Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 107
Nach einleitenden Worten (Verse 1 bis 3) schildert der Psalm zunächst in vier Abschnitten, dass Menschen in Todesgefahr kamen und dadurch zur Umkehr zu Gott geführt wurden. In ihrer Angst riefen sie zu Ihm um Hilfe. Daraufhin lernten sie Ihn als den barmherzigen Gott kennen, der das aufrichtige Gebet erhört. Aus ihrer aussichtslosen Lage, als an Selbsthilfe nicht mehr zu denken war, hat der HERR sie durch Sein Eingreifen befreit. Diese Geretteten haben Gottes Allmacht und Weisheit auf wunderbare Weise erfahren. Dabei ist ihnen klar geworden, dass Seine Güte und Seine mächtige Hand das Ausweglose ihrer Situation herbeigeführt hatte, um sie über ihren Herzenszustand zu belehren und ihnen geistliche Einsicht zu schenken. Gott möchte erreichen, dass Menschen, die Ihm bis dahin gleichgültig gegenüberstanden, in ihrer Notlage Hilfe bei Ihm suchen. Ihr dringendes Bitten um Rettung beweist, dass sie Ihm Vertrauen entgegenbringen. Daraufhin erleben sie unbegreifliche Wundertaten Seiner Güte und kommen als Gerettete zur Ruhe. Im Glauben an Ihn und im Verstehen der Güte Gottes finden sie innerlich Frieden und dies nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft und im ewigen Wohnen bei Ihm.
Die im Verlauf des Psalms geschilderten Notsituationen in der Wüste ohne Wohnstadt und rechten Weg, unter großen Entbehrungen und in Gefangenschaft, lassen darauf schließen, dass der Psalm in mancher Hinsicht die vergangene Geschichte Israels im Blickfeld hat. Einiges deutet darüber hinaus prophetisch auf die Zukunft des Volkes hin. Deutlicher noch wird der Bezug auf Israel dadurch sichtbar, dass Gott hier namentlich fast immer als der HERR, Israels Bundesgott Jahwe, auftritt. Die durchweg allgemein gehaltene Abfassung verfolgt das Ziel, dass viele Menschen sich in den aufgezählten Nöten wiederfinden sollen und in schwieriger Situation freimütig den Gott Israels als gnädigen Helfer und Erretter kennenlernen, um Ihn hinfort auch als den Schöpfer und als Lenker aller Geschicke anzuerkennen. Die wechselvolle, über einen beispiellos langen Zeitraum hin bekannte Geschichte Israels gibt allen Völkern und Zeiten ein Beispiel dafür, wie Gott in heiliger und richtender Weise, aber auch voller Erbarmen in die Zeitläufe und Schicksale der Menschen eingreift. Da sie ohne Ausnahme Seine Geschöpfe sind, ist Ihm niemand gleichgültig.
Indessen steht bei allen Schilderungen die Verherrlichung Gottes im Vordergrund. Alle Dinge dienen Ihm und müssen zu Seinem Ruhm ausschlagen (Vers 1; Ps 100,5; 103,17; 118,1). In fesselnder Weise stellt der Psalm Notfälle vor, wie sie seit jeher im Leben der Menschen vorgekommen sind. Der Mensch lebt in einem Umfeld, das unversehens zu einer tödlichen Bedrohung werden kann. Doch für diese Vorkommnisse hat Er das erforderliche Heilmittel. In jeder Ausweglosigkeit vermag der Allmächtige zu helfen. Es macht Ihm geradezu Freude, die Bedrohten mit mächtiger Hand zu retten (Verse 2 und 3). Gleich zu Anfang tritt das Ziel des Psalms deutlich hervor: die Geretteten sollen die erlebte Angst nicht verdrängen und vergessen, sondern als Erlöste des HERRN sollen sie die Not und besonders den Höhepunkt der Gefahr rückblickend mit Dankbarkeit überdenken, um dann Seine Güte und Sein Lob zu verkünden. Denn um dieses Ergebnisses willen hat Gott sie aus der Gewalt der bedrängenden Umstände befreit.
Der erste Abschnitt der Erlebnisberichte umfasst die Verse 4 bis 9. Hier ist das Volk (die Irrenden) der Verzweiflung nahe, es ist den Umständen ausgeliefert und wird zu ihrem Spielball. Die Wüste ist durch Mangel jeder Art gekennzeichnet, es fehlt an Wegen und geeigneten Aufenthaltsorten (Verse 4 und 5; Vers 40). Mit dem Verlust des Weges und der Richtung hat man zugleich das Ziel verloren. Man fühlt sich einsam und verlassen. Darunter leidet nicht nur der Körper Schaden, sondern auch das Gemüt. Den hilflos Umherirrenden und Mutlosen überkommt das Bewusstsein seines Elends mit Macht, er sehnt sich nach einer Änderung der äußeren Umstände und nach Ermutigung für seine Seele. Nun steht er Gott gegenüber als dem, der allein noch helfen kann. Den Tod unausweichlich vor Augen, wirft er sich Ihm in die Arme, es steht ihm kein anderer Ausweg mehr offen (Vers 6). Gott allein kann den Wandel schaffen, nur Er hat das Nötige zur Verfügung. Die Seele erinnert sich an Seine Barmherzigkeit und vertraut auf Seine Hilfsbereitschaft. Gottes Wort sichert dies jedem zu, der um Hilfe ruft, und wer Ihm glaubt und auf Ihn vertraut, erhält alles, was er für Leib, Seele und Geist bedarf. Doch Gottes Hilfe muss bewusst und in Demut in Anspruch genommen werden. Seine Gnade führt dann auf den rechten Weg und im Ziel zu einer ewig sicheren Wohnstadt (Vers 7; 2. Mo 13,20–22; 14,31; Esra 8,21; Klgl 3,55–57). Das Erkennen des Allmächtigen, die Einsicht, dass Er alle Umstände zu lenken vermag, insbesondere auch, dass Er sich erbarmte und die Rettung bewirkt hat, macht die Befreiten zu dankbaren Anbetern (Verse 8 und 9; Jes 25,1). Die Güte und Freundlichkeit Gottes haben sich an ihnen durch Seine Wundertaten kundgetan, und der Reichtum Seiner Gnade ist ihnen bewusst geworden. Dieses Wissen wird sie fortan begleiten und ihren Glauben stärken (Ps 34,9–11; Jer 31,25; Lk 1,53). „Der in Finsternis wandelt und dem kein Licht glänzt, vertraue auf den Namen des HERRN“ (Jes 50,10).
Der zweite Abschnitt der Erlebnisberichte umfasst die Verse 10 bis 16. Er spricht von Gefesselten, die hinter ehernen Türen und eisernen Riegeln in Gewahrsam gehalten werden, die ihre Tage hoffnungslos in Erwartung eines elenden Todes zubringen müssen, anstatt ein normales Leben in Freiheit zu genießen (Hiob 36,8–12; Jes 9,1). Zu Recht waren sie in diese Lage gekommen, denn als fortwährend Widerspenstige hatten sie sich gegen die Worte Gottes aufgelehnt und Seinen Rat abgewiesen, der ihnen den guten Weg aufzeigte und sie zu wahrem Glück geführt hätte. In der Vergangenheit hatte Israels sich dieserhalb verschuldet und Gott hatte das Volk deswegen in die Gefangenschaft führen lassen (Vers 11; 2. Kön 17; 2. Chr 36,16f; Spr 13,13; Jes 5,24f; 31,1f; Klgl 1,20; Hes 7). Israel hatte seinen Gott verachtet und war dem Götzendienst und anderen Verfehlungen verfallen. Darum züchtigte Er das Volk und brachte Strafe über sie (5. Mo 28,64–68). Mit der Bestrafung verband sich der Zweck, sie zur Beugung und Demütigung zu führen, damit sie zum Schuldbewusstsein vor Ihm als ihrem Richter gelangten (Vers 12). Auf eine vergleichbare Weise sind alle Menschen in die Knechtschaft Satans, des Feindes Gottes und der Menschen, geraten. Sie leben in Wirklichkeit in Finsternis und Todesschatten. Sie alle gleichen hilflosen Gefangenen, die sich selbst nicht von ihrer Schuld und aus den Ketten Satans befreien können. Nur der höchste Richter Selbst kann „die eisernen Riegel zerschlagen“ (Vers 16) und die Türen des Gefängnisses öffnen. Er stellt dies aber unter die Bedingung, dass der Mensch seine Sünden bekennt und Ihn um Hilfe anruft. Dasselbe gilt für Israel als Volk. Auf ihre Demütigung hin führt Er sie in die Freiheit und ins Licht. Vom Tod und von den Fesseln des Feindes sind sie fortan befreit und werden zu Anbetern, die sich ihrer Erlösung erfreuen und den HERRN ehren (Verse 12 bis 16; Ps 68,7; 146,7; Jes 45,2; 49,9f; 61,1f; Jer 30,8). Es ist offenbar Gottes Freude, Gefangene zu befreien, Fesseln und Ketten zu sprengen und Menschen, die sich zu Ihm wenden, in die Freiheit zu führen.
In dem dritten Bericht (Verse 17 bis 22) ist wie im vorigen Abschnitt die Sünde die Ursache der notvollen Lage. Statt die göttlichen Gebote zu befolgen, wählen die Toren den eigenwilligen Weg der Übertretungen des Gesetzes und der Ungerechtigkeiten (Vers 17). Doch auf der Sünde, die Satan als Urheber in die Welt gebracht hat, lastet der Fluch Gottes, der sich auswirkt in Krankheit und Unglück bis hin zum Tod (Vers 18). Mit Bestrafungen, die das Böse in die Schranken weisen, tritt die göttliche Regierung vom Himmel her dem Überhandnehmen der Sünde in der Welt entgegen. Das Volk Israel hat in besonderem Maß das züchtigende Eingreifen des HERRN erfahren müssen (5. Mo 28,15–35; Jes 5,12–16; Jer 2,14–19; Hos 4,6–14). Die angeführten Schriftstellen belegen, dass Gott als Richter über die Sünde und als Lenker aller Geschicke die Übertreter Seiner Gebote mit körperlichem und geistigem Niedergang bestraft, um sie zur Einsicht zu bringen (Verse 17 und 18). Wenn sie ihre Sünde als die eigentliche Ursache ihrer Not erkennen, zu Ihm umkehren und Ihn um Errettung bitten, wird Er sie erhören. Gerne gewährt Er ihnen Heilung und Befreiung, obwohl sie Ihn vorher durch ihre Vergehungen erzürnt hatten. Denn das Ziel Seiner Zuchtmaßnahme ist erreicht worden. Ihr Hilferuf hat bewiesen, dass sie Ihm Vertrauen entgegenbringen (Vers 19a; Jer 33,2–9; Hos 14,1–4; Röm 10,13). Wenn jemand den Herrn im Vertrauen auf Seine Barmherzigkeit um Befreiung und Rettung bat, schenkte Er ihm Gehör und befreite ihn von seiner Not (Vers 19b). Jesus Christus freut Sich über jeden, der durch die Umkehr zu Ihm dem ewigen Tod entgeht, denn um zu heilen und zu retten ist Er in diese Welt gekommen. Von Gott dem Vater war Er gesandt worden, um Seine Liebe zu offenbaren. Die Gnade und die ewige Wahrheit sind durch Christus auf diese Erde herabgekommen. Als das Fleisch gewordene Wort Gottes wohnte Er unter den Menschen (Joh 1,1–3). Er offenbarte die Herrlichkeit Gottes in Seiner Person (Vers 20; Joh 1,9.14.17). Wenn Gott ein Wort sendet (Vers 20), dann ist dies immer eine Bekundung Seines Willens, die Gehorsam verlangt. Es handelt sich um einen Befehl, dem nichts entgegengesetzt werden darf (Ps 147,15.18; Jes 55,11). Viele bußfertige Menschen haben sich unter Sein Wort gebeugt und haben ihm gehorcht. Nach Seinem Willen und durch Sein Wort sind sie von ihrer Schuld befreit worden. Nun preisen sie Seine Gnade und danken Ihm für das Wunder ihrer Errettung und für ihr ewiges Heil. Ihrem Retter opfern sie ewiges Lob (Verse 21 und 22; Hiob 33,27f; Ps 116,6; Heb 13,15; Off 4,10; 5,8–14).
Auch im vierten Abschnitt (Verse 23 bis 32) haben die beschriebene Notlage und ihre Überwindung beispielhaften Charakter. Der Vergleich eines bewegten Menschenlebens mit einer Überfahrt auf stürmischer See ist nicht ungewöhnlich (Ps 46,3f; 93,3f; Mk 6,45–51). Doch warum wollen die meisten Menschen selbst angesichts größter Gefahr für ihr Überleben nicht wahrhaben, dass sie sich an Gott wenden müssen, um errettet zu werden? Sie verhalten sich so, als ob ihr Dasein gar nicht bedroht wäre. Sie leben gleichgültig dahin und bedenken nicht, dass die gegenwärtige friedliche Ruhe des Meeres, das sie, bildlich gesprochen, auf ihrem Lebensweg zu überqueren haben, täuschend wirkt. Wie selbstverständlich fahren sie mit Schiffen aufs Meer hinaus, um Handel zu treiben (Vers 23). Doch durch plötzlich aufkommenden heftigen Sturm und die aufgepeitschten Wellen geraten das Schiff und seine Mannschaft in Seenot (Vers 26). Wie einen Spielball tragen die Wellen das Schiff empor und werfen es gleich darauf ins Wellental hinab. Genauso empfindet es die durch Nöte und Ängste geplagte Seele. Durch das fortwährende Auf und Ab sinkt der Mut, die Widerstandskraft lässt nach, die Seele taumelt und schwankt ähnlich wie das nicht mehr zu steuernde Schiff. Der Gewalt der übermächtigen Umstände hat man schließlich nichts mehr entgegenzusetzen. Der Mensch sieht sich ihnen preisgegeben und befürchtet, dass es aus diesen abgründigen Tiefen kein Entrinnen gibt (Verse 26 bis 28). Daher nimmt die Mutlosigkeit zu. Zuletzt geht jede Hoffnung auf ein gutes Davonkommen verloren (Vers 27). Wie das Schiff im Aufruhr der Naturelemente, so ist dann der Lebensablauf kaum mehr in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen.
Mit menschlicher Weisheit zu Ende gekommen, wendet sich der Hilflose in größter Not an den HERRN, und Er führt ihn aus seiner Drangsal heraus, indem Er den Sturm in Stille verwandelt, so dass sich die Wellen legen (Verse 28 und 29; Ps 65,8; 89,10; Jes 54,11–14; Lk 8,24f). So kommt der Bedrängte zu der Einsicht, dass der von Gott gesandte Sturm nicht zum Ziel hatte, den leidenden Menschen umkommen zu lassen, sondern ihn zur Einsicht zu bringen. Gott wollte seinen Eigenwillen und seine Kraft brechen, um sein hartes Herz für Seine Hilfe aufzuschließen und ihn die Macht und Weisheit Gottes erkennen lassen. Zugleich offenbart Gott Seine Barmherzigkeit gegenüber dem Hilflosen, der Zuflucht zu Ihm genommen hat. Der HERR bewirkt, dass er zur Ruhe gelangt in der von Ihm bereitgestellten Zuflucht, in dem „ersehnten Hafen“ (Vers 30). Wahre Ruhe ist eingekehrt, nachdem der Bedrängte sich vor Gott gedemütigt hat, an Ihn glaubt und Ihm gehorcht (Heb 4,1.9). So lässt Gott das Zeitgeschehen und die Ereignisse im Leben des Einzelnen zum Offenbarwerden Seiner Weisheit und Liebe gereichen. Seine „Wundertaten an den Menschenkindern“ werden ein Anlass zum ewigen Lob Gottes (Vers 31). Die Erwähnung der „Versammlung des Volkes“ und der „Sitzung der Ältesten“ in Vers 32 als eine den HERRN lobende Gemeinschaft weist darauf hin, dass mit der Überfahrt über das aufgewühlte Meer und mit dem Erreichen des Hafens auch die Geschichte des Volkes Israel angesprochen ist, speziell die noch zukünftige Rückführung der glaubenden Juden in ihr Land, zu der sie gemäß der Prophezeiung des Verses 3 aus allen Ländern der Erde gesammelt werden. Denn dort ist ihnen nach langer, beschwerlicher Reise von dem HERRN ein,Hafen', eine ewige Wohnstadt als Ruheort bereitet (Verse 30 bis 32; Jes 25,1; 26,1; 33,20ff).
Nachdem in vier Abschnitten die Rettung Notleidender beschrieben wurde, und dazu der Weg, auf dem diese zu Anbetern Gottes wurden, spricht der letzte Teil des Psalms zunächst vom Handeln Gottes zum Segen derer, die Ihn erkannt haben, und zum Schluss von der Bestrafung solcher, die Ihn verachten. Der HERR sorgt in Liebe für die große Zahl derer, die in aufrichtigem Glauben und Gehorsam zu Ihm umgekehrt sind. Er hat eine vollkommen geeignete Stadt und ein sehr fruchtbares Land für sie geschaffen, wo sie friedlich unter Seinem Segen in ewiger Freude wohnen werden. Von diesem noch zukünftigen Geschehen sprechen vorausschauend die Verse 33 bis 43 (5. Mo 28,1–12; 1. Kön 8,46–53; Jer 31,23–28; 32,36–41). Zum einen lässt Gott ertragreiche Gebiete der Erde zu unfruchtbarer Steppenlandschaft und zur Wüste werden „wegen der Bosheit derer, die darin wohnen“ (Verse 33 und 34; 1. Mo 19,25; 5. Mo 28,15–24; Jes 50,2; Jer 22,8f). Zum anderen macht Er für solche, die Ihn ehren, unwirtliche Gebiete zu blühenden Landschaften (Verse 35 bis 38).
