf Menschen.
«Berufen» setzt voraus, daß Gott in Seiner Gnade jemand aus einem bestimmten, im allgemeinen niedrigen Zustand herausruft und in einen anderen, höheren Zustand hineinführt. Das hat Er tatsächlich mit den Gläubigen getan, und wiederholt werden sie «Berufene» oder »berufene Heilige» genannt. Die Engel jedoch werden entweder in ihrem ersten Zustand bewahrt, oder sie sind gefallen und sind als solche nicht Gegenstand der Berufung Gottes.
Es ist in dieser Verbindung interessant, daß selbst der erste Mensch im Garten Eden im Zustand der Unschuld nicht die Berufung Gottes erfuhr. Wozu sollte Er ihn auch berufen? Er hatte ihn ausdrücklich in den Garten Eden gesetzt, um ihn zu bebauen und zu bewahren (1. Mose z, 15). Dort hätte er bleiben sollen. Aber der Mensch versagte und fiel in Sünde. So ist es ein Akt reiner und unfaßbarer Gnade, wenn Gott die Sünde des Menschen zum Anlaß nimmt, um ihn nun aus seinem hoffnungslosen Zustand in Seine Gegenwart zu rufen.
Die weiße, reine Leinwand
Der zweite Gedanke hängt mit der weißen, reinen Leinwand zusammen, mit der jeder zu diesen Heeren Gehörende bekleidet ist. In Verbindung mit der Braut des Lammes wird uns gesagt, daß die feine Leinwand die Gerechtigkeiten der Heiligen sind (Off 19, 8). Es wird somit ganz deutlich, daß es sich hier um himmlische Heilige handelt, und zwar nicht allein um die Braut des Lammes, sondern, so können wir annehmen, auch um die, die zur Hochzeit geladen waren – um alle Heiligen also, die auferweckt und verherrlicht in jener Zeit im Himmel sind.3
Ist uns schon einmal der Gedanke ins Herz gekommen, daß wir in gewissem Sinne an dem „Kleid“, das wir einmal in der Herrlichkeit des Himmels tragen werden, hier auf der Erde selbst arbeiten? Es sind die »gerechten Taten» der Heiligen, die sie in der Kraft des Geistes Gottes in ihrem irdischen Leben vollbracht haben, mit denen sie dort bekleidet sein werden. Nicht um die Gerechtigkeit Gottes geht es hier, sondern um die Gerechtigkeiten der Heiligen. Wir denken unwillkürlich an das Wort: „Denn Gott ist nicht ungerecht, eures Werkes zu vergessen und der Liebe, die ihr gegen seinen Namen bewiesen, da ihr den Heiligen gedient habt und dienet“ (Heb 6, 10). Nein, Gott wird nicht vergessen zu vergelten. Wir mögen es vergessen, und vielleicht ist es manchmal sogar gut, daß wir es vergessen. Er aber vergißt nie!
Schlägt unser Herz höher, wenn wir daran denken, daß auch wir, die Erlösten der Gnadenzeit, dem Herrn Jesus auf weißen Pferden aus dem geöffneten Himmel folgen werden, um nicht nur Zeugen, sondern auch Teilhaber Seines glorreichen Sieges zu sein? Er wird Sich zusammen mit uns der Welt zeigen. Er wird an der Spitze des Zuges sein – Er, der „Herrlichste von allen“. Wir werden Ihm auf weißen Pferden folgen und werden die weiße, reine Leinwand tragen, sichtbar für alle. Dann wird der Herr verherrlicht werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben (2. Thes 1, 10). Das ist Sein Ziel mit uns, Geliebte! Er möchte, daß die, die Ihn in Seiner Verwerfung begleitet haben, Ihn auch in Seiner Herrlichkeit und in der Ausführung Seines Gerichts begleiten. Noch ist unser Leben verborgen mit dem Christus in Gott. „Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4). Das ist es, was wir hier finden.
Es scheint übrigens, daß wir auch in 2. Thessalonicher 1 die beiden Gruppen der Heiligen haben: die der alttestamentlichen Gläubigen („Heilige“) und die der Erlösten der Gnadenzeit („die geglaubt haben“).4 Die Kriegsheere in Offenbarung 19 bestehen aus denselben beiden Gruppen. Sie wurden vorher in dem Bild der «vierundzwanzig Ältestem zusammengefaßt dargestellt, das allerdings dann fallengelassen werden mußte, als die «Braut» von den «Geladenen» unterschieden werden sollte. Das ist auch der Grund, warum ab der Hochzeit des Lammes in Kapitel 19, Verse 7–10, das Symbol der vierundzwanzig Ältesten nicht mehr verwendet wird.
Üben die Heiligen Gericht aus?
Wir hatten den Herrn Jesus mit einem in Blut getauchten Gewand gesehen (Vers 13). Es ist auffallend, daß die himmlischen Heerscharen, mit weißer, reiner Leinwand bekleidet, kein Blut an ihrem Gewand haben. Das weist darauf hin, daß die Heiligen des Himmels direkt nichts mit der Ausübung des Gerichts zu tun haben. Das Gericht ist allein Sache des Herrn. Der Vater hat das ganze Gericht dem Sohn gegeben, „damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh 5, 22.23).
Die Ausübung des Gerichts wird der Herr allerdings den Engeln übertragen, den Gewaltigen an Kraft und Tätern Seines Wohlgefallens (Ps 103, 20.21). Wenn der Herr Jesus in Matthäus 13 von der Vollendung des Zeitalters spricht, fügt Er hinzu: „Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenlesen und die das Gesetzlose tun; und sie werden sie in den Feuerofen werfen: da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen“ (Vers 41.42.). Der Herr wird also die Engel aussenden, und sie werden die Ausführer des Gerichts sein.
Nun ist wiederholt eingewandt worden, es stehe doch geschrieben: „Oder wisset ihr nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden?“ (1. Kor 6, 2). Gewiß, wir werden sogar Engel richten. Aber das hat weit mehr den Charakter des «Sitzungsgerichts » des Herrn. Wir werden gleichsam Seine Beisitzer sein, Er wird uns an Seiner Regierung zu Beginn und während der Zeit des Reiches auf der Erde beteiligen. Wie das im einzelnen geschieht, wissen wir nicht. Aber die zwölf Perlentore der himmlischen Stadt Jerusalem in Kapitel 21 geben uns darüber einen gewissen Aufschluß: Die Rechtsprechung wird durch die verherrlichte Versammlung im Himmel geschehen, und Engel werden die Botschaften auf die Erde bringen.
Die Gläubigen haben die unermeßliche Gnade Gottes in einem solchen Maß erfahren – besonders die Gläubigen der Gnadenzeit –, daß sie nicht zur Ausübung des Gerichts geeignet erscheinen. Nein, sie sind nicht die Werkzeuge, deren sich der Herr zur Vollstreckung des Gerichts bedienen wird. Das werden vielmehr die Engel sein. Das Gericht als solches aber geht von dem Herrn Jesus selbst aus. Das führt uns unmittelbar zum nächsten Vers, in dem die Beschreibung des Herrn Jesus als Richter der Erde wieder aufgenommen wird.
Der Richter der Erde
„Und aus seinem Munde geht hervor ein scharfes, zweischneidiges Schwert, auf daß er damit die Nationen schlage; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, und er tritt die Kelter des Weines des Grimmes des Zornes Gottes, des Allmächtigen. Und er trägt auf seinem Gewände und auf seiner Hüfte einen Namen geschrieben: König der Könige und Herr der Herren“ (Off 19,15.16).
Mit wenigen Sätzen werden hier gewaltige Ereignisse zusammengefaßt – Umwälzungen, wie sie die Erde noch nie gesehen hat: Das Kommen des Herrn im Gericht, das Ausgießen des Grimmes Gottes über alles Böse, das Aufrichten des Thrones Christi und Seiner Regierung, die Unterwerfung aller Könige und Nationen der Erde unter die Herrschaft Dessen, der den Platz absoluter Hoheit auf der Erde einnimmt. Es ist die völlige Erfüllung des zweiten Psalms.
Vernichtung durch den Hauch Seines Mundes
Als erstes wird uns gesagt, daß aus dem Mund Dessen auf weißem Pferd ein scharfes, zweischneidiges Schwert hervorgeht. Beachten wir in Übereinstimmung mit dem, was bereits gesagt wurde, daß dieses Schwert nur aus Seinem Munde hervorgeht, nicht auch aus dem Mund derer, die Ihm auf weißen Pferden aus dem Himmel folgen. Dieses scharfe, zweischneidige Schwert ist ein Symbol Seines heiligen Wortes, wie es schon in Hebräer 4 benutzt wird – „durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens; und kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Verse 12.13).
Mit diesem Vers vor Augen werden wir verstehen, daß das Gericht des Herrn an jenem Tag keineswegs „blindlings“ erfolgen wird. Wohl bedarf es nur eines Wortes aus Seinem Munde, um Seine Feinde niederzustrecken und zu vernichten (siehe schon Joh 18, 6). Wenn etwas oder wenn jemand Seinen Gedanken nicht entspricht, reicht es für den Herrn Jesus aus, ein Wort zu sprechen, um das Ihm Entgegenstehende endgültig zu beseitigen. Aber Sein Gericht wird auch ganz und gar Seinem Wort gemäß sein und dem Zustand der Menschen entsprechen, den es vorfindet. Mit einem Wort: es wird gerecht sein.
Niemand wird der Kraft Seines Wortes im Gericht widerstehen können. Er wird die Nationen dadurch schlagen. Davon hat Jesaja gesprochen: „Und er wird die Erde schlagen mit der Rute seines Mundes, und mit dem Hauche seiner Lippen den Gesetzlosen töten“ (Kap. n, 4). Der Prophet Zephanja sagt: „Denn mein Rechtsspruch ist, die Nationen zu versammeln, die Königreiche zusammenzubringen, um meinen Grimm über sie auszugießen, die ganze Glut meines Zornes; denn durch das Feuer meines Eifers wird die ganze Erde verzehrt werden“ (Kap. 3, 8). Daß der Herr Jesus auch „den Gesetzlosen“, den Antichristen, „durch den Hauch Seines Mundes verzehren“ wird (2. Thes 2, 8), sei schon hier bemerkt. Die Schilderung davon finden wir allerdings erst im nächsten Abschnitt (Off 19, 20) unter dem Bild des falschen Propheten.
Ist vielleicht jemand unter meinen Lesern, der sich der Macht Seines Wortes noch nicht gebeugt hat? Obwohl Sein Wort stets absolute Autorität besitzt und beansprucht, redet Er doch heute noch im Geist der Gnade und lädt dich ein, mit deinen Sünden zu Ihm zu kommen. Bei Ihm findest du Errettung von dem kommenden Zorn (1. Thes 1, 10). Ist aber erst einmal der Tag des Zorns gekommen, gibt es keine Errettung mehr für die, die Sein Wort gehört und die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben (2. Thes 2, 10–12). Sein Wort wird sie unerbittlich treffen – zum Gericht. „Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten an dem letzten Tage“ (Joh 12, 48). Wie außerordentlich ernst ist das!
Das Weiden mit eiserner Rute
Als zweites wird uns gesagt, daß Christus die Nationen mit eiserner Rute weiden wird. Die «eiserne Rute» redet von dem absoluten und unbeugsamen Charakter Seiner Regierung. Das ist natürlich eine Anspielung auf den zweiten Psalm: „Fordere von mir, und ich will dir zum Erbteil geben die Nationen, und zum Besitztum die Enden der Erde. Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäß sie zerschmeißen“ (Verse 8.9). Doch scheint mir, daß das «Weiden» mit eiserner Rute nicht nur die anfängliche Unterwerfung der rebellischen Nationen kennzeichnet, sondern auch Seine ganze Regierung über sie. Insofern wird Er auch ihr «Hirte» sein. Nachdem Er Seine Feinde gerichtet hat, wird Er Seinen Thron einnehmen und die vom Gericht verschonten Nationen «weiden» -über sie regieren. Gerechtigkeit und Gericht werden Seines Thrones Grundfeste sein (Ps 89, 14), alles Böse wird unterdrückt werden.
Seine Autorität und Seine Macht werden universal sein und sich über alle Nationen erstrecken. Dann wird tatsächlich die Herrschaft auf Seiner Schulter ruhen (Jes 9, 6). Und wenn Seine Gerichte die Erde getroffen haben, werden die Bewohner des Erdkreises „Gerechtigkeit lernen“ (Jes 26, 9). Das ist bei allem das Ziel Seiner Gerichte. Wie erfrischend ist dieser Gedanke bei der Betrachtung all der ernsten Gerichte, die hier vor uns kommen! Die Beschreibung dieser Zeit Seiner Regierung wird uns jedoch erst in Kapitel 20 der Offenbarung gegeben. An dieser Regierung werden die Gläubigen Anteil haben; denn dem Überwinder in Thyatira verheißt der Herr -nicht das Schwert, sondern – die eiserne Rute: „Wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe“ (Off 2, 26.27). Und von dem «männlichen Sohn» (Christus), den das Weib» (Israel) gebären würde, wird gesagt: „... der alle Nationen weiden soll mit eiserner Rute“ (Kap. 12, 5).
Ist es nicht für uns alle ein Ansporn, an den Tag Seiner Macht zu denken und zu wissen, daß wir unseren Herrn an jenem Tag begleiten dürfen, wenn Er Seinen Rechten an diese Erde mit Macht Geltung verschaffen wird? Gewiß kennen wir höhere Segnungen. Aber der Gedanke, daß sich vor Ihm einmal jedes Knie beugen wird, erfüllt uns mit Freude in einer Zeit, da Er noch verworfen ist.
Das Treten der «Kelter»
Wir haben in unserem Vers drei Symbole des Gerichts:
- ein »scharfes Schwert» zur unmittelbaren, richterlichen Bestrafung;
- eine »eiserne Rute» zur gerechten, unbeugsamen Regierung;
- die «Kelter» des Grimmes des Zornes Gottes zum Gericht der Schuldigen.
Auch das Treten der Kelter des Weines des Grimmes des Zornes Gottes, des Allmächtigen, ist allein Sache des Herrn.5 Es ist die Ausführung des Gerichts Gottes über alles Böse, über die Frevler – das Gericht Dessen, der gesagt hat: „Mein ist die Rache.“ „Denn der Tag der Rache war in meinem Herzen, und das Jahr meiner Erlösung (oder: meiner Erlösten) war gekommen. Und ich blickte umher, und da war kein Helfer; und ich staunte, und da war kein Unterstützer. Da hat mein Arm mir geholfen, und mein Grimm, er hat mich unterstützt. Und ich trat die Völker nieder in meinem Zorn und machte sie trunken in meinem Grimm, und ich ließ ihren Saft zur Erde rinnen“ (Jes 63, 4–6). Das sind die prophetischen Worte des Herrn, gleichsam Seine Antwort auf die Frage in Vers 2: „Warum ist Rot an deinem Gewände, und sind deine Kleider wie die eines Keltertreters?“
Auf den Charakter des «Keltergerichts» im Unterschied zum «Erntegericht» hatte ich schon hingewiesen, als wir uns mit dem in Blut getauchten Gewand des Herrn beschäftigten. Die «Ernte» ist ein unterscheidendes Gericht, der Weizen wird in die Scheune gesammelt. Aber die «Kelter» redet allgemein von dem Grimm Gottes über das Böse und von der Ausführung einer gerechten Rache darüber. Wir finden dieses Gericht schon in Kapitel 14, und es scheint, daß es sich in besonderem Maße auf das religiös Böse bezieht.
Daß es einmal einen Tag der Rache geben wird, sollte uns heute unbedingt davon abhalten, uns selbst zu rächen und unser Recht selbst zu suchen. „Rächet nicht euch selbst, Geliebte, sondern gebet Räum dem Zorn; denn es steht geschrieben:,Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr“4 (Röm 12,19). Bedenken wir immer, daß es Einen gibt, der einmal alle Dinge an den richtigen Platz stellen und alles Unrecht rächen wird! Das Rächen gehört nicht in unsere Hand. Die Befugnis und auch die vollkommene Fähigkeit zur Rache hat Gott allein. Die Gläubigen in Thessalonich ließ Gott wissen: „... wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen“ (2. Thes 1, 6–8). Laßt uns im Glauben auf diesen Tag warten!
König der Könige und Herr der Herren
Diesen vierten Namen in dem uns beschäftigenden Abschnitt trägt der Herr Jesus auf Seinem Gewand und auf Seiner Hüfte. Sein «Gewand» – das, was jeder von Ihm sehen kann -spricht von Seinem öffentlichen Charakter in der Welt; und die Titel, die Er nun auf dem irdischen Schauplatz annimmt, drücken universale Herrschaft aus: «König der Könige und Herr der Herren». Normalerweise ist die Hüfte der Platz, an dem das Schwert getragen wird (Ps 45, 3). Aber beim Herrn kommt das Schwert aus Seinem Mund, während Er an der Hüfte Seine Titel trägt. Das Letztere mag auf den friedvollen Charakter Seiner Regierung hinweisen.
In Offenbarung 17, Vers 14, werden dieselben Titel genannt, allerdings in umgekehrter Reihenfolge: «Herr der Herren und König der Königen Es scheint, daß der Titel «König der Könige» auf die Würde Christi als Monarch, als höchsten Regenten hinweist, der über allen anderen Regierenden steht. Der Titel «Herr der Herren» drückt wohl aus, daß der Herr Jesus die höchste Autorität überhaupt ist. Und es ist gewiß bezeichnend, daß in 1. Timotheus 6, Vers 15, Gott als solcher mit diesen Titeln beschrieben wird. Hier trägt sie der Herr Jesus. Doch welcher Mensch wäre in der Lage, diese einzigartige Person, unseren Herrn Jesus Christus, recht zu beschreiben!
Es beglückt uns, daß Der, dessen Herrschaft heute noch weitgehend verleugnet wird, einmal als höchster Machthaber offenbart werden wird. Alle Mächte, Herrschaften und Autoritäten werden Ihm unterworfen sein, und jede Zunge wird bekennen müssen, daß „Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“ (Phil 2, 11). Heute ruft die Welt noch: „Wir haben keinen König als nur den Kaiser!“ Doch der Zeitpunkt ist nahe, wo Ihm alle Gewalt gegeben werden wird. Dann wird Seine Oberherrschaft unumschränkt und ewig sein. In den Gerichten, die Seine Herrschaft einleiten, und während Seiner tausendjährigen Regierung wird Er zeigen, daß Treue und Wahrheit, daß die absolute Oberhoheit zu Recht Ihm gehören. Sein Name sei schon jetzt hoch erhoben und gepriesen von uns, den Seinen!
Fußnoten
- 1 Der zweite Vers von Kapitel 21 beginnt im Griechischen nicht mit der Wortfolge «kai eidon» = „und ich sah“. Dort folgt das «eidon» dem Objekt.
- 2 Im Grundtext steht hier dasselbe griechische Wort wie in den anderen Stellen.
- 3 Es wird die Erfüllung der Weissagung Henochs sein: „Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen wider alle“ (Jud 14). Aus dieser Stelle können wir schließen, daß alle alt- und neutestamentlichen Gläubigen, die zuvor durch das Symbol der «vierundzwanzig Ältesten dargestellt wurden, im Gefolge des Herrn sein werden.
- 4 Natürlich haben auch die alttestamentlichen Heiligen geglaubt, aber der Nachsatz „denn unser Zeugnis bei euch ist geglaubt worden“ bezieht sich auf Gläubige der Gnadenzeit, die Thessalonicher.
- 5 Dieser Gedanke wird noch dadurch unterstrichen, daß das persönliche Fürwort im Grundtext betont ist: „... und er tritt die Kelter ... „