Betrachtungen über den Epheserbrief
Kapitel 3
Dem Paulus offenbart
Das 3. Kapitel dieses Briefes ist eine Art Einschaltung, welches die fundamentale Wahrheit von „Christus und der Versammlung“ zum Gegenstand hat. In der Tat ist dies eine Wahrheit, die im Mittelpunkt des Handelns Gottes und Seiner Wege von Anfang bis zum Ende steht. Dieses Kapitel steht zwischen Kapitel 2 mit seinen belehrenden Mitteilungen über die Wahrheit und den praktischen Worten der Ermahnungen, die mit dem 4. Kapitel beginnen.
Der Apostel hebt hier die Tatsache hervor, dass die gesegnete Wahrheit von Christus und der Versammlung bislang ein Geheimnis war, das keiner der Heiligen früherer Haushaltungen kannte. Es wurde erst den Aposteln und Propheten des Neuen Testamentes nach der Vollendung des Werkes der Erlösung und der Erhöhung Christi zur Rechten des Vaters und nach der Herniederkunft des Heiligen Geistes am Tage der Pfingsten geoffenbart.
Obgleich dieses Geheimnis den Aposteln und Propheten des Neuen Testamentes geoffenbart worden war, so wurde doch das Vorrecht und der Dienst, es der Versammlung zu zeigen und kundzutun, im besonderen dem Paulus, dem Apostel des verherrlichten Christus, gegeben.
Wohl hatte der Herr Jesus in Joh 10 von „seinen“ Schafen, die Er aus dem Hofe Israels herausgeführt hatte, ebenso gesprochen wie von den „anderen“ Schafen (die aus den Nationen waren), und dass die letzteren mit den ersteren „eine Herde“ bilden sollten unter „einem Hirten“ (Verse 1–8).
Wir sehen dieselbe Wahrheit in dem Gesicht Petri angedeutet, als ein leinenes Tuch mit allerlei unreinen Tieren vom Himmel auf die Erde hernieder gelassen wurde, ein Gesicht, das symbolisch davon sprach, dass auch Gläubige aus den Nationen zu Christus kommen sollten. Dennoch war die göttliche Wahrheit von dem einen Leibe, der aus Gläubigen sowohl aus den Juden als auch aus den Nationen besteht, und die Tatsache, dass der verherrlichte Christus das Haupt dieses Leibes ist, ein Geheimnis, das der Herr erst dem Paulus durch besondere Offenbarung kundgemacht hatte (Kap. 3‚ 3). Er gab Paulus den Dienst der Verkündigung dieses Geheimnisses, um alle Menschen darüber zu erleuchten (V. 8).
Im 2. Kapitel unseres Briefes erklärte der Apostel Paulus diese gesegnete Wahrheit, dass alle Gläubigen in Christus die aus den Juden wie auch die aus den Nationen auf gleicher Grundlage stehen, weil in Christus weder Jude noch Heide ist, damit sie alle zusammen einen Leib bilden, wovon Christus das Haupt ist.
Gerade die Verkündigung dieser Wahrheit erweckte den Widerstand und die bittere Feindschaft der Juden; sie war in der Tat die Ursache sowohl der Verfolgung des Paulus durch die Juden (siehe Apg 22,21–24; 1. Thes 2‚15; 2. Kor 11,24) als auch davon, dass er ins Gefängnis geworfen wurde (Eph 3,1).
Es war für die Gläubigen aus den Juden zuerst gar nicht einfach, diese wichtige Wahrheit zu verstehen, dass die Gläubigen aus den Juden mit den Gläubigen aus den Nationen gleichberechtigte Glieder des Leibes Christi sind, und dass Christus durch Seinen Tod aus beiden eines gemacht und die Zwischenwand der Umzäunung, d.i. die alte, zwischen ihnen bestehende Feindschaft, hinweggetan hat.
Es war für sie nicht leicht zu erfassen, dass Gott gerade das völlig zerstören konnte, was Er zuvor Selbst aufgerichtet hatte. Wie ist es möglich, dass Gott jetzt alle jene Unterschiede aufhob, die Er einst Selbst zwischen Juden und Heiden verordnet hatte, um Sein Volk von den Nationen abzusondern, indem Er ihnen Vorrechte gab, an denen die Nationen kein Teil hatten? Die Antwort ist, dass Gott für jede Haushaltung Seine besondere Absicht hat. Er bestimmte die Haushaltung des Alten Testamentes dazu, einen Unterschied zu machen zwischen Seinem Volke vor alters und den Nationen. Aber jetzt hat es Ihm wohlgefallen, eine neue, auf das Erlösungswerk Christi gegründete Haushaltung einzuführen – eine Haushaltung, die all diese alten Unterschiede beseitigen sollte.
Der erste Teil unseres Kapitels nun erklärt diese Seite des Geheimnisses des Christus und zeigt, dass die Nationen, die an Christum glauben, auf gleicher Grundlage stehen wie ihre Brüder aus den Juden, und dass alle, die Christus als ihren Retter und Heiland angenommen haben, dadurch zu einem Leib geworden sind. Der Grund, weshalb die Juden diese Wahrheit nicht leicht erfassen konnten, liegt darin, dass weder das Gesetz, noch die Propheten, noch irgend eine Schrift des Alten Testamentes jemals über dieses Geheimnis geredet hatten.
Das Wort „Geheimnis“ beschreibt nicht eine Sache, die verborgen und unverständlich ist, sondern etwas, das bisher (d.h. im Alten Testament) nicht geoffenbart war. Doch im Neuen Testament – und besonders in diesem Briefe – ist dieses Geheimnis völlig geoffenbart worden.
Wir möchten nochmals darauf hinweisen, dass der Gegenstand dieses Geheimnisses „Christus und die Versammlung“ ist. Das heißt, nicht Christus allein ohne die Versammlung, noch die Versammlung allein ohne Christus, sondern Christus und die Versammlung: „Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in Bezug auf Christus und die Versammlung“ (Kap. 5, 32).
Die Botschaft eines Gefangenen
Vers 1: „Deshalb ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen“
Hier zeigt uns der Apostel ganz klar, weshalb er ein Gefangener war – weil er diese kostbare Wahrheit verkündigte, dass nun die aus den Nationen an Christum Glaubenden die gleichen gesegneten Vorrechte besitzen wie die Gläubigen aus den Juden. Deswegen suchten sich die Juden an ihm zu rächen und verfolgten ihn, bis schließlich der Befehl zu seiner Gefangennahme in Rom erfolgte.
Wie wunderbar, dass der Apostel seine Gefangennahme nicht von einem menschlichen Standpunkt aus betrachtet, als wäre er ein Gefangener des römischen Weltreiches! Er betrachtet sie vielmehr vom göttlichen Standpunkt aus, indem er sagt „Gefangener Jesu Christi“. Hierin liegt zweifellos der Grund für seine Tröstung mit Freude. Er betrachtet es als eine große Ehre, ein „Gesandter in Ketten“ zu sein (Kap. 6, 20).
Geliebte, haben wir hier nicht eine ernste Belehrung zu unserem Nutzen, dass auch wir unsere Leiden, Schwierigkeiten und Prüfungen, die es auf dem Pilgerpfade gibt, nicht von einem menschlichen, sondern von dem göttlichen Standpunkt aus betrachten sollen? Dann werden unsere Herzen mit Frieden und Trost erfüllt sein, dann wird es Sieg geben: „...Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat“ (Röm 8,37).
Wie erstaunlich ist es, dass der Apostel, dem die Ehre und das Vorrecht gegeben wurde, diesen Brief zu schreiben, der die kostbarsten Wahrheiten des Evangeliums offenbart und uns dieses wunderbare Geheimnis über die himmlische Stellung der Versammlung und ihre Beziehung zu Christus, dem verherrlichten Haupte, mitteilt, ein Gefangener in Ketten war, als er ihn schrieb.
Die Heimat der Versammlung ist im Himmel, im Hause des Vaters. Sie ist ein Fremdling in dieser verderbten Welt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie verfolgt wird und dass man ihr widersteht. Und es ist ebenso wenig verwunderlich, dass der Apostel des verherrlichten Christus – Paulus - diesen gesegneten Brief schreiben sollte, während er ein in Ketten gebundener Gefangener war.
Die Verwaltung
Vers 2: „...wenn ihr nämlich gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in bezug auf euch gegeben ist“
Das Wort Verwaltung bedeutet hier „Dienst“ oder „Verwalteramt“. Der Apostel Paulus war das auserwählte Gefäß Gottes zur Offenbarung der göttlichen Ratschlüsse über die Berufung der Versammlung und ihrer himmlischen Stellung und Hoffnung.
Es ist sicherlich zutreffend, dass dieses herrliche Geheimnis auch den übrigen Aposteln und Propheten Christi geoffenbart worden war. Aber es war nicht durch sie, sondern durch den Apostel Paulus der Versammlung kundgetan worden. Der Apostel sagt, dass seine Auserwählung für diesen Dienst - oder diese Verwaltung – seine Gnade war: „...die Gnade Gottes, die mir in bezug auf euch gegeben ist...“
Dies trifft auch für jeden zu, dem Gott eine Gabe zum Dienst gegeben hat. „...Je, nachdem jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes“ (1. Pet 4,10). Daraufhin versichert der Apostel Paulus den Gläubigen in Ephesus, dass ihm dieser besondere Dienst der Verwaltung für sie‚ d.h. für die Gläubigen aus den Nationen gegeben ist.
Durch Offenbarung kundgetan
Vers 3+4: „...dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden, – wie ich es zuvor in kurzem beschrieben habe, woran ihr im Lesen merken könnt mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus“
Das Wort Geheimnis wird drei mal in diesem Kapitel wiederholt. Der Herr hat dieses Geheimnis dem Apostel Paulus durch eine besondere Offenbarung mitgeteilt. Er hat es nicht von Petrus empfangen, noch von irgendeinem anderen der Apostel, die vor ihm waren; sondern er empfing es direkt von dem verherrlichten Herrn Selbst. Dieses herrliche Geheimnis betrifft Christus und Seine Versammlung, oder mit anderen Worten: es betrifft die Herrlichkeit unseres hochgelobten Herrn und die Schönheit der Versammlung, die Sein Leib ist. Die Herrlichkeit Christi und unsere Segnungen als Glieder Seines Leibes sind durch ein ewiges Band miteinander verbunden, das nicht zerrissen werden kann.
„...wie ich es zuvor in kurzem beschrieben habe“ bezieht sich auf das, was er sowohl in Kap. 1, 9 -14 als auch in Kap. 2 geschrieben hat, wo er den Gegenstand dieses großen Geheimnisses berührt hatte. Aber hier in Kap. 3 wünscht er eingehender darüber zu schreiben.
Die Absicht des Apostels ist, dass die Gläubigen, wenn sie das lesen, was er über dieses Geheimnis schreibt, es vollkommen kennen und verstehen möchten. Und das sollte in der Tat das Ziel jedes treuen Dieners Christi sein, der seinen Mitgläubigen die göttliche Wahrheit mitzuteilen sucht.
Lasst uns Gottes Wort unter Gebet lesen und darüber nachsinnen, damit wir imstande sein mögen, es zu verstehen, uns seiner zu erfreuen und davon erfüllt zu sein. Je mehr wir uns dem Studium des Wortes Gottes hingeben und es in uns aufnehmen, desto mehr wird unsere Anbetung und die Bewunderung unseres Gottes und Vaters und unseres Herrn Jesus Christus zunehmen wegen der Gnade, die gegen uns überströmend geworden ist.
Früher nicht geoffenbart
Vers 5: „...das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt offenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist“
Diese Worte des Apostels zeigen uns ganz klar, dass dieses Geheimnis niemals von irgendjemandem gekannt war, obgleich es auch in früheren Haushaltungen fromme Heilige gab. Es wurde erst durch den Herrn Jesus Seinen heiligen Aposteln und Propheten (denen des Neuen Testaments) durch den Heiligen Geist geoffenbart. Würdest du jede Seite des Alten Testaments durchforschen, du würdest dennoch nicht ein einziges Wort über dieses gesegnete Geheimnis darin finden, noch irgendeine direkte Bezugnahme auf die himmlischen Segnungen und außerordentlich kostbaren Verheißungen der an Christum Glaubenden aus Juden und Heiden.
Der Apostel unterstreicht nun diese Wahrheit in dem vor uns liegenden Abschnitt, obgleich er schon in seinem Brief an die Römer davon geredet hatte (Röm 16,25–27): „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften, nach Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist, dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“
Größere Segnungen
Vers 6: „...dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium“
Es ist wahr, dass Gott Abraham Verheißungen bezüglich irdischer Segnungen für die Nationen in Verbindung mit dem tausendjährigen Reich gegeben hatte (1. Mose 22,18). Doch welch ein großer Unterschied besteht zwischen den von Gott dem Abraham gegebenen Verheißungen für die Nationen und den Segnungen für die Versammlung, welche ihr in Christus Jesus geworden sind. Es besteht in der Tat ein gewaltiger Unterschied zwischen den Verheißungen, von denen die Propheten des Alten Testaments sprachen, und den Segnungen für die Versammlung in der gegenwärtigen Haushaltung der Gnade, die der Heilige Geist in den Schriften des Neuen Testaments geoffenbart hat, nämlich:
- Dass die Gläubigen aus den Nationen Miterben geworden sind. Denn obgleich die Nationen keinen Anteil an dem Erbteil, den Verheißungen und irdischen Segnungen hatten, die Gott dem Abraham und seinen Kindern verheißen hatte (Mt 15,21–27), so haben wir nun doch – gepriesen sei Gott dafür! – als solche, die aus den Nationen an Christum gläubig geworden sind, Teil an dem himmlischen Erbteil in Christus erhalten zusammen mit den Gläubigen aus den Juden. „Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm 8,17).
- Dass die Gläubigen aus den Nationen Miteinverleibte geworden sind. Das bedeutet, dass dieser geheimnisvolle Leib durch die Kraft des Heiligen Geistes aus allen an Christus gläubig Gewordenen gebildet worden ist, und dass Christus selbst zur Rechten des Vaters das verherrlichte Haupt davon ist.
- Dass sie auch Mitteilhaber Seiner Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium geworden sind. Der Ausdruck „Verheißung in Christus“ bezieht sich auf die vom Vater verheißene und von Christus Seinen Aposteln zuvor verkündigte (Apg 1,5) Gabe des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist war nicht nur den Gläubigen aus den Juden, sondern auch denen aus den Nationen zuteil geworden. (Apg 10,45; 11,16+17).
Zwei Dienste
Vers 7: „.. dessen Diener ich geworden bin nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist nach der Wirksamkeit seiner Kraft“
Der Apostel war in zweifacher Hinsicht Diener: Erstens war er ein Diener des Evangeliums – des Evangeliums des verherrlichten Christus. Das ist das Evangelium, an dem er diente, und das er unter den Nationen verkündigte, und durch welches er viele Versammlungen an manchen Orten gründete. Aber er war zweitens auch ein Diener der Versammlung; denn es war ihm gegeben worden, die herrlichen Wahrheiten der Versammlung, besonders die, dass sie der Leib Christi ist, zu offenbaren und zu verbreiten.
Der Apostel bezieht sich auch in seinem Brief an die Kolosser auf diese beiden Aspekte seines Dienstes, indem er sagt: „... des Evangeliums dessen Diener ich, Paulus, geworden bin.“ Und im Blick auf die Versammlung sagt er: „deren Diener ich, Paulus, geworden bin nach der Verwaltung Gottes, die mir in bezug auf euch gegeben ist“ (Kol 1,23. 25).
Dann fährt der Apostel fort, uns mit der größten Klarheit zu zeigen, dass dieser Dienst des Evangeliums nach der Gnadengabe Gottes war, die ihm nach der Wirksamkeit Seiner Kraft zugeteilt worden war. Dies ist die Probe auf jeden wahren Dienst für Gott: „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen“ (1. Pet 4,11).
Der Reichtum des Christus
Vers 8: „Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unergründlichen Reichtum des Christus zu verkündigen“
Wie wunderbar ist doch diese, dem Paulus gegebene Gnade! Er, der zuvor ein Lästerer und Verfolger der Versammlung Gottes war, ist nun zu einem völlig Christum geweihten Gefäß geworden, um Seinen unergründlichen Reichtum zu verkündigen.
Wie lieblich auch die Demut und Niedriggesinntheit, mit der Gott diesen gesegneten Apostel schmücken konnte; denn wenn er von der Gnade Gottes schreibt, die in ihm als in einem der Gläubigen wirkt, so nennt er sich „den allergeringsten von allen Heiligen“. Wiederum, wenn er in Verbindung mit seinem Dienst von sich als einem der Apostel spricht, sagt er: „denn ich bin der Geringste der Apostel, der ich nicht wert bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes verfolgt habe“ (1. Kor 15,9). Und wenn er wiederum von sich als von einem Menschen spricht, so nennt er sich den „ersten der Sünder“ (1. Tim 1,15). Dass wir doch alle mehr dem Apostel Paulus in seiner Demut, ja dem Herrn Jesus Selbst nachfolgen möchten, der uns zuruft: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“ (Mt 11,28+29)!
Unser Verständnis über unsere himmlische Stellung und unser Wachstum in der Gnade und Erkenntnis des Herrn Jesus Christus sollten mit Sanftmut und Demut geschmückt sein und nicht durch ein Sich-selbst-zur-Schau-stellen verunziert werden. Wir sind nicht besser oder größer als andere, die vielleicht noch nicht so viel von Seiner Wahrheit ergriffen haben, wie wir es durch die Gnade Gottes tun durften.
Der Apostel war berufen, unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen. Die Nationen, die zuvor in der Finsternis umkamen und in ihrer völligen Unwissenheit nichtigen Götzen dienten, sollten nun einen herrlichen Anteil an dem „unausforschlichen Reichtum des Christus“ erhalten.
Oh, wir preisen den Herrn für Seine unbegrenzten Reichtümer, die Er denen geschenkt hat, die Ihn als ihren Heiland und Herrn angenommen haben. Ja, lieber Leser, erfreust du dich, erfreue ich mich wirklich dieser grenzenlosen Reichtümer? In der Tat, Christus wurde arm, auf dass wir durch Seine Armut reich würden (2. Kor 8,9). Wie groß muss doch Sein Reichtum, Sein unausforschlicher Reichtum sein! Sein Reichtum ist nicht zu ergründen.
Mose hielt zu seiner Zeit die Schmach des Christus für größeren Reichtum als alle Schätze Ägyptens (Heb 11,26). Möchten wir gleicherweise stets in völliger Gemeinschaft mit unserem geliebten Herrn gefunden werden und uns allezeit Seiner und Seines unausforschlichen Reichtums in praktischer Weise erfreuen! Welch kostbare Erfahrung ist doch das Bewusstsein und der Genuss Seiner Gegenwart!
Verborgen in Gott
Vers 9: „...und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat“
Gebe Gott, dass sich jeder Diener Christi der Tragweite dieser Worte des Apostels bewusst werde und sich daran in Wahrheit erfreue! Sein Dienst war nicht nur auf Gläubige beschränkt, sondern es war sein Ziel, auch alle Menschen mit dem Evangelium zu erreichen, alle zu erleuchten, damit alle Menschen die Gnade Gottes erkennen möchten, die ihnen nicht nur die Vergebung ihrer Sünden anbietet – eine Vergebung, die auf die Vollgültigkeit des Opfers unseres Herrn Jesus Christus gegründet ist – sondern die ihnen auch das Teil schenkt, mit und in Christus vereinigt und Glieder Seines Leibes zu werden.
Beachte den Ausdruck „Geheimnis, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat“. Keiner von den Heiligen früherer Haushaltungen wusste auch nur das Geringste von diesem in Gott verborgenen Geheimnis. Doch nach dem Tod unseres Herrn Jesus Christus, Seiner Auferstehung aus den Toten und Seiner Auffahrt in den Himmel kam der Heilige Geist als Person auf diese Erde und nahm in den Gläubigen Seine Wohnung, um ihnen den vollen Wert des Erlösungswerkes zu offenbaren und das bis dahin verborgene Geheimnis kundzutun.
Den Engeln kundgetan
Vers 10: „...damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes“
Hier sehen wir, dass dieses besondere und herrliche Geheimnis der Versammlung und ihrer himmlischen Stellung nicht nur den Gläubigen des Alten Testaments, sondern auch den Fürstentümern und Gewalten, den Engeln und Erzengeln unbekannt gewesen war.
Doch dieses Geheimnis ist nun der Versammlung geoffenbart worden, und es hat Gott gefallen, auch Engel damit bekannt zu machen, um ihnen eine neue Seite Seiner göttlichen Weisheit zu offenbaren. Schon früher waren die Engel Zeugen der Weisheit Gottes in mancherlei Weise, besonders in der Schöpfung, gewesen, „als die Morgensterne miteinander jubelten, und alle Söhne Gottes jauchzten“ (Hiob 38,7). Sie hatten im Laufe der vorausgegangenen Haushaltungen Seine Weisheit in der Mannigfaltigkeit Seines Handelns bis zur gegenwärtigen Haushaltung der Gnade gesehen.
Nun aber offenbarte Gott ihnen etwas ganz Neues, das sie nie zuvor gekannt hatten – ein verborgenes, nur Gott allein bekanntes Geheimnis. Ja, Gott wollte den Engeln durch die Versammlung Seine mannigfaltige Weisheit kundtun. Oh, wie wunderbar ist doch diese Stellung, zu welcher Gott Seine Versammlung erhoben hat! Wie groß aber auch zu gleicher Zeit die Verantwortlichkeit aller wahren Christen, aus welchen sich die Versammlung zusammensetzt! Ach, es sind nur wenige, die die wahre Stellung der Kirche verstanden, wenige, die Gottes Plan und Willen bezüglich Seiner Kirche und ihres Wandels in dieser Welt als Zeugen für Ihn erfasst haben.
Wandeln wir in Übereinstimmung mit Seinem Willen, damit Er uns zu einem Beispiel und zur Belehrung der Engel setzen kann? Es ist der Wille Gottes, dass die Versammlung einem Buch gleich sei, das von den Engeln gelesen werden kann, damit sie in und durch uns die gar mannigfaltige Weisheit Gottes erkennen mögen.
Dies also ist Gottes Absicht und unsere Verantwortlichkeit. Es ist nicht Gottes Absicht, den Fürstentümern und Gewalten Seine mannigfaltige Weisheit später einmal kundzutun, wenn wir im Himmel ankommen, sondern JETZT, während wir noch in dieser Welt sind, „auf dass JETZT den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes“.
Ohne Zweifel wird uns die Welt hassen, wenn wir nach dem Willen Gottes, unseres Vaters und Jesus Christus, unseres Herrn wandeln. Aber genügt es uns nicht, zu wissen, und erhebt es nicht unsere Herzen, zu erkennen, dass wir die besonderen Gegenstände der wunderbaren Ratschlüsse Gottes sind, dass Seine Engel uns umgeben, und dass Er stets mit unergründlicher Liebe auf uns herniederblickt? Genügt es uns nicht, dass Er uns Christum „unser Leben“ gegeben hat – Christum, der Gottes „unaussprechliche Gabe“ ist? Und hat Er uns zudem nicht auch Seinen Heiligen Geist gegeben, dass Er in uns sei, uns zu Seiner Wohnstätte machend, zu Seinem Tempel, während wir noch hier auf Erden sind?
Wenn also einer der Engel sehen möchte, wo Gottes Liebe geoffenbart ist, dann muss er auf diese Erde herabschauen, muss sie auf den Gläubigen, selbst auf den Geringsten und Schwächsten eingeprägt sehen. Wer könnte dies ergründen? Kannst du, kann ich dieses Wunder fassen, dass sich Gott in Seiner Gnade uns so nahe brachte?
Verstünden wir wirklich die Kostbarkeit und die Herrlichkeit dieser Wahrheit, so würde sie uns zur völligen Trennung von allem hier unter der Sonne führen, von allem, was uns durch das Fleisch veranlassen könnte, zu den Dingen dieser Welt zurückzukehren. Wir haben mit Christus einen Platz und eine Stellung, weit höher als die Sonne, empfangen. Deshalb sollten wir alle Dinge hier auf Erden dem Urteil des Kreuzes und des Todes unterwerfen. Ziel und Zweck unseres Lebens sollte allein die Verherrlichung des Namens unseres Herrn Jesus Christus sein. Er Selbst muss unsere einzige Freude sein!
Was wir in Christus besitzen
Vers 11: „...nach dem ewigen Vorsatz, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn“
Alle wunderbaren Ratschlüsse und Gedanken Gottes in bezug auf Seine Versammlung und was Er für sie und in ihr getan hat, hat Er nach Seinem „ewigen Vorsatz“ in Christus Jesus, unserem Herrn geplant. Gepriesen sei Sein herrlicher Name dafür!
Wer immer das Wort Gottes sorgfältig und unter Gebet liest, wird darin ganz klar finden, dass es Gottes ewiger Vorsatz schon bei der Erschaffung der Welt und letztlich des Menschen war, von dem Geschlecht des gefallenen Adam ein Volk zu nehmen, sie zu einer neuen Schöpfung zu machen und mit Seinem hochgelobten Sohn zu verbinden, damit sie bei Ihm seien und die ganze Ewigkeit hindurch Seine und Seiner Herrlichkeit Teilhaber sein sollten. All dieses nun hat Er in „Christus Jesus, unserem Herrn“ hinausgeführt zu Seiner Verherrlichung.
Vers 12: „. in welchem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn“
Im vorigen Vers sprach der Apostel von unserem Herrn Jesus Christus als von Dem, der jetzt verherrlicht droben in der Höhe weilt, der Einzige, in dem der ewige Vorsatz Gottes verwirklicht und erfüllt ist. Dieser Vorsatz betrifft die Segnung der Versammlung in ihrem Einssein mit Christus, ihrem verherrlichten Haupt – eine wunderbare Wahrheit und Tatsache, durch welche, wie wir schon sahen, die Engel und Erzengel „die gar mannigfaltige Weisheit Gottes“ erkennen können.
Doch ist dies nicht alles, was wir in Christus empfangen haben; denn durch Ihn haben wir auch Freimütigkeit und Zugang zu Gott, unserem Vater erhalten. Wir haben Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus und können mit Freimütigkeit und völligem Vertrauen, ohne Furcht und Schrecken in die Gegenwart Gottes, unseres Vaters kommen. Es erfreut Sein Herz, wenn wir also hinzutreten und in dem Namen Jesus Christus, Seines geliebten Sohnes vor den Thron Seiner Gnade hintreten. „Da wir nun, Brüder, Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu..... so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens“ (Heb 10,19+22). „Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, Jesus, den Sohn Gottes, so lasst uns das Bekenntnis festhalten. – Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe“ (Heb 4,14+16).
Eine Seele, die der Liebe des Vaters vertraut, fürchtet sich nicht, in Seine Gegenwart zu kommen, sondern sie freut sich, in Seiner heiligen Gegenwart gefunden zu werden und dort in der Gemeinschaft mit Ihm verweilen zu dürfen.
Oh, dass wir ein reicheres Verständnis von der Liebe des Vaters hätten! Wir werden finden, dass dies die kostbarsten Augenblicke sind, deren wir uns erfreuen können, wenn wir uns in dem Namen unseres Herrn Jesus Christus, an den wir geglaubt und auf den wir vertraut haben, in Seiner Gemeinschaft aufhalten, indem wir uns auf die Vollgültigkeit Seines Werkes am Kreuz stützen, „in voller Gewissheit des Glaubens“.
Die Drangsale des Paulus
Vers 13: „Deshalb bitte ich, nicht mutlos zu werden durch meine Drangsale für euch, die eure Ehre sind“
Zu Beginn dieses Kapitels sehen wir Paulus als einen „Gefangenen in Ketten“, als einen Todgeweihten, und zwar wegen der Offenbarung des Geheimnisses, das er verkündigte und das die Versammlung (bestehend aus Juden und Heiden) und ihr himmlisches Teil betraf, welches sie als mit Christum verbunden besitzt.
Hier in Vers 13 erinnert der Apostel die Epheser erneut an diese Wahrheit; und damit ihre Herzen nicht mutlos werden möchten wegen seiner Leiden, ermuntert er sie und bittet, wegen seiner Trübsale nicht mutlos zu werden. Diese Leiden würden vielmehr zu ihrem Nutzen und zur Stärkung ihres Glaubens gereichen.
Der Apostel war unter der tyrannischen Herrschaft der Römer, die ihn in Ketten gelegt hatten. Doch gerade inmitten dieser Drangsale beschäftigt der Heilige Geist sein Herz mit der wunderbaren Stellung der Versammlung als mit dem verherrlichten Christus droben verbunden und inspiriert ihn, diesen Brief zu schreiben. Diese herrliche Wahrheit erfüllte ihn, sie zu bitten, nicht mutlos noch wankend zu werden. Wie wunderbar ist doch die Einheit, zu der der Heilige Geist die einzelnen Glieder des einen Leibes miteinander verbindet! Der Apostel betrachtet seine Drangsale nicht nur als seine‚ sondern auch als ihre Ehre.
Ein besonderes Gebet
Vers 14: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“
Bei der Betrachtung des 1. Kapitels sahen wir, dass die bedeutendsten Gebete Paulus, die der Heilige Geist uns in der Heiligen Schrift aufbewahrt hat, die sind, die er als der Gefangene in Ketten gebetet hat. Sie sind von unschätzbarem Wert und voll nützlicher geistlicher Belehrung für uns. Dieser Brief enthält zwei Gebete; das erste fanden wir in Kapitel 1, 15–23; das zweite haben wir hier in den Versen 14–21. Wir verwiesen bei der Betrachtung von Kapitel 1 Vers 5 schon auf die Tatsache, dass Gott sowohl der Gott unseres Herrn Jesus Christus als auch der Vater unseres Herrn Jesus Christus war und ist.
Jedes dieser beiden Gebete steht in Zusammenhang mit einer dieser beiden Beziehungen. So ist das erste Gebet an den „Gott unseres Herrn Jesus Christus“ gerichtet, das zweite dagegen an den „Vater unseres Herrn Jesus Christus“.
In dem ersten Gebet haben wir Ihn als den Menschen gesehen, dessen Gott „Mein Gott“ ist (vgl. Mt 27,46; Joh 20,17); während wir in dem letzteren Gebet Christus in Seiner einzigartigen Beziehung zum Vater als den eingeborenen Sohn des Vaters sehen, Seine ewige Beziehung – „Mein Vater“.
Es ist von größter Bedeutung, den Unterschied zwischen diesen beiden Gebeten zu sehen. Der Gegenstand des ersteren ist Erkenntnis und Erleuchtung, während der Gegenstand des letzteren der „innere Mensch“ und „Christus im Herzen“ ist. Es genügt eben nicht, gerade noch zur Erkenntnis zu gelangen, sondern diese sollte geistliche Früchte in unserem praktischen, täglichen Leben hervorrufen.
Wenn wir das erste Gebet lesen, führt es uns zur Betrachtung des ewigen Vorsatzes und wunderbaren Ratschlusses Gottes in bezug auf uns. Aber die Betrachtung des zweiten Gebetes lässt unsere Herzen überfließen von Bewunderung und Anbetung unserem Gott und Vater gegenüber und ruft in uns das Verlangen wach, uns selbst völliger dem Herrn Jesus in Liebe hinzugeben – Dem, der uns zuerst geliebt hat.
„Deshalb“ – wegen dieses erhabenen, in den vorangegangenen Versen mitgeteilten Geheimnisses – „beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Die Gedanken und das Herz des Apostels waren so von der Größe und Herrlichkeit des vor ihm stehenden Gegenstandes erfüllt, dass es ihn dahin führte, seine Knie zu beugen und sein Herz und seine innersten Gefühle der Zuneigung vor Gott, dem Vater, auszuschütten.
Wir können wohl ohne Übertreibung sagen, dass dieses Gebet des Paulus das hervorragendste, die Krone all seiner anderen Gebete ist. Es war den Gläubigen zu Ephesus kein unbekannter Anblick, Paulus seine Knie für sie im Gebet beugen zu sehen. Nachdem er seine Abschiedsworte an die Ältesten jener Versammlung gerichtet hatte, „kniete er nieder und betete mit ihnen allen“ (Apg 20,36).
Oh, dass wir doch reichlicher zunehmen würden im Verständnis unserer kostbaren Stellung und dessen, was wir in Christus Jesus, unserem Herrn, erlangt haben, in dem unergründliche Reichtümer verborgen sind! Wir würden auch gebeugte Knie und von Anbetung überfließende Herzen haben vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Verschiedene Familien
Vers 15: „...von dem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird“
Im alten Bund stand Gott nur mit dem Volk Israel als „Jehova“ in Beziehung. Aber wenn der Apostel hier Gott als den „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ anredet, so stellt er uns Ihn nicht nur als Den vor, der allein in Beziehung zu dem Volk Israel steht, sondern er zeigt uns Gott als den Schöpfer des ganzen Weltalls, der Engel und der Menschen. Der Ausdruck „jede Familie in den Himmeln und auf Erden“ umfasst:
- die Engel und Erzengel, die Söhne Gottes genannt werden (Hiob 1,6; 38,7);
- alle Gläubigen der alten Haushaltung, seit den Tagen der Vorväter vor und nach der Flut
- alle Gläubigen der gegenwärtigen Haushaltung der Gnade; und
- auch alle Gläubigen, die nach der Entrückung der Versammlung auf dieser Erde gefunden werden; also der treue Überrest Israels und die aus den Nationen, welche die Predigt des Evangeliums des Reiches annehmen werden.
Gott hat jeder einzelnen von diesen Familien ihren Platz und ihre Stellung angewiesen; sie haben nicht alle die gleiche Stellung, denselben Platz. So lesen wir im Wort Gottes von der „Braut“, dem Weib des Lammes und von „Freunden“ des Bräutigams. Wir lesen auch im Hohenlied (Kap. 6, 8. 9) von „Königinnen“, „Kebsweibern“, „Jungfrauen“ und „Töchtern“. Zweifellos hat jede dieser „Familien“ ihre besondere Beziehung zu Christus, aber keine hat gleich kostbare Beziehungen zu Ihm, wie die Braut des himmlischen Lammes – die Versammlung, welche Sein Leib ist; denn wir sind „Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und seinen Gebeinen“ (Eph 5,30).
Kraft für den inneren Menschen
Vers 16: „...damit er euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen“
Wie kostbar ist die Gnade unseres Gottes und Vaters gegen uns! Gepriesen sei Sein Name! Nicht gemäß unserer begrenzten Vorstellungen, sondern nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit ist Er zu geben fähig und willens (Phil 4,19).
Was immer wir von Ihm erbitten mögen, wir können niemals mehr von Ihm erbitten als Er uns zu geben vermag. Er gibt uns „nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit“. Man erzählt, dass sich jemand einst von einem König eine Gunst erbat. Der König gab ihm nach dem Maß seines Reichtums und seiner Freigebigkeit; er gab ihm weit mehr, als er gebeten worden war. Dann sagte der Beschenkte zu ihm: „Oh, mein König, das ist viel zu viel!“ Aber der König antwortete lachend: „Dir mag es viel erscheinen; doch mich dünkt, ich gab dir nicht viel“. So ist es auch, wenn wir von unserem Gott und Vater im Glauben und Vertrauen etwas erbitten – Er gibt über die Maßen mehr, als wir erbitten oder erdenken mögen.
Dieses Gebet des Apostels Paulus gleicht einer kostbaren Kette mit goldenen Gliedern; es ist gleichsam ein Strauß von höchsten geistlichen Bitten: „Damit er euch gebe, .... mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen“. Der Apostel Paulus kannte die Schwachheit des Menschen aus eigener Erfahrung. Er kannte die Bedeutung der Worte des Herrn – „denn außer mir könnt ihr nichts tun“. Er hatte auch die ermutigenden Worte des Herrn Jesus vernommen: „Meine Gnade genügt dir; denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“. Das ist der Grund, warum er in seinem Gebet als erstes darum betet, dass sie durch den Heiligen Geist an dem inneren Menschen gestärkt werden möchten.
Der Heilige Geist wohnt in der Tat in jedem wahren Gläubigen – eine Tatsache, deren uns der Apostel bereits im 1. Kapitel versichert: „In dem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung“ (Vers 13). Aber was wir so sehr nötig haben ist, dass wir mit Seiner Kraft an dem inneren Menschen gestärkt werden möchten. Wir sollten den Apostel Paulus nachahmen und stets unsere Knie beugen vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, damit Er uns mit der Kraft Seines Heiligen Geistes stärken möge. Gerade in diesen letzten Tagen – den Tagen Laodicäas – wo Schwachheit und Lauheit in beklagenswerter Weise viele Christen beherrschen, haben wir es so bitter nötig, täglich unser Herz vor unserem Gott und Vater auszuschütten, damit wir mit Kraft gestärkt werden möchten durch den Heiligen Geist an dem inneren Menschen.
Christus wohnt in uns
Vers 17: „...dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid“
Beachte hier: Der Zweck der Bitte des Apostels, warum er die Gläubigen durch den Heiligen Geist am inneren Menschen mit Kraft gestärkt sehen möchte, ist der, dass der Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnen möge. Wenn der Heilige Geist den wahren Christen kontrollieren und regieren kann, dann erfüllt Er sein Herz, seine Zuneigungen und Gedanken mit Christus Jesus; ja, Er zeigt, dass Christus „schöner ist als die Menschensöhne“ (Ps 45) und dass „sein Gaumen lauter Süßigkeit und alles an ihm lieblich“ ist (Hohelied 5,16). „Er wird mich verherrlichen“, sagte der Herr zu Seinen Jüngern, „denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16,14).
Es ist nicht gut, in unseren Gedanken zu sehr mit dem Werk des Heiligen Geistes in uns beschäftigt zu sein, so wunderbar und groß dies auch ist. Der Zweck Seines Wohnens und Wirkens in uns ist, von Christum zu zeugen, auf dass Christus Seinen rechtmäßigen Platz in unserem Herzen haben mag.
Es ist wichtig, die Absicht des Apostels Paulus in seinem Gebet zu beachten. Er betet für die Heiligen in Ephesus nicht darum, dass sie Christum durch den Glauben aufnehmen möchten; denn sie hatten Ihn ja schon als Heiland und Erlöser angenommen. Sondern er betet um eine weit größere Segnung, nämlich, dass Er Seinen vollen Platz auf dem Thron ihrer Herzen möge einnehmen können.
Nun ist es durchaus wahr, dass jeder wahre Gläubige in Christus ist, „daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung“ (2. Kor 5,17); „Ich kenne einen Menschen in Christus...“ (2. Kor 12,2). Doch an solche wird die Frage gerichtet: „Hat Christus allein den ganzen Platz in deinem Herzen?“ Christus wünscht nicht, dass irgendetwas anderes außer Ihm einen Platz in unserem Herzen habe. Denn wenn Christus nicht Herr von allem ist, so ist Er überhaupt nicht Herr.
Wenn Christus durch den Glauben in dem Herzen des Gläubigen wohnt, dann will Er Selbst sein ganzes Sein besitzen und ausfüllen. Er ist der Herr über unsere Fähigkeiten, unsere Zuneigungen, unsere Gedanken und die Glieder unseres Leibes, damit wir uns in Wahrheit auf dem Weg des Sieges befinden und überströmende Freude in unserem Leben hienieden genießen können.
Oh, glücklich der, dessen Leben Christus ist! „Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Wir sollten allezeit mit gebeugten Knien zu dem Vater unseres Herrn Jesus Christus beten, damit dieses die Erfahrung unserer Herzen werden möchte all die Tage, die wir noch in dieser Welt wandeln sollen.
In Liebe gewurzelt und gegründet
Vers 17+18: „... dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid, damit ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei“
Der Apostel benutzt hier in bezug auf die Gläubigen zwei schöne Bilder – „indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid“. Ein ähnliches Bild finden wir in Kol 2,7: „Gewurzelt und auferbaut in ihm“. Wir sind in Liebe – der Liebe Gottes – gewurzelt; wir gleichen einem Baum, der seine Wurzeln tief im Erdreich ausstreckt und so fähig ist, den Stürmen zu widerstehen und die begehrte Frucht zu seiner Zeit zu geben. „Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Blatt nicht verwelkt“ (Ps 1,3). In Liebe gegründet wie ein unerschütterlicher Bau auf einem Felsen – Er Selbst, unser Herr Jesus Christus, der „Fels der Ewigkeiten“. „Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr“ (1. Kor 3,9).
Die Größe des Geheimnisses
„Damit ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen“. Hier sehen wir den Nutzen der heiligen Gemeinschaft unter den Gläubigen. Wenn wir in Liebe gewurzelt und gegründet sind, so werden wir auch fähig sein, einander zu helfen und beizustehen, um die Ratschlüsse der Gnade Gottes gegen uns besser zu verstehen. Wir können nicht einer ohne den anderen auskommen; denn jeder Einzelne von uns ist berufen, als Glied am Leib Christi dem Wohlbefinden aller Glieder zu dienen. Selbst das geringste und schwächste Glied an diesem Leibe ist nötig und für alle übrigen Glieder unentbehrlich (1. Kor 12,21–25).
Nun, wenn wir in Liebe gewurzelt und gegründet sind, werden wir imstande sein zu erfassen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei; wir werden zunehmen und fortschreiten in der Erkenntnis dieses Geheimnisses, welches der besondere Gegenstand dieses Kapitels ist.
Manche meinen, dass die Worte „Breite und Länge und Tiefe und Höhe“ zu der „Liebe des Christus“ in Beziehung ständen. Aber dies ist nicht die Absicht des Apostels; denn das Wörtchen „und“ in dem nächsten Satz „und zu erkennen die Liebe des Christus“ zeigt, dass die Bedeutung des Satzes „zu erfassen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei“ etwas anderes sein muss als die Liebe des Christus. In der Tat erwähnt der Apostel hier nicht ausdrücklich, was er mit Breite, Länge, Tiefe und Höhe meint. Er überlässt es vielmehr dem geistlichen Verständnis des Lesers, wahrzunehmen, dass das, was gemeint ist, Gottes ewigen Ratschluss in bezug auf das gesegnete Geheimnis bedeutet, von dem der Apostel so sehr erfüllt ist, wenn er es in diesem Brief und besonders in diesem Kapitel behandelt.
Unergründliche Liebe
Vers 19: „... und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes“
Der Apostel beschließt sein Gebet für die Heiligen mit der erstaunlichen und wunderbaren Bitte, dass sie „die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus“ erkennen mögen. Es ist, als behielte auch er den besten Wein bis zuletzt. Es ist eine gesegnete Sache, in der Erkenntnis und in der Gnade Gottes gegen uns zu wachsen, um zu erfassen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe des ewigen Ratschlusses Gottes sei – dieses Geheimnis, das in den früheren Zeitaltern verborgen war, uns aber jetzt als Söhne Gottes in dieser überaus gesegneten, neutestamentlichen Haushaltung offenbart ist. Doch hier nun diese wunderbare Bitte des Apostels, „und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf dass ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes“.
Die Ausdrucksweise des Apostels scheint hier in sich selbst widersprüchlich zu sein, als könnten wir fähig sein, etwas zu erkennen, was die Erkenntnis übersteigt. Tatsächlich aber sagt uns der Apostel nicht, dass wir zu irgend einer Zeit je fähig sein würden, die Liebe des Christus in ihrem vollen Ausmaß zu verstehen, sondern er wünscht, dass wir in der Erkenntnis und Wertschätzung dieser grenzenlosen Liebe mehr und mehr zunehmen mögen. Es ist gleichsam, als führte uns der Apostel zu den Ufern eines Ozeans von unvorstellbarer Tiefe und Weite, damit wir weder in diesem Leben noch in der Ewigkeit imstande sein werden die Grenze oder das Ende dieser Liebe zu erreichen.
Die Liebe des Christus zu uns ist ebenso unbegrenzt, wie die Liebe des Vaters zu Ihm – „wie der Vater mich geliebt hat, habe ich euch geliebt“ (Joh 15,9). Und wie es in der Liebe Gottes, des Vaters, zu Seinem eingeborenen Sohn, unserem Herrn, keine Grenzen gibt, so ist auch die Liebe Christi zu uns ohne Maß und Ende (vgl. Joh 17,23).
„Oh, Herr Jesus, wie wunderbar bist Du. Gib, dass wir Dich und Deine Liebe mehr und mehr erkennen und in unserem täglichen Leben praktisch verwirklichen mögen!“ Schon hier auf Erden kennen wir diese Liebe Christi, die jeden Verstand übersteigt; wie herrlich wäre es, wenn jedermann sie erkennen und besitzen würde.
Beachte auch, dass uns in diesem Gebet der dreieinige Gott gezeigt wird, tätig für unsere Segnung. Der Apostel hatte die Knie gebeugt vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus (Gott, der Vater), damit wir mit Kraft gestärkt werden möchten durch Seinen Geist (Gott, der Geist) an dem inneren Menschen, damit Christus (Gott, der Sohn) durch den Glauben in unseren Herzen wohne, um die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus zu erkennen. Gepriesen sei Sein anbetungswürdiger Name!
Die ganze Fülle Gottes
„Damit ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes“. Ohne Zweifel ist dies das gesegnete Ergebnis der Innewohnung des Christus durch Glauben in unserem Herzen und der Erkenntnis Seiner unergründlichen Liebe. Wie es uns unmöglich ist, die Grenze der die Erkenntnis übersteigenden Liebe des Christus zu erreichen, so ist es uns auch nicht möglich, die Grenze der Fülle Gottes zu erreichen.
Gibt es etwas noch Wunderbareres, als dass wir armen Geschöpfe, behaftet mit aller Schwachheit, zu der ganzen Fülle Gottes erfüllt sein sollen? Nicht genug, dass der Apostel in seinem ersten Gebet in Kapitel 1 flehte, dass wir erleuchtet werden mögen, um zu erkennen, dass wir der Leib Christi und die Fülle dessen sind, der alles in allem erfüllt; er begehrt für uns noch mehr. Er wünscht uns, in der Kraft des in uns wohnenden Heiligen Geistes erfüllt zu sein zu der ganzen Fülle Gottes Selbst. Nun, dies sollte der praktische Zustand und die tatsächliche Erfahrung (nicht unseres Geistes) sondern unseres Herzens sein. Es ist eine sich vertiefende und wachsende Gemeinschaft mit Gott, die wir verwirklichen sollten, nachdem wir erleuchtet und zur Erkenntnis unserer Stellung in Christo geführt worden sind.
Salomo betete bei der Einweihung des Tempels: „Siehe, die Himmel und der Himmel Himmel können dich nicht fassen, wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe!“ (1. Kön 8,27). Obgleich dies völlig wahr ist, so wohnt Er doch „bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist“ (Jes 57,15). Und der Apostel Johannes sagt: „Wer seine Gebote hält, bleibt in ihm, und er in ihm“; „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1. Joh 3,24; 4,16).
Der Herr Jesus Selbst sagte zu den Seinigen: „Bleibt in mir, und ich in euch“ (Joh 15,4). All diese Ausdrücke geben uns eine Vorstellung von der Bedeutung der Worte des Apostels: „damit ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes“. Ein Knecht des Herrn erklärt diese Worte sehr schön so: „Wenn du ein offenes Gefäß in den Ozean tust, dann ist das Gefäß in dem Ozean und der Ozean in dem Gefäß“. Gebe Gott, dass unsere Herzen Ihm so geöffnet und wir allezeit in völliger Gemeinschaft mit Ihm wären, damit dies unsere gesegnete, ständige Erfahrung wäre – „erfüllt zu sein mit der ganzen Fülle Gottes“.
Der Heilige Geist redet hier zu uns von der „Fülle Gottes“. In Kapitel 4, 13 sagt Er: „Fülle des Christus“ in Kapitel 5,18: „Mit dem Geist erfüllt“. Sag‘, was brauchten wir noch außer dem?
Gott nichts unmöglich
Vers 20+21: „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen“
Der Apostel besiegelt diesen ersten Teil seines Briefes – den lehrmäßigen – mit diesem wunderschönen Lobgesang. In den voraufgegangenen Versen sahen wir ihn seine Knie beugen und dieses so überaus tiefe und kostbare Gebet für die Heiligen beten. Jetzt aber fließt sein Herz über von Lob und Dank gegen den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, Der fähig ist, mehr zu geben, als was er erfleht.
Es ist lehrreich zu beachten, dass der Ausdruck „vermag“ drei Mal im Neuen Testament vorkommt – und jedes Mal in einer Lobpreisung. So finden wir ihn hier, und dann auch in Röm 16,25–27, wo der Apostel sagt: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus..., dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“. Und, auch im Judasbrief Verse 24–25 lesen wir: „Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heiland, durch Jesum Christum, unseren Herrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter! Amen“. Wie groß ist die Macht unseres Gottes, mit Dem wir es zu tun haben! Anbetung ist Seinem Herzen wohlgefällig, und sie erfüllt auch unser Herz mit Freude.
Wir sehen hier auch, wie groß der Glaube und das Vertrauen des Apostels in die Kraft Gottes war. Es genügt ihm nicht zu sagen: „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten“; denn Paulus geistliche Auffassungskraft war größer als das; es genügt auch nicht zu sagen: „... der über alles hinaus zu tun vermag“. Sondern der Glaube an Gott und Seine große Kraft lässt ihn sagen: „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr als was wir erbitten oder erdenken“.
Er hatte zuvor in seinem Gebet für die Heiligen gebetet, dass sie die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus erkennen und zu der ganzen Fülle Gottes erfüllt sein mögen. Und da es uns oft scheint, als könnten wir eine derart herrliche Erfahrung nie erlangen, lenkt der Heilige Geist unsere Herzen zu Gott, Der nicht nur das zu tun vermag, was wir erbitten, sondern über die Maßen mehr, als was wir erdenken und uns vorstellen können.
Oh, dass doch unser Glaube an die Kraft Gottes erstarken und zunehmen möchte, damit wir in all den verschiedenen Umständen des Lebens in der völligen Gewissheit und in dem tiefen Vertrauen zu Ihm vorangehen möchten in dem Bewusstsein, dass Er es „zu tun vermag“. Seine Macht kennt keine Grenzen, Ihm ist nichts unmöglich.
Die Kraft die in uns wohnt
Unser Gott vermag... zu tun... „nach der Kraft, die in uns wirkt“. Diese Kraft ist die Kraft Gottes, des Heiligen Geistes, der in jedem wahren Gläubigen wohnt. Der wahre Christ ist ein Tempel Gottes, „denn der Tempel Gottes ist heilig, und solche seid ihr“ (1. Kor 3,17). „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?“ (1. Kor 6,19).
Ja, Geliebte, jetzt ist die Kraft Gottes in uns‚ den Glaubenden, ebenso wirksam, wie es Seine göttliche Kraft an uns war, wie wir es im 1. Kapitel Vers 19 fanden: „damit ihr ...wisset, .... welches die überragende Größe seiner Kraft an (od. in bezug auf) uns, den Glaubenden“ ist. Dies ist die Kraft, welche Christus (und in Ihm auch uns) aus den Toten auferweckte – Seine Kraft „ an uns“. Aber hier am Ende des 3. Kapitels stellt uns der Heilige Geist die Kraft vor, die jetzt in uns wirkt, und durch die wir die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus erkennen, und die uns zu der ganzen Fülle Gottes erfüllt.
Gott vermag... zu tun... „nach der Kraft, die in uns wirkt“, damit wir nun in demselben Maß, wie wir uns der Kraft und Wirksamkeit des Heiligen Geistes in unserem täglichen Leben überlassen, auch fähig sind, Frucht hervorzubringen und uns der Segnungen dieser unendlichen, göttlichen Kraft zu erfreuen.
Ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung
„...ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen“. Was für eine erhabene und herrliche Stellung hat Gott der Versammlung gegeben! Dieser wunderbare Lobgesang beschreibt diese Stellung. Gott hatte es Sich vorgenommen, dass die Versammlung durch alle Zeitalter hindurch und ohne Ende zu Seiner Verherrlichung sei, zu Seinem Preise in der gegenwärtigen Zeit und in alle Ewigkeit! Es wird nie eine Zeit, nie ein Zeitalter geben, wo die Versammlung nicht „die Braut des Lammes“ zur Verherrlichung Gottes sein wird. Auch in der zukünftigen Ewigkeit wird die Versammlung, nachdem der erste Himmel, die erste Erde und das Meer vergangen sein werden, die „Hütte Gottes bei den Menschen“ sein (Off 21,1–3). Alle Erlösten (mit Ausnahme der Heiligen der Versammlung selbst) werden in Ewigkeit diese „Hütte Gottes“ anschauen. Beachte, Offenbarung 21,9–23 zeigt klar, dass wir in der „Heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem“, die symbolische Darstellung von der „Braut, dem Weib des Lammes“ finden, welches die Versammlung ist, der Wohnplatz Gottes schon jetzt in dieser Zeit und für alle Ewigkeit. Sie ist heute die Behausung Gottes im Geist (Eph 2,20–22), aber auch in der zukünftigen Ewigkeit wird sie die Wohnstätte, die Hütte Gottes sein (Off 21,3), durch welche Er in der Mitte derer wohnen wird, die einerseits in der alttestamentlichen Zeit, bevor es eine Versammlung gab, und andererseits nach der Epoche der Versammlung, d.h. während der Drangsalszeit und des tausendjährigen Reiches erlöst wurden.
Wir müssen jedoch betonen, dass die Versammlung - getrennt von Christus – nie zur Verherrlichung Gottes sein könnte. Denn ohne Christus waren wir Fremdlinge und Feinde Gottes. Doch als die Versammlung mit Christus verbunden wurde, wurde Er ihr Haupt und sie Sein Leib zur Verherrlichung Gottes. „Ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen“.
Möchte es so sein, dass Leser wie Schreiber sich mit dem gesegneten Apostel vereinigen, um vor dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus die Knie zu beugen mit der Bitte, dass Er uns helfe, all das, was das Gebet des Apostels enthält, praktisch zu verwirklichen! Gebe Gott, dass wir auch an den Gefühlen und Zuneigungen des Apostels teilnehmen möchten, die ihn zu diesem wunderbaren Lobgesang leiteten, damit er in Wahrheit und in aller Aufrichtigkeit sagen konnte: „Amen!“