„Nachdem der Herr einen Sünder zu sich gezogen hat, überlässt Er ihn nicht sich selber. Wohl besitzt ein solcher Frieden mit Gott durch den Glauben an den Herrn Jesus, aber er hat sich selber noch nicht kennen gelernt. Und diese Erkenntnis ist ein notwendiges Stück der Erziehung Gottes an Seinen Kindern. Er will, dass sie erkennen, was in ihrem Herzen ist; (vgl. 2. Chr 32, 31). In den Tagen des Wohlergehens ist es verhältnismäßig leicht, den Weg des Glaubens zu gehen; wie ist es aber, wenn „Ströme zur Wüste werden, und Wasserquellen zu dürrem Land“ – mit andern Worten, wenn Prüfungen über einen kommen und der Ruf nach Befreiung nicht sofort erhört wird? Wie gut ist es da, zu wissen, dass Gott Seine Hand darin hat, sowohl im Gedeihen als auch in der Dürre, und zwar stets zu unserm Besten (Grobéty)!“ Segen oder Fluch, gutes Gedeihen oder Niedergang nehmen ihren Lauf aufgrund Seines gerechten Urteilens (Ps 37,34–38). Seine Entscheidungen lassen einerseits Seine Heiligkeit und andererseits Seine Liebe hervortreten. Wer weise ist unter den Menschen, wird dies beachten (Vers 43; Jer 9,12f; Hos 14,10); er wird verstehen, auf welche Weise das menschliche Verhalten die Fügungen Gottes beeinflusst. Die Weisen rechnen immer mit Gott und stellen fest, dass böse Taten die Strafe Gottes nach sich ziehen. Weil sie Ihn kennen, wissen sie, was Sein Wohlgefallen findet und Segen zur Folge hat. „Alle Gottlosen werden es nicht verstehen, die Verständigen aber werden es verstehen“ (Dan 12,10). „Der Kluge achtet auf seine Schritte. Der Weise fürchtet sich und meidet das Böse“ (Spr 14,15.16). „Wer aber sein Herz verhärtet, wird ins Unglück fallen“ (Spr 28,14).
Der Schöpfer ist an Seiner Schöpfung immer interessiert und befasst sich mit ihr. Er nimmt Notiz davon, wenn sich die Bevölkerung vermindert „durch Bedrückung, Unglück und Jammer“ (Vers 39), wo und wann dies auch geschehen mag. In 2. Mo 3,7 sagt Er: „Gesehen habe ich das Elend meines Volkes“. Seiner ausgleichenden Gerechtigkeit und Seiner Barmherzigkeit ist es eine Genugtuung, den Armen aus seinem Elend zu befreien und ihm eine zahlreiche Nachkommenschaft zu verschaffen (Vers 41; Ps 34,7; 35,10; 113,6–9). Hochgestellte und Mächtige erniedrigt Er, wenn Er es für notwendig hält, und besonders dann, wenn sie ihre Machtposition missbrauchen. Er verschafft der Gerechtigkeit Geltung, indem Er über solche Machthaber Verachtung ausschüttet (Vers 40; Hiob 12,21–25; Dan 4,20–28; Lk 1,48–53). Die göttlichen Rechtsgrundsätze werden durch den Messias, den Herrn Jesus Christus, im zukünftigen Reich Gottes auf der ganzen Erde durchgesetzt werden (Ps 110,2.5; Mk 9,35). Unter Seiner Regierung wird alle Ungerechtigkeit verschwinden. Ungeordnete Verhältnisse und das üble Treiben von Machthungrigen nimmt Er zum Anlass, Seine Macht und Weisheit, Seine Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu offenbaren. Über Sein Auftreten, das alle Missverhältnisse beseitigt und die Verheißungen der Schrift zur Erfüllung bringt, werden sich die Aufrichtigen freuen, und mit einem Rechtsempfinden, das dem Wort und der Gesinnung des Herrn entspricht, nehmen sie an Seinem Wirken Anteil (Vers 42). Der Weise erkennt den Sinn der Heiligen Schrift, er beachtet ihre Belehrung und wird seinen Weg entsprechend einrichten. „Der Weise wird hören und an Kenntnis zunehmen“ (Spr 1,5). „Wer weise ist, der wird dies beachten, und verstehen werden sie die Gütigkeiten des HERRN“ (Vers 43).