Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 54
Der Psalm ist entstanden, als das Leben des Dichters durch gewalttätige Feinde in großer Gefahr war. Daher sieht er sich nach Hilfe um und findet sie in dem Namen Gottes (Vers 3). Durch Glauben kennt David Ihn als einen starken Turm, zu dem der Gerechte sich hinwendet und in Sicherheit ist (Spr 18,10; Ps 20,2). Gott hat Seinen Namen auf vielerlei Weise offenbart, vor allem in Jesus Christus, Seinem Sohn. Der Name Gottes – das sind Seine Eigenschaften, Sein Wesen, Seine Worte und Seine Handlungsweise – wird in der ganzen Heiligen Schrift auf vielfältige, herrliche Weise dargestellt. Durch das Lesen und Betrachten des heiligen Wortes lernen wir Seinen Namen vermehrt kennen. So gewinnt die Herrlichkeit Gottes für den Bibelleser ständig an Bedeutung. Was der eifrige Leser sich unter den verschiedenen Namen Gottes vorstellt, wird deutlicher und inhaltsreicher. Auf diese Weise wächst man in der Erkenntnis Gottes (Kol 1,10; 2. Pet 3,18). Für das Erkennen und Verstehen des Glaubenden bedeutet der Name Gottes vornehmlich, dass Gott gut ist (Vers 8). In Seiner Güte rettet Er aus der Bedrängnis und verschafft dem ungerecht Behandelten Recht (Verse 3 und 9). Darüber hinaus ist Gottes Name gleichbedeutend mit der Wahrheit, sie ist sozusagen Sein Eigenname, genauso wie die Liebe und das Licht. So kennen Ihn die Gläubigen (Vers 7). Glaube und Gebet verhelfen mit dazu, dass man in Gemeinschaft und Übereinstimmung mit Gott bleibt und volles Vertrauen in Seinen Namen setzt. Das über den Namen Gottes Gesagte gilt in der jetzigen Zeit des Christentums auch für den Namen Jesus Christus (Apg 4,10.17; Phil 2,9f; Off 19,11–13). Der Gläubige muss zu dem Namen Gottes und zu Christus, dem ewigen Sohn Gottes, in einer wirklichen Beziehung stehen. Dann werden sich die Gedankengänge nach dem ausrichten, was die göttlichen Personen kennzeichnet, und nach diesem Maßstab wird er sich selbst und die ihn umgebenden Umstände einschätzen. Überdies werden die in diesem Psalm vorherrschenden Gedanken durch die Psalm 9 und 91 ergänzt.
Der Glaube hat den Namen Gottes, des Vaters, und den Namen Jesu Christi, des Sohnes Gottes, zum Gegenstand. Der Glaube vertraut auf Gott persönlich, auf die Person des Vaters und auf die Person Jesu Christi. Zugleich ist es ein gläubiges Vertrauen auf die Heilige Schrift als das Wort Gottes, das einst den inspirierten Schreibern durch Seinen Geist eingegeben worden ist. Es gibt nichts anderes, das eines so uneingeschränkten Vertrauens würdig wäre. Aus der Botschaft dieses Wortes kannte der Psalmdichter den Namen Gottes, Seine Treue und Allmacht. Darum bat er Gott, dass er durch das Eingreifen göttlicher Macht zu seinem Recht käme und die ersehnte Rettung erfolgte (Verse 3 und 4). Er kannte Gott als Hörer des Gebets und als den Verteidiger des Rechts (Ps 65,3; Spr 29,26). Gott sollte seine Rechtssache entscheiden. Dies setzte allerdings voraus, dass bezüglich seiner Person vonseiten Gottes nichts zu beanstanden war. Nach Davids Überzeugung waren bei Gott die Kenntnis seiner Angelegenheiten, die nötige Macht und die Bereitwilligkeit, ihm zu helfen, immer vorhanden, und der Name Gottes bürgte dafür. Die Gegenwart und die Zukunft des Bittstellers hingen von dem barmherzigen Gott ab. Und längst hatte der Allmächtige das Beste für ihn bestimmt und den Weg dazu schon vorbereitet.
Davids Gegner waren Gewalttäter, die Gott nicht kannten. Für den Psalmdichter waren sie fremde, ungezügelte Barbaren, die der Macht des Gottes der Hebräer keine Bedeutung beimaßen. Ihnen wollte er sich keineswegs gleichgestellt sehen, denn er stützte sich auf Gottes Liebe und bekannte: „Gott ist mein Helfer“ (Verse 5 und 6; Ps 56,3.4; 86,14; 118,7; Apg 2,25). Wenn er sich von einer Gefahr überrascht sah und Hilfe brauchte, richteten sich seine Gedanken sofort auf seinen Gott. An dieser vorzüglichen Hilfsquelle fand er neuen Mut, auch Kraft und Sicherheit für die nächsten Schritte, und dort bekam er die nötige Unterstützung. Von Gottes Gegenwart überzeugt, wusste er Ihn immer in seiner Nähe. Den Feinden dagegen wird Gott das Böse zurückerstatten, das heißt Gott wird ihre Geschicke so lenken, dass das von ihnen geplante und das bereits ausgeführte Unheil zu ihnen zurückkehrt und auf ihren eigenen Kopf kommt (Vers 7; Ps 21,9; 94,23; Spr 11,5–8). Gott urteilt stets Seiner Wahrheit und Gerechtigkeit gemäß und wird Seinen Richtspruch zur Durchführung bringen.
Dass Gottes Name immer für das Gute und Wahre steht – Er allein ist absolut und uneingeschränkt gut –,das sollte sich auch an Davids Rechtssache bestätigen. Denn dadurch wurde Gottes Name erhoben und darum ging es David immer wieder. Um Gottes Ehre war er besorgt, nicht um Wiederherstellung seiner eigenen Ehre oder um das Reinwaschen seines Namens. Der gute Name Gottes gibt allen Glaubenden immerfort Anlass, dem Herrn gerne und freiwillig Lob zu opfern, wie es Davids Wunsch war (Vers 8). „Denn aus aller Bedrängnis hat er mich errettet“ (Vers 9; Ps 59,10.11; Jes 63,9). Dies ist der Jubelruf sowohl eines aus der Not Erlösten als auch eines Bußfertigen, dem vergeben worden ist. Hier auf der Erde schon sind dies die Sprache und der Lobgesang der Gottesfürchtigen aufgrund eigener Erfahrungen, und droben wird es einst das Jubellied der verherrlichten Gläubigen sein.