Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 51
Hier gesteht ein Glaubender, dass er in Sünde gefallen ist, und beschreibt, auf welche Weise er danach durch Bekenntnis und Buße wiederhergestellt wurde. Dazu bedarf es der Wahrheit im Innern, der völligen Überantwortung an Gott und des Verzichts auf eigene moralische Ansprüche. Das eigene Ich mit seinem Selbstvertrauen muss zurückgesetzt werden. Der Bußfertige muss mit sich selbst zu Ende gekommen sein. Daraufhin darf der Glaubende auf die Annahme der Buße durch Gott rechnen. Der Schuldige verlässt sich auf die vergebende Gnade Gottes und ergreift sie im Glauben. Ohne den Glauben an einen vergebenden Gott gäbe es keinen Ausweg aus der schlimmen Lage des Schuldigen. So zeigt sich wahrer Glaube nicht nur als eine feste innere Überzeugung; er schließt darüber hinaus die Selbstübergabe im Vertrauen auf Gott ein. Der Schuldige weiß, dass er es mit dem heiligen Gott zu tun hat und dass er mit Ihm ins Reine kommen muss. Die Reinigung kann nur von Gott Selbst aus geschehen, so dass sie Ihm entspricht und Sein unverdientes Gnadengeschenk ist. Nur dann ist die Reinigung eine gottgemäße Entsündigung. So sagte es auch der Herr Jesus zu Petrus: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit mir“ (Joh 13,8). Hier geht es um die Dinge, mit denen sich der Gläubige auf seinem Weg hier durch diese Welt verunreinigen kann. Der Herr fügt dann aber hinzu: „Wer gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße, sondern ist ganz rein; und ihr seid rein“ (Joh 13,10). Der Stellung nach ist der Gläubige rein und heilig auf der Grundlage des vollkommenen Werkes des Herrn Jesus am Kreuz, aber in seiner Praxis kann er noch sündigen und bedarf der Wiederherstellung. Auf das aufrichtige Bekenntnis hin erlangt der Schuldiggewordene Vergebung und zugleich das beglückende Bewusstsein, wieder ungetrübte Gemeinschaft mit Gott zu genießen. Der Zustand des Herzens ist dann mit Gottes Heiligkeit in Übereinstimmung. Der Geist der Heiligkeit, der in dem Betreffenden wirksam ist, kann sich mit nichts Geringerem zufrieden geben.
Psalm 51 weist in der Überschrift auf die Situation hin, in der David zu Fall kam (2. Sam 11–12). Der Blick wird gerichtet auf die Einsicht betreffs der Schuld, auf das Bekennen der Sünde und auf die Buße des Herzens. Je tiefer diese inneren Übungen gehen, desto gründlicher ist eine Wiederherstellung der Seele vor Gott. Herz und Gewissen müssen danach wieder so rein sein, dass nicht eine Spur von Selbstanklage zurückbleibt. Anderenfalls kann keine Gewissheit über die Vergebung einkehren. Wie auch sonst häufig in den Psalmen, werden hier die Vorgänge im Innern des Herzens offengelegt. Die Empfindungen und Einsichten, durch die der Schuldige wieder zu ungetrübter Gemeinschaft mit Gott zurückfindet, werden im Einzelnen beschrieben. Zum Schluss sind dann die ins Wanken geratene Freude des Heils, der Mut zum Zeugnis nach außen hin und die Befähigung zu Lob und Anbetung zurückgekehrt. Diese Wiederherstellung ist in erster Linie das Werk des Heiligen Geistes; sie ist nicht das Ergebnis von Bußübungen nach menschlichen Vorstellungen. Betreffs seiner Zurechtbringung ist der Schuldige gänzlich auf Gottes Gnade angewiesen. Er vermag sich nicht selbst zu heiligen, denn Gott allein kann von der Sünde reinigen (Vers 9), nur Er kann dem Sünder vergeben. Weil es gar kein anderes Hilfsmittel gibt, sieht sich der Schuldige völlig auf Gott geworfen. Er selbst kann nichts beitragen als nur einen zerbrochenen Geist und ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz (Vers 19). Es ist ihm nichts geblieben außer der Zuversicht, dass der barmherzige Gott die echte Reue und eine tiefgehende Betrübnis über das Vorgefallene nicht verachten wird.
In diesem Psalm tritt eine aufrichtige Frömmigkeit ans Licht. Sie offenbart sich hier vor Gott durch eine vertrauensvolle innere Einstellung des Schuldigen, die alle Empfindungen des Herzens mit Ehrlichkeit aufzudecken bereit ist. Dabei ist es nicht nur angebracht, sondern auch notwendig, die Schuld mit klaren Worten vor Gott zu bekennen. Der Psalm gibt Gläubigen, die in Sünde gefallen sind, Anleitung zu ihrer Wiederherstellung. Eine solche Zurechtbringung hatte David nach seiner Sünde des Ehebruchs mit Bathseba erlebt (Verse 1 und 2). Er allein trug die Schuld; es gab weder Ausflüchte noch eine Verteidigungsmöglichkeit. Gott bewirkte, indem Er den Propheten Nathan sandte, dass David seine Sünde bekannte und bereute. Er hatte die Schwere seiner Schuld erkannt. In dieser Situation war sein Glaube an den vergebenden Gott groß genug, um Zuflucht zu den Erbarmungen Gottes zu nehmen und Gnade und die Reinigung von seiner Sünde zu erbitten, denn er hatte nach dem Gesetz den Tod verdient (Vers 3; 3. Mo 20,10). Nur Gott konnte die Schuld tilgen, auslöschen und wegwischen, ähnlich dem Vorgang, wenn ein Schriftzug unkenntlich oder eine Rechnung ungültig gemacht wird. Offensichtlich wusste David, dass jede Sünde unauslöschlich verzeichnet bleibt, wenn nicht Gott die Schuld vergibt. Dies erkannte David an durch den Gebrauch der Ausdrücke „tilgen“, „waschen“ und „reinigen“. Er anerkennt, es war seine Schuld durch die Ausdrücke „meine Übertretungen“, „meine Ungerechtigkeit“, „meine Sünde“ (Verse 4 und 5). Es war eine Übeltat und eine Empörung seines Willens gegen Gott und Sein Gebot (vgl. Jes 59,12). Er enthielt sich aller Erklärungsversuche. Er selbst hatte die Sünde begangen. Er machte nichts anderes, etwa sein böses Herz, sein Fleisch, eine schlechte Veranlagung oder die natürliche Lust dafür verantwortlich. Die Schuld lastete dauernd auf seinem Gewissen, sie beunruhigte seine Seele und peinigte seine ganze Person. Auf das Erkennen seiner Sünde hin empfand er eine Reue, die die Scheußlichkeit des Verbrechens verabscheute. Seine Seele sehnte sich nach Reinigung. Die unaufhörlichen Anklagen des Gewissens wurden ihm unerträglich. Gleichwohl konnte und wollte er sie nicht verdrängen (Ps 32,4.5). Es war bei ihm zu einer Gott gemäßen Betrübnis gekommen (Verse 5 und 6; 2. Kor 7,10).
David hatte sowohl gegen das Gesetz als auch gegen Bathseba und ihren Ehemann gesündigt. Das bestehende Recht verlangte für die furchtbare Untat eine Strafverfolgung ohne Ansehen der Person. Über aller Rechtsprechung steht Gott als höchster Richter. Dessen Gerechtigkeit sprach das Urteil, und David erkannte es für Recht an (Vers 6; 2. Sam 12,9–12). Jede Sünde, ob an Menschen getan oder nicht, richtet sich gegen Gott. Es ist eine Rebellion gegen Seine Grundsätze. Nur Gott kann die Strafe erlassen oder abwenden (Vers 11). Er kann dies tun, weil unsere Strafe auf den Herrn Jesus gelegt wurde (Jes 53,5). Indem David sich als Straffälliger vor Ihm schuldig erklärte, gab er dem hoch über Ihm stehenden Richter die gebührende Ehre. Gott ist vollkommen gut. David jedoch sündigte seiner verderbten menschlichen Natur wegen (Vers 7). In Ihm war (wie in jedem Menschen) von Natur aus eine verderbte Willensrichtung, die zu dem Willen und den Geboten Gottes im Widerspruch steht. Denn „was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch“ (Joh 3,5.6; Hiob 14,4; Jer 17,9; Röm 3,4.12; 5,12; 7,18). David spricht hier nicht mehr nur von seinen Übertretungen, sondern nennt deren Quelle, sein sündiges Wesen als Mensch. Es ist der Hang zur Sünde, eine Veranlagung, die naturhaft in jedem Menschen vorhanden ist und sich mit nicht zähmbarer Energie zu verwirklichen sucht. Indem David die Wurzel seiner Sünde bloßlegt, will er sich keineswegs entschuldigen. Im sündigen Wesen der menschlichen Natur liegt die Neigung, trotz besserer Erkenntnis auch forthin zu sündigen (Röm 7,18–21). Darum wird auch ein Gläubiger wie David stets von neuem um Bewahrung bitten; es ist ihm bewusst, dass er auf die Gnade Gottes angewiesen ist.
