Das Buch des Propheten Jeremia
Kapitel 17
Ich, der HERR, erforsche das Herz…
Die Sünde Judas hat den HERRN zum Zorn gereizt
„Die Sünde Judas ist geschrieben mit eisernem Griffel, mit diamantener Spitze; sie ist eingegraben in die Tafel ihres Herzens und an die Hörner eurer Altäre. Wie ihrer Kinder, so gedenken sie ihrer Altäre und ihrer Ascherim bei den grünen Bäumen, auf den hohen Hügeln. Meinen Berg im Feld, dein Vermögen, alle deine Schätze werde ich zur Beute geben – deine Höhen, wegen der Sünde in deinem ganzen Gebiet. Und du wirst, und zwar durch dich selbst, dein Erbteil fahren lassen müssen, das ich dir gegeben habe, und ich werde dich deinen Feinden dienen lassen in einem Land, das du nicht kennst; denn ihr habt ein Feuer angezündet in meinem Zorn, es wird in Ewigkeit brennen.“ (Jer 17,1–4)
Die Sünde Judas, der Götzendienst, war mit „eisernem Griffel, mit diamantener Spitze“ in ihr Herz eingraviert (V. 1). Die Hörner ihrer Altäre, die durch das Blut der von Gott vorgeschriebenen Opfer hätten bedeckt sein sollen, waren beschmutzt durch das Blut der Opfer, die Götzen dargebracht wurden. So konnte niemand an ihrer Sünde zweifeln, sie stellte sich öffentlich dar.
Einige Jahre vorher hatten sie ihre Ascherim, veranlasst durch den König Josia, zerstört (2. Chr 34,3–7). Eine Reue von kurzer Dauer! Ihre Söhne erinnerten sich an diese Gräueltaten und kehrten zu ihnen zurück auf den Höhen. Und da sie in dieser Weise den HERRN verließen, wird er ihnen das Erbe entziehen, welches er ihnen gegeben hatte. Er tut ihnen kund: „Ihr habt ein Feuer in meinem Zorn, es wird in Ewigkeit brennen“ (V. 4).
Arglistig ist das Herz… und verdorben
„So spricht der HERR: Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht und dessen Herz von dem HERRN weicht! Und er wird sein wie ein kahler Strauch in der Steppe und nicht sehen, dass Gutes kommt; und an dürren Orten in der Wüste wird er wohnen, in einem salzigen und unbewohnten Land. Gesegnet ist der Mann, der auf den HERRN vertraut und dessen Vertrauen der HERR ist! Und er wird sein wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt und sich nicht fürchtet, wenn die Hitze kommt; und sein Laub ist grün, und im Jahr der Dürre ist er unbekümmert, und er hört nicht auf, Frucht zu tragen. Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verdorben ist es; wer mag es kennen? Ich, der HERR, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, und zwar um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Handlungen. Ein Rebhuhn, das Eier brütet, die es nicht gelegt hat, so ist, wer Reichtum erwirbt und nicht mit Recht: In der Hälfte seiner Tage wird er ihn verlassen, und an seinem Ende wird er ein Tor sein.“ (Jer 17,5–11)
Der Fluch wird über denjenigen ausgesprochen, der auf den Menschen vertraut. Sein Herz zieht sich von dem HERRN zurück, es gibt keine Hoffnung mehr für ihn. Alles, worauf er stolz sein könnte, menschliche Fähigkeit und Macht, wird daran nichts ändern. Er wird einem Menschen verglichen, dem in der Wüste alles geraubt wurde. Die Geschichte Israels, und des Menschen im Allgemeinen, ist da, um uns diese unentbehrliche Lektion zu lehren: dass wir kein Vertrauen in das Fleisch (den natürlichen Menschen mit seinen Fähigkeiten, seinem Willen und seinen Möglichkeiten), erst Recht nicht in unserer eigenes, haben sollen (Phil 3,3).
Im Gegensatz dazu ist der Segen für den vorbereitet, der auf den HERRN vertraut. Er wird hier mit einem Baum verglichen, der nahe am Wasser gepflanzt ist und der nicht aufhört für Gott Frucht zu tragen. Selbst während der heißen Jahreszeit, und die kommt auch in unserem Leben, streckt er seine Wurzeln nach dem Fluss aus und so bleibt sein Laub immer grün. Ein solcher Mensch wird uns auch in Ps 1,1.2 vorgestellt. Etliche, die eine Zeit lang dem Herrn vertraut haben, haben sich schließlich abgewandt. Sie haben sich auf einen menschlichen Arm, auf Ägypten gestützt und hofften dort einen Schutz vor dem Feind des Nordens zu finden. Was war die Ursache für diese Verirrung? Ihr Herz – dieses Herz des Menschen, arglistig und verdorben, welches Gott allein bis in seine Tiefen ergründet. Er hat es erforscht und seine Abgründe der Bosheit gemessen und legt dessen Beschaffenheit zu unserer Belehrung offen. Wir haben hier eines der ergreifendsten Zeugnisse der Schrift vor uns. So sieht das Ergebnis der Prüfung aus, welcher Gott das Herz des Menschen unterzieht. Viele haben versucht sich davon zu überzeugen, dass die Menschen natürlicherweise gut sind, aber durch die Gesellschaft verdorben wurden. Andere haben sich, nach vielen zerstörten Illusionen, zu harten Beurteilungen verstiegen. Aber derjenige, der dem Wort Gottes glaubt und sein unwiderrufliches Urteil annimmt, wird zu einer Gottesfurcht gebracht, die für ihn das Heil bedeutet. Denn Gott beurteilt nicht nur den Menschen im Allgemeinen, sondern erforscht jedes Herz, „um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Handlungen“ (V. 10).
Diese Entlohnung setzt sich aus zwei Phasen zusammen. Sie kann schon auf der Erde stattfinden: wie viele Menschen werden schon vor dem Ende ihres Lebens der Reichtümer beraubt, die sie sich unrechtmäßig erworben haben. Wie viel schlimmer aber wird das Los derer sein, die nach ihrem Tod (Heb 9,24) Gott begegnen, um für die Werke, die sie getan haben, Rechenschaft abzulegen (Off 20,12).
Aber Gott sah den ausweglosen Zustand unserer Herzen und hat uns in seiner souveränen Gnade so geliebt wie wir waren; er wollte uns erretten. „Christus ist, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben“ (Röm 5,8). Und der Herr Jesus hat verkündigt: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht“ (Joh 5,24).
Die von dem HERRN abfallen
„Thron der Herrlichkeit, Höhe von Anbeginn, Ort unseres Heiligtums! Hoffnung Israels, HERR! Alle, die dich verlassen, werden beschämt werden. – Und die von mir weichen, werden in die Erde geschrieben werden; denn sie haben die Quelle lebendigen Wassers, den HERRN, verlassen.“ (Jer 17,12.13)
Das Volk Israel war herausgenommen zum Segen, versammelt um das Heiligtum des HERRN. „Und die von mir weichen, werden in die Erde geschrieben werden“ (V. 13), sagt der HERR. Das ist ein Urteil zur Verdammnis. Als man den Herrn Jesus aufforderte eine Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, zu verurteilen, „bückte er sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde“ (Joh 8,6). Und angesichts ihrer Hartnäckigkeit erklärte er ihnen, deren Herzen er vollkommen kannte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst einen Stein auf sie“ (Joh 8,7). Sowohl Schriftgelehrte als auch Pharisäer zogen sich einer nach dem anderen vor diesem Licht zurück, welches sie erforschte, und ließen die Sünderin allein mit ihrem Herrn. Erinnerten sie sich an diese Schriftstelle aus Jeremia? Was für ein Gegensatz zu den Worten Jesu an seine Jünger, an diejenigen, die ihm glauben: „Freut euch vielmehr, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“ (Lk 10,20).
Situation und Gesinnung des Propheten
„Heile mich, HERR, so werde ich geheilt werden; rette mich, so werde ich gerettet werden; denn du bist mein Ruhm. Siehe, jene sprechen zu mir: Wo ist das Wort des HERRN? Es möge doch kommen! Ich aber habe mich nicht entzogen, Hirte hinter dir her zu sein, und habe den unheilvollen Tag nicht herbeigewünscht; du weißt es ja. Was von meinen Lippen ausging, war vor deinem Angesicht. Sei mir nicht zum Schrecken, du bist meine Zuflucht am Tag des Unglücks! Lass meine Verfolger beschämt werden, aber lass mich nicht beschämt werden; lass sie verzagt werden, aber lass mich nicht verzagt werden; bring über sie den Tag des Unglücks und zerschmettere sie mit zweifacher Zerschmetterung!“ (Jer 17,14–18)
Jeremia weiß, wo Hilfe zu finden ist. Er tritt als Fürsprecher des Volkes auf und fleht den HERRN an, indem er seine Verfehlungen und sein dringendes Bedürfnis nach Heilung und Rettung zugibt. Aber ach, die Umgebung Jeremias macht sich über ihn lustig und sagt: „Wo ist das Wort des HERRN? Es möge doch kommen!“ (V. 15). Lässt er sich entmutigen? Nein, der Prophet stützt sich in innerem Frieden auf Gott. Welcher Widerstand ihm auch immer begegnet, gibt er doch seinen Dienst nicht auf; er identifiziert sich immer noch mit denen, die er liebt. Er wünscht nicht den Tag des Gerichts herbei, der über sie hereinbrechen muss. Inmitten solcher Leiden spürt Jeremia seine Schwachheit und lässt dieses Gebet aufsteigen: „Lass mich nicht verzagt werden“ (V. 18).
Der Sabbattag – Prüfung des geistlichen Zustands des Volkes
„So sprach der HERR zu mir: Geh hin und stelle dich in das Tor der Kinder des Volkes, durch das die Könige von Juda einziehen und durch das sie ausziehen, und in alle Tore Jerusalems und sprich zu ihnen: Hört das Wort des HERRN, ihr Könige von Juda und ganz Juda und alle Bewohner von Jerusalem, die ihr durch diese Tore einzieht! So spricht der HERR: Hütet euch um eures Lebens willen und tragt keine Last am Sabbattag, dass ihr sie durch die Tore Jerusalems hereinbringt! Und ihr sollt am Sabbattag keine Last aus euren Häusern hinausbringen und sollt keinerlei Arbeit tun; sondern heiligt den Sabbattag, wie ich euren Vätern geboten habe. Aber sie haben nicht gehört und ihr Ohr nicht geneigt, und sie haben ihren Nacken verhärtet, um nicht zu hören und Zucht nicht anzunehmen. Und es wird geschehen, wenn ihr fleißig auf mich hört, spricht der HERR, dass ihr am Sabbattag keine Last durch die Tore dieser Stadt hereinbringt und dass ihr den Sabbattag heiligt, indem ihr keinerlei Arbeit an ihm tut, so werden durch die Tore dieser Stadt Könige und Fürsten einziehen, die auf dem Thron Davids sitzen, auf Wagen fahren und auf Pferden reiten, sie und ihre Fürsten, die Männer von Juda und die Bewohner von Jerusalem; und diese Stadt wird bewohnt werden in Ewigkeit. Und sie werden aus den Städten Judas kommen und aus der Umgebung von Jerusalem und aus dem Land Benjamin und aus der Niederung und vom Gebirge und aus dem Süden, indem sie Brandopfer und Schlachtopfer und Speisopfer und Weihrauch bringen und Lob in das Haus des HERRN bringen. Wenn ihr aber nicht auf mich hört, den Sabbattag zu heiligen und keine Last zu tragen und am Sabbattag nicht durch die Tore Jerusalems einzugehen, so werde ich ein Feuer in seinen Toren anzünden, dass es die Paläste Jerusalems verzehren und nicht erlöschen wird.“ (Jer 17,19–27)
Der letzte Abschnitt des siebzehnten Kapitels handelt von dem Sabbattag, der dem HERRN geweiht ist (3. Mo 23,3). Durch diesen feierlichen Tag wollte der HERR sein Volk teilnehmen lassen an seiner Ruhe. Als eine beständige Erinnerung an den geschlossenen Bund war seine Einhaltung eine Prüfung des geistlichen Zustands Israels. Jeremia sollte sich im Tor aufhalten – dort, wo im allgemeinen Gericht gehalten wurde – und treu jeden ermahnen, der in die Stadt hereinkam, sei es nun der König oder die Bewohner von Jerusalem. Wenn sie wirklich zu dem HERRN zurückkehren wollten, würden sie es durch die Einhaltung des Sabbats zeigen, was gewöhnlich vernachlässigt wurde.
Diese Anordnung, ein Zeichen des Bundes zwischen dem HERRN und Israel (2. Mo 31,12–17), betrifft nicht den Christen. Unter der Gnade haben wir die Freude, uns am ersten Tag der Woche an die Auferstehung des Herrn Jesus zu erinnern und mit ihm beschäftigt zu sein. Aber ziehen wir einmal Bilanz über unser eigenes Leben! Ist dieses Beispiel der Entfernung Israels nicht von sehr aktueller Bedeutung? Wo sind unsere Zuneigungen für Christus? Wie sieht es mit unserem persönlichen Festhalten an seinem Wort aus?