Betrachtung über das zweite Buch Samuel (Synopsis)
Kapitel 13-20
Als David zeigte, daß er Gott vergessen und in seiner ganzen Abhängigkeit von Ihm versagt hatte, brachen die Übel in seinem Hause bald aus. Er hatte die Zahl seiner Weiber vermehrt. Die Wurzel der Bitterkeit knospt und erzeugt bittere Früchte.
Obwohl das Herz Davids im ganzen vor Gott aufrichtig war und ihn zutiefst verehrte, so wurde doch, sobald er einmal den durch Glauben und das Bewußtsein der Gegenwart Gottes erzeugten Pfad demütiger Abhängigkeit verließ, der Rest seiner Tage dadurch recht bitter, daß er inmitten seiner Segnungen seinem Eigenwillen folgte. Es war Sünde in seinem Hause, Zorn wegen der Sünde, und Wankelmütigkeit wegen der Vorliebe zu Absalom. Joab erscheint auf dem Schauplatz, wie es jedesmal der Fall ist, wo sich diese Intrigen und Bosheiten in der Geschichte wiederholen. Dies ist alles, was man über die traurige Geschichte Ammons und Absaloms zu sagen braucht.
Die Vorliebe Davids für Absalom ergab noch andere und schmerzlichere Folgen und schwere Züchtigungen. Es ist schmerzlich zu sehen, wie der Sieger über Goliath durch seinen geliebten Sohn von seinem Hause und seinem Throne getrieben wird, und dies unter der Hand Gottes. Denn wenn Gott es nicht zugelassen hätte, wer hätte den Auserwählten Gottes von dem königlichen Sitz, auf den Jehova ihn gesetzt hatte, vertreiben können? Das Schwert war in seinem Hause: das Wort Gottes - schärfer als ein zweischneidiges Schwert. Wie gerecht ist Jehova! Doch wen Er liebt, den züchtigt Er. Während alles dieses also ein Kundmachen der gerechten Regierungen Gottes ist, ist es für David eine Gelegenheit zu tiefer Herzensübung und zu einer echteren und intimeren Erkenntnis Gottes; denn sein Herz war wahrhaftig und ewig mit Gott verbunden, so daß alle seine Leiden Frucht brachten, obwohl sie durch seine Verfehlungen verursacht wurden.
Obwohl die Ursache seines Kummers so ganz anders war als der des Herrn, wird er auch in dieser Hinsicht zum Vorbild von Christo im Leiden und zu dem Gefäß, um Sein Mitgefühl mit Seinem Volke zum Ausdruck zu bringen. Dies ist um so mehr der Fall, weil der König ein treues Herz hat und in einem gewissen Sinne auch eine vollkommene Lauterkeit Gott gegenüber hatte, so daß seine Fehler und Übertretungen jene Bekenntnisse und jene Demütigung hervorrufen, die der Geist Christi in dem Überrest Israels hervorbringen wird. So redet er einerseits von seiner Lauterkeit, während er andererseits seine Verfehlungen bekennt. Das ist nun, was Christus sein Volk sagen läßt, und was Er für sie sagt.
Nichtsdestoweniger müssen wir im Auge behalten, daß es nicht David selbst als ein gottseliger Mann ist, der in den Psalmen redet, durch die Eingebung des Geistes spricht er sie aus; und es ist für uns etwas sehr Köstliches, daß in solchen Umständen, in denen der Glaube versagen und das Herz entmutigt werden könnte, das Wort uns dem Glauben angemessene Aussprüche liefert, und zwar dem Glauben, der in einem gewesen ist, der vielleicht untreu war: ein kostbares Zeugnis, daß Gott uns selbst in diesem Zustande nicht verwirft, und daß Christus Mitgefühl mit uns hat, seitdem Er uns mit Ausdrücken und Empfindungen ausstattet, die einem solchen Zustand angepaßt sind.
Die Psalmen reichen das dar, und zwar in besonderer Angemessenheit für den Überrest Israels in den letzten Tagen. Sie werden durch Lauterkeit des Herzens und das Bekennen der Sünde gekennzeichnet sein. Der Geist Christi gibt die Empfindungen und die Versicherung Seines Mitgefühls. Psalm 16 gibt uns diese Stellung Christi in einer auffallenden Weise. Seine Güte reicht nicht hinauf zu Gott. Es ist nicht Seine göttliche Stellung, als „gottgleich“, die Er einnimmt. Er nennt Jehova Seinen Herrn; von den Heiligen auf Erden sagt Er aber: „An ihnen ist alle meine Lust.“ Durch Seine Taufe, die dies zum Ausdruck brachte, verband Er Sich mit Israel, nicht in ihrer Sünde, sondern mit der ersten Bewegung des Geistes, die im Überrest auf die Verdammnis des Volkes als solchem hervorkommt. Dies ist der Grundsatz der Psalmen - der aufrichtige und treue Mann inmitten der verkehrten Nation, der Gegenstand der Ratschlüsse und Vorsätze Gottes. Das Buch beginnt mit dieser von Gott gezogenen Unterscheidung, zunächst stellt es uns den König in Zion nach dem Beschluß Gottes vor, und zwar als von der Nation verworfen, und von den Nationen, die das Volk bedrücken, gehaßt. Alles dieses entfaltet sich durch eine Vielfalt von Umständen, und alle Beziehungen des Überrests werden dort geschildert, wie auch alle Zuneigungen des Herzens. Die Hand und die Feder Gottes berichten über alles, was damit zusammenhängt, im Einklang mit dem Geiste und dem Mitgefühl Christi.
Kapitel 20 beendet diesen Teil der Geschichte Davids und seine Geschichte im allgemeinen. Er wird wieder auf seinem Thron eingesetzt, und er hat die Anstrengungen seiner Feinde und den Aufstand seines eigenen Volkes überwunden. Die Ordnung seines Hofes und seiner Knechte wird in Frieden wiederhergestellt.