Um der im Menschenherzen wohnenden Sünde willen war es wichtig, dass David nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich von seiner Sünde abrückte. Denn im Inneren wohnen die schlechten Beweggründe und bilden sich die bösen Wünsche (Mk 7,20–23; Röm 7,17). Er musste Sorge tragen, dass in seinem Herzen wieder Lauterkeit und Wahrheit und der Gehorsam den göttlichen Geboten gegenüber herrschten (Vers 8a). Weisheit und Einsicht von oben mussten in seinem Innern die Oberhand haben, um sein Verhalten zu bestimmen und ihn von der Sünde zurückzuhalten (Ps 119,34.133). David führte die rechte Einsicht auf Gottes Wirken zurück (Vers 8b). Ein Gottesfürchtiger ist bemüht, sich dem Wirken des Geistes durch das Wort zu öffnen und sich belehren und warnen zu lassen, um das Üble, was ihm täglich begegnet, aber auch sich selbst richtig einzuschätzen (2. Chr 27,6; Spr 3,7; 1. Kor 11,31). David weiß, dass nur Gott die Mittel hat, ihn zu entsündigen und ihn weißer als Schnee zu waschen, und er bittet darum (Vers 9; 3. Mo 14,4–7.52; 4. Mo 19,18; Jes 1,18). Die Reinigung eines Aussätzigen nach den Vorschriften des Gesetzes ist eine bildliche Darstellung dieses Vorgangs. Es ist angenehm vor Gott, wenn ein Verunreinigter bewusst das an sich geschehen lassen will, was ihn in die Gemeinschaft mit Gott zurückbringt und ihn wieder zum Bezeugen des Glaubens befähigt (Vers 15; Lk 22,32). David möchte mit reinem Herzen vor Gott wandeln und von den Anklagen des belasteten Gewissens befreit werden. Erst danach konnte er wieder freudig seinen Weg mit Gott und den Gottesfürchtigen gehen. Nach erfolgter Reinigung konnte er sich befreit fühlen, er entbehrte danach nichts mehr, s. Ps 35,9. „Er zerschlägt, und seine Hände heilen“, wenn wir „die Züchtigung des Allmächtigen“ nicht ablehnen, sondern uns Seinem Urteil und Seinen erzieherischen Maßnahmen unterwerfen (Hiob 5,17.18). David war dazu bereit, darum konnte sein Glaube auf Heilung und auf die Wiederherstellung rechnen (Vers 10; Ps 32,3–5). Er freute sich auf die innere Erneuerung, die ihm gestattete, seinem Gott wieder „ins Angesicht“ schauen zu können und nicht mehr durch ein Schuldbewusstsein behindert zu werden (Vers 11).
Für seinen weiteren Weg brauchte David ein reines Herz und einen festen Geist (Vers 12), dazu hatte er die Hilfe Gottes nötig. Mit festen Vorsätzen allein war es nicht getan. Ohne das Wirken des Geistes Gottes und ohne Sein Wort kann in einem Menschen nichts neu geschaffen oder in einem Gläubigen wirklich erneuert werden, darum heißt es von den Gläubigen, dass sie in Christus Jesus zu guten Werken geschaffen sind (Eph 2,10). Zudem haben sie die „Erneuerung des Heiligen Geistes“, und auch das ist Gottes Werk in ihnen (Tit 3,5). David bittet hier darum, dass ihm für seine künftigen Aufgaben die nötige Kraft und Festigkeit sowohl im Herzen als auch in seinem Geist von oben gegeben werden möge. Nichts von seiner verderbten menschlichen Natur durfte sich dabei einmischen (Vers 12). Er sieht sich darauf angewiesen, dass sein Gott ihm fortan Gnade schenkt und durch Seinen Geist in seinem Innern wirkt, damit Einsicht und die rechten Zielsetzungen vorhanden sind. Er hatte die traurige Erfahrung gemacht, dass im Herzen rasch Böses aufkommt und dass menschliche Willenskraft dies mit Hilfe des Verstandes in die Tat umsetzt und es anschließend durch üble Machenschaften zu verdecken sucht. Er wollte sich nicht wieder zu solchen Fehltritten verleiten lassen (Vers 12b).
David war sich dessen bewusst, dass er es eigentlich verdient hätte, von dem Angesicht Gottes verworfen zu werden, denn seine Handlungsweise und die Nähe Gottes waren nicht miteinander zu vereