Einführung in das Buch Josua

1. Der geschichtliche Hintergrund

Einführung in das Buch Josua

Gott hatte den Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob das Land, in dem sie lebten1, als Besitz versprochen. Es war der Segen Gottes, der ihnen zugesagt war. Nachdem Jakob und seine Söhne – bedingt durch die Hungersnot – nach Ägypten übergesiedelt waren, wurde das Volk in Ägypten versklavt. Aus dieser Knechtschaft wurde Israel befreit und nach 40 Jahren Wüstenreise unter der Führung von Mose standen sie nun im Begriff, das von Gott versprochene Erbe in Besitz zu nehmen. Darüber berichtet das Buch Josua. Es zeigt uns, wie das Volk unter der Führung Josuas über den Jordan zog, das Land einnahm und wie der Besitz verteilt wurde.

Zu Beginn des Buches sehen wir ein Millionenvolk (geschätzt mindestens 1,5 Millionen Menschen), das ein Land in Besitz nehmen wollte, das ihr Gott ihnen versprochen hat. Während ihre Feinde kampferprobt waren, hatte das Volk Gottes kaum Erfahrung in kriegerischen Auseinandersetzungen. Trotz dieser schwierigen Ausgangslage besiegten sie die Feinde und nahmen das Land ein. Es war ein Land, das „von Milch und Honig floss“2 und dessen Reichtum und Schönheit vor allem im fünften Buch Mose beschrieben wird.

Geschichtlich schließt das Buch an die Wüstenreise und an das fünfte Buch Mose an. In der Tat gibt es im Buch Josua eine Reihe von Themen, die bereits im fünften Buch Mose (und schon im vierten Buch Mose) behandelt worden sind und die erneut aufgegriffen werden3. Dennoch ist das Buch Josua kein Anhang zu den fünf Büchern Mose, sondern ein eigenständiges Buch. Das Buch beschreibt einen historischen Zeitraum von etwa 30 bis 40 Jahren. Der Einzug in das Land war um 1406 v. Chr.4 Josua starb im Alter von 110 Jahren, d.h. er war zu Beginn der Berichterstattung bereits 70 bis 80 Jahre alt. Von einigen Ausnahmen abgesehen ist es ein Buch von Freude und von Sieg. Dem Bericht des Buches Josua folgt der Bericht des Buches der Richter, in dem es hauptsächlich um Verfall und Niederlagen geht.

Das Buch Josua beschreibt die Eroberungszüge in Kanaan, die wir mit einer gewissen Berechtigung als „heilige Kriege“ bezeichnen können, denn sie waren religiös motiviert. Gott hatte seinem Volk das Land versprochen und in seinem Auftrag nahmen sie dieses Land nun ein (Jos 21,43). Es waren keine politisch motivierten Kriege zum Schutz oder zur Expansion. Die Eroberung basierte vielmehr auf dem Versprechen, das Gott Abraham gegeben hatte (1. Mo 12,1–3; 13,15; 15,18–21 u.a.). Deshalb gab Gott den Auftrag, die Kanaaniter (eine zusammenfassende Beschreibung der Bewohner Kanaans5) auszutreiben. Die Kriegshandlungen mögen uns grausam und zum Teil unverständlich erscheinen. Dennoch müssen wir bedenken, dass es vor allem eine Strafe Gottes für diese Nationen war. 1. Mose 15,16 spricht schon von der Ungerechtigkeit der Amoriter – eines der Hauptvölker Kanaans – die einmal voll werden würde. Der Götzendienst der Kanaaniter war Gott ein Gräuel. Ihre Hauptgottheiten Baal (Herr), Moloch (König) und Asterot (Gemahlin) waren überaus grausam und der Götzenkult mit grober Unmoral, mit Prostitution und sogar mit Kindesopfern verbunden. Die Vernichtung der Kanaaniter war somit eine Strafe Gottes. Gott benutzte sein Volk, um die Gottlosigkeit dieser Völker zu bestrafen (5. Mo 20,16–18). Außerdem wollte Gott nicht, dass das Volk Israel sich durch die Unreinheiten der Völker im Land selbst verunreinigte (3. Mo 18,24). Genau diese Gefahr sah Josua noch am Ende seines Lebens (Jos 23,12).

Fußnoten

  • 1 Man spricht deshalb gerne von dem „verheißenen Land“ oder von dem „gelobten Land“. Eine Verheißung ist eine feste Zusage. „Gelobt“ ist das Land deshalb, weil es zugesagt oder versprochen (gelobt) worden ist.
  • 2 Dieser Ausdruck kommt im Alten Testament zwanzig Mal vor (zum ersten Mal in 2. Mose 3,8 und zum letzten Mal in Hesekiel 20,15).
  • 3 Dazu zählen neben dem Tod Moses und der Amtseinführung Josuas u.a. die Beschreibung der Grenzen des Landes, der Bericht über die zweieinhalb Stämme, die auf der anderen Seite des Jordan blieben, die Anweisungen über das Erbteil Levis und Kalebs und die Anweisungen über die Zufluchtsstätte.
  • 4 Die Chronologie der Geschehnisse in den ersten Bibelbüchern (vor allem 1. Mose – Richter) ist nicht ganz unumstritten und hat immer wieder zu nicht unerheblichen Meinungsverschiedenheiten geführt. Das gilt ebenso für die Datierung des Auszugs der Israeliten aus Ägypten und damit für ihren Einzug in das Land Kanaan. Eine Bibelstelle, die uns helfen kann, ist 1. Könige 6,1. Der Regierungsbeginn von Salomo ist relativ klar festzulegen. Wenn man vom vierten Jahr der Regierung Salomos 480 Jahre zurückrechnet, ergibt das für den Auszug Israels aus Ägypten ca. 1446 v.Chr. Addiert man die 40 Jahre in der Wüste hinzu, kommt man auf das Jahr 1406 v.Chr. für den Einzug in das Land (vgl. dazu A. Remmers; Die Bibel im Überblick, Seite 69).
  • 5 Die Kanaaniter waren Nachkommen Kanaans, des Sohnes Hams. An einigen Bibelstellen wird der Begriff als Sammelbegriff für die unterschiedlichen Nationen und Völker gebraucht, die im Land Kanaan wohnten (vgl. Jos 17,12.13; Neh 9,24; Obad 20; Sach 14,21). An anderen Stellen sind die Kanaaniter als eigenständiges Volk zu sehen (vgl. 1. Mo 15,18-21). Das hebräische Wort kann auch mit „Kaufmann“ oder „Kaufleute“ übersetzt werden.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel