Der Dienst der Propheten und das prophetische Wort
Der Dienst der Propheten und das prophetische Wort

Prophetischer Dienst heute

Der bekannte Bibellehrer J.N. Darby hat bereits vor mehr als 100 Jahren geschrieben: „Wir haben Lehrer, die uns durch die Gnade Gottes manche lange verlorene Wahrheit zurückgegeben haben. Aber der Dienst für gestern ist nicht der Dienst für heute. Gestern war Unwissenheit die vorherrschende Sünde, und deswegen waren Lehrer nötig. Heute haben wir es oft mit der Stumpfheit des Gewissens zu tun – dafür ist die Stimme eines Propheten notwendig…. Eine Wahrheit zu ergreifen und von der Wahrheit ergriffen zu sein sind zwei ganz verschiedene Dinge. Sollten wir nicht zu Gott schreien um wahre Propheten, Männer von gottseligem Wandel, die begabt sich, ernst, eindringlich und ohne Rücksicht auf den eigenen Ruf zu sprechen? … Niemand sage, dass die Liebe die Ausübung einer solchen Gabe verbiete. Die Liebe ruft danach.“1

Gott möchte uns im prophetischen Dienst durch sein Wort in sein Licht stellen, damit wir klar sehen und den richtigen Weg gehen. So angewandt, hat der Dienst der Weissagung bzw. Prophezeiung in der örtlichen Versammlung die gleiche Zielrichtung wie der Dienst der Propheten des Alten Testamentes:

  1. Gott möchte, dass wir unseren Zustand erkennen, besonders dann, wenn wir von seinen Gedanken abgewichen sind. Das gilt für jeden persönlich und es gilt gemeinschaftlich.
  2. Gott möchte uns warnen, nicht auf einem einmal eingeschlagenen falschen Weg weiter zu gehen. Es ist immer sein Ziel, uns in Übereinstimmung mit seinen Gedanken zu bringen. Erneut gilt das persönlich und gemeinschaftlich.
  3. Gott macht uns klar, dass der Grundsatz gilt: „Was irgend der Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Gal 6,7). In seinen Regierungswegen muss Gott mit uns handeln, wenn wir nicht bereit sind auf sein Wort zu hören. In seiner Regierung handelt Er mit einzelnen Gläubigen und auch mit örtlichen Versammlungen. Es mag sogar sein, dass Er in seiner Regierung einen „Leuchter“ (eine örtliche Gemeinde) wegnimmt (Off 2,5).
  4. Gott möchte uns ermuntern, gerade in schwerer Zeit treu zu Ihm zu stehen, sein Wort zu bewahren und seinen Namen nicht zu verleugnen. Er kann von jedem Einzelnen erwarten, dass wir treue Verwalter sind und in der Wahrheit wandeln. Er kann ebenso erwarten, dass wir bis zum Ende hin ehrlich bemüht sind, den Charakter als Versammlung Gottes zu bewahren.
  5. Gott möchte uns immer neu mit der Größe und Herrlichkeit seines Sohnes beschäftigen. Das, was Gott wichtig ist, soll uns ebenfalls wichtig sein. Nur wenn die Person des Herrn Jesus groß vor uns steht und uns täglich neu beeindruckt, werden seine Wesensmerkmale in uns praktisch sichtbar werden.

Das Ziel der Weissagung wird in 1. Korinther 14,3 wie folgt zusammengefasst: „Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung (Ermunterung) und Tröstung“. Das ist keine Definition von Weissagung, sondern gibt das angestrebte Ziel an. Es geht darum, dass Gläubige in ihrem Glauben gefördert werden und wachsen (Erbauung), dass sie ermahnt und ermuntert werden und dass sie durch das Wort Gottes in ihren jeweiligen Umständen getröstet werden. Damit dieser Zweck erreicht wird, gibt Gott uns bis heute den Dienst der Weissagung. Die Korinther sollten nach der Liebe streben und um die geistlichen Gaben eifern. Dann jedoch fügt Paulus hinzu: „... viel mehr aber, dass ihr weissagt“ (1. Kor 14,1). Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, dass Dienst am Wort Gottes in seiner höchsten Form Weissagung ist.

Noch einmal: Dieser Dienst der Weissagung in unserer Zeit ist nicht, dass jemand zukünftige Dinge voraussagt oder neue Wahrheiten kundtut. Niemand bekommt heute eine Offenbarung Gottes um etwas zu offenbaren, das nicht grundsätzlich schon bekannt ist2. Es geht vielmehr darum, dass Gott Menschen als Segenskanal benutzt, um direkt in unsere täglichen Umstände hinein zu reden. Gott kennt unsere Bedürfnisse besser als jeder Mensch und im Dienst der Weissagung wird diesen Bedürfnissen entsprochen. Das haben viele Gläubige häufig erfahren. Es ist völlig klar, dass jemand, der diesen Dienst tut, unbedingt vom Geist Gottes geleitet sein muss. Ein Lehrer kann etwas erklären, was er verstanden hat. Doch ein Prophet spricht Herzen und Gewissen an. Deshalb ist dieser Dienst ein ganz besonderer Dienst und wir verstehen besser, warum J.N. Darby in seiner weiter oben zitierten Aussage einen solchen Wert auf den prophetischen Dienst legt.

Fußnoten

  • 1 J. N. Darby: Der prophetische Dienst, in: Ermunterung und Ermahnung 1957
  • 2 Wer behauptet, dass es heute noch neue Offenbarungen von Gott an Menschen gibt, der stellt – wenn auch vielleicht unbewusst – den Wert des vollendeten Wortes Gottes in Frage. Gott hat uns alles mitgeteilt, was in einem Herzen ist. Die christliche Wahrheit ist vollständig offenbart. Deshalb kann es keine neuen Offenbarungen mehr geben.
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