Das Buch der Offenbarung
Kapitel 10
Sechs von den Posaunen haben wir in den vorhergehenden Kapiteln ertönen gehört. Jetzt haben wir eine Unterbrechung, bevor die siebente erklingt. Kapitel 10 und auch Kap. 11, 1-14 bilden eine Einschaltung. Eine ähnliche Unterbrechung haben wir zwischen dem sechsten und siebenten Siegel, aber mit geringen Unterschieden. Dort nahmen wir wahr, dass Gott inmitten der Gerichte des Erbarmens gedenkt. Eine vollkommene Zahl aus den zwölf Stämmen Israels und eine unzählbare Menge aus den Nationen werden bezeichnet, um aus der großen Trübsal errettet zu werden, die bald über die ganze Erde kommen sollte. In Kap. 16, 13-16 haben wir eine weitere Einschaltung zwischen der Ausgießung der sechsten und siebenten Zornschale. Aus Kap. 11, 14 können wir erkennen, dass die Einschaltung dort mit der sechsten Posaune in Verbindung steht und eine nachträgliche Erscheinung zu ihr bildet, denn es heißt dort: „Das zweite Wehe ist vorüber, siehe, das dritte Wehe kommt bald“.
„Und ich sah einen anderen starken Engel aus dem Himmel herniederkommen, bekleidet mit einer Wolke, und der Regenbogen war auf seinem Haupte, und sein Angesicht war wie die Sonne, und seine Füße wie Feuersäulen“ (Vers 1). Aus manchen Einzelheiten dieser Beschreibung des starken Engels erkennen wir den Herrn Jesus, so wie Er auch in Kap. 8, 3 als Priester durch den Engel an dem goldenen Altar dargestellt wird. Wir sehen hier noch nicht Seine offene Kundmachung als König der Könige wie in Kap. 19, sondern er ist hier in dem Bilde eines Engels zu sehen und wird noch in Kraft geschaut, um den Weg zur Aufrichtung des Reiches vorzubereiten. Die Wolke ist ein wohlbekanntes Sinnbild der göttlichen Gegenwart, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament. Als Israel aus Ägypten geführt wurde, ging der Engel des Bundes vor ihnen her. Er leitete sie in der Wolkensäule bei Tage und in der Feuersäule bei Nacht. Beides, die Wolke und das Feuer haben wir in unserem Verse. Ferner haben wir die Wolke auf dem Berge der Verklärung. Sie ist dort das Kennzeichen der göttlichen Gegenwart; auch sehen wir Ihn dort als Den, Dessen Angesicht leuchtete wie die Sonne. In Off 4,3, wo der Herr auf dem Throne gesehen wird, finden wir den Regenbogen rund um den Thron her. Ich glaube daher, dass kaum Zweifel darüber bestehen kann, wer hier dargestellt wird. Die Darstellung in dem Bilde eines Engels weckt den Gedanken an Fernestehen, da der Zustand des Volkes Gottes ein solcher ist, dass Gott sich nicht öffentlich als ihr Gott offenbaren kann, Aber Gott bleibt treu und vergisst Sein Volk niemals. Das wird durch den Regenbogen dargestellt, der von Gottes zuverlässigem Gnadenbund mit Seiner Schöpfung redet. Die Sonne redet von der höchsten Macht; Seine Füße gleich Feuersäulen sprechen von Festigkeit im Gericht.
„Und er hatte in seiner Hand ein geöffnetes Büchlein. Und er stellte seinen rechten Fuß auf das Meer, den linken aber auf die Erde“ (Vers 2). Das offene Büchlein hier ist ein treffender Gegensatz zu dem versiegelten Buch in Kapitel 5. Der Inhalt des Buches war hier völlig offenbar, und alle konnten es lesen. Es war ein kleines Buch, denn es sollte bald erfüllt und nicht hinausgeschoben werden wie in alttestamentlichen Zeiten. Dass der Engel den rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde setzt, drückt aus, dass er im Begriff ist, den Besitzanspruch auf alles zu erheben, was unter dem Himmel ist. Das Meer redet von den Völkern, die Er in Seinem Missfallen bald heimsuchen wollte, während die Erde sich zweifellos auf das Land der Prophezeiung, auf Israel, bezieht.
„Und er rief mit lauter Stimme, wie ein Löwe brüllt. Und als er rief, redeten die sieben Donner ihre Stimme“ (Vers 3). Gottes Majestät offenbart sich in dem Gericht, das Er zur Ausführung bringt. „Wie ein Löwe wird er brüllen, und zitternd werden die Kinder herbeieilen vom Meere“ (den Ländern des Westens) (Hosea 11,10). Wiederum sprechen die Verse 3. 4 und 8 von dem Reden Gottes in Seiner Majestät; Seine Stimme wird dem Brüllen eines Löwen verglichen. In Off 5 wurde Er als das Lamm dargestellt, aber hier sehen wir Ihn mehr in dem Charakter des Löwen aus Juda. Die sieben Donner reden ihre Stimme. Sie erheben ihre Stimme, um die Rechte Gottes kundzutun, aber die Weise, wie dies geschehen soll, wird nicht geoffenbart. Sieben redet von höchster Vollkommenheit. Hier wird sie in dem Eingreifen Gottes als Antwort auf den löwengleichen Ruf gesehen. Hier sehen wir noch nicht geoffenbart, was die Stimme ausdrückt, obwohl es später kundgemacht wird. In den drei folgenden Versen haben wir dann die Bedeutung von dem, was von Vers 2 beschrieben ist.
„Und der Engel, den ich auf dem Meere und auf der Erde stehen sah, erhob seine rechte Hand zum Himmel und schwur bei dem, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, welcher den Himmel erschuf und was in ihm ist, und die Erde und was auf ihr ist, und das Meer und was in ihm ist, dass keine Frist mehr sein wird, sondern in den Tagen der Stimme des siebenten Engels, wenn er posaunen wird, wird auch das Geheimnis Gottes vollendet sein, wie er seinen eigenen Knechten, den Propheten, die frohe Botschaft verkündigt hat“ (Verse 5-7). Wir sehen hier das Wort durch den Eidschwur bestätigt. Das Wort und der Eid sind die beiden unveränderlichen Dinge, wobei es unmöglich ist, dass Gott lügen sollte. Der Engel schwört bei Gott selbst, dem Schöpfer des Himmels, der Erde und des Meeres, mit allem, was in ihnen ist, dass keine Frist mehr sein wird, denn das ist es, was hier bekräftigt wird. Der Tag des Heiles Gottes für diese Welt ist zu seinem Ende gekommen, und allen Ansprüchen der Forderungen des Herrn würde in gerechter Weise entsprochen werden. „Dass keine Frist mehr sein wird“, könnte den Gedanken aufkommen lassen, dass nun die Ewigkeit ihren Anfang nimmt, aber das ist hier nicht die Bedeutung und kann es nicht sein. Nicht nur den Ansprüchen des Herrn an die Erde muss entsprochen werden, sondern es muss auch die tausendjährige Regierung Christi stattfinden, bevor der ewige Zustand seinen Anfang nimmt. Wenn der siebente Engel zu posaunen beginnt, dann soll das Geheimnis Gottes vollendet werden, wie Er es Seinen Knechten, den Propheten, verkündigt hat. Das Geheimnis Gottes bezieht sich hier auf den Weg, auf dem Er dem Bösen seinen Lauf gelassen hat. Oft will es uns scheinen, als wenn das Böse Gedeihen hätte, während das Gute unter die Füße getreten wird. Es ist das ständige Fragen der Menschen, warum Gott alle die Leiden zulässt, die besonders auch in unserer Zeit durch Kriege und Nöte die Menschen heimsuchen. Die Menschen vergessen oder wollen nicht daran denken, dass Der, welcher kam, um Frieden durch das Blut Seines Kreuzes zu machen, verachtet und verworfen worden ist. Infolge Seiner Verwerfung kann anstatt des Friedens nur das Schwert das Teil der Menschen sein. Durch ihre verhängnisvolle Wahl des Mörders und Räubers und die Verwerfung des Befreiers ist die Welt mehr und mehr unter die Macht Satans gekommen, und Gott lässt es zu, dass die Menschen die volle Wirkung der Sünde und der Auflehnung gegen Ihn fühlen. Aber der Tag wird kommen, wo Gott mit der Macht des Bösen handeln wird. Sein Wort, welches Er groß gemacht hat über all Seinen Namen, wird bis auf den letzten Buchstaben erfüllt werden. Auch in Mt 13, wo wir das Reich der Himmel in seinen Einzelheiten dargestellt sehen, sind Geheimnisse mit demselben verbunden, die die Jünger nicht verstanden. Wenn der Herr im Begriff gewesen wäre. Sein Reich auf der Erde aufzurichten, würde Er dem Bösen dann einen solchen Platz in demselben eingeräumt und es für eine so lange Zeit geduldet haben? Es wird uns gezeigt, dass während der Abwesenheit des Königs die Kinder des Reiches sich in Leiden befinden, und das hält an, bis der König zurückkommt, um das Reich zu empfangen. Dann wird alles aus jenem Reiche ausgelesen werden, was seine Rechte verletzt. Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters. Die Leidenszeit für die Gerechten wird auch noch anhalten, nachdem die Versammlung zur Herrlichkeit aufgenommen ist, aber die Gerechten jener Tage werden nicht Christen sein.
Um aber zu unserem Kapitel zurückzukehren, so finden wir als nächstes, dass Johannes durch die Stimme aus dem Himmel gesagt wird, dass er das geöffnete Buch aus der Hand des Engels nehmen soll, und weiter, dass er es aufessen soll, und wir hören Johannes sagen: „und es war in meinem Munde süß, wie Honig, und als ich es gegessen hatte, wurde mein Bauch bitter gemacht“ (Vers 10). Ferner sollte der Inhalt des geöffneten Buches in seinem Munde zu Weissagungen über Völker und Nationen und Sprachen und viele Könige werden. Welche Belehrungen sind hierin enthalten für den Knecht Gottes! Wenn er von Gott zu einem Zeugnis für andere gebraucht werden soll, muss er selbst sich von dem Worte Gottes nähren. Wie süß auch die Offenbarungen Gottes der Seele sein mögen, wenn Er bei dem bösen Tun der Menschen verweilt oder bei den Gerichten, die so bald diese schuldige Welt treffen sollen, welcher Schmerz erfüllt dann Sein Herz im Blick auf die armen, gefallenen Menschenkinder. Wenn der Heiland über die schuldige Stadt Jerusalem weinen konnte, können dann nicht auch wir weinen über die schuldige Welt, und gewiss sollte uns dies zu größeren Anstrengungen anregen, sie zu erreichen. Heute noch haben wir Offenbarungen zu machen, die von Gottes großer Liebe und Langmut reden, Wenn wir den Schrecken des Heim kennen, sollten wir suchen, die Menschen zu überreden, dem kommenden Zorn zu entfliehen, indem wir darauf hinweisen, dass die einzige sichere Zuflucht für den Sünder das Kreuz Christi ist, auf welchem volle Sühnung für Sünde und für Sünden getan worden ist.