Der Dienst der Propheten und das prophetische Wort
Der Dienst der Propheten und das prophetische Wort

Propheten im Alten Testament

Der erste Prophet, der in Gottes Wort ausdrücklich als Prophet bezeichnet wird, ist der Patriarch Abraham. Gott selbst nennt ihn so, als Er zu Abimelech, dem König von Gerar, sagte: „… denn er (Abraham) ist ein Prophet und wird für dich bitten“ (1. Mo 20,7). Abraham redete also für einen anderen zu Gott. Sehr deutlich finden wir diese Seite bei dem Propheten Samuel. Er redete nicht nur im Auftrag Gottes zu dem Volk Israel, sondern wir finden ihn wiederholt im Gebet vor Gott für das Volk. Er sagt selbst einmal: „Auch ich – fern sei es von mir, gegen den Herrn zu sündigen und aufzuhören, für euch zu bitten; sondern ich werde euch den guten und richtigen Weg lehren“ (1. Sam 12,23). Das gehört jedenfalls zu dem Aufgabenbereich eines guten Propheten.

Der zweite Mann Gottes, der ausdrücklich ein Prophet genannt wird, ist Aaron. Als Mose Angst hatte, zum Pharao zu gehen, gab Gott ihm seinen Bruder mit den Worten zur Seite: „Siehe, ich habe dich dem Pharao zum Gott gesetzt, und dein Bruder Aaron soll dein Prophet sein. Du sollst alles reden, was ich dir gebieten werde, und dein Bruder Aaron soll zu dem Pharao reden ...“ (2. Mo 7,1.2). Die Aussage, dass Aaron der Prophet Moses sein sollte, mag uns auf den ersten Blick verwundern. Gemeint ist, dass Aaron für Moses reden sollte, weil Moses nicht reden wollte.

Häufiger jedoch finden wir Propheten als Personen, die im Auftrag Gottes zu Menschen redeten. Ganz besonders deutlich wird das, wenn Gott über den Messias spricht: „Einen Propheten, gleich dir, will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erwecken; und ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird alles zu ihnen reden, was ich ihm gebieten werde“ (5. Mo 18,18). Ein Prophet in diesem Sinn ist jemand, der Worte Gottes zu anderen spricht. Gott legt seine Worte in den Mund des Propheten, der genau das reden soll, was Gott ihm gebietet. Er „vermittelt“ sozusagen zwischen Gott und Menschen, indem er eine Botschaft Gottes zu Menschen bringt. Dabei richten die Propheten ihre Worte manchmal an die Gesamtheit des Volkes und manchmal an Einzelpersonen. Gott spricht durch seine Diener kollektiv (gemeinschaftlich) und individuell (persönlich).

Die Tatsache, dass Gott Propheten benutzt, um zu seinem Volk zu reden, beweist, dass Er sich um sein Volk kümmert. Gott möchte, dass sein Volk seinen Willen kennt und ihn befolgt. Ganz besonders dann, wenn das Volk Gottes von seinen Gedanken abweicht, oder wenn einzelne Personen sich von Ihm entfernt haben, schickt Er seine Propheten. Gott will sein Volk nicht im Elend und in der Abweichung von seinem Weg und Gedanken lassen, sondern durch den Dienst der Propheten bemüht Er sich, sein Volk zu sich zurückzubringen. Durch das ganze Alte Testament hindurch können wird diesen Grundgedanken verfolgen.

Wir fassen zusammen: Das Alte Testament zeigt sehr klar, dass wir einen Propheten nicht nur damit erklären können, dass er zukünftige Ereignisse voraussagt. Ein Prophet ist darüber hinaus viel mehr jemand, der für einen anderen spricht und zwar entweder für Menschen zu Gott, für Menschen zu Menschen oder für Gott zu Menschen.

Verschiedene Seiten im Dienst der Propheten im Alten Testament

Schauen wir uns die Seite des Dienstes der Propheten, die im Auftrag Gottes an die Menschen geredet haben, ein wenig näher an. Sie haben ihren Dienst entweder mündlich oder schriftlich getan und sich dabei im Wesentlichen – allerdings nicht ausschließlich – an das Volk Gottes gewandt1. Wir können dabei mindestens die folgenden Seiten unterscheiden:

  1. Propheten decken den Zustand des Volkes Gottes auf: Wenn Gottes Volk oder einzelne Personen von den Gedanken Gottes abweichen, dann schickt Gott seine Propheten, um seinem Volk die Augen über ihre Abweichung zu öffnen. Propheten nehmen häufig eine Beschreibung der Zustände und des Fehlverhaltens vor. Gott möchte, dass sein Volk klar erkennt, wie Er über die Zustände und über das Verhalten seiner Leute denkt.
  2. Propheten warnen das Volk Gottes: Die Botschaft der Propheten ist oft eine warnende Botschaft. Propheten machen klar, dass Gott das Fehlverhalten seines Volkes einerseits nicht gleichgültig ist und dass Er es andererseits nicht einfach hinnehmen kann. Deshalb warnt Gott. Er stellt den Ernst und die Folgen der Abweichung vor Herz und Gewissen. Ziel dieser Warnungen ist immer, dass sein Volk wieder in Übereinstimmung mit seinen Gedanken lebt und den Willen Gottes tut.
  3. Propheten kündigen das Gericht an: Wenn die Warnungen Gottes an sein Volk nicht ausreichen, muss Gott Gericht ankündigen. Deshalb tragen die Botschaften der Propheten oft einen sehr ernsten Charakter. In Verbindung damit finden wir häufig zugleich echte Voraussagen in die Zukunft, d.h. die Gerichtsankündigungen tragen einen doppelten Charakter. Zum einen gelten sie geschichtlich für die Zeit, in der sie ausgesprochen werden und zum anderen sprechen sie von dem kommenden Gericht, das in der Verbindung mit der Zeit des Endes und der großen Drangsal steht, die einmal über Israel und Juda kommen wird.
  4. Propheten ermuntern die Treuen im Volk Gottes: Die Botschaft der Propheten ist nicht nur ermahnend und warnend, sondern sie ist häufig ebenso Mut machend. Zu allen Zeiten hat es im Volk Gottes solche gegeben, die ihrem Gott selbst in schweren Zeiten treu bleiben wollten. Solche Gläubigen werden durch den Dienst der Propheten ermuntert und getröstet. Gerade im schriftlichen Dienst der alttestamentlichen Propheten geben uns diese Ermunterungen herrliche Hinweise auf das kommende Friedensreich des Herrn Jesus. Erneut erkennen wir deutlich den doppelten Charakter (historisch und zukünftig) der Botschaft der Propheten.
  5. Propheten weisen auf den Messias hin: Die vornehmste Aufgabe der Propheten des Alten Testamentes ist ohne Zweifel, dass sie uns herrliche Hinweise auf die Person unseres Herrn geben. Der Herr Jesus selbst erklärte den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus „von Moses und allen Propheten anfangend, das was Ihn betraf“ (Lk 24,27). Dabei denken wir zum einen an den leidenden Messias, der von seinem Volk abgelehnt und gekreuzigt wurde und zum anderen an die Herrlichkeit des kommenden Reiches, wenn Er in Gerechtigkeit und Frieden regieren wird.

Fußnoten

  • 1 Jona ist ein Beispiel für einen Propheten, den Gott mit einer ausdrücklichen Botschaft an ein heidnisches Volk gesandt hat. Daniel hat ebenfalls vor Nebukadnezar den Dienst eines Propheten getan (z.B. Dan 4,24).
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