Betrachtung über das vierte Buch Mose (Synopsis)

Kapitel 20

Betrachtung über das vierte Buch Mose (Synopsis)

Mirjam, die Prophetin, stirbt; dieses Merkmal des Zeugnisses ist abgeschlossen. Israel wird sozusagen alt in der Wüste, und die Stimme, die Triumphlieder sang, als sie aus den Tiefen des Schilfmeers heraufkamen, schweigt im Grabe. Es mangelte ihnen auch an Wasser. Die Reise zog sich noch hin. Die Hilfsquellen waren weit davon entfernt, sich zu mehren; im Gegenteil - das, was an Freude und an Zeugnis dagewesen war, war im Verschwinden. Sie versammeln sich wider Mose und wider Aaron. Gott weist auf die Vorkehrung hin, die Er wider das Murren getroffen hatte. Wenn wir soeben Zeuge Seiner Heiligkeit geworden sind, sehen wir nun Seine Hilfsquellen und Seine Segnung.

„Nimm den Stab“, sagte Gott - Er kennt jetzt keinen anderen - „und redet vor ihren Augen zu dem Felsen, so wird er sein Wasser geben.“ Es gibt nichts zu tun, als nur das Zeichen der Gnade zu zeigen (das Zeichen des von seiten Gottes eingreifenden Priestertums in der Gnade, mit der Er Seine Autorität bekleidet hat) und das Wort auszusprechen, und der Notdurft des Volkes wird sofort entsprochen werden. Genaugenommen war es nicht dieselbe Gnade, die dem Volke vom Schilfmeer bis zum Sinai gefolgt war, noch war es die die Sünde strafende Autorität, sondern es war die Gnade, die Sünde und Not priesterlich zur Kenntnis nahm - die von den Verunreinigungen der ersteren wiederherstellte und alles darreichte, was den anderen begegnete.

Mose aber, während er nach dem Befehl Gottes den Stab nahm, war durch die Empörung des Volkes verärgert und dachte an seine Autorität und an ihre Widerspenstigkeit; er erkennt nicht die Ratschlüsse der Gnade und redet unüberlegt: „Werden wir euch Wasser aus diesem Felsen hervorbringen?“ Vordem hatte es geheißen: „Was sind wir, daß ihr wider uns murret?“ Die Empörung des Volkes und die Verachtung seiner Autorität besitzen mehr Macht über seinen Sinn als die Erkenntnis der Gnade Gottes: „Mose ... schlug den Felsen mit seinem Stabe.“ Das erstemal mußte dies getan werden. Christus mußte geschlagen werden, auf daß um Seines Volkes willen Wasser hervorkommen sollte; dieses Schlagen darf aber nicht wiederholt werden.

Unter dem Priestertum haben wir jetzt nur gemäß der lebendigen Kraft des Priestertums, das Gott eingerichtet hat, zu reden, und es kommt eine gnadenreiche Antwort auf alle unsere Nöte. Wenn ich so sagen darf, würde es die Früchte und die Blüten verderben, wenn man mit dem Stabe schlüge. Das ist nicht der in ihm dargestellte Gedanke. Mose heiligte Gott nicht; er schätzte die Eigenschaft nicht genügend, die Gott angenommen hatte; er ehrte Gott nicht in der Stellung, die Er anzunehmen geruht hatte; Gott heiligte Sich aber Selbst um so mehr, indem Er in Gnade handelte und trotzdem den Durst des Volkes stillte. Mose verherrlichte sich selbst, und er wurde vor Gott gedemütigt. Er verstand es nicht, die Stellung, in die er eingesetzt worden war, zu verlassen und mit den Gedanken der überströmenden, unumschränkten und guten Gnade seines Gottes im Einklang zu sein, die ja an Erbarmen die Gerechtigkeit und Autorität übertrifft, unter die Er Sein Volk gestellt hatte. Und doch verläßt Gott Seinen armen Knecht nicht. Wie unbedeutend sind wir im Vergleich zu Seiner Gnade! Allein die Gnade des Priestertums kann solch ein Volk, wie wir sind, durch die Wüste bringen 1.

