Gottes treuer Diener
Eine Auslegung zum Markusevangelium
Kapitel 16
Das leere Grab (Mk 16,1–8)
(vgl. Mt 28,1–8; Lk 24,1–9; Joh 20,1–10)
„Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalene und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome Gewürzsalben, um zu kommen und ihn zu salben.
Und sehr früh am ersten Tag der Woche kommen sie zu der Gruft, als die Sonne aufgegangen war. Und sie sprachen zueinander: Wer wird uns den Stein von dem Eingang der Gruft wegwälzen? Und als sie aufblickten, sehen sie, dass der Stein weggewälzt ist – er war nämlich sehr groß. Und als sie in die Gruft hineingingen, sahen sie einen Jüngling zur Rechten sitzen, bekleidet mit einem weißen Gewand, und sie entsetzten sich. Er aber spricht zu ihnen: Entsetzt euch nicht; ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten. Aber geht hin, sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er euch vorausgeht nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. Und sie gingen hinaus und flohen von der Gruft. Denn Zittern und Bestürzung hatte sie ergriffen, und sie sagten niemand etwas, denn sie fürchteten sich“ (16,1–8).
Die Auferstehung unseres Erlösers als solche wird von keinem der Evangelisten beschrieben. Nur Matthäus berichtet einiges über die wunderbaren Umstände dieses einmaligen Geschehens (Mt 28,2–4). Wir erfahren nur die Erlebnisse der ersten Zeugen an diesem herrlichen ersten Tag der Woche, an dem der Herr Jesus den Tod zunichte gemacht und Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat (2. Tim 1,10). Dieser Tag – unser heutiger Sonntag – wird deshalb zu Recht schon in der Bibel der „Tag des Herrn“ genannt (Off 1,10).
Wie Lukas berichtet, ruhten die Frauen nach dem Gebot Gottes bis zum nächsten Abend, dem Ende des Sabbats (Samstag). Sie hatten schon am Abend des Rüsttages (Freitag) Gewürzsalben und Salböle zubereitet, aber wohl nicht in ausreichender Menge (Lk 23,56). Als der Sabbat vorüber war, also entsprechend unserer Rechnung am Samstagabend nach Sonnenuntergang, kauften die drei Frauen1, die den Herrn so liebten und doch das Geschehen, dessen Zeuginnen sie waren, noch so wenig verstanden, „wohlriechende Gewürzsalben“, um Seinen Leib damit zu salben (V. 1; Mk 15,40). Ihre Absicht war, am nächsten Morgen sogleich zum Grab zu gehen, um dem Begräbnis des Herrn einen würdigen Abschluss zu geben.
Ohne Zweifel war Maria Magdalene die erste, die am Auferstehungsmorgen noch in der Dunkelheit das Grab allein besuchte und sah, dass der Stein weggerollt war (Joh 20,1). Markus berichtet jedoch nur, was danach geschah. Die anderen Frauen kamen in der Frühe des ersten Wochentags (Sonntag), als die Sonne gerade aufgegangen war, zur Gruft (V. 2). Auf dem Weg zum Grab beschäftigen sie sich voller Sorge mit der Frage, wer ihnen den schweren Stein vom Eingang wegwälzen könne (V. 3). Aber als sie ankamen, sahen sie zu ihrem Erstaunen, dass dies bereits geschehen war (V. 4). Gottes Wort spricht von der großen Macht, die sich bei der Auferweckung Christi offenbarte (Eph 1,19f.). Dazu gehörte auch die Beseitigung des Steins.
Die Frauen gingen daher in die offene Gruft hinein und sahen auf der rechten Seite einen Jüngling in weißem Gewand sitzen, ein Bild der Heiligkeit und Reinheit. Sie reagierten mit Entsetzen. Denn statt des erwarteten Leibes ihres gestorbenen Herrn, dessen Bestattung in dieser Felsenhöhle sie mit eigenen Augen verfolgt hatten, sahen sie einen lebenden Fremden dort sitzen (V. 5). Wie wir aus den anderen Evangelien wissen, handelte es sich um einen der zwei Engel, die den Auftrag von Gott hatten, den Menschen die Auferstehung Seines Sohnes zu bezeugen. Wie Engel die Geburt Jesu verkündeten, so geschah es auch bei diesem zweiten Wunder in Verbindung mit der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Beide Ereignisse waren ja unmittelbare, wunderbare Eingriffe Gottes in das Weltgeschehen. Beide geschahen zum Heil der Menschheit und wurden von himmlischen Boten mit einmaligen Botschaften begleitet (vgl. 1. Tim 3,16).
Der Engel begegnet den entsetzten Frauen in göttlicher Gnade. „Entsetzt euch nicht“ sind seine ersten Worte an sie. Dann fährt er fort mit den Worten „Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten“. Sehr genau bezeichnet er die Person, die sie suchten. Sein Name Jesus („Der Herr ist Rettung“) weist auf die tiefe Erniedrigung des Mensch gewordenen Sohnes Gottes hin. Der Titel „Nazarener“, den der Engel Ihm hier gibt, erinnert an die Verachtung vonseiten der Menschen (Mk 1,24; 10,47; 14,67). Schließlich bezeichnet er Ihn als „den Gekreuzigten“. Ja, Er hatte das Kreuz erduldet, um Verlorene zu retten, Er war gestorben und begraben worden (1. Kor 2,2; 15,3.4). Aber nun war Er aus den Toten auferstanden (Ps 16,10; Jona 2,1; Mt 12,39). Alles dies geschah „nach den Schriften“, in Übereinstimmung mit den Weissagungen des Alten Testaments, jedoch auch mit den eigenen Worten des Herrn (Mk 8,31; 9,31; 10,34). Als Beweis für die Wahrheit seiner Aussagen zeigt der Engel den Frauen den Platz, wo der Herr Jesus gelegen hatte. Der Auferstandene war nicht mehr im Grab (V. 6). Der Sieg war errungen, der Tod zunichte gemacht und Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht (2. Tim 1,10).
Die erschreckten Frauen, die in Glauben und Liebe doch das Richtige getan hatten, als sie „Jesus suchten“, bekamen nun von dem Engel den Auftrag, den Jüngern des Auferstandenen und insbesondere Petrus mitzuteilen, dass Er ihnen nach Galiläa vorausgehen würde und sie Ihn dort sehen würden, wie Er gesagt hatte (V. 7). Dass Petrus, der seinen Herrn so schmählich verleugnet hatte, hier als einziger Jünger genannt wird (und zwar nur in diesem Evangelium), hätten wir wohl am wenigsten erwartet. Doch der Herr Jesus, der treue Diener, wollte damit dem zutiefst niedergeschlagenen Jünger bedeuten, dass Er ihn nicht fallen lassen würde. Welch eine unergründliche Gnade! Aus anderen Schriftstellen wissen wir, dass eine völlige Wiederherstellung bei Petrus erfolgte, so dass er seinen vom Herrn übertragenen Dienst später unbelastet ausführen konnte (vgl. Lk 22,31.32; Joh 21,15–18). Petrus war dann auch der erste der elf Apostel, dem der Herr nach Seiner Auferstehung persönlich begegnete (Lk 24,34; 1. Kor 15,5).
Das Wiedersehen in Galiläa nach Seiner Auferstehung hatte der Herr Seinen Jüngern schon im Obersaal bei der Einsetzung des Gedächtnismahls angekündigt (Mk 14,28). In dieser Gegend hatte Er die längste Zeit gewirkt, während Er in Judäa und Jerusalem die größte Ablehnung und schließlich Seine völlige Verwerfung erfahren hatte. Dort, im „Galiläa der Nationen“ (Mt 4,15), sollte der Dienst der Apostel als Repräsentanten des gläubigen Überrests der Juden fortgeführt werden. Die Jünger, die selbst ja aus Galiläa stammten, sollten dort die Zeugen der Auferstehung des wahren Dieners und Propheten Gottes vor dem Volk sein.
Die immer noch bestürzten Frauen beeilten sich, den Ort zu verlassen, da sie das ganze Geschehen nicht verstanden. Statt sofort die Botschaft des Engels an die Apostel weiterzugeben, flohen sie von der Gruft und sagten vor Furcht zunächst niemand etwas von dieser Begegnung (V. 8). Nachdem sie jedoch dem auferstandenen Herrn begegnet und dadurch überzeugt waren, taten sie es dann doch. Jetzt überwog die Freude über das Eintreffen der Voraussage ihres Herrn, und ihr Verständnis nahm zu (Mt 28,8.9; Lk 24,9). Er hatte Seinen Jüngern, zu denen auch diese Frauen gehörten, alles mehrfach vorhergesagt (Lk 24,8).
Der Schluss: Markus 16,9–20
Die Verse 9–20 fehlen in zwei der ältesten erhaltenen griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Codex Sinaiticus (?/01) und Codex Vaticanus (B/03), beide aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., und in einigen weiteren griechischen Handschriften sowie alten Übersetzungen. Daher halten heute viele Theologen den Schluss des Markusevangeliums für nicht ursprünglich bzw. echt. Aber in der überwältigenden Mehrheit aller Handschriften (dem so genannten „Mehrheitstext“ oder „Textus Receptus“) sind diese Verse enthalten. Abgesehen davon gibt es sehr frühe Zeugen für den längeren Schluss. Die ältesten von ihnen sind der Kirchenvater Irenäus (140–220 n. Chr.) und Tatian in seiner Evangelienharmonie (Diatessaron), die bereits um 170 n. Chr. entstanden ist. Auch Justin der Märtyrer, der um 165 n. Chr. starb, scheint den Abschnitt gekannt zu haben.
Die Herausgeber der wissenschaftlichen Textausgabe des griechischen Neuen Testaments von „Nestle-Aland“ lassen die Textstelle jedoch nicht aus, sondern geben sie komplett wieder. Begründet wird dieser Schritt mit „der Ehrerbietung vor dem offensichtlich hohen Alter des längeren Schlusses und dessen Bedeutung für die Textüberlieferung“.
Es stehen hier also zwei „wissenschaftliche“ Auf-fassungen einander gegenüber. Auf der einen Seite sehen die Theologen den Abschnitt als spätere (und damit „unechte“) Zufügung an. Die Vertreter der wissenschaftlichen Textkritik beurteilen den Abschnitt nicht so negativ. Doch nicht irgendeine wissenschaftliche Beurteilung, sondern die Überzeugung, dass auch dieser Abschnitt zum inspirierten Wort Gottes gehört, veranlasst uns, trotz aller Kritik (die sich besonders auf Inhalt und Stil dieser Verse bezieht) mit bewährten Auslegern wie J. N. Darby, W. Kelly und anderen an der Echtheit dieses Abschnitts des Wortes Gottes festzuhalten.
Die ersten Zeugen (Mk 16,9–13)
(vgl. Lk 24,10–35; Joh 20,14.18)
„Als er aber früh am ersten Tag der Woche auferstanden war, erschien er zuerst Maria Magdalene, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Diese ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren, die trauerten und weinten. Und als jene hörten, dass er lebe und von ihr gesehen worden sei, glaubten sie es nicht.
Danach aber offenbarte er sich zweien von ihnen in einer anderen Gestalt, während sie unterwegs waren, als sie aufs Land gingen. Und diese gingen hin und verkündeten es den Übrigen; auch denen glaubten sie nicht“ (16,9–13).
Die letzten Verse des Kapitels (V. 9–20) enthalten ein Zeugnis anderer Art. Bisher haben wir nur den Beweis der Auferstehung Christi, nämlich das leere Grab, und die Botschaft des Engels an die Frauen gesehen. Nun werden drei der insgesamt fünf Erscheinungen des Herrn an Seinem Auferstehungstag erwähnt. Alle, die Ihn sehen durften, waren „von Gott zuvor erwählte Zeugen“ (Apg 10,41). Kein Ungläubiger hat Ihn nach Seinem Tod gesehen (siehe Anhang Nr. 6).
Zunächst wird hier wie im Johannesevangelium chronologisch korrekt bemerkt, wie der Auferstandene „zuerst Maria Magdalene, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte“, erschien (V. 9). Obwohl ihr Name schon mehrfach gefallen ist (Mk 15,40.47; 16,1), wird durch diesen Zusatz erst jetzt hervorgehoben, was für ein gewaltiges Werk der Diener Gottes schon während Seines Dienstes in Galiläa an ihr vollbracht hatte (Lk 8,2). Er war ja gekommen, um die Werke des Teufels zu vernichten (1. Joh 3,8). Maria Magdalene ist ein herausragendes Beispiel der Macht des wahren Knechts. Diese Tatsache wird dadurch besonders unterstrichen, dass sie die erste ist, der der Herr nach Seiner Auferstehung erscheint. Zugleich ist sie, die den Herrn so liebte, ein weiteres Beispiel für die Wahrheit der Worte des Herrn: „Deswegen sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt“ (Lk 7,47).2
Es muss eine gewisse Beschämung für die Apostel gewesen sein, dass ihr Herr nicht ihnen, sondern dieser gläubigen, treuen Frau zuerst erschien. Von den insgesamt fünf Erscheinungen des Herrn an Seinem Auferstehungstag war diejenige für Maria Magdalene die erste und die für die Elf am Abend die letzte! Maria hatte am Kreuz ausgeharrt bis zuletzt, sie war die Erste am Grab und auch die Erste, die Ihn sehen durfte. Die Apostel hatten Ihn bei Seiner Gefangennahme verlassen, waren geflohen und wollten nicht einmal der Auferstehungsbotschaft Glauben schenken.
Denn als Maria Magdalene „denen, die mit ihm gewesen waren, die trauerten und weinten“, verkündete, dass der Herr lebe und von ihr gesehen worden sei, glaubten sie ihr nicht (V. 10.11). Der Ausdruck „die mit ihm gewesen waren“ umfasst wohl mehr als nur den engeren Kreis der Apostel (vgl. V. 12).
Unverblümt schreiben nicht nur Markus, sondern auch Matthäus, Lukas und Johannes von den Zweifeln und vom Unglauben der Jünger (Mt 28,17; Lk 24,11.41; Joh 20,27). Obwohl diese die Tatsachen nicht leugnen konnten, fehlte ihnen noch das Verständnis dafür, da sie noch immer in ihrer Hoffnung auf die baldige Herrschaft ihres Herrn als König Israels gefangen waren. „Denn sie kannten die Schrift noch nicht, dass er aus den Toten auferstehen musste“ (Joh 20,9). Hier ist das Wort „kannten“ (griech.ēdeisan „kannten“) entscheidend, das die Bedeutung „innerlich bewusst wissen (oder: kennen)“ hat. Sie kannten die Prophetien schon, aber ihre Botschaft verstanden sie noch nicht in ihrem vollen Umfang.
Sodann berichtet Markus kurz von der Begegnung des Herrn Jesus mit den beiden „Emmausgängern“, die bei Lukas einen so breiten Raum einnimmt (V. 12; vgl. Lk 24,13–35). Er nennt die beiden jedoch nur ganz allgemein „zwei von ihnen“, das will wohl sagen, von denen, die in Vers 10 als solche, „die mit ihm gewesen waren“, bezeichnet werden.
Bemerkenswert ist hier der Ausdruck „in einer anderen Gestalt3“. Er zeigt die grundsätzliche Veränderung, die bei der Auferstehung des Herrn an Seinem Leib vorgegangen ist. Bei Seiner Menschwerdung hatte Er einen Leib von „Blut und Fleisch“ angenommen, als Auferstandener spricht Er von Seinem „Fleisch und Gebein“ (Lk 24,39). Es war dieselbe Person, aber in einer anderen, neuen Gestalt, die bei mehreren Gelegenheiten von den Jüngern nicht sofort erkannt wurde. Als Auferstandener gehörte Er bereits dem Himmel an. Er war nicht mehr ständig bei Seinen Jüngern, aber wir erfahren nichts darüber, wo Er sich aufgehalten hat, wenn Er nicht bei ihnen war, indem Er ihnen erschien oder sich ihnen offenbarte.
Die Auferweckung unseres Herrn durch die Herrlichkeit des Vaters war also bereits eine Verwandlung, denn unser Herr stand nicht in dem gleichen Leib auf, in dem Er gestorben war. Er war derselbe, wahrhaftige Jesus, aber jetzt als Auferstandener mit einem geistigen Leib (vgl. 1. Kor 15,44). Über diesen Leib können wir nicht viel sagen. Wir wissen, dass der Herr in den vierzig Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt den Jüngern „erschien“ und durch verschlossene Türen gehen konnte. Aber Er besaß einen wirklichen Leib, in dem Er vor den Augen der Jünger gegessen und getrunken hat (Apg 10,41). Thomas durfte Seine Wundmale betasten (Joh 20,27).
Dieser Leib, in dem der Herr zwischen Seiner Auferstehung und Seiner Himmelfahrt vierzig Tage auf der Erde sichtbar wurde, war noch nicht der „Leib der Herrlichkeit“ (Phil 3,21). Die Verherrlichung war bei Christus die Überkleidung des Auferstehungsleibes mit der himmlischen Herrlichkeit. Diese fand nicht auf der Erde statt, sondern bei Seinem Eintritt in die Herrlichkeit des Himmels (Himmelfahrt). Christus wurde bei dem Vater verherrlicht, wie Er selbst bittet: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Joh 17,5). – Im Fall der Erlösten wird bei der Entrückung beides zugleich erfolgen: Die Toten in Christus werden „auferweckt in Herrlichkeit“ und die Lebenden werden „verwandelt werden“ (1. Kor 15,43.52).
Die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus waren niedergeschlagen von Jerusalem fortgegangen. Als der Herr Jesus ihnen die Schriften und später auch die Augen öffnete, begannen jedoch ihre Herzen zu brennen und sie fassten wieder Mut. Sie eilten nach Jerusalem zurück, um den dort Versammelten die frohe Nachricht zu überbringen. Diese hatten inzwischen von der Begegnung des Auferstandenen mit Petrus gehört (Lk 24,34). Wenn diesen zwei Zeugen laut Markus kein Glaube geschenkt wurde, dann wohl deshalb, weil man sich noch nicht vorstellen konnte, dass der Herr am gleichen Tag Petrus in Jerusalem und den beiden in Emmaus erschienen sei (V. 13).
Der Auferstandene und die Jünger (Mk 16,14–18)
(vgl. Lk 24,36–43; Joh 20,19–23)
„Nachher aber, als sie zu Tisch lagen, offenbarte er sich den Elfen und schalt ihren Unglauben und ihre Herzenshärte, dass sie denen, die ihn auferweckt gesehen hatten, nicht geglaubt hatten. Und er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und predigt der ganzen Schöpfung das Evangelium. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. Diese Zeichen aber werden denen folgen, die glauben: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden und werden Schlangen aufnehmen, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden“ (16,14–18).
Die dritte Erscheinung des Herrn, von der Markus in Vers 14 berichtet, ist wohl die gleiche wie die in Lukas 24,36–43 und Johannes 20,19–23 beschriebene. Nur Markus erwähnt jedoch die Einzelheit, dass dies geschah, während die Elf zu Tisch lagen und aßen. Der Herr musste sie wegen ihres Unglaubens bezüglich Seiner Auferstehung zurechtweisen. Der Grund war, dass sie den Boten, die Ihn als Auferstandenen gesehen hatten, nicht geglaubt hatten. So träge, ja hart waren ihre Herzen.
Die anderen Evangelisten erwähnen noch weitere Ereignisse dieses glorreichen Tages der Auferstehung Jesu Christi aus den Toten. Markus geht auf das alles jedoch nicht ein, weil es von seinem Thema, dem Diener und dem Dienst, ablenken könnte. Übergangslos berichtet er über den Auftrag, den der Herr Jesus kurze Zeit später (das heißt wohl nicht mehr am Abend des Auferstehungstages; vgl. Mt 28,18–20) gerade denen erteilt, die die Zeugnisse über Ihn und Seine Auferstehung nicht geglaubt hatten. Wie wunderbar ist Sein Handeln, durch das Er diese Männer befähigt, anderen Menschen zu predigen! Er macht ihnen zunächst ihren Unglauben angesichts der Botschaft der Auferstehung bewusst und bereitet sie dadurch für den Dienst der Verkündigung zu. Er allein konnte dies tun, und Er tat es auch. Die Grundlage für jeden Dienst, auch heute noch, ist Seine unergründliche Gnade.
„Und er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und predigt der ganzen Schöpfung das Evangelium“ (V. 15). Der „Missionsauftrag“ des Herrn Jesus an Seine Apostel ist hier allumfassend: Es ist die ganze Welt und die ganze Schöpfung, der das Evangelium gepredigt werden soll. Keine Rasse, kein Volk, keine soziale Gruppe, ja niemand ist von der Verkündigung der guten Botschaft Gottes ausgenommen. Alle sind von Natur und durch ihr Tun gleichermaßen verloren, und alle können durch den Glauben gleichermaßen die Gnade und Liebe Gottes erfahren.
Die Durchführung dieses Auftrags kann nur zu zwei möglichen Ergebnissen führen. Entweder die Hörer glauben der Botschaft der Gnade Gottes, werden getauft und errettet, oder sie glauben nicht und werden von dem gleichen Gott für ewig verurteilt oder verdammt (vgl. Mk 14,64, wo dasselbe Verb katakrinein steht). Ist das nicht eine Vorwegnahme der Feststellung, die jeder, der das Evangelium weiterträgt, früher oder später macht? „Der Glaube ist nicht aller Teil“ (2. Thes 3,2).
Die Möglichkeit, die Botschaft der Gnade Gottes anzunehmen, besteht nur während unseres Lebens auf der Erde. Nach dem Tod gibt es diese Möglichkeit nicht mehr, wenn auch heute vermehrt etwas ganz Anderes verkündigt wird. Gottes Wort sagt: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht“ (Heb 3,7.15; 4,7). „Siehe, jetzt ist die wohlangenehme Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils“ (2. Kor 6,2).
Durch einfachen Glauben an den Herrn Jesus kann jeder Mensch für ewig aus der Gewalt der Finsternis und vor der ewigen gerechten Strafe Gottes errettet werden. Paulus sagte zum Kerkermeister in Philippi: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“ (Apg 16,31). Nicht die Stärke des Glaubens oder ein bestimmtes Maß an Kenntnis der Wahrheit ist ausschlaggebend, sondern allein die Aufrichtigkeit des Sünders. Vom Zöllner im Tempel lesen wir nur die Worte: „Der Zöllner aber, von fern stehend, wollte nicht einmal die Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und sprach: O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!“ (Lk 18,13). Er ging nach den Worten des Erlösers gerechtfertigt in sein Haus hinab!
Die Taufe wird in Verbindung mit der Predigt des Evangeliums nicht nur von Markus, sondern auch von Matthäus erwähnt. Dieser fügt noch hinzu, was die christliche Taufe kennzeichnet. Es ist die Wahrheit von der Dreieinheit Gottes. „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Gott ist nun vollkommen offenbart, und diese wunderbare Tatsache soll über jedem ausgesprochen werden, der durch Christus an Ihn glaubt (vgl. 1. Pet 1,21)4.
Der Sünder wird also durch Glauben und Taufe errettet. Der Glaube errettet ihn für die Ewigkeit, nicht aber die Taufe. Diese ist ein äußeres Zeichen der Vereinigung mit Christus, auf Den die Taufe ausgerichtet ist: „Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden sind, auf seinen Tod getauft worden sind? So sind wir nun mit ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod, damit, so wie Christus aus den Toten auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in Neuheit des Lebens wandeln“ (Röm 6,3.4). Die Taufe errettet uns bezüglich unserer Stellung auf der Erde. Durch sie werden wir aus dem verkehrten Geschlecht, in dessen Mitte wir uns als Sünder befinden, heraus gerettet und mit dem gestorbenen Christus gleichsam in Seinem Grab vereinigt. Wir stellen uns in unserem Zeugnis vor der Welt auf die Seite unseres Herrn. Doch ohne Glauben an das Erlösungswerk Christi ist die Taufe wertlos (vgl. Apg 8,12; 18,8). Simon der Zauberer war getauft und doch ewig verloren (Apg 8,13.18–23).
Dass nur der Glaube für ewig errettet, geht aus dem Nachsatz von Vers 16 klar hervor. Wenn es um die ewige Verdammnis geht, ist nur vom fehlenden Glauben, nicht von der fehlenden Taufe die Rede. Nicht die Missachtung eines äußerlichen Rituals, sondern der Unglaube führt zur Verdammnis.
Nur Markus erwähnt in den Versen 17 und 18 die fünf Zeichen, die „denen folgen, die glauben“. Die hier erwähnten Dinge, die Austreibung von Dämonen im Namen des Herrn (vgl. Apg 16,18), das Reden in neuen Sprachen (Apg 2,4), das Aufnehmen von Schlangen (Apg 28,3–6), das Auflegen der Hände (Apg 3,7; 5,12; 28,8) gingen tatsächlich im Leben und Dienst der Apostel in Erfüllung. Nur das Trinken von etwas Tödlichem wird im Neuen Testament nicht berichtet.
Die begleitenden übernatürlichen Zeichen am Anfang der christlichen Epoche oder Haushaltung bestätigten einerseits, dass die Verkündigung des Evangeliums im Auftrag des Herrn Jesus und unter Seiner Autorität geschah. Andererseits waren sie ein deutliches Zeichen der Vernichtung der Macht des Feindes. Da auch Mose beim Auszug des Volkes Israel aus Ägypten von Gott durch Wunder und Zeichen als Diener legitimiert worden war, haben wir ein klares Indiz dafür, dass göttliche Neuanfänge von göttlichen Zeichen begleitet werden. Der Herr spricht hier nämlich nicht wie in Matthäus 28,20 von „allen Tagen bis zur Vollendung des Zeitalters“, sondern von der Zeit des Anfangs. Das ist aus den Worten in Vers 20 zu entnehmen: „... wobei der Herr mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“. Der Schreiber des Briefes an die Hebräer erinnert sich Jahrzehnte nach diesen Worten des Herrn Jesus an die Zeichen: „... eine so große Errettung ..., die den Anfang ihrer Verkündigung durch den Herrn empfangen hat und uns von denen bestätigt worden ist, die es gehört haben, wobei Gott außerdem mitzeugte, sowohl durch Zeichen als durch Wunder und mancherlei Wunderwerke und Austeilungen des Heiligen Geistes nach seinem Willen“ (Heb 2,3.4).
Himmelfahrt Christi und Gehorsam der Jünger (Mk 16,19.20)
(vgl. Lk 24,50–51)
„Der Herr nun wurde, nachdem er mit ihnen geredet hatte, in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. Sie aber gingen aus und predigten überall, wobei der Herr mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“ (16,19–20).
Markus übergeht die Periode von vierzig Tagen, die zwischen Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn lag. Nach dem Missionsauftrag nennt er als einziges Geschehen die Himmelfahrt. Damit beendet er jedoch seine Darstellung des Dienstes des wahren Knechtes Gottes nicht. Abschließend beschreibt er in kurzen Worten die himmlische Fortsetzung Seines auf der Erde begonnenen Dienstes (V. 19.20). Dabei nennt er Ihn zweimal „Herr“, einmal bei Seiner Himmelfahrt und einmal in Verbindung mit Seinem gegenwärtigen Dienst im Himmel. Ja, Er, der auf der Erde der wahre und treue Diener Gottes war, ist jetzt der Herr, und jeder Christ darf schon jetzt freudig bekennen, dass „Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“, wie es einmal jede Zunge – ob freiwillig oder gezwungen – tun wird (Phil 2,11).
„Nachdem er mit ihnen geredet hatte“, war der Dienst des Herrn als Mensch auf der Erde jedoch endgültig beendet. Jetzt wurde der hier Verworfene von Gott „in den Himmel aufgenommen“. Mit dieser Handlung brachte Gott Sein Wohlgefallen an Dem zum Ausdruck, der Ihn hier verherrlicht hatte.
Weiter heißt es: „Der Herr ... setzte sich zur Rechten Gottes“. Während Epheser 1,20 sagt: „Und er [d.i. Gott] setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern“, ist hier der Herr selbst der Handelnde. Zwar ist es wahr: Gott hat den Sohn des Menschen verherrlicht, indem Er Ihm zu Seiner Rechten den Platz der höchsten Ehre, Macht und Herrlichkeit gab. Und doch ist es hier der Herr selbst, der sich zur Rechten Gottes setzt. Nach Vollendung Seines Dienstes auf der Erde hat der vollkommene Diener sich gleichsam zur Ruhe gesetzt. Das Werk der Sühnung ist vollbracht. Nichts braucht mehr hinzugefügt zu werden (siehe Heb 1,3; 8,1; 10,12; 12,2).
Doch der Herr ist auch jetzt nicht untätig, wie der letzte Vers dieses Evangeliums beweist. Er verwendet sich nicht nur für die Seinen (Röm 8,34) und wartet nicht nur, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gemacht werden (Heb 10,13). Sobald die Jünger ausgegangen waren und überall predigten, war der Herr im Himmel zur Rechten Gottes Derjenige, der „mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“. Alles, was sie taten, konnte nur in Abhängigkeit von Ihm geschehen. Doch sie wurden nicht nur durch Seine Kraft gestärkt, sondern Er bestätigte das von ihnen gesprochene Wort durch die darauf folgenden Zeichen. Das war ein mächtiges Zeugnis, wie wir es in den Berichten der Apostelgeschichte – besonders zu Anfang – immer wieder finden (Apg 3,9.10; 4,30.31; 5,12–16 usw.).
Die Zeit des Anfangs mit den „Wunderwerken des zukünftigen Zeitalters“ (Heb 2,4; 6,5) ist zwar vorbei. Aber die Predigt des Evangeliums der Gnade Gottes geht weiter, bis der Herr wiederkommen wird. Dann wird Er die Seinen, die dieser rettenden Botschaft geglaubt haben, in die Herrlichkeit des Vaterhauses heimholen, wo Er für jeden Einzelnen von ihnen eine Stätte bereitet hat. Sie alle werden ewig in ungetrübter Glückseligkeit bei Ihm sein und Ihn sehen, wie Er ist (Joh 14,2.3; 1. Joh 3,2).
Hier auf der Erde war Jesus Christus der Diener Gottes, der Sein Leben als Lösegeld für viele gegeben hat. Jetzt ist Er zur Rechten Gottes als verherrlichter Mensch, der einmal als Herr der Herren und König der Könige erscheinen und über alle Werke Seiner Hände herrschen wird, bevor der herrliche ewige Zustand anbrechen wird, wo Er ewig den Mittelpunkt und den Gegenstand der Anbetung aller Seiner Erlösten bilden wird.
Doch selbst in der Ewigkeit wird Sein Dienst nicht aufhören. Wie es beim Gebot bezüglich des hebräischen Knechts am Schluss heißt: „... und er soll ihm dienen auf ewig“ (2. Mo 21,6), so sagt der Herr Jesus von sich selbst im Gleichnis: „Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich umgürten und sie sich zu Tisch legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen“ (Lk 12,37).
Auch wenn keinerlei Bedürfnisse mehr vorhanden sind, wenn alles vollkommen in Übereinstimmung mit Gott und Seiner Heiligkeit und Liebe ist, wird der Herr Jesus, der wahre Diener, die Seinen alle geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern als Speise des Himmels genießen lassen. Gehört dazu nicht auch das „verborgene Manna“, das Er im Sendschreiben an Pergamus denen zu geben verheißen hat, die überwinden (Off 2,17)? Das Manna ist ein Bild von Ihm selbst, der einst als Mensch auf die Erde herabgekommen ist, um der Welt das Leben zu geben, aber auch, um die Speise der Seinen zu sein (siehe Joh 6). Dann wird unser geliebter Herr in der ungetrübten Herrlichkeit des Himmels das Bild des hebräischen Knechts vollenden, von dem wir lesen, dass er „dienen wird auf ewig“ (2. Mo 21,6).
Fußnoten
- 1 Es ist auffällig, dass die eine Maria in Kapitel 15,40 „die Mutter von Jakobus dem Kleinen und von Joses“, in Vers 47 „die Mutter von Joses“ und hier „die Mutter des Jakobus“ genannt wird.
- 2 Maria Magdalene ist jedoch weder identisch mit der namentlich nicht genannten Frau in Lk 7,37 ff. noch mit Maria von Bethanien.
- 3 Die „andere Gestalt“ (griech. hetera morphē) ist die äußere Form als Ausdruck des inneren Wesens und als Spiegel der wahren Identität. Dies Wort morphē kommt im NT nur dreimal vor, und zwar immer in Bezug auf Christus: in Phil 2,6 und 7 als Sohn Gottes in der Ewigkeit („Gestalt Gottes“) und als Mensch in Niedrigkeit („Knechtsgestalt“), sowie hier in Seinem Auferstehungsleib. Das griech. Adj. heteros bedeutet „anders in seiner Art“, im Unterschied zu allos, das „anders von gleicher Art“ bedeutet.
- 4 Es ist jedoch bemerkenswert, dass wir im NT keine bestimmte „Taufformel“ finden, die unbedingt bei jeder Taufe ausgesprochen werden müsste. In der Apg lesen wir von der Taufe auf den Namen Jesu Christi, auf den Namen des Herrn Jesus (Apg 2,38; 8,16; 19,5) und im Römerbrief von der Taufe auf Christus Jesus und auf Seinen Tod (Röm 6,3.4). Beim Zwang, eine bestimmte Formel zu benutzen, könnte sich leicht ein Streit darüber entzünden, ob eine Taufe „richtig“ oder „falsch“ war. Da wir heute nicht unter einem Gesetz, sondern in der Gnade stehen, besteht eine gewisse Freiheit bei der Wortwahl. Der Name des Herrn Jesus, auf den getauft wird, sollte jedoch unbedingt genannt werden, und es spricht vieles dafür, auch den Namen des dreieinen Gottes dabei zu nennen: Vater, Sohn und Heiliger Geist.