Einführende Vorträge zur Offenbarung
Kapitel 14
Als nächstes kommen wir zu Kapitel 14, wo wir weder die Ratschlüsse Gottes im Gegensatz zu Satan – zunächst im Himmel und danach auf der Erde – finden, noch den Plan und die Werkzeuge, mit denen Satan diese Ratschlüsse bekämpfen will. Alles dieses hatten wir in den Kapiteln 12 und 13. Jetzt betreten wir eine andere Linie der Gesichtspunkte. Wie handelt Gott mit den Seinigen? Gar nicht? – Unmöglich! Alles muß wirksam und gut sein. Gott gefällt es daher, uns mannigfaltige Wege zu offenbaren, in welchen Er Seine Macht herausstellt und der Krise angepaßte Zeugnisse und Warnungen sendet. Das wird uns bemerkenswert vollständig in den sieben Abschnitten, in welche dieses Kapitel naturgemäß eingeteilt werden kann, gezeigt.
Der erste Teil spricht von einer gewissen abgezählten Volksmenge, die zum Lamm auf den Berg Zion abgesondert ist. Der Herr Jesus steht im Begriff, auf Seine Rechte inmitten Israels zu bestehen; und Zion ist der bekannte Mittelpunkt der königlichen Gnade. Ich spreche von „königlich“; denn wir sehen Christus Sein Anrecht als Sohn Davids durchsetzen. Doch es handelt sich auch um „königliche Gnade“; denn sie setzt den vollständigen Ruin Israels voraus und daß der Herr dort aus reiner Huld beginnt, die Israeliten noch einmal um Sich zu versammeln. Das ist folglich die erste Form, in welcher Gott Seine Handlungsweise für die letzten Tage entfaltet. Der Teufel mag seine Tiere und Hörner haben. Gott hat Sein Lamm; und das Lamm wird jetzt nicht auf dem Thron im Himmel gesehen oder wie es ein Buch nimmt. (Offenbarung 5). Es steht auf dem Berg Zion. Das ist ein deutlicher Fortschritt in Richtung auf das Königreich, welches uns hier vor dem Ende klar vorgestellt wird.
„Und ich sah: und siehe, das Lamm stand auf dem Berge Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, welche seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen.“ (V. 1). Von ihnen wird nicht gesagt, daß sie in irgendeiner Weise sich dieses Verwandtschaftsverhältnisses bewußt sind. Es geht nicht um ihren Vater, noch um Seinen Vater und ihren Vater. (Vergl. Johannes 20, 17!). Nichts dieser Art finden wir irgendwo in der Apokalypse. Wir lesen nur, daß der Name des Vaters an ihren Stirnen geschrieben stand. „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners; und die Stimme, welche ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen. Und sie singen ein neues Lied vor dem Throne und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen, als nur die hundertvierundvierzigtausend, die von der Erde erkauft waren. Diese sind es, die sich mit Weibern nicht befleckt haben, denn sie sind Jungfrauen.“ (V. 2–4).
Diese Erlösten hatten sich nicht verderbt; und der Name des Lammes ist mit ihnen verbunden. Sie hatten nichts mit der babylonischen Verruchtheit hienieden zu tun. Sie waren rein und sind mit dem heiligen Dulder verbunden. „Diese sind es, die dem Lamme folgen, wohin irgend es geht. Diese sind aus den Menschen erkauft worden als Erstlinge Gott und dem Lamme. Und in ihrem Munde wurde kein Falsch gefunden; denn sie sind tadellos“ [„vor dem Thron Gottes“ ist unecht1]. Das ist die erste Handlung Gottes. Es handelt sich um einen vollständigen Überrest. Es wird nicht gesagt, daß er aus den zwölf Stämmen Israels stammt. Das sahen wir in Offenbarung 7. Er stammt vielmehr ausdrücklich aus den Juden. Sie wurden aus jenen Menschen heraus gesammelt, die schuldig waren, das Lamm verworfen zu haben. Jetzt beantwortet Gott diese und noch andere Gottlosigkeiten durch jene barmherzige und ehrenvolle Absonderung zum Lamm hin, das nun im Begriff steht, Seinen königlichen Thron auf dem Berg Zion aufzurichten.
Die nächste Szene zeigt uns einen fliegenden Engel. „Und ich sah“, wird gesagt, „einen anderen Engel inmitten des Himmels fliegen, der das ewige Evangelium hatte, um es denen zu verkündigen, die auf der Erde ansässig sind, und jeder Nation und Stamm und Sprache und Volk.“ (V. 6). Warum wird es „das ewige Evangelium“ genannt? – Wir müssen uns daran erinnern, daß das Evangelium, welches heutzutage gepredigt wird, ein ganz besonderes Evangelium ist und keinesfalls ein ewiges. Kein Mensch hörte jemals das Evangelium, das jetzt gepredigt wird, bevor Jesus gestorben, auferstanden und in den Himmel aufgefahren war. Das bedeutet: Das Evangelium, wie es heute innerhalb der Christenheit und nach außerhalb gepredigt wird, beruht auf den erstaunlichsten Ereignissen, die jemals auf der Erde stattgefunden haben. Gott wartete mehr als viertausend Jahre, in denen der Mensch auf der Erde wohnte, bevor Er dieses Evangelium herausstellen wollte und konnte. Folglich kann das Evangelium der Gnade Gottes, wie wir es kennen, richtigerweise nicht (und erst recht nicht in der Heiligen Schrift) als „ewiges Evangelium“ bezeichnet werden. Ich vermute, daß die meisten Menschen diesen Ausdruck benutzen, ohne daran zu denken, was er wirklich bedeutet. Wenn sie heute das Evangelium „ewiges Evangelium“ nennen, haben sie möglicherweise eine verschwommene Vorstellung, daß es uns mit der Ewigkeit verbindet. Sie halten es für ein schön klingendes Beiwort (Epithet), das eine Bedeutung in sich trage, von dem ich nicht weiß, was. Auf jeden Fall muß man annehmen, daß jene Menschen eine bestimmte Vorstellung haben, wenn sie das „Evangelium Gottes“ so nennen. Falls jedoch die Bibel entscheiden soll, handelt es sich um einen Irrtum.
„Ewiges Evangelium“ bedeutet das, was das Wort besagt. Es spricht von jener guten Botschaft, die immer galt und stets gelten wird. Was immer Gott auch sonst den Menschen bekannt gemacht hat, dieses Evangelium blieb unverändert. Was ist es also? – Die gute Botschaft Gottes war ständig, daß Er beabsichtigte, den Menschen durch den verheißenen Samen Christus Jesus zu segnen. Er wollte diesen über die Ruhe der Schöpfung setzen, damit Er als Sein Bild und Seine Herrlichkeit alles beherrsche. Schon am Anfang beweist das erste Kapitel von 1. Mose, daß darin Gottes Gedanken für den Menschen hienieden bestand. Das Ende aller Dinge wird dieselbe Wahrheit verkündigen. Das Tausendjährige Reich wird ein großartiges beweisendes Zeugnis davon ablegen. Im neuen Himmel und auf der neuen Erde wird der Mensch voll und ganz und für immer gesegnet.
Die Verkündigung dieser Wahrheit ist, wie ich glaube, das ewige Evangelium. In den letzten Tagen wird es wirksam werden, um die Lüge Satans zu beseitigen. Dieser möchte die Menschen gerne in einem Zustand der Entfremdung von Gott halten, in die er sie geführt hat. Daher ist Gott sittlich gezwungen, der Richter des Menschen zu sein – anstatt der Segensbringer für alles, was auf der Erde ist –, um ihn letztlich in die Hölle zu werfen. Alles das ist offensichtlich die Frucht der Listen des Teufels. Aber das ewige Evangelium zeigt Gott als den Segensbringer für den Menschen und die Schöpfung, so wie es immer in Seinem Herzen war und wie Er es mit Sicherheit vollenden wird. Das gilt natürlich nicht für jeden Einzelmenschen; denn jene Menschen, die Seine Barmherzigkeit in Christus verachten und vor allem solche, die, nachdem sie es gehört haben, das Evangelium Seiner Gnade verschmähen, müssen für immer verloren gehen. Ich spreche jetzt von dem, was ständig vor Gott stand und was den Menschen in Gottes Welt schon immer vorgestellt wurde.
Die Art, in der von diesem Gegenstand hier gesprochen wird, ist eine Bestätigung dafür. „Fürchtet Gott“, ist die Botschaft, „und gebet ihm Ehre [das steht in einem offensichtlichen Gegensatz zum Götzendienst], denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen.“ (V. 7). Dann findet der Untergang von allen jenen Menschen statt, die Gott ablehnen. Es handelt sich nicht nur um die Nichtigkeiten (Götzen; Übs.) der Nationen, sondern auch um alle Menschen, die im Widerstand gegen Gott auf diese achten und sie pflegen. „Betet den an, der den Himmel und die Erde gemacht hat und das Meer und die Wasserquellen.“ Das ist offensichtlich die allgemeine Botschaft Gottes an den Menschen und steht in Verbindung mit Seiner Schöpferherrlichkeit. Die ernste Drohung Seines baldigen Gerichts ist der Grund dafür, den verblendeten Gewissen der Menschen den Anspruch auf Ehre, die Gott allein zusteht, mit Nachdruck vorzustellen.
Es gibt zweifellos viele Menschen, welche es für einen außerordentlichen Sachverhalt ansehen, daß Gott in jenen Tagen, die rasch heran eilen, eine solche Botschaft aussenden sollte. Laßt mich sagen, warum eine solche Schwierigkeit empfunden wird! Das liegt daran, daß die Menschen aus ihrer eigenen Stellung und ihren eigenen Beziehungen heraus mutmaßen und urteilen. Wir können indessen niemals etwas richtig verstehen, solange wir auf diese Weise schlußfolgern und Schlüsse ziehen. Das ist nicht der Weg, irgendeinen Teil der Bibel, und am wenigsten vielleicht die Prophetie, verstehen zu können. Falls es sich um eine Frage unseres Verhaltens oder unserer Pflicht handelt, sollten wir unbedingt in unserer besonderen Beziehung stehen bleiben. Wir sollten sorgfältig an dem Platz festhalten, den Gott uns gegeben hat, indem wir uns jenem Teil des Wortes Gottes beugen, das auf uns in dieser Stellung zutrifft. Wie können wir mit Verständnis und richtig als Christen handeln, solange wir nicht wissen, was es bedeutet, als Christen zu glauben? Wir verherrlichen nur insoweit unseren Gott und Vater, wie wir als Kinder zu Ihm als zu unserem Vater aufblicken und als Heilige Ihn als unseren Gott anerkennen. Das ist gewißlich wahr. In unserer Bibelstelle wird indessen von keinem Christen gesagt, daß er sich auf der Erde befinde. Wir sehen auserwählte Juden; wir sehen Nationen zusammen mit denen, „die auf der Erde ansässig sind.“ Das heißt: Es gibt Menschen, offensichtlich Abtrünnige, die mit letzterem Ausdruck gekennzeichnet sind, sowie die allgemeine Menge von Nationen, Stämmen, Sprachen und Völker. Es sieht demnach so aus, als stiege Gott sozusagen herab, um ihnen auf der geringst-möglichen Grundlage Seiner Wahrheit zu begegnen. Und welche ist diese? – Sie werden aufgerufen, Gott zu fürchten und Ihm Ehre zu geben; und das geschieht auf dem Grundsatz, daß Er der Richter ist, Der bereit steht, Sich mit Seiner eigenen Welt zu beschäftigen. Er fordert sie auf, allen Götzendienst aufzugeben, in welchen sie geraten sein werden, insbesondere in jenen Tagen.
Ich persönlich habe nicht den geringsten Zweifel, daß zum gegenwärtigen Augenblick ein Sauerteig wirkt, der im Götzendienst enden wird, vor allem (falls es da überhaupt einen Unterschied gibt) in den höheren Rängen dieses Landes2, und welcher auch die niedrigeren mit sich ziehen wird. Bei den unteren Klassen ist es, auf andere Weise, jene Plumpheit der Vorliebe für wahrnehmbare Gegenstände und für Schaugepränge, welche sie für den Götzendienst vorbereiten. Doch ich wiederhole, daß in die gebildeten Schichten ein reger Geist einsickert, der zweifellos hintergründiger und durchtriebener ist. Dieser wird jene Menschen, nach meinem Urteil, bevor viele Jahre vergangen sind, unfehlbar in naturalistischem3 Götzendienst schulen. Auf der einen Seite sehen wir die materialistische Tendenz der modernen Wissenschaft und Literatur, auf der anderen, die herablassende Nostalgie in Bezug auf vergangene Zeiten. Auf diesen gefährlichen Pfaden versucht alles, das in machtvoller Weise die Welt wie Sauerteig durchdringt, den Menschen zurück zum Heidentum, d. h. zum Abfall von Gott, zu führen.
Wie auch immer diese Ausführungen von den Zuhörern bewertet werden – wir müssen uns daran erinnern, daß es noch eine andere Ursache von ernstester Natur für diese Lage gibt, die eindeutig geoffenbart ist: Gott steht im Begriff, einen gerichtlichen Irrwahn über die Christenheit auszugießen. (Vergl. 2. Thessalonicher 2, 11!; Übs). Es ist sicher, daß Er nicht nur schwere Schläge des Gerichts zufügen, sondern auch die Menschen dem Glauben an eine Lüge ausliefern wird – der großen Lüge des Teufels. Darin besteht die große Wahrheit aller Zeiten: Jener Gott, der Gott, Welcher Sich jetzt in Christus und durch die Erlösung Selbst geoffenbart hat, ist der einzige richtige Gegenstand der Anbetung. So weit ist, meiner Ansicht nach, die Botschaft unserer Verse davon entfernt, in irgendeiner Weise außergewöhnlich zu sein. Sie trifft durchaus passend auf die Menschen, wie sie zu jener Zeit ihren Umständen nach sein werden – und wie sie nicht weniger für Gottes Weisheit und Güte zeitgemäß ist.
Eine andere Erwägung, die mit diesen Ausführungen in Verbindung steht und sie bestätigt, mag vielleicht manchem helfen. Sie gründet sich auf Matthäus 25, wo die Nationen vorgeladen werden, wenn der Sohn des Menschen als König auf Seinem Thron sitzt. Wir erinnern uns, daß Er zu jenen, die Er als Schafe bezeichnet, sagt: „Insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan.“ (Matthäus 25, 40). Auf der anderen Seite erklärt Er jede Kränkung, die ihnen angetan wurde, als gegen Ihn Selbst gerichtet. Jene Taten der Freundlichkeit oder ihrem Gegenteil werden hier vom Herrn zur Kenntnis genommen. Es hat keinen Zweck, dieses Gericht als das allgemeine Gericht zu bezeichnen oder als das Gericht über unsere Werke. Es ist keines von beidem. Der einzige Grundsatz vor uns in dieser Schriftstelle besteht in Seiner Handlungsweise mit den lebenden Völkern oder Nationen entsprechend ihrem Umgang mit Seinen Brüdern; und es erfordert wirkliche Kraft von Seiten Gottes, um in jener Zeit richtig handeln zu können. Der Druck auf Seine Boten wird enorm sein. Falls irgend jemand sie gut aufnimmt, dann geschieht das ausschließlich aus Glauben. Ich gebe zu, daß das Maß ihres Glaubens nur klein ist. Sie wissen nicht, daß das Ehren Seiner Boten so gut wie das Ehren Seiner Selbst gilt. Wenn sie vor dem Angesicht des Königs stehen – wie erstaunt werden sie sein zu erfahren, daß das, was den Boten Seines Evangeliums in den letzten Tagen getan wurde, als Ihm Selbst getan anerkannt wird.
Sicherlich werden diese heidnischen Menschen durch göttliche Gnade geleitet; doch ganz offensichtlich besitzen sie nichts, was wir als „Verständnis“ bezeichnen würden. Aber dann – wie oft müssen wir uns davor hüten, zuviel aus letzterem zu machen! Welch ein ständig lauernder Fallstrick ist es, in einen unbewußten Kritizismus zu verfallen! Die Menschen sind geneigt, sich eine übertriebene Bedeutung aufgrund ihres Wissens zuzuschreiben. Ich bin sicher, daß Gott der Aufmerksamkeit, die dem Herrn und auch jenen, die Er aussendet, gegeben wird, stets einen größeren Wert zumißt. Das ist immer eine entscheidende Prüfung. Zu jener Zeit wird es in ganz besonderer Weise so sein; denn diese Botschaft wird zu den Nationen auf der Erde ausgehen, wenn sie in zunehmendem Maß sich überheben und mit sich selbst zufrieden sein werden. Sie werden von in ihren Augen armen und verächtlichen Boten eingeladen, welche feierlich das Königreich verkünden, welches unmittelbar bevorsteht – mit jenem König, Der in Person kommt, um die Lebenden zu richten unabhängig und vor dem Gericht über die Toten. Aber einige Seelen hier und dort werden sie annehmen und freundlich behandeln. Das geschieht darum, weil sie auch die Botschaft annehmen. Allein die Kraft des Geistes Gottes wird ihnen diesen Glauben geben. Niemand Anderes als Gott Selbst wird ihre Herzen bewegen. Folglich wird der Herr sich auf diese Annahme oder die Freundlichkeit beziehen, welche den Glauben begleitet, und zwar als einen Beweis, daß sie Ihm in Seinen Boten Achtung erwiesen haben.
Das scheint mir dem ewigen Evangelium ähnlich zu sein, wenn es nicht sogar dasselbe ist. Tatsächlich wird es von Matthäus „Evangelium des Reiches“ genannt. Ich neige allerdings zu der Schlußfolgerung, daß das „Evangelium des Reiches“ und das „ewige Evangelium“ dem Wesen nach identisch sind. Dann wird es hier mit letzterem Ausdruck bezeichnet, weil immer die Absicht Gottes bestand, dieses Reich über die Welt aufzurichten und den Menschen auf der Erde zu segnen. Dieses Evangelium nennt Matthäus in Übereinstimmung mit seiner Absicht „Evangelium des Reiches“, weil Jesus der König werden soll. Johannes bezeichnet es anscheinend als das „ewige Evangelium“, weil es im Gegensatz steht zu besonderen Botschaften, die gelegentlich ausgesandt wurden, sowie auch zu allem, was mit dem Menschen zu tun hat, so wie er hier auf der Erde ist. In Zeiten, die durch die größte Verderbnis ausgezeichnet sind, wird also diese Botschaft ausgesandt; und gewisse Menschen werden sie durch Gottes Gnade annehmen.
So ist demnach das zweite Thema in unserem Kapitel die Ausrufung des ewigen Evangeliums an jene Menschen, die auf der Erde ansässig sind, und an die Nationen. Hingegen beschäftigt sich der erste Teil mit der Absonderung des jüdischen Überrests zum Lamm auf dem Berg Zion.
Der dritte Abschnitt, den wir mit vergleichsweise wenigen Worten überfliegen können, spricht von einer Warnung in Hinsicht auf den Zusammenbruch Babylons. Ein Engel tritt hervor und spricht: „Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, die mit dem Weine der Wut ihrer Hurerei alle Nationen getränkt hat.“ (V. 8).
Als Viertes folgt eine Warnung wegen des Tiers. „Und ein anderer, dritter Engel folgte ihnen und sprach mit lauter Stimme: Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und ein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, so wird auch er trinken von dem Weine des Grimmes Gottes, der unvermischt in dem Kelche seines Zornes bereitet ist; und er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamme. Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt.“ (V. 9–11). Diese göttlichen Handlungsweisen erfolgen also in Paaren: Das Werk unter den Juden und danach ein abschließendes Zeugnis an die Nationen; die Warnung vor Babylon und eine weitere vor dem Tier. „Hier ist das Ausharren der Heiligen, welche die Gebote Gottes halten und den Glauben Jesu.“ (V. 12).
Darauf kommen wir zum fünften Abschnitt, der ganz anders ist. Es handelt sich um eine Kundgebung (Proklamation): „Glückselig die Toten, die im Herrn sterben, von nun an!“ (V. 13). Von dieser Zeit an wird niemand, der dem Herrn angehört, mehr sterben. Jene, die im Herrn sterben (das sind in Wirklichkeit alle, die bisher auf diese Weise gestorben sind) stehen am Übergangspunkt zur Glückseligkeit. Das geschieht nicht mehr durch persönliche Befreiung, sondern durch die erste Auferstehung und die Herrschaft mit dem Herrn. Damit wird jede weitere Verfolgung und jeder Tod um Seines Namens willen aufhören. Die Bösen müssen den Sold der Sünde bezahlen und werden durch die Gerichte Gottes vertilgt. Es gibt indessen ab jetzt kein Sterben im Herrn mehr. Als Menschengruppe gesehen werden sie hinfort gesegnet sein (ohne zu sterben). „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: Schreibe: Glückselig die Toten, die im Herrn sterben, von nun an! Ja, spricht der Geist, auf daß sie ruhen von ihren Arbeiten, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Alle solche Sorge und Arbeit ist zu einem Ende gelangt. Der Herr steht im Begriff, die Welt und alle Dinge in Seine Hand zu nehmen.
Folglich haben wir in der nächsten Szene: „Ich sah: und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer gleich dem Sohne des Menschen, welcher auf seinem Haupte eine goldene Krone und in seiner Hand eine scharfe Sichel hatte. Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel hervor und rief dem, der auf der Wolke saß, mit lauter Stimme zu: Schicke deine Sichel und ernte; denn die Stunde des Erntens ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist überreif geworden. Und der auf der Wolke saß, legte seine Sichel an die Erde, und die Erde wurde geerntet.“ (V. 14–16). Es geht hier nicht um Einsammeln. Der Sohn des Menschen wird mit der Krone aus Gold als König der Gerechtigkeit geoffenbart und noch nicht als König des Friedens.
Danach folgt der Abschluß all dieser Szenen. „Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel hervor, der in dem Himmel ist, und auch er hatte eine scharfe Sichel. Und ein anderer Engel, der Gewalt über das Feuer hatte, kam aus dem Altar hervor, und er rief dem, der die scharfe Sichel hatte, mit lautem Schrei zu und sprach: Schicke deine scharfe Sichel und lies die Trauben des Weinstocks der Erde, denn seine Beeren sind reif geworden.“ (V. 17–18). Dieses geht weiter. Zur Ernte geschah der Ruf aus dem Tempel; hier erfolgt er aus dem Tempel, der im Himmel ist. Es handelt sich nicht einfach um Zorn auf der Erde, sondern um Zorn, der vom Himmel kommt. Ein anderer Engel kommt aus dem Altar hervor (das ist der Ort menschlicher Verantwortlichkeit, wo Gott Sich Sündern im Opfer Christi offenbart, indem Er die Sünde richtet, aber in Gnade). Umso schrecklicher ist Gottes Rache über die irdischen Religionisten, welche Christus und das Kreuz in der Tat, wenn nicht sogar im Wort, verwerfen. Der Engel hat Gewalt über das Feuer, dem Zeichen eines enthüllenden und verzehrenden Gerichts. Kurz gesagt: Wir sehen hier die Ernte und die Weinlese – die beiden großen Formen, welche das Gericht am Ende annehmen wird. Die Ernte ist jenes Gericht, das zwischen den Gerechten und Ungerechten unterscheidet; die Weinlese spricht von der Verhängung eines unvermischten Zorns über jede abtrünnige Religion – der „Weinstock der Erde“, der ein Gegenstand von Gottes ganz besonderem Abscheu ist.
Es ist daher klar, daß wir hier sieben unterschiedliche Handlungen sehen, mit denen Gott eingreift, um auf den Wegen abgelegter Zeugnisse – Warnungen an die Welt und Trost für Sein Volk – sich mit den Menschen zu beschäftigen. Zuletzt beurteilt Er die Ergebnisse dieser Zeugnisse, soweit die Lebenden betroffen sind.
Fußnoten
- 1 Siehe englische „King-James-Bible“ und „Luther-Bibel“ bis wenigstens 1960! (Übs.).
- 2 Gemeint ist wohl das England zur damaligen Zeit, obwohl dieser Grundsatz für alle westlichen Staaten galt und gilt. Kelly spricht hier und im folgenden vom Geist des Materialismus, der erstaunlicherweise nicht im Atheismus, sondern im Götzendienst enden wird. (Übs).
- 3 Naturalismus: Lehre, daß es keine jenseitige Welt gibt und daß die uns umgebende Natur, die einzige Wirklichkeit darstellt. (Übs.).