Die Wanderschaft Israels geht aber ihrem Ende zu, und wir kommen jetzt zu den Feinden, die sich diesem Abschluß wie auch dem Einzug des Volkes in das begehrte Land widersetzen, in das so lange gesuchte Land der Verheißung. Von Neid erfüllt, läßt Edom nicht zu, daß der Weg verkürzt wird; Israel wendet sich von ihm ab. Es gibt Menschen, die sich uns widersetzen, von denen es recht ist, sich abzuwenden, aufgrund irgendeiner äußeren Beziehung zwischen ihnen und uns, obwohl sie von einem unversöhnlichen Haß beseelt sind; wir müssen verstehen, sie zu unterscheiden. Gott wird sie zu Seiner eigenen Zeit richten; unsere Hand darf nicht auf ihnen sein. Was die Feinde Gottes betrifft, so müssen sie unsere Feinde sein; da wo die Macht des Feindes augenscheinlich ist, ist es der Streit Gottes. Wir begegnen aber unterwegs solchen, die, wenn auch nach dem Fleische, von den Quellen der Verheißung stammen und durch das Fleisch gekennzeichnet sind; wir überlassen sie Gott: es ist Sein Hoheitsrecht, sie zu richten. Der Vorwand zum Krieg ist nicht offenkundig, es wäre nicht rechtmäßig für das Volk. Jetzt scheidet auch Aaron ab. Zum Schluß nimmt der Dienst einen anderen Charakter an 2.

Fußnoten

  • 1 Dies ist der Charakter des Hebräerbriefs: in bezug auf das Gewissen Vollkommenheit durch das Opfer Christi, aber beim Durchzug durch die Wüste in beständiger Abhängigkeit, doch unfehlbare Treue Dessen, auf den wir uns verlassen. Das Priestertum trägt hier den Charakter der Mittlerschaft, und zwar deswegen, weil unsere Sünden hinweggetan sind.
  • 2 Mit seinem Tode schließt die Wüstengeschichte. Für das Versagen auf dem Wege sind Vorkehrungen getroffen worden. Mose hält am Gesetz fest und nützt nicht den Stab Aarons (priesterliche Gnade), und auf dieser Grundlage kann er das Volk nicht in das Land bringen. Während dieser Übergangszeit haben wir die folgende Reihenfolge: Vorkehrungen für Verunreinigung auf dem Wege (Kap. 4. Mo 19); das Priestertum wird aufgegeben, also ist kein Eingang in das Land; dann der beständige Haß des älteren Bruders, des äußeren fleischlichen Nachkommens des auferstandenen Menschen, in unbeugsamem Widerstand gegen das berufene Volk. Aaron stirbt, und die Gnade der Wüste ist beendet; die Macht Satans wird überwunden, aber durch Ermüdung (selbstverschuldet durch Mangel an Glauben) bricht das tödliche Wesen der Sünde herein; dann kommt das große Heilmittel; der Macht Arads wird widerstanden, sie wird vernichtet. Von Kapitel 4. Mo 21,4 an geht es aber um den Seelenzustand, das Herz kehrt nach Ägypten zurück; Christus (das Man) wird verschmäht. Als sie treu waren, war die Macht des Feindes wie nichts. Treulosigkeit, Murren wider Gott bringen ihnen den Stachel des Todes nahe. Wenn sie das Brot des Lebens verschmähen, bekommen sie den verhängnisvollen Stachel des Todes im Gericht zu spüren. Es gab Heilung in dem Glaubensblick auf Christum, der für uns erhöht wurde. Dies ist nicht Priestertum für die Reise, sondern ein absolutes Heilmittel gegen den Tod durch die Sünde. Es geht im allgemeinen darum, was Gott dem Volke außerhalb der Fürsorge der Wüste ist. Dann die Erquickungen des Geistes und Wortes - der gegrabene Brunnen. Weiter haben wir die siegreiche Macht über alle ihre Feinde, obwohl außerhalb des Jordan und unbeschnitten. Es ist Gott, der für Sein Volk steht, trotz ihres unvollkommenen Zustandes; zum Schluß sehen wir ihre volle Rechtfertigung, ihren Charakter und ihre Segnung, wie Gott sie im Sinn hat.
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