Betrachtung über das fünfte Buch Mose (Synopsis)

Kapitel 22-25

Betrachtung über das fünfte Buch Mose (Synopsis)

Kapitel 22 scheint Anweisungen zu enthalten, die das Volk vor einem Mangel an Wohltätigkeit und Barmherzigkeit bewahren sollen, und auch vor dem, was die natürliche Empfindsamkeit - sei es in bezug auf Zartheit oder Reinheit - verletzen würde. So war auch jede Mischung beim Pflügen oder Säen verboten. Dasselbe finden wir in bezug auf die Weiber: sie wurden gegen eine ihnen durch einen brutalen rücksichtslosen Mann zugefügte Verunehrung geschützt, während Unreinigkeit mit dem Tode bestraft wurde.

So wird das Volk darüber belehrt (Kap. 23), welche Gefühle sich für sie gottgemäß in bezug auf die Nationen im Falle eines Krieges geziemen (unter Berücksichtigung der Wege und des Tuns dieser Nationen, um die es hier geht). Sie werden auch darüber unterwiesen, was sich im Falle eines Krieges für das Lager in bezug auf Reinheit geziemt, weil Gott daselbst war. So auch in bezug auf allerlei Dinge, wie z. B. wegen des Knechtes, der seinem Herrn entflieht, wegen moralisch unreiner Dinge, ja selbst des Weinbergs des Nächsten, und dann wegen einer noch ernsteren Sache (Kap. 24) - nämlich der Scheidung und allem, was sich darauf bezieht, wegen des Zartgefühls den Bedürftigen gegenüber, wegen des Mietens von Arbeitern und der Nachlese für die Armen.

Der Geist all dieser Anordnungen und auch die Güte und Zärtlichkeit Gottes sind sehr lehrreich, dem es gefällt, von allen diesen Dingen Kenntnis zu nehmen und Seinem Volke Zartgefühl, Anstand, Rücksichtnahme auf den anderen, Feinfühligkeit und jene Empfindungen beizubringen, die, indem sie die Brutalität beseitigen und die Härte des menschlichen Herzens besänftigen, seine Lebensweise der Liebe anpassen, in die Sich der Geist Gottes kleidet, wenn Er im Menschenherzen wirkt. Es ist wahr, daß hier alles unvollkommen ist. Es werden hier Dinge für gegeben angenommen, die die Grundlage dieser Anordnungen bilden, die durch das volle Wirken des Geistes Christi ganz hinweggetan werden würden, z. B. die Scheidung, und auch andere Dinge, die geduldet wurden, da ihr Dasein der Härte des menschlichen Herzens entspringt. Die Beschränkungen und Bedingungen des Gesetzes Gottes halten aber die Bosheit jenes Willens im Zaum, der sich verhärtet, während er andere bedrückt.

Kapitel 25 fügt Satzungen hinzu, die eine Fortsetzung dessen sind, was wir schon gelesen haben, sie sorgen dafür, daß keiner ihrer Brüder in ihren Augen verächtlich gemacht wird, und daß keine Familie aus der Mitte ihres Volkes ausgelöscht wird, indem gleichzeitig Reinheit und Redlichkeit bewahrt werden.

Was die eingewurzelten Feinde Gottes und Seines Volkes betrifft, so sollte Israel mit ihnen niemals Frieden anstreben. Menschliche Liebenswürdigkeit ist oft Feindschaft wider Gott. Diese Satzung ist um so bemerkenswerter, als sie auf so viele folgt, die für Güte sorgten, sogar Vögeln gegenüber.

Jehova hatte dafür gesorgt, daß ein Ägypter in die Versammlung Gottes Eingang finden sollte; diese Zuneigung zu den Ägyptern sollte sich zum Nutzen der Seelen der Israeliten selbst auswirken. Sie sollten ihre Herzen nicht wider die verhärten, in deren Mitte sie geweilt hatten. Aber die Amalekiter zu schonen (die Israel entgegentraten, um ihnen den Weg zu versperren und um die Schwachen unter ihnen zu vernichten) hätte bedeutet, das zu vergessen, was Gott gebührt, der sie zurückführte; was aber das Volk anbetrifft, so hätte das eine Gleichgültigkeit des Herzens gegenüber dem Bösen und nicht die Überschwenglichkeit einer natürlichen Zuneigung bewiesen; auch hätte es bedeutet, Erinnerungen nachzugeben, in denen Nächstenliebe mit Gutem durch ein schickliches Vergessen früher erlittenes Unrecht vermischt sein könnte 1. Dort, wo es edle Empfindungen gibt, werden Menschen, die einander kennen (obwohl sie einander geschädigt haben), später, wenn das Böse vorüber sein wird, einander doch anerkennen.

Es gibt aber eine Gesinnung, die nichts als Abscheu verdient; Toleranz ihr gegenüber bedeutet nur, daß man sich selbst schont und diese Gesinnung in das eigene Herz aufnimmt, um an ihr teilzuhaben. Es geht nicht um Richten, sondern um den Zustand des eigenen Herzens. Die Entfernung eines Ägypters von Gott wurde anerkannt; wenn er aber für die Dauer von drei Generationen zu Ihm in Beziehung steht, warum soll er in Entfernung gehalten werden? Warum soll er ein Fremdling bleiben? Amalek jedoch fürchtete Gott nicht, er erkannte Ihn nicht an. Was konnte man also in solch einer Nation anerkennen? Wir müssen Gott in unsere Angelegenheiten, in unsere Beziehungen hineinbringen, und Nächstenliebe, Festigkeit und Gerechtigkeit in unseren Urteilen werden alle ihren Platz finden und in allen unseren Wegen nachgebildet werden.

Fußnoten

  • 1 Die Ägypter waren nur das, worin Israel der Natur nach gehalten wurde. Die Amalekiter waren entschiedene, tätige Feinde wider sie als das erlöste Volk Gottes. Das eine war wirklich der Mensch, der gefallene Mensch ohne Gott - ich erweise allen Menschen Ehre; das andere war die positive, direkte Macht des Feindes.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel