Das Lied der Erlösung
Das Lied der Erlösung
Ein Rückblick und die Antwort Mirjams
„Denn die Pferde des Pharaos mit seinen Wagen und mit seinen Reitern sind ins Meer gekommen, und der HERR hat die Wasser des Meeres über sie zurückgeführt; und die Kinder Israel gingen auf dem Trockenen mitten durchs Meer. –
Und Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, nahm das Tamburin in ihre Hand; und alle Frauen zogen aus, hinter ihr her, mit Tamburinen und in Reigen. Und Mirjam antwortete ihnen:
Singt dem HERRN, denn hoch erhaben ist er; das Pferd und seinen Reiter hat er ins Meer gestürzt! –“ (2. Mo 15,19–21).
Bevor wir in den Versen 20 und 21 die Antwort Mirjams lesen, gibt Vers 19 noch einmal einen Rückblick auf das Geschehen am Roten Meer. Es ist nicht ganz eindeutig, ob dieser Vers ein Teil des Liedes ist, oder von dem inspirierten Schreiber als Tatsache eingefügt wurde. Die Erinnerung daran, dass sie auf dem Trockenen durch das Meer gegangen waren, während der Pharao den Tod fand, bleibt jedenfalls unvergessen. Sie ist der eigentliche Anlass für den Jubelgesang der Kinder Israel.
Mirjam, die Schwester Moses, wird hier zum ersten Mal mit Namen genannt. Darüber hinaus wird sie eine „Prophetin“ und „Aarons Schwester“ genannt. Das sind zwei verschiedene Titel:
- Als „Prophetin“ sagte sie nicht unbedingt zukünftige Dinge voraus, sondern machte sich zum „Sprachrohr“1 der Frauen in Israel. Das Wort „Prophet“ bedeutet „Sprecher“ oder „Verkünder“.
- Die Tatsache, dass sie nicht als „Schwester Moses“ bezeichnet wird, ist bemerkenswert2. Es wäre menschlich naheliegend gewesen. Offenbar legt Gott Wert darauf, jeden Vergleich mit Mose auszuschließen. Mose war der Führer des Volkes und Mirjam stand wie ihr Bruder Aaron, unter der Führung Moses. Welchen Platz sie jedoch einnahm, zeigt uns Gott Jahrhunderte später. In Micha 6,4 lesen wir: „Denn ich habe dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt und dich aus dem Sklavenhaus erlöst; und ich habe Mose, Aaron und Mirjam vor dir hergesandt“. Hier wird Mirjam im gleichen Atemzug mit ihren beiden Brüdern genannt. Sie war eine Frau, die anderen voranging und sie anleitete3.
Der Inhalt macht zum einen klar, dass es sich um einen Wechselgesang handelte. Am Anfang hatten die Männer gesungen und jetzt antworten die Frauen. Zum anderen wird deutlich, dass die Männer in dem, was sie ausdrücken, deutlich weiter gehen als die Frauen und mehr sagen. Die Frauen bleiben bei dem stehen, was Gott ihnen geschenkt hatte. Sie wissen: Gott hat den Feind besiegt und damit jede Bedrohung weggenommen. Dafür loben und preisen sie Gott. Die Männer hingegen sprechen von der Absicht und dem Ratschluss Gott und richten ihren Blick in die Zukunft. Sie sprechen von der Größe und Herrlichkeit Gottes.
In der Sprache des Neuen Testamentes können wir sagen, dass die Frauen das erkennen, was der Römerbrief uns lehrt, während die Männer sich mit den Wahrheiten des Epheserbriefes beschäftigen. Die Frauen wussten: „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind“ (Röm 8,1). Die Männer preisen Gott, der „uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“ (Eph 1,3).
Sündenvergebung und Befreiung sind gewaltige Heilstatsachen, die wir nie gering schätzen dürfen. Es erfüllt uns mit Dankbarkeit und Freude, dass Gott für uns ist. Dennoch ist es ein Anfang. Gott möchte uns weiterführen. Wir sollen Ihn erkennen, seinen Ratschluss und seine Segnungen, die Er für uns in seinem Herzen hat.
Fußnoten
- 1 Siehe die Anmerkungen zu dem Wort „Prophet“ in Kapitel 7,1
- 2 Von einer einzigen Ausnahme abgesehen, ist das immer so. Lediglich in 4. Mo 26,59 wird einmal davon gesprochen, dass Mirjam die Schwester Aarons und Moses war. Dort geht es einfach um die natürliche Abstammung.
- 3 Diese Hinweise stehen nicht im Widerspruch zu dem, was im Neuen Testament über den Dienst der Schwestern gesagt wird (bes. 1. Kor 14,34). Erstens gab es im Neuen Testament ebenso Frauen, die weissagten (vgl. Apg 21,9). Zweitens leitete Mirjam keine Männer, sondern Frauen an und führte die, die mit ihr „auszogen“. Drittens müssen wir bedenken, dass wir uns auf alttestamentlichem Boden befinden.