Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 70
Der Psalm entspricht mit Ausnahme einiger Worte den Versen 14 bis 18 des Psalms 40. Die Wiederholung der Verse als eigenständiger Psalm mag ihren Grund darin finden, dass diese fünf Verse in Israel als ein selbständiges, eindringliches Gebet um Gottes Hilfe gesprochen werden konnten. Als ein Verfolgter, der Schutz sucht, erbittet David hier das rasche Eingreifen Gottes (Vers 2; Lk 18,7). Die Feinde sollen den Mut verlieren, ihm weiterhin nachzustellen. Sie sollen dazu gebracht werden, mit Beschämung den Rückzug antreten zu müssen (Ps 71,13). Mehrmals bittet der Psalmdichter Gott, den HERRN, dass Er einen entsprechenden Einfluss auf die Gegner nehmen möge; er ist überzeugt, dass Gott ihr Herz dahin neigen kann, wohin Er will (Verse 3 und 4; Spr 21,1; Neh 2,4–6; Jes 37,7; Jer 10,23). In seiner Not begibt er sich unter den Schutz des HERRN. Seinen Feinden war ein barmherziger, treuer Gott, der Seine Frommen liebt und ihnen beisteht, völlig unbekannt. David jedoch war sicher, dass Sein Glaube nicht beschämt und er selbst nicht zuschanden werden würde (Spr 10,28; 11,8; Jer 16,19; 17,7f). Dagegen wird das Ende des Weges der Gottlosen zuletzt Scham und Schande sein. Das Unglück, das sie über ihn bringen wollten, wird sie selbst treffen. Sein Gott aber wird ihn ins ewige Glück führen, weil David Ihn und Seine Rettung liebte (Vers 5) und weil er auf den HERRN vertraute und Seine Gegenwart suchte.
Davids Gegner waren offenbar Gottlose, die von ihrer Übermacht überzeugt waren. Ihr Inneres war von Hass und Feindschaft erfüllt. Er aber konnte fröhlich und glücklich sein in der Nähe und in der Abhängigkeit von seinem HERRN (Vers 5). Er wusste, dass der Tod Seiner Frommen in den Augen des HERRN kostbar ist (Ps 116,15), daher würde sein Gott ihn nicht den Feinden ausliefern. Mochten sie über sein Elend und seine Hilflosigkeit spotten (Verse 4 und 6; Ps 71,11); sein HERR aber hatte ihn lieb. Sie liebten den Krieg; Mordlust beherrschte sie. David dagegen suchte den Frieden und wünschte, dass sie sich von ihm abwendeten. Er bat nicht um ihre Bestrafung und Vernichtung, er fällte auch kein Urteil über sie. Vergeltung und Rache überließ er Gott, dem Richter aller. Er selbst hatte keine Hilfsmittel zur Verfügung, auf die er sich hätte stützen können, er war elend und arm. Aber sein Helfer war der Allmächtige. David war sicher, dass Er eingreifen würde. Voll Vertrauen sagte er: „Mein Erretter bist du, HERR“ (Vers 6). Wenn er etwas für sich selbst suchte, so war es die Freude im HERRN, die er auch an anderer Stelle wiederholt für alle Gläubigen erbat (Ps 22,24.27; 34,3; 69,33). Der beständige Wunsch seines Herzens war: „Erhoben sei Gott!“ (Vers 5).