Das Kommen des Herrn, Israel und die Gemeinde
Das aufgerichtete, messianische Reich – gelehrt im Alten Testament
Ich habe gezeigt, dass Gott bestimmte Absichten mit der Erde hat, die erst durch den zweiten Menschen, den Herrn aus dem Himmel, in Erfüllung gehen werden. Der zweite Mensch wurde jedoch verworfen und sein irdisches Volk zerstreut. Es wurde etwas völlig Neues eingeführt, was allerdings überhaupt nicht geeignet ist, die irdischen Absichten und Verheißungen Gottes zu erfüllen. Was bleibt also anderes übrig außer, dass Gott das Volk wieder sammeln und den Herrscher einsetzen wird, der das Zentrum all dieser Verheißungen ist?
Wir haben auch gesehen, dass das Christentum weder die Welt zur Umkehr bringen noch bis zu ihrem Ende bestehen wird, sondern, dass es nach der Entrückung, sowohl teilweise als auch vorübergehend, weiten Raum geben wird für die Vollendung Gottes unerfüllter Absichten mit der Erde.
Ich schlage nun vor, dass wir uns einmal anschauen, welche gesicherte Lehre der Schrift über die Verwirklichung dieser Absichten zu finden ist. Dazu werde ich folgendes zeigen:
- Aus alttestamentlichen Schriftstellen: dass der Herr als Gottes gesalbter Herrscher wiederkommen wird, um sein Reich auf der Erde zu errichten und Gericht über seine Feinde zu üben. Israel wird sein auserwähltes Volk sein mit Jerusalem als Zentrum seiner Regierung.
- Dass von der gleichen Herrschermacht, die in dieser Zeit das bußfertige Volk Israel erlösen und segnen wird, Ströme des Friedens und des Wohlstands auf die Erde fließen werden.
- Dass das Neue Testament die alttestamentlichen Prophezeiungen buchstäblich und vollständig bestätigt.
Ich werde mich in diesem Kapitel auf den ersten Punkt beschränken, indem ich zeige, dass das Reich Christi ein irdisches Reich ist, das nicht durch Gnade, sondern durch Gericht des Herrn eingeläutet wird, wenn Er kommt und der Welt in Herrlichkeit erscheint. Bevor es das Volk Israel gab prophezeite Jakob beim Segnen seiner Söhne: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen. Er bindet an den Weinstock sein Eselsfohlen und an die Edelrebe das Junge seiner Eselin; er wäscht im Wein sein Kleid und im Blut der Trauben sein Gewand“ (1. Mo 49,10.11). Egal wie schwierig der Abschnitt erscheinen mag, aus dieser Stelle geht klar hervor, dass ein Herrscher aus dem Stamm Juda verheißen wird, um den sich das Volk sammeln und der eine Ära des Friedens und des Überflusses einläuten wird. Dass dieser Herrscher Christus ist, ist allgemein anerkannt, aber wie passt diese Vorhersage zu seinem ersten Erscheinen? Da kam Er nicht als Herrscher, sondern hatte nichts, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Als sich das Volk um Ihn versammelte, schrien sie: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn“. Statt Frieden brachte Er das Schwert. Sein Erscheinen in seinem Volk führte dort nicht zu Wohlstand, sondern zur Zerstörung und Zerstreuung. All das wird seine Erfüllung finden, wenn der verworfene Christus wieder auf die Erde kommt, um sein auserwähltes Volk zu retten und zu segnen.
Eine andere Prophezeiung aus einer Zeit lange bevor das Reich existierte, ja sogar, bevor die Israeliten das Land eingenommen hatten, macht deutlich, dass Christus, wenn Er kommt, um sein Volk zu erlösen, die umliegenden Nationen richten wird. Unter direkter Leitung des Geistes wird der böse Bileam gezwungen zu sagen: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe; ein Stern tritt hervor aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel und zerschlägt die Seiten Moabs und zerschmettert alle Söhne des Getümmels. Und Edom wird ein Besitz sein und Seir ein Besitz, sie, seine Feinde; und Israel wird Mächtiges tun. Und einer aus Jakob wird herrschen, und er wird aus der Stadt den Überrest vertilgen“ (4. Mo 24,17–19). Es ist offensichtlich, dass dies auf die Herrschaft Christi hinweist, aber wie sollte das bei seinem ersten Kommen oder durch die Kirche erfüllt worden sein? Aus der Stelle geht eindeutig hervor, dass es sich um ein irdisches und nicht um ein geistliches Reich handelt, das durch Macht und nicht durch Glauben aufgerichtet wird.
Der endgültige jedoch gewaltsame Triumph des Herrn über seine Feinde, die Errettung seines Volkes und die Vernichtung der Bösen durch Ihn werden auch an anderer Stelle vor Errichtung des Reiches vorhergesagt. Hanna prophezeit: „Er hebt aus dem Staub empor den Geringen, aus dem Kot erhöht er den Armen, um sie sitzen zu lassen bei den Edlen; und den Thron der Ehre gibt er ihnen als Erbteil. Denn des HERRN sind die Säulen der Erde, und auf sie hat er den Erdkreis gestellt. Die Füße seiner Frommen bewahrt er, aber die Gottlosen verstummen in Finsternis; denn nicht durch Stärke hat der Mensch die Oberhand. Der HERR – es werden zerschmettert werden, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern. Der HERR wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten“ (1. Sam 2,8–10).
In der bereits zitierten Verheißung gegenüber David sagt Gott: „Und ich werde einen Ort setzen für mein Volk, für Israel, und werde es pflanzen, dass es an seiner Stätte wohne und nicht mehr beunruhigt werde, und die Söhne der Ungerechtigkeit sollen es nicht mehr bedrücken, wie früher“; „Und dein Haus und dein Königtum sollen vor dir beständig sein in Ewigkeit, dein Thron soll fest sein in Ewigkeit“ (2. Sam 7,10.16). Diese Verheißung hat sich für Israel nie erfüllt und es stellt sich die Frage, ob sie sich überhaupt wörtlich erfüllen wird oder ob sie eine geistliche Erfüllung durch die Kirche findet. In der Prophezeiung gibt es keinen Hinweis auf die Kirche, noch findet man in der Kirche etwas, das auf diese Prophezeiung hindeutet. Die naheliegende Auslegung dieser Verheißung ist, dass Christus die irdische Macht besitzen wird, wovon David nur ein unvollkommenes Bild war. Der Thron Christi wird jedoch beständig sein und seine Herrschaft bringt Israel endlich wahre Sicherheit und Segen. In alten Zeiten hatten sie das nur in schwacher Form genossen.
Mit dieser Hoffnung erfüllen sich Davids Worte aus Psalm 2. Dort wird beschrieben, dass Er seinen König auf Zion, seinem heiligen Berg, eingesetzt hat. Er nennt Ihn Sohn und verspricht, Ihm die Nationen zum Erbteil und die Enden der Erde als Besitztum zu geben und fügt hinzu: „Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäß sie zerschmeißen“ (Ps 2,9). Dieser Psalm zeigt also, dass Christus ein Reich von Gott empfangen wird, mit Zion als Zentrum und Sitz irdischer Autorität. Der Herrschaftsbereich wird alle Nationen der Erde umfassen und mit einem schrecklichen Gericht über die Könige, Herrscher und Menschen beginnen, die, wie die Anfangsverse des Psalms zeigen, in Auflehnung gegen Ihn waren. Wie sollte das auf die Lehre des Evangeliums zutreffen oder zu dem Charakter der Kirche passen? Es ist stattdessen in vollkommener Übereinstimmung mit den dargelegten Absichten Gottes bezüglich der Herrschaft Christi über die Erde.
Psalm 18 macht Gottes Güte gegenüber „seinem Gesalbten, David, und seinen Nachkommen“ deutlich. Obwohl der Schreiber den Psalm als Lobgesang für die ihm zugesagte Errettung geschrieben hat, weisen die darin beschriebenen Siege und Ruhmestaten offensichtlich in ihrem vollen Ausmaß auf den Samen Davids, den verheißenen Messias, hin. Vers 50: „Darum, HERR, will ich dich preisen unter den Nationen und deinem Namen Psalmen singen“, wird von Paulus in Bezug auf Christus zitiert (Röm 15,9). Wie aber wird hier die Einführung seines herrlichen Reiches beschrieben? „Und du gabst mir den Rücken meiner Feinde; und meine Hasser, ich vernichtete sie“. Ist es der Rücken oder die Herzen seiner Feinde, die Christus heute sucht? Will Er sie retten oder zerstören? „Sie schrien – und kein Retter war da – zu dem Herrn, und er antwortete ihnen nicht“. Heute gelten die Worte: „Denn jeder, der irgend den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden“. Im Psalm heißt es weiter: „Und ich zermalmte sie wie Staub vor dem Wind; wie Straßenkot schüttete ich sie aus. Du errettetest mich aus den Streitigkeiten des Volkes; du setztest mich zum Haupt der Nationen; ein Volk, das ich nicht kannte, dient mir. Sobald ihr Ohr hörte, gehorchten sie mir; die Söhne der Fremde unterwarfen sich mir mit Schmeichelei. Die Söhne der Fremde sanken hin und zitterten hervor aus ihren Schlössern“ (Ps 18,41–46). Wie vollkommen ist doch die Übereinstimmung dieser Verse mit dem, was an anderen Stellen über die plötzliche Errichtung der Universalherrschaft Christi gesagt wird, die mit Gericht und der Vernichtung seiner Feinde beginnt! Aber in welchem Gegensatz dazu steht sein jetziges Handeln in Gnade und seinem Gebot an die Seinen, für ihre Verfolger zu beten und ihre Feinde zu lieben.
In Psalm 21 wird der König erneut erwähnt. Dass es sich hier um Christus handelt, ist offensichtlich, denn die Länge seiner Tage ist „immer und ewig“ und „zu Segnungen setztest du ihn auf ewig“. Sein Reich wird so beschrieben: „Denn auf den HERRN vertraut der König, und durch des Höchsten Güte wird er nicht wanken. Deine Hand wird finden alle deine Feinde, finden wird deine Rechte deine Hasser. Wie einen Feuerofen wirst du sie machen zur Zeit deiner Erscheinung; der HERR wird sie verschlingen in seinem Zorn, und Feuer wird sie verzehren“ (Ps 21,8–10). Das kann nur Christus sein, als der wahre Same Davids und Gottes gerechter Verwalter, der nun die Stellung einnimmt, die der erste Mensch nicht halten konnte und der seine Herrschaft mit Gericht über seine Feinde beginnt.
An anderer Stelle lesen wir: „Es wallt mein Herz von gutem Wort. Ich sage: Meine Gedichte dem König! Meine Zunge sei der Griffel eines fertigen Schreibers! Du bist schöner als die Menschensöhne, Holdseligkeit ist ausgegossen über deine Lippen; darum hat Gott dich gesegnet in Ewigkeit“ (Ps 45,2.3). Hier wird die Gnade und Schönheit Christi beschrieben, aber wird Er seine Herrschaft auf der Erde durch Gnade einführen? „Gürte dein Schwert um die Hüfte, du Held, deine Pracht und deine Majestät! Und in deiner Majestät zieh glücklich hin um der Wahrheit und der Sanftmut und der Gerechtigkeit willen; und Furchtbares wird dich lehren deine Rechte. Deine Pfeile sind scharf – Völker fallen unter dir –, sie dringen den Feinden des Königs ins Herz. Dein Thron, o Gott, ist immer und ewig; ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Reiches“ (Ps 45,4–7). Ist das das Ergebnis eines allmählichen Triumphs der Gnade Gottes? Oder finden wir hier das, was überall in der Schrift über die Errichtung des Reiches der Gerechtigkeit Gottes vorhergesagt wird? Das ist der Mensch, dass Er, der um der Wahrheit, Sanftmut und Gerechtigkeit willen kam, sein Reich erst durch schreckliches Gericht und Unterwerfung der Völker unter Ihn errichten kann.
Psalm 48 rühmt die Schönheit des Berges Zion: „Schön ragt empor, eine Freude der ganzen Erde“, die „Stadt des großen Königs“, in deren Palästen Gott als eine Festung bekannt ist. Bezieht sich das auf die Könige der Erde? Die „Könige hatten sich versammelt, waren herangezogen allesamt. Sie sahen, da erstaunten sie; sie wurden bestürzt, ängstlich flohen sie weg. Beben ergriff sie dort, Angst wie eine Gebärende“ (Ps 48, 5–7). Hier unterscheidet sich nicht nur die Herrschaft völlig von der geistlichen Kraft Christi in den Herzen, auch die Errichtung des Reiches ist mit der Verbreitung des Evangeliums nicht zu vergleichen, da sie mit schrecklichen und gewaltsamen Gerichten einhergeht.
Es gibt eine bemerkenswerte Prophezeiung über den Sohn Davids, die nur ansatzweise in Salomo erfüllt wurde und die ihre vollkommene Erfüllung in dem wahren Samen, dem zweiten Menschen finden wird. „Er wird dein Volk richten in Gerechtigkeit, und deine Elenden nach Recht. Die Berge und die Hügel werden dem Volk Frieden tragen durch Gerechtigkeit. Er wird den Elenden des Volkes Recht verschaffen; er wird die Kinder des Armen retten, und den Bedrücker wird er zertreten. Man wird dich fürchten von Geschlecht zu Geschlecht, solange Sonne und Mond bestehen. Er wird herabkommen wie ein Regen auf die gemähte Flur, wie Regenschauer, Regengüsse auf das Land. In seinen Tagen wird der Gerechte blühen, und Fülle von Frieden wird sein, bis der Mond nicht mehr ist. Und er wird herrschen von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde. Vor ihm werden sich beugen die Bewohner der Wüste, und seine Feinde werden den Staub lecken; die Könige von Tarsis und von den Inseln werden Geschenke entrichten, die Könige von Scheba und Seba werden Abgaben darbringen. Und alle Könige werden vor ihm niederfallen, alle Nationen ihm dienen“ (Ps 72,2–11). Der überwiegende Teil dieser Schriftstelle kann gar nicht auf die Kirche angewendet werden. Jedoch sind diese Verse gut als wörtliche Erfüllung der irdischen Verheißungen gegenüber Abraham und David zu verstehen und beschreiben – entsprechend göttlicher Vollkommenheit – sehr zutreffend ein Reich, das mit Gericht beginnt und eine universelle Segenszeit einläutet.
In Psalm 101 finden wir eine weitere Beschreibung dieses Reiches der Gerechtigkeit: „Wer seinen Nächsten heimlich verleumdet, den will ich vertilgen; wer stolzer Augen und hochmütigen Herzens ist, den will ich nicht dulden. Meine Augen werden gerichtet sein auf die Treuen im Land, damit sie bei mir wohnen; wer auf vollkommenem Weg wandelt, der soll mir dienen. Nicht soll im Innern meines Hauses wohnen, wer Trug übt; wer Lügen redet, soll nicht bestehen vor meinen Augen. Jeden Morgen will ich alle Gottlosen des Landes vertilgen, um aus der Stadt des HERRN auszurotten alle, die Frevel tun“ (Ps 101,5–8). Es ist nicht Gott, der das sagt, denn hier handelt es sich um ein Lied, das an Gott gerichtet ist. Aber wer kann sagen, dass David oder Salomo Gottes gerechte Grundsätze in ihrer irdischen Herrschaft ausgeführt hätten? Es mag in ihrer Regierung Dinge gegeben haben, die diese Herrschaft der Gerechtigkeit verkörperten, aber sie haben diese nicht als Ganzes verwirklicht. Und ist nicht das Bild der gerechten Regierung Christi auf der Erde der größte Gegensatz zu seiner derzeitigen Haltung der Geduld und Langmut?
Noch eine Stelle: „Der HERR sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße! Den Stab deiner Macht wird der HERR aus Zion senden; herrsche inmitten deiner Feinde! Dein Volk wird voller Willigkeit sein am Tag deiner Macht ... Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns. Er wird richten unter den Nationen, er füllt alles mit Leichen; das Haupt über ein großes Land zerschmettert er“ (Ps 110, 1–6). Ist das das Werk der Kirche? Oder ist diese Stelle nicht vielmehr in vollkommener Übereinstimmung mit all den anderen Prophezeiungen, die wir in den Psalmen bezüglich der Errichtung des irdischen Reiches Christi in Macht und Herrlichkeit, eingeläutet durch verheerende Gerichte, finden?
Die Propheten fahren in gleicher Weise fort: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst. Die Mehrung der Herrschaft und der Frieden werden kein Ende haben auf dem Thron Davids und über sein Königreich, um es zu befestigen und zu stützen durch Gericht und durch Gerechtigkeit, von nun an bis in Ewigkeit“ (Jes 9,5.6). Nur wenn man den kompletten Abschnitt auf geistliche Dinge bezogen versteht, kann man hier eine Verbindung zur Kirche vermuten. Bei dieser Sichtweise stände er jedoch in Widerspruch dazu, was an anderen Stellen über die Kirche gesagt wird. Versteht man diese Verse auf das tatsächliche Reich bezogen, dann sind sie in vollkommener Übereinstimmung mit der gesamten Lehre des Wortes Gottes.
In Jesaja 11,1–9 wird uns eine weitere Beschreibung des Gesegneten und seines irdischen Reichs gegeben: „Und ein Reis wird hervorgehen aus dem Stumpf Isais, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen. Und auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN; und sein Wohlgefallen wird sein an der Furcht des HERRN. Und er wird nicht richten nach dem Sehen seiner Augen und nicht Recht sprechen nach dem Hören seiner Ohren; und er wird die Geringen richten in Gerechtigkeit und den Sanftmütigen des Landes Recht sprechen in Geradheit. Und er wird die Erde schlagen mit der Rute seines Mundes, und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten. Und Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein, und die Treue der Gurt seiner Hüften. Und der Wolf wird sich beim Lamm aufhalten, und der Leopard beim Böckchen lagern; ... Man wird weder Böses tun noch Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berg; denn die Erde wird voll Erkenntnis des HERRN sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ In diesem Abschnitt hat Christus einen irdischen Titel, ist auf einen irdischen Thron gesetzt, steht in Verbindung zu einem irdischen Volk, übt irdische Autorität aus, vollstreckt irdische Gerichte und bringt irdische Segnungen. Keiner dieser Verse kann als Bezug zur Kirche verstanden werden, die in ihrem Charakter völlig anders ist, sondern eine wunderbare Darstellung der vorhergesagten Souveränität, mit der Gott seine Segensabsichten mit der Erde erfüllen wird.
Jesaja 31 beschreibt den „HERRN der Heerscharen“, der herabsteigen wird, „um auf dem Berg Zion und auf seinem Hügel Krieg zu führen“ und die Assyrer zu vernichten. Dass sich diese Vorhersage bei der Armee Sanheribs erfüllte, ist unumstritten; die erlangte Errettung und die daraus resultierenden Segnungen gehen jedoch noch viel weiter als diese teilweise und zeitlich begrenzte Befreiung. Die Folgen der göttlichen Intervention werden zu Beginn des nächsten Kapitels geschildert: „Siehe, ein König wird regieren in Gerechtigkeit; und die Fürsten, sie werden nach Recht herrschen. Und ein Mann wird sein wie ein Bergungsort vor dem Wind und ein Schutz vor dem Unwetter, wie Wasserbäche in dürrer Gegend, wie der Schatten eines gewaltigen Felsens in lechzendem Land“ (Jes 32,1.2). Ist diese Zeit gekommen? Hat Israel jemals einen solchen König gehabt? Sein Reich wird errichtet, wenn der Herr der Heerscharen für Israel einschreitet. Hat eine derartige Intervention bereits stattgefunden? Lasst uns betrachten, wie der Geist von diesem Eingreifen Gottes an anderer Stelle spricht.
„Wer ist dieser, der von Edom kommt, von Bozra in hochroten Kleidern, dieser, prächtig in seinem Gewand, der einherzieht in der Größe seiner Kraft?“ Er antwortet: „Ich bin es, der in Gerechtigkeit redet, der mächtig ist zu retten“. Und wieder wird gefragt: „Warum ist Rot an deinem Gewand und sind deine Kleider wie die eines Keltertreters?“ Woraufhin Er sagt: „Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war niemand bei mir; und ich zertrat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meinem Grimm; und ihr Saft spritzte auf meine Kleider, und ich besudelte mein ganzes Gewand. Denn der Tag der Rache war in meinem Herzen, und das Jahr meiner Erlösung war gekommen“ (Jes 63,1–4). Heißt das, dass Christus die Seinen nun erlösen wird? Beschreibt es Den, der als Lamm zur Schlachtung geführt wurde? Oder handelt es sich hier um die Errettung seines irdischen Volks durch irdische Gerichte und die Errichtung seines irdischen Throns?
Jeremia schreibt: „Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da ich David einen gerechten Spross erwecken werde; und er wird als König regieren und verständig handeln und Recht und Gerechtigkeit üben im Land. In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in Sicherheit wohnen; und dies wird sein Name sein, womit man ihn nennen wird: ‚Der HERR, unsere Gerechtigkeit‘“ (Jer 23,5.6). Und an anderer Stelle: „Denn es wird geschehen an jenem Tag, spricht der HERR der Heerscharen, dass ich sein Joch von deinem Hals zerbrechen und deine Fesseln zerreißen werde, und Fremde sollen ihn nicht mehr dienstbar machen, sondern sie werden dem HERRN, ihrem Gott, dienen und ihrem König David, den ich ihnen erwecken werde“ (Jer 30,8.9). Es ist sicher unnötig zu erwähnen, dass der König David, der erweckt werden wird, kein anderer ist als der wunderbare Sohn Davids, der Herr aus dem Himmel.
Auch bei Hesekiel finden wir folgendes: „Und sie werden sich nicht mehr verunreinigen durch ihre Götzen und durch ihre Scheusale und durch alle ihre Übertretungen; und ich werde sie retten aus allen ihren Wohnsitzen, in denen sie gesündigt haben, und werde sie reinigen; und sie werden mein Volk, und ich werde ihr Gott sein. Und mein Knecht David wird König über sie sein, und sie werden allesamt einen Hirten haben; und sie werden in meinen Rechten wandeln und meine Satzungen bewahren und sie tun. Und sie werden in dem Land wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, worin eure Väter gewohnt haben; und sie werden darin wohnen, sie und ihre Kinder und ihre Kindeskinder, bis in Ewigkeit; und mein Knecht David wird ihr Fürst sein in Ewigkeit“ (Hes 37,23–25).
Daniel beschreibt die verschiedenen nicht-jüdischen Reiche, die sich entwickelten, nachdem Nebukadnezar wegen der Sünde Judas zum Herrscher geworden war. Die vier Weltreiche, das babylonische, persische, griechische und römische Reich herrschen erfolgreich über die Erde. Letzteres wird jedoch geteilt werden. Die Vermischung von Eisen mit Ton bedeutet, dass mehrere Königreiche unterschiedlichen Ursprungs und Charakters nebeneinander bestehen werden, so wie es im heutigen Europa der Fall ist. „Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das in Ewigkeit nicht zerstört und dessen Herrschaft keinem anderen Volk überlassen werden wird; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber in Ewigkeit bestehen“ (Dan 2,44). Das passt sowohl dazu, dass den Nachkommen Davids ein beständiges Reich verheißen wurde als auch zu dem drohenden Gericht für die Könige und Nationen der Erde. Wenn wir nach einem Bild suchen, das nicht die Ausbreitung des Christentums, sondern das genaue Gegenteil darstellt, werden wir kaum ein besseres als die zerstörerische Kraft des Steins finden. Dass sich dieses nicht auf das erste Kommen Christi bezieht, zeigt sich nicht nur in der Unstimmigkeit des Bildes, sondern auch in der fehlenden zeitlichen Übereinstimmung, denn das Reich wird „in den Tagen dieser Könige“ errichtet, d. h. nach der Teilung des Römischen Reiches, während Jesus in einer Zeit lebte und starb, bevor das Römische Reich auch nur eine einzige Provinz verloren hatte.
Die sieben Kapitel des gleichen Propheten geben uns weitere Einzelheiten. Die nicht-jüdischen Weltreiche werden symbolhaft durch vier Tiere dargestellt. Von dem letzten dieser vier Tiere geht eine große Macht aus, die sich nicht nur gegen die Menschen, sondern gegen den Höchsten richten und die Heiligen der höchsten Örter vernichten wird. Mitten in diesem schlimmen Verlauf erscheint der Alte an Tagen und übt Gericht, besonders an dem soeben erwähnten großen Widersacher. Nach diesem kommt „einer wie eines Menschen Sohn“ „und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm; seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königtum ein solches, das nie zerstört werden wird“ (Dan 7,13.14).
In vollkommener Übereinstimmung damit sind die Worte des Propheten Hosea: „Denn die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule und ohne Ephod und Teraphim. Danach werden die Kinder Israel umkehren und den HERRN, ihren Gott, und David, ihren König, suchen; und sie werden sich zitternd zu dem HERRN und zu seiner Güte wenden am Ende der Tage“ (Hos 3,4.5). Wird wohl irgendjemand annehmen, dass an diesen Stellen mit David, ihrem König, jemand anderes gemeint ist als der Same Davids, der Herr Jesus Christus? Wie vollkommen und wunderbar wird die Errichtung dieses Reiches, das das Zentrum einer irdischen Verwaltung nach den Gedanken Gottes ist, angedeutet.
Amos sagt ebenfalls voraus, dass der Herr „die verfallene Hütte Davids aufrichten“ wird (Amos 9,11) und verbindet das mit der Zeit der Wiederherstellung und des Segens für Israel. Micha beschreibt Israel als eine „Gebärende“, die auf die Erlösung des Herrn wartet. Er fährt fort und beschreibt durch wen und zu welcher Zeit die Errettung erfolgt: „Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her. Darum wird er sie hingeben bis zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat; und der Rest seiner Brüder wird zurückkehren zu den Kindern Israel. Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des HERRN, in der Hoheit des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden wohnen; denn nun wird er groß sein bis an die Enden der Erde“ (Micha 5,1–3). Hier wird Christus als der Ewige und Gottes auserwählter Herrscher vorgestellt. Er wird in Bethlehem geboren, aber statt sofort zu herrschen, gibt Er sein Volk hin „bis zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat“, d. h. bis zu der Zeit, da Israel erlöst werden wird. Dann wird der Überrest gesammelt, sie „werden wohnen“ und die Erde wird die Herrlichkeit und Majestät der Herrschaft Christi sehen.
Nach der Gefangenschaft, im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Tempels „erging das Wort des HERRN durch den Propheten Haggai, indem er sprach: ... da werde ich den Himmel erschüttern und die Erde und das Meer und das Trockene. Und ich werde alle Nationen erschüttern; und das Ersehnte aller Nationen wird kommen“ (Hag 2,1–7). Zwei Monate später erhält derselbe Prophet den Befehl: „Rede zu Serubbabel, dem Statthalter von Juda, und sprich: Ich werde den Himmel und die Erde erschüttern. Und ich werde den Thron der Königreiche umstürzen und die Macht der Königreiche der Nationen vernichten; und ich werde die Streitwagen umstürzen und die, die darauf fahren; und die Pferde und ihre Reiter sollen hinfallen, jeder durchs Schwert des anderen. An jenem Tag, spricht der HERR der Heerscharen, werde ich dich nehmen, Serubbabel, Sohn Schealtiels, meinen Knecht, spricht der HERR, und werde dich wie einen Siegelring machen. Denn ich habe dich erwählt, spricht der HERR der Heerscharen“ (Verse 21–23). Serubbabel ist bereits seit über 2400 Jahren tot und diese Erschütterung der Nationen ist immer noch nicht erfolgt. Es ist eindeutig, dass es sich bei dem hier vorhergesagten Ereignis um den Sturz aller irdischen Throne handelt, wenn der Messias, der Nachkomme Serubbabels, sein Reich in Gerechtigkeit über die Nationen der Welt aufrichten wird.
Sacharja spricht von dem Tag, wenn „das Haus David wie Gott, wie der Engel des HERRN vor ihnen her“ sein wird (Sach 12,8) und prophezeit gleichzeitig, dass die Juden auf Ihn blicken werden, den sie durchstochen haben und um Ihn trauern werden. An anderer Stelle sagt er: „Denn siehe, ich will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen“. Er verspricht, dass Er „die Ungerechtigkeit dieses Landes an einem Tag wegnehmen“ wird und ergänzt: „An jenem Tag, spricht der HERR der Heerscharen, werdet ihr einer den anderen einladen unter den Weinstock und unter den Feigenbaum“ (Sach 3,8–10). Zu Jerusalem sagt Er: „Siehe, dein König wird zu dir kommen: Gerecht und ein Retter ist er, demütig und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Fohlen, einem Jungen der Eselin“ (Sach 9,9). Der König bleibt jedoch verworfen, bis das Volk schließlich Buße tun und um Ihn, den sie durchbohrt haben, trauern wird. In der schlimmsten Bedrängnis wird Er schließlich als ihr Herr kommen, um sie zu erretten und „seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen“. Danach wird das Reich aufgerichtet und die Nationen der Erde werden nach Jerusalem ziehen „um den König, den HERRN der Heerscharen, anzubeten“ (Sach 14,4–16). Hier finden wir denselben König, nämlich Jesus, der auf einem Esel reitet, später wird Er HERR der Heerscharen genannt, der kommt, um sein Volk in der Stunde der tiefsten Not zu befreien. Danach wird Er in Jerusalem Gegenstand der Anbetung der ganzen Erde werden. Wie vollkommen passt das zu den herrlichen Wahrheiten, die uns die Schrift an anderen Stellen über diesen großen König zeigt. Er ist HERR der Heerscharen und gleichzeitig abhängiger Mensch, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt, weil Er sein Vertrauen ganz auf Gott setzt!
Der letzte Prophet, Maleachi, schreibt: „Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir her bereite. Und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt: Siehe, er kommt, spricht der HERR der Heerscharen. Wer aber kann den Tag seines Kommens ertragen, und wer wird bei seinem Erscheinen bestehen? Denn er wird wie das Feuer des Schmelzers sein und wie die Lauge der Wäscher. Und er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen;“ (Mal 3,1–3). Entspricht das dem Charakter des ersten Kommens Christi? Passen diese Worte zu seiner momentanen Haltung der Gnade? Ist es nicht genau das, was uns durch die ganze Schrift hindurch über die Errichtung seines irdischen Throns in Gerechtigkeit und Gericht gelehrt wird?
Wir haben hier also eine Anzahl alttestamentlicher Prophezeiungen, die sich alle auf Christus beziehen. Die Beschreibung in Bezug auf den Charakter dieses Reiches und die Art und Weise, wie dieses errichtet wird, ist komplett gegensätzlich zu dem, was wir in der Christenheit sehen oder was über sie vorhergesagt wurde. Es passt jedoch vollkommen zu den Verheißungen irdischen Segens, die den Nachkommen Abrahams und Davids gegeben wurden und den offenbarten Plänen Gottes über eine gerechte Regierung der Welt. Was ist weiser und ehrerbietiger: sich der Schrift zuzuwenden, ihre Aussagen so anzunehmen, wie Gott sie gegeben hat oder danach zu suchen, sie aus ihrer natürlichen Form zu entwinden und mit etwas zusammenzubringen, was sich nicht nur voneinander unterscheidet, sondern hinsichtlich des Charakters und Gegenstands vielfach vollkommen gegensätzlich ist? Ein derartiges Handeln kann nur dazu führen, Israels Hoffnung zu zerstören und die der Kirche zu verdecken. Nimmt man diese jedoch im einfachen Glauben an, bleibt die Erfüllung der Absichten Gottes mit der Erde zukünftig, das Teil der Kirche strahlt ungetrübt hervor und zeigt in heller Klarheit die Vielfältigkeit der Vorrangstellung Christi.