Einführende Vorträge zur Offenbarung
Kapitel 21
In den ersten acht Versen von Kapitel 21 haben wir den neuen Himmel und die neue Erde, aber auch, schrecklich zu sagen!, den Feuersee. Es muß aber tatsächlich so sein, da wir am Ende des vorigen Kapitels gelesen haben, daß die Verlorenen dort hineingeworfen wurden. Dennoch ist es eine sehr ernste Wahrheit, davon zu lesen – und wir sind verpflichtet, dieselbe zu predigen: Sogar in dem vollkommenen Zustand der Ewigkeit während des strahlenden Glanzes des Himmels und der Erde, in welche nichts Böses jemals eintreten kann, gibt es immer noch das ganze Böse, das jemals gewesen ist. Alle Gottlosen jeder Gegend und jeder Zeit sind in einen unveränderlichen Zustand des ewigen Gerichts im Feuersee geworfen.
Beachte eine andere sehr wichtige Tatsache! Alle, sich auf Haushaltungen (Dispensationen) beziehende Namen Gottes verschwinden. Es geht nur noch um Gott und Mensch. Wir hören nichts mehr von Nationen, nichts von unterschiedlichen Ländern, Verwandtschaften oder Sprachen. Es ist der ewige Zustand – und tatsächlich auch die vollständigste Beschreibung desselben, welchen uns die Bibel gibt.
Aber noch einen ganz anderen Punkt von Interesse können wir erkennen. Obwohl auf diese Weise alle menschlichen Unterscheidungen aufgehoben werden und die Menschen es unmittelbar mit Gott zu tun haben – das sind die Menschen, welche aus den Toten auferweckt oder verwandelt wurden –, sehen wir dennoch das heilige Jerusalem. Die heilige Stadt, das neue Jerusalem, wird unterschieden von allen anderen Menschen, welche den neuen Himmel und die neue Erde füllen. Das ist von großer Bedeutung; denn wenn das neue Jerusalem, wie ich nicht bezweifle, „die Braut, das Weib des Lammes“ (V. 9), ist, finden wir ihren abgesonderten Zustand für alle Ewigkeit aufrechterhalten. „Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, die Hütte Gottes [damit wird auf diese Stadt angespielt] [ist] bei den Menschen!“ (V. 3). Das heißt: Die Hütte Gottes wird als ein gesonderter Gegenstand gesehen, der ohne Zweifel mit den Menschen in Verbindung steht, aber nicht mit ihnen vermischt wird. Die Menschen werden nicht betrachtet, als würden sie diese Hütte bilden. Sie existieren nebeneinander. „Die Hütte Gottes [ist] bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“
Auf diese Weise wird alles neu gemacht; und weiterhin: „Diese Worte sind gewiß und wahrhaftig.“ (V. 5). Nichts muß mehr getan werden. „Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst. Wer überwindet, wird dieses ererben, und ich werde ihm Gott sein, und er wird mir Sohn sein. Den Feigen aber und Ungläubigen und mit Greueln Befleckten und Mördern und Hurern und Zauberern und Götzendienern und allen Lügnern – ihr Teil ist in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches der zweite Tod ist.“ (V. 6–8).
Jetzt findet ein bemerkenswerter Wechsel in der Reihe der Visionen statt, der indessen leicht zu verstehen ist. Es sollte nämlich offenkundig sein, daß ab diesem Zeitpunkt nichts mehr folgen muß. Wir haben gerade gesehen, daß es sich um den ewigen Zustand handelt. Folglich müssen wir zweifellos wieder zurückgehen, damit uns ein wichtiger Gegenstand der Weissagung gezeigt werden kann, welcher bisher ohne Unterbrechung des Ablaufs der Darstellung nicht beschrieben werden konnte. Kurz gesagt, ist es hier so, wie wir schon in
Genau dasselbe geschieht auch hier; und was diesen Gedanken besonders unterstützt, ist die Gleichheit der Einleitung in beiden Fällen. „Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, voll der sieben letzten Plagen, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir die Braut, das Weib des Lammes zeigen.“ (V. 9). Wer sieht nicht die Ähnlichkeit dieses Verses mit dem, welcher die Beschreibung Babylons eröffnet? Ich nehme also an, daß es Gottes Absicht entspricht, wenn die Übereinstimmung von uns beachtet wird. Es handelt sich dann nicht um eine Weiterverfolgung der Prophetie, sondern um eine Beschreibung der heiligen Stadt, die vorher genannt wurde, genauso wie es früher eine Beschreibung der verderbten Stadt gab, deren Gericht schon angekündigt war. Wir sahen Babylon mit einem unechten kirchlichen, aber in Wirklichkeit mörderischen Charakter und gleichzeitig ihre Verderbtheit zusammen mit den Königen der Erde. Hier sehen wir die heilige Stadt von Gott aus dem Himmel herabkommen. Von ihr wird gesagt, daß sie die Braut, des Lammes Weib, ist, im eindeutigsten Gegensatz zur großen Hure. Doch zu dieser himmlischen Stadt bringen die Könige der Erde, nachdem Christus gekommen ist, ihre Opfer und ihre Huldigung. Es gibt indessen keine aufreizende Begeisterung der Nationen, keine Beschmutzung durch Hurerei, keine Greuel, keine Blutschuld. Kurz gesagt, Babylon, das widerwärtige Gegenstück der heiligen Stadt, bemüht sich in irdischem Ehrgeiz für seine eigenen auf die Gegenwart bezogenen Ziele um die Könige und Volksmassen, während die andere „Stadt“ jetzt leidet, um dann zu herrschen. Insofern wirft die eine Stadt viel Licht auf die andere.
Doch worauf ich im besonderen eure Aufmerksamkeit richten möchte, ist die außerordentliche Wichtigkeit, diese Rückschau auf die Braut oder das neue Jerusalem als einen solchen Rückblick zu beachten. Dadurch wird die Schwierigkeit weggenommen, die hervorgerufen wird, indem man die letzte Vision des Buches als Teil der prophetischen Abfolge ansieht, die mit
„Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, voll der sieben letzten Plagen, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir die Braut, das Weib des Lammes, zeigen. Und er führte mich im Geiste hinweg auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt, Jerusalem, herniederkommend aus dem Himmel von Gott.“ (V. 9–10). Jetzt wird der Prophet nicht in eine Wüste geführt, sondern „auf einen großen und hohen Berg“ versetzt, und ihm wird nicht die große Stadt, sondern die heilige Stadt Jerusalem gezeigt. Die große Stadt war wahlweise das schuldige Jerusalem oder Babylon. Diese Stadt hingegen wird jetzt als das heilige Gefäß der göttlichen Macht zur Herrschaft über die Erde im Tausendjährigen Reich gezeigt. „Sie hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein kristallheller Jaspisstein.“ (V. 11).
Danach folgt eine Beschreibung der Mauer, der Tore, der Grundlagen und ihrer allgemeinen Stellung. „Sie hatte eine große und hohe Mauer und hatte zwölf Tore, und an den Toren zwölf Engel, und Namen darauf geschrieben, welche die der zwölf Stämme der Söhne Israels sind.“ (V. 12). Gerade weil es sich um die Braut, des Lammes Weib, handelt, war wichtig zu zeigen, daß auch Engel dort sind und des weiteren Israel nicht vergessen wird. Schon der Name offenbart Ähnliches. Das heißt nicht, daß die Kirche (Versammlung) jemals irdisch sein kann. Doch Gott vergißt Seine Wege mit Seinem Volk nicht; und die Engel wirken ausschließlich als eine Art Pförtner, wenn wir so sagen dürfen; sie stehen an den Toren. In Bezug auf die zwölf Stämme Israels wird nur gesagt, daß sie aufgeschrieben sind – mehr nicht. Kein Hinweis wird gegeben, daß sie die Stadt bilden; statt dessen finden wir die Inschrift ihrer Namen außen angebracht. Jene Stadt wird eine ständige Erinnerin an solche Gläubige sein, die auf der Erde dem wiederhergestellten Israel vorangegangen sind und zweifellos zu Israels Segnung während des Tausendjährigen Reiches das Mittel sind. Aber nicht allein zur Segnung Israels! Im Gegenteil, wir werden finden, daß ihre Beziehung zum ganzen Universum herausgestellt wird, obwohl Israel seinen besonderen Platz hat; und es ist durchaus richtig, daß es so sein wird.
„Nach Osten drei Tore, und nach Norden drei Tore, und nach Süden drei Tore, und nach Westen drei Tore. Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundlagen, und auf denselben zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes.“ (V. 13–14). Das scheint wohl auf die zwölf Apostel (natürlich außer Judas Iskariot) hinzuweisen, die ganz besonders mit Christus während Seines leidenvollen Weges auf der Erde verbunden waren. Gott ist unumschränkt. Darum bedeutet diese Nennung nicht, daß derjenige, der mehr in seinem Dienst auf der Erde geehrt wurde als irgendeiner der Zwölf und den der Herr benutzt hat, um die Kirche der himmlischen Örter herauszustellen, in dieser herrlichen Szene nicht seine eigene einzigartige Würde besitzen wird. Doch Gott handelt in einer Weisheit, die weit über die der Menschen hinausreicht, und hält sogar hier an Seinen Grundsätzen fest. Die zwölf Apostel des Lammes werden folglich ihren besonderen Platz haben. Dennoch dürfen wir sicherlich darauf vertrauen, daß Gott Paulus keinen geringeren Platz geben wird. Ich denke indessen nicht, daß er diesem hier entspricht.
„Und der mit mir redete hatte ein Maß, ein goldenes Rohr, auf daß er die Stadt messe und ihre Tore und ihre Mauern. Und die Stadt liegt viereckig, und ihre Länge ist so groß wie die Breite.“ (V. 15–16). Darin erkennen wir die Vollständigkeit und Vollkommenheit, die ihrem gegenwärtigen Wesen angemessen ist.
Danach kommen wir zur Beschreibung der Stadt selbst – ihrer Mauer, ihres Aufbaus, ihrer Grundlagen und ihrer Tore. Hier wird die Stadt selbst geschildert. Darauf brauchen wir aber jetzt nicht weiter einzugehen.
Des weiteren wird ein fehlender Punkt von großer Bedeutung in dieser Beschreibung des Sehers vorgestellt. „Und ich sah keinen Tempel in ihr, denn der Herr, Gott, der Allmächtige, ist ihr Tempel, und das Lamm.“ (V. 22). Das ist kein Mangel. Im Gegenteil zeugt diese Tatsache von der Unmittelbarkeit der Gemeinschaft. Der Tempel setzt einen Mittler voraus. Die Abwesenheit des Tempels ist folglich kein Verlust, sondern ein Gewinn für diese Stadt. Das liefert uns Material für den Unterschied zwischen dem irdischen Jerusalem und der himmlischen Stadt; denn wenn ein Gegenstand in der Schilderung Hesekiels auffallender ist als irgendein anderer, dann ist das der Tempel. Hier gibt es indessen keinen. Ein Tempel gehört zur Erde. Die himmlische Stadt als der vollkommene Ausdruck der Seligkeit in der Höhe besitzt keinen Tempel, denn bei ihr ist alles ein Tempel. Wenn wir überhaupt von einem Tempel sprechen können, dann mit diesen Worten: „Der Herr, Gott, ... ist ihr Tempel, und das Lamm.“ „Und die Stadt bedarf nicht der Sonne, noch des Mondes, auf daß sie ihr scheinen.“ (V. 23). Auch das darf nicht als Verlust betrachtet werden. Hinsichtlich des irdischen Landes und seiner Stadt wird gesagt, daß der Mond sein Licht zur Leuchtkraft der Sonne vergrößert und daß das Licht der Sonne sieben Mal so hell wird. Hier sind indessen beide nicht vorhanden; und auch das ist wieder ein Beweis von einem Gewinn und nicht von einem Verlust. „Denn die Herrlichkeit Gottes hat sie erleuchtet, und ihre Lampe ist das Lamm.“ Erschaffene Lichter gibt es nicht mehr.
„Und die Nationen werden durch ihr Licht wandeln.“ (V. 24). Offensichtlich befinden sie sich nicht in dieser Stadt. „Die Könige der Erde bringen ihre Herrlichkeit zu ihr“ - nicht in sie, sondern zu ihr. Es handelt sich einfach um einen Ausdruck der Huldigung, die sie darbringen. „Und die Nationen werden durch ihr Licht wandeln, und die Könige der Erde bringen ihre Herrlichkeit zu ihr. Und ihre Tore sollen bei Tage nicht geschlossen werden, denn Nacht wird daselbst nicht sein. Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Nationen zu ihr bringen. Und nicht wird in sie eingehen irgend etwas Gemeines und was Greuel und Lüge tut, sondern nur die geschrieben sind in dem Buche des Lebens des Lammes.“ Sittliche Untauglichkeit findet ihren gerechten Tadel; doch auch die unumschränkte Gnade muß verfochten werden.