Betrachtung über das erste Buch der Könige (Synopsis)

Kapitel 22

Betrachtung über das erste Buch der Könige (Synopsis)

Das letzte Kapitel stellt noch ein anderes Element dieser Geschichte dar, nämlich die ungerechten Bündnisse, die zwischen den königlichen Familien Israel und Juda geschlossen wurden. In diesem Zeitpunkt ging es beiden gut, und sie suchten die Festigung und das Wachstum ihrer Macht durch Frieden und gegenseitige Bündnisse zu fördern. Von seiten Josaphats war es nichts als Untreue und Gottvergessenheit, und wenn Gott ihn auch nicht verließ, so sah aber Josaphat den Anfang der Züchtigungen, deren Ergebnisse für sein Haus verhängnisvoll waren.

Wir sehen auch die falschen Propheten in Kraft: Ahab hatte ihrer vierhundert. Wir können auch bemerken, daß sie den Namen Jehovas gebrauchten und anscheinend nicht mehr den des Baal 1. Auch war Elia, wie wir sehen, nicht der einzige Prophet Jehovas. Die Untermischung geht weiter. Äußerlich ist der Zustand der Dinge weniger anstößig, aber das Herz Ahabs ist unverändert. Der Bitte Josaphats gemäß, der sich in dieser falschen Stellung unbehaglich fühlt, sendet Ahab nach dem Propheten Jehovas; er hört aber nicht auf ihn und muß die Folgen tragen.

Wir lernen auch hier, auf welche Weise ein Lügengeist die Bösen betrügt und sie zum Verderben führt und damit die Vorsätze und die Gerichte Jehovas erfüllt.

Während dieser ganzen Zeit begleitet Elisa beständig den Elia, und indem er durch Gnade in diese innige Vertrautheit eingeführt wird, ist er moralisch mit seinem Geiste durchdrungen, bevor er mit ihm in Kraft angetan wird. Er scheint mit ihm einsgemacht zu sein.

Ehe wir zum 2. Buche der Könige übergehen, will ich einige allgemeine Bemerkungen hinzufügen, die sich gleichermaßen auf beide Bücher beziehen.

Hier geht es um die Frage der Regierung Gottes. Nun werden uns die Grundsätze dieser Regierung in der dem Mose gemachten Offenbarung eröffnet, als er zum zweitenmal den Berg Sinai bestieg (2. Mose 33). Zu allererst waren Güte und Barmherzigkeit da, dann die Erklärung, daß der Schuldige nicht für schuldlos gehalten wird, und drittens ein Grundsatz der öffentlichen Regierung, welche die Auswirkungen schlechten Verhaltens zu verspüren gibt, nämlich, daß ihre Kinder Ihre Folgen tragen sollten (ein Grundsatz, der nicht angewandt werden könnte, wo es um die Seele geht), dieser Grundsatz aber, wichtig und heilsam bei der äußeren Regierung der Welt, wird täglich in den Regierungswegen verwirklicht. Diese Regierung Gottes wurde im Falle der Könige ausgeübt, doch der Zustand Israels hing von der Haltung der Könige ab.

Wir haben schon gesehen, daß der Zusammenbruch des Priestertums und die Forderung nach einem König das Volk in diese Lage gebracht hatte - eine Lage, die gesegnet sein wird, wenn Christus ihr König ist; unterdessen hatte aber Gott die Weissagung erweckt, eine vertrautere und echte Verbindung zwischen den Ratschlüssen Gottes und Seinem Volke. Das Bestehen eines Königs unterstellte das Volk der Verantwortung ihres Herrschers.

Der Prophet war auf der Seite Gottes da, im Zeugnis und in der Gnade. Er erinnerte das Volk an die zu dieser Verantwortung gehörenden Pflichten; er war aber selbst ein Beweis jener Ratschlüsse, die ihnen den zukünftigen Segen sicherten, wie auch das Interesse Gottes daran, daß sie ihn dann und zu aller Zeit genießen sollten. Er gab auch den Schlüssel zu dem Tun Gottes, das ohne ihn schwer zu verstehen wäre.

Wir Christen haben diese beiden Dinge. Gott will, daß wir in eigener Verantwortung durch Glauben handeln, aber ein vertrauter Umgang mit Ihm offenbart uns die Ursache vieler Dinge wie auch die Vollkommenheit Seiner Wege. In Seiner öffentlichen Regierung konnte Gott Israel somit wohl segnen, nach den Begebenheiten, über die Kapitel 1.Kön 18  berichtet. Sie festigten den Glauben Seines Volkes. Kapitel 1.Kön 19  zeigt uns das verborgene Gericht Gottes über den wirklichen Zustand der Dinge, und er wurde schnell offenbar. Ahab versteht nicht, den Segen zu nutzen; er schont Ben-Hadad, und die Sache mit Naboth zeigt, daß der Einfluß Isebels ebenso stark ist wie eh und je.

In welchem Maße werden aber die Geduld und die Barmherzigkeit Gottes in alledem offenbar, wie aus 2.Mo 33 zu ersehen ist! Durch Elias getadelt, demütigt sich Ahab, und das Unglück ereignet sich weder in den Tagen Ahabs, noch in den Tagen Ahasjas, sondern in den Tagen Jorams, der auch sein Sohn war, und zwar nach dem schon festgelegten Grundsatz. Persönlich war Joram weniger böse als sein Vater und sein Bruder. Er huldigte nicht dem Baal. Israel aber, das zur Anbetung dieses Götzen verführt worden war, beugte sich noch immer vor ihm.

Man beachte den Unterschied zwischen dem Gericht Gottes und dem Schein der Dinge. Das Gericht Gottes wider den König und wider Israel wurde ausgesprochen (Kap. 19); doch, wie wir gesehen haben, kennzeichnen im allgemeinen Wohlfahrt und Frieden diese Regierungszeit. Syrien ist unterworfen, Moab fronpflichtig, und Juda verbündet sich in dieser ungewohnten Wohlfahrt mit Israel. Der König von Juda war wie Ahab, sein Volk wie das Volk Ahabs, und seine Rosse wie die Ahabs. Man hatte sogar vor, nach Ophir nach Gold zu senden wie in den Tagen Salomos. Nichtsdestoweniger wurde das Gericht nur aufgeschoben, und sein Aufschub wurde niemandem außer Elia geoffenbart.

Welcher Art war aber der moralische Charakter dieses Bündnisses? Es ist Josaphat, der zu Ahab kommt, und nicht Ahab zu Josaphat. Letzterer erbittet sich als Gunst, daß Jehova befragt werden möchte, Nach dieser Bitte machen die falschen Propheten von dem Namen Jehovas Gebrauch, um den Erfolg des Unternehmens zu verkündigen. Dieser war durchaus natürlich, denn da die Syrer überwunden waren, aber die ihnen auferlegten Friedensbedingungen nicht erfüllt hatten, war Ahab im Begriff, seine Rechte mit der Hilfe des Königs von Juda geltend zu machen.

Kurz gesagt - der Name Jehovas war im Munde der falschen Propheten. Als Micha kam (denn es war dem König von Juda unbehaglich zumute), verkündigte er Unheil. Ahab war aber fest entschlossen, und der König von Juda war durch seine Abmachung gebunden. Es war keine Zeit mehr, Jehova zu befragen. In solch einer Lage nach der Wahrheit zu fragen würde bedeuten, von einem Gericht zu erfahren, von dem sie sich vorgenommen hatten, es nicht zu beachten. Ahab war zielbewußter als Josaphat. Das Gewissen des letzteren flößte allen nur Unbehagen ein und bewies seine eigene Torheit. Josaphat dadurch zu gefallen, daß man zu ihm von Jehova sprach, war nicht mehr, als was der Anstand erforderte; das war aber auch alles, was Ahab für Josaphat tat, außer daß er ungern Micha holen ließ. Josaphat half Ahab wider Syrien; er half Joram wider Moab; aber weder Ahab noch sein Sohn halfen Josaphat auch nur in einer Sache, außer Jehova untreu zu sein. Ahasja war wohl gewillt, mit ihm zu gehen, das war aber nur, um Gold aus Ophir zu bekommen. Es scheint eher, daß dieses Bündnis die Ursache für das Bündnis zwischen Moab, Ammon und Seir gegen Josaphat war. Zum Glück ging es damals nicht darum, Israel Beistand zu leisten.

Solcherart ist die Geschichte der Bündnisse von Gläubigen, und zwar nicht nur mit Ungläubigen, sondern mit Treulosen. Die letzteren sind durchaus gewillt, daß wir mit ihnen gehen sollten; in den Wegen der Wahrheit zu wandeln ist aber etwas anderes. Bei denen geht es nicht darum; wenn sie so wandelten, würden sie aufhören, treulos zu sein. Eine wahre Vereinigung hätte Jerusalem zum Mittelpunkt und zur Hauptstadt des Landes gemacht, denn Jehova und Sein Tempel waren dort. Dieses Bündnis nahm als gegeben, daß Josaphat alle solche Gedanken aufgegeben hatte, da es zeigte, daß er Ahab in seiner Stellung anerkannte. Es gibt keine Gleichheit in einem Bündnis zwischen Wahrheit und Irrtum, da gerade durch dieses Bündnis die Wahrheit aufhört, Wahrheit zu sein, und Irrtum durch das Bündnis nicht zur Wahrheit wird. Das einzige, was verloren wird, ist die Autorität und die Verpflichtung der Wahrheit.

Ich habe auf einige Begebenheiten vorgegriffen, über die im 2. Buche der Könige berichtet wird, in dem wir den größten Teil der Geschichte Josaphats finden. Laßt uns nun dazu übergehen, den Inhalt dieses zweiten Buches zu betrachten.

Fußnoten

  • 1 Nichtsdestoweniger hatte die Anbetung Baals nicht aufgehört.
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