Gottes treuer Diener
Eine Auslegung zum Markusevangelium

Kapitel 7

Gottes treuer Diener

Jesus tadelt die Pharisäer (Mk 7,1–23)

(vgl. Mt 15,1–20)

„Und es versammelten sich bei ihm die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten, die von Jerusalem gekommen waren; und sie sahen einige seiner Jünger mit unreinen, das ist ungewaschenen Händen Brot essen. (Denn die Pharisäer und alle Juden essen nicht, wenn sie sich nicht mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben, und halten so die Überlieferung der Ältesten; und vom Markt kommend, essen sie nicht, wenn sie sich nicht gewaschen haben; und vieles andere gibt es, was sie zu halten übernommen haben: Waschungen der Becher und Krüge und Kupfergefäße und Liegepolster.) Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragen ihn: Warum wandeln deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Ältesten, sondern essen das Brot mit unreinen Händen?

Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.“ Das Gebot Gottes habt ihr aufgegeben, und die Überlieferung der Menschen haltet ihr: Waschungen der Krüge und Becher, und vieles andere dergleichen tut ihr. Und er sprach zu ihnen: Geschickt hebt ihr das Gebot Gottes auf, um eure Überlieferung zu halten. Denn Mose hat gesagt: „Ehre deinen Vater und deine Mutter!“, und: „Wer Vater oder Mutter schmäht, soll des Todes sterben.“ Ihr aber sagt: Wenn ein Mensch zum Vater oder zur Mutter spricht: Korban (das ist eine Gabe) sei das, was irgend dir von mir zunutze kommen könnte. Und so lasst ihr ihn nichts mehr für seinen Vater oder seine Mutter tun, indem ihr das Wort Gottes ungültig macht durch eure Überlieferung, die ihr überliefert habt; und vieles dergleichen tut ihr.

Und als er die Volksmenge wieder herzugerufen hatte, sprach er zu ihnen: Hört mich alle und versteht! Es gibt nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn eingeht, das ihn verunreinigen kann, sondern was von dem Menschen ausgeht, ist es, was den Menschen verunreinigt. Wenn jemand Ohren hat, zu hören, der höre!

Und als er von der Volksmenge weg in ein Haus eintrat, befragten ihn seine Jünger über das Gleichnis. Und er spricht zu ihnen: Seid auch ihr so unverständig? Begreift ihr nicht, dass alles, was von außerhalb in den Menschen eingeht, ihn nicht verunreinigen kann? Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht aus in den Abort – indem er so alle Speisen für rein erklärte. Er sagte aber: Was aus dem Menschen ausgeht, das verunreinigt den Menschen. Denn von innen aus dem Herzen der Menschen gehen hervor die schlechten Gedanken: Hurerei, Dieberei, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, List, Ausschweifung, böses Auge, Lästerung, Hochmut, Torheit; alle diese bösen Dinge gehen von innen aus und verunreinigen den Menschen“ (7,1–23).

Der Herr war von den geistlichen Führern Seines Volkes bereits abgelehnt und verworfen worden (vgl. Kap. 3,6.22). Deshalb lauerten sie nur auf eine Gelegenheit, Ihn anklagen zu können. Wie ernst es ihnen damit war, zeigt die Tatsache, dass nicht nur die örtlichen Pharisäer, sondern auch Schriftgelehrte, die aus Jerusalem nach Galiläa gekommen waren, Ihn beobachteten.

Nun hatten sie gesehen, wie einige der Jünger des Herrn Brot gegessen hatten, ohne sich vorher nach der jüdischen Vorschrift die Hände zu waschen. Das war in ihren Augen ein grober Verstoß gegen ihre Religion und ein willkommener Anlass, Jesus als den dafür verantwortlichen Führer anzugreifen.

Seit der babylonischen Gefangenschaft hatten die Juden viele religiöse Vorschriften entwickelt und aufgestellt, die als Auslegung des von Gott gegebenen Gesetzes dienen sollten, zum Teil jedoch weit darüber hinausgingen und sogar im Widerspruch dazu standen, wie wir in den Versen 9 bis 13 sehen werden. Diese „Überlieferung der Ältesten“, das heißt die Auslegungen der großen Schriftgelehrten (V. 3 und 5) waren in der ersten Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft nur mündlich überliefert worden. Erst in späterer Zeit wurden sie im Talmud schriftlich niedergelegt und werden bis heute von frommen Juden mit großer Ehrfurcht beachtet.

Ein besonderes Kapitel dieser Überlieferung bildeten die verschiedenen Waschungsrituale, die nichts mit Hygiene zu tun hatten, sondern – wohl aufbauend auf Vorschriften wie 2. Mose 30,19 und 3. Mose 15,12 – rein rituelle Zeremonien waren. Sie waren nicht von Gott geboten worden, sondern menschliche Zusätze, wurden aber von den Juden dem Wort Gottes gleichgestellt.

Auf die vorwurfsvolle Frage der Pharisäer und Schriftgelehrten antwortet der Herr Jesus mit einem Zitat aus dem Wort Gottes. Diesen selbsternannten Führern, die das Volk Gottes verführten, kann Er keine Milde und Gnade erweisen, sondern nennt sie „Heuchler“. Jesaja hatte im Auftrag Gottes schon lange vor der babylonischen Gefangenschaft sagen müssen: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren“ (V. 6–7; Jes 29,13). Die „Überlieferung der Ältesten“ war nichts anderes als „Menschengebote“. Das Schlimme daran war, dass das Halten dieser menschlichen Überlieferung einer Beiseitesetzung des Wortes Gottes gleichkam, wie der Herr sogleich an einem Beispiel zeigt. Er erwähnt zwar die verschiedenen Waschungen, die die Ältesten eingeführt hatten (V. 8), geht dann aber sofort auf eine dieser „Überlieferungen der Menschen“ ein, die geradewegs gegen das Wort Gottes verstieß.

Entgegen den in 2. Mose 20,12 und 21,17 niedergelegten göttlichen Geboten für die Kinder, die eigenen Eltern zu ehren und zu achten, konnte ein Jude aufgrund dieser menschlichen Vorschriften zu seinen unterstützungsbedürftigen Eltern sagen, dass die Mittel, die diese benötigten, für Gott bestimmt seien. Die Bedeutung des hebräischen Wortes Korban ist „Opfergabe“. Da eine solche – wenn auch nur vorgeschobene – Bestimmung für den Gottesdienst wichtiger war als alle anderen Bedürfnisse, konnte ein Kind den Eltern die notwendige Unterstützung verweigern, und zwar aufgrund einer Vorschrift, die der Herr jetzt „eure Überlieferung“ nennt (V. 10–13). Damit macht der Herr Jesus den wahren Charakter dieser zunächst so fromm erscheinenden jüdischen Überlieferungen offenbar. – Doch in der Christenheit ist es nicht anders. Wesentliche Traditionen der Kirchen können sich nicht auf das Wort Gottes stützen, sondern widersprechen diesem sogar: Papsttum, kirchliche Organisation und Hierarchie, Ordination von Priestern und Pfarrern, die Lehre von der Wiedergeburt durch die Taufe usw.

Sodann wendet der Herr sich der Volksmenge zu, die unter diesem Joch menschlicher Tradition stand (V. 14). Er erklärt diesen Menschen, dass nichts, was der menschliche Leib aufnimmt, moralisch verunreinigend wirkt, sondern nur das, was aus seinem Inneren hervorkommt. Aber hatte Gott den Israeliten nicht in 3. Mose 11 Speisevorschriften gegeben, die sie zu beachten hatten? Haben nicht auch wir heute nach Apostelgeschichte 15,20 das klare Gebot, kein Blut und Ersticktes zu essen? Hierzu ist zu bemerken, dass keines dieser verbotenen Dinge an sich verunreinigend wirkt. Aber da Gott ihren Genuss verboten hat, war und ist es Ungehorsam, Eigenwille und somit Sünde, sich über diese göttlichen Vorschriften hinwegzusetzen. Die Verunreinigung entsteht also auch in diesem Fall nicht durch das Blut oder das Erstickte an sich, sondern durch die Übertretung eines eindeutigen Gebotes Gottes und kommt damit aus dem bösen und arglistigen Herzen des Menschen hervor (V. 15.16; vgl. Jer 17,9).

Wie beharrlich der Mensch an einmal übernommenen Überlieferungen festhält, wird durch die Frage der Jünger deutlich, der dritten Gruppe, der der Herr diesen Sachverhalt erklären muss, nachdem Er in ein Haus (siehe Kap. 3,20) eingetreten ist. Die Speisen, die der Mensch verzehrt, gehen nicht in sein Herz, das Zentrum des „inneren Menschen“, hinein, sondern werden vom Leib wieder ausgeschieden, wenn sie verdaut sind. An und für sich können sie den Menschen nicht geistlich verunreinigen. Der etwas rätselhafte Ausdruck „reinigend alle Speisen“ im Grundtext von Vers 19 bedeutet mit höchster Wahrscheinlichkeit, dass Markus hier die Schlussfolgerung zieht, der Herr Jesus habe mit Seinen Worten alle Speisen für rein erklärt.

Wenn der Mensch sich verunreinigt, dann geschieht dies durch das Herz, den Sitz des Willens und der Entscheidungen. Daraus kommen nämlich die bösen Gedanken hervor, die sich in Hurerei, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, List, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut und Torheit manifestieren können (V. 17–22).1 Wie wichtig ist es daher, auf unser Herz und seine Regungen zu achten! „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens.“ (Spr 4,23)! Wenn unser Herz auf den Herrn Jesus und die Erfüllung Seines Willens ausgerichtet ist, wird auch unser äußerer Wandel ein Zeugnis für Ihn sein.

Die Tochter der syrophönizischen Frau (Mk 7,24–30)

(vgl. Mt 15,21–28)

„Er brach aber von dort auf und ging weg in das Gebiet von Tyrus und Sidon; und als er in ein Haus eingetreten war, wollte er, dass niemand es erfahre; und er konnte nicht verborgen bleiben. Vielmehr hörte sogleich eine Frau von ihm, deren Töchterchen einen unreinen Geist hatte, und sie kam und fiel nieder zu seinen Füßen. Die Frau aber war eine Griechin, eine Syro-Phönizierin von Geburt; und sie bat ihn, dass er den Dämon von ihrer Tochter austreibe. Und er sprach zu ihr: Lass zuerst die Kinder gesättigt werden, denn es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen. Sie aber antwortete und sprach zu ihm: Ja, Herr; und doch fressen die Hunde unter dem Tisch von den Brotkrumen der Kinder. Und er sprach zu ihr: Um dieses Wortes willen geh hin; der Dämon ist von deiner Tochter ausgefahren. Und sie ging hin in ihr Haus und fand das Kind auf dem Bett liegen und den Dämon ausgefahren“ (7,24–30).

Von Galiläa begibt der wahre Diener sich nun in die Gegend von Tyrus und Sidon, ein von Phöniziern (d. h. Kanaanitern) bewohntes Küstengebiet nordwestlich des damaligen Palästina. Hier suchte Er, der doch so tätig war, wie so manches Mal die Stille, denn Er wollte nicht, dass es jemand erführe, in welchem Haus Er war (siehe Kap. 3,20). Diese stillen Momente mit Seinem Gott und Vater bereitete Er manchmal auch Seinen Jüngern, die – wie wir auch – lernen mussten, dass ein nützlicher Diener in der Öffentlichkeit nicht mehr für Gott sein kann, als was er in der Stille vor Gott ist. Doch konnte Jesus auch hier auf die Dauer nicht verborgen bleiben. Eine griechische, also heidnische Frau aus der dortigen Gegend, deren kleine Tochter von einem unreinen Geist besessen war, kommt „sogleich“, wirft sich Ihm huldigend zu Füßen und bittet Ihn, den Dämon von jener auszutreiben.

Die Antwort des Herrn ist zunächst erstaunlich. Er, der immer ein offenes Ohr und Herz für die Notleidenden hat, entgegnet auf die Bitte der Frau: „Lass zuerst die Kinder gesättigt werden, denn es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen“ (V. 27). Aber in der Parallelstelle in Matthäus 15,24 hat Er schon vorher die Erklärung gegeben mit den Worten: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.“ Die „Kinder“ waren also die Angehörigen des irdischen Volkes Gottes, während mit den „Hunden“ die heidnischen Nationen gemeint sind, die ohne Gott in der Welt waren (siehe Eph 2,11–12). Aber diese arme Frau war sich nicht nur ihrer eigenen Not (die zugleich die ihrer Tochter war) bewusst, sondern auch der großen Güte Gottes. Sie wusste zwar, dass sie nicht zum auserwählten Volk gehörte und keinerlei Ansprüche zu stellen hatte, aber ihr Glaube an die Güte und Gnade Gottes schob jede andere Überlegung beiseite. Wenn Gott Seinen „Kindern“ Brot gab, dann konnte Er auch den „Hunden“ Brotkrumen davon zukommen lassen! Ein solcher Glaube wird von dem Herrn Jesus reichlich belohnt. Zu Hause angekommen, findet sie das Kind frei von dem Dämon und aller Unruhe friedlich und still auf seinem Bett liegen (V. 30; vgl. Kap. 5,2–5).

Heilung des Tauben, der schwer redete (Mk 7,31–37)

„Und als er aus dem Gebiet von Tyrus und Sidon wieder weggegangen war, kam er an den See von Galiläa, mitten durch das Gebiet der Dekapolis. Und sie bringen einen Tauben zu ihm, der auch schwer redete, und bitten ihn, dass er ihm die Hand auflege. Und er nahm ihn von der Volksmenge weg für sich allein und legte seine Finger in seine Ohren; und er spie und rührte seine Zunge an; und zum Himmel aufblickend, seufzte er und spricht zu ihm: Ephata!, das ist: Werde aufgetan! Und sogleich wurden seine Ohren aufgetan, und das Band seiner Zunge wurde gelöst, und er redete richtig. Und er gebot ihnen, dass sie es niemand sagen sollten. Je mehr er es ihnen aber gebot, desto mehr machten sie es übermäßig kund; und sie waren überaus erstaunt und sprachen: Er hat alles wohlgemacht; er macht sowohl die Tauben hören als auch die Stummen reden“ (7,31–37).

Nach Seiner Rückkehr aus dem Gebiet von Tyrus und Sidon (siehe V. 24) gelangt der Herr Jesus auf die Ostseite des Sees von Tiberias und damit wieder in den Bereich der Dekapolis, ein Gebiet von zehn Städten, das stark von heidnisch-griechischer Kultur geprägt war. Hier, wo Ihn die Menschen kurz zuvor gebeten hatten, ihre Gegend zu verlassen (Kap. 5,17–20), tut Er das erste der beiden Wunder, die nur Markus erwähnt (vgl. Kap. 8,22–26). Menschen führen Ihm einen tauben Menschen zu, der kaum sprechen kann2, aber von Ihm, der die Gnade und die Wahrheit Gottes offenbart hat, vollkommen geheilt wird.

Was für ein Bild des natürlichen Menschen – sei er nun Jude oder von den Nationen –, aber auch eines weltlich gesinnten und fleischlichen Christen, haben wir hier vor uns! Die Ohren sind unfähig, dem Wort Gottes zu lauschen und zu „gehorchen“, und sein Mund kann weder ein klares Zeugnis von Ihm ablegen noch Ihn preisen. Nur der Herr kann hier helfen.

Er vollzieht die Heilung in sieben Schritten, die symbolisch von göttlicher Vollkommenheit sprechen. Zunächst sondert Er diesen bedauernswerten Mann vom Getriebe der Menge ab und nimmt ihn ganz beiseite (1). Nur in der Stille kann Er hier Sein Werk der Heilung tun. Dann legt Er, der selbst der hörende und gehorsame Diener Gottes ist (vgl. Ps 40,7; Jes 50,5; 2. Mo 21,6; Phil 2,8), ihm Seine Finger in die Ohren, den Ursprung all seines Elends (2). War nicht die erste Sünde der Menschheit der Ungehorsam, das Nicht-Hören-Wollen auf Gottes Gebot? Floh und versteckte das erste Menschenpaar sich nicht, als es die Stimme Gottes hörte (1. Mo 3)? Die heiligende und heilende Hand Jesu Christi kann den Menschen von seinem Ungehorsam befreien und zum Glaubensgehorsam führen (siehe Röm 1,5; 16,26).

Sodann benutzt Er Seinen eigenen Speichel (3) und rührt (4) die Zunge des Mannes an (vgl. Kap. 8,23; Joh 9,6). Nur dieser symbolische „Ausfluss“ Seines eigenen Wesens, der in der Welt jedoch der Ausdruck von Schmach und Schande ist, kann dem, der so „schwer redete“, helfen (siehe Jes 50,6; Mk 14,65; 15,19; 1. Kor 1,23.24)! Die Gemeinschaft und der Segen des Herrn können nicht ohne die Verachtung vonseiten der Menschen genossen werden! Er ist der „lebendige Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar“ (1. Pet 2,4). Wenn wir mit Ihm im Heiligtum sein wollen, dann müssen wir auch mit Ihm außerhalb des Lagers stehen und Seine Schmach tragen (Heb 13,11–13).

Der allezeit abhängige Diener Gottes blickt (5) auch in diesem Augenblick zu Seinem Gott im Himmel empor (vgl. Kap. 6,41). Er seufzt (6) über die Macht der Sünde und deren Folgen, denen Er hier begegnet. Aber sehen wir in Seinem Seufzen nicht auch, dass nicht nur Seine Schöpferallmacht bei dieser Heilung wirkt, sondern dass Er zutiefst persönlich daran beteiligt ist? Er hat in vollkommenem Mitgefühl die Leiden und Schmerzen Seines irdischen Volkes auf sich geladen (siehe Jes 53,4). Dann spricht Er das aramäische Wort „Ephata“, das ist: „Werde aufgetan!“ (7). „Sogleich“ erfährt dieser Mensch, dass seine Ohren zum Hören und Gehorchen und sein Mund zum Sprechen geöffnet werden. Das erste Wort, das der „Patient“ hört, kommt aus dem Mund des Heilands! Und erst jetzt, wo er Ihn kennengelernt hat und geheilt ist, kann er „richtig“ reden! Was für ein Licht werfen diese Bemerkungen auf das Leben und das Reden von uns Menschen!

Immer wieder sehen wir in diesem Evangelium, dass der Herr Jesus gebietet, nicht von Ihm zu reden (siehe Kap. 1,34; 5,43; 7,36; 8,30; 9,9). Warum? Dämonen erlaubte Er es nicht, weil Er kein Zeugnis wünschte, das nicht von Gott ausging. In anderen Fällen entspricht es dem Charakter des Evangeliums, das Ihn als den demütigen Diener Gottes beschreibt. Schließlich kommt darin auch die Tatsache zum Ausdruck, dass Er als Messias von Seinem irdischen Volk verworfen war und von diesem kein Zeugnis erwartete. – Doch die Menschen sind so beeindruckt von Seiner Wundertat, dass sie immer mehr davon reden. Ja, „er hat alles wohl gemacht“.

Fußnoten

  • 1 Die beiden letzten der insgesamt 12 verunreinigenden Dinge, Hochmut und Torheit, sind oft auch wesentliche Faktoren bei der so ernsten Verunreinigung durch Verbindung mit Bösem, die von manchen Christen abgestritten bzw. bagatellisiert wird. Ein Christ, der meint, mit jedem und allem Gemeinschaft haben zu können, ohne sich dadurch zu verunreinigen, handelt in Hochmut oder Torheit gegenüber dem Herrn Jesus, dem Haupt Seiner Versammlung (s. 1. Tim 5,22; 2. Joh 10).
  • 2 Das griech. Adjektiv mogilalos („stumm“, eig. „mit Schwierigkeit redend“) kommt nur hier im NT vor. Die griech. Übersetzung des AT, die Septuaginta, benutzt es in Jes 35,6, wo es im Blick auf das Tausendjährige Reich heißt: „Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch, und jubeln wird die Zunge des Stummen“ – ein Hinweis darauf, dass die Taten des Herrn Jesus als „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ (Heb 6,5), als Vorgeschmack auf jene gesegnete zukünftige Zeit zu betrachten sind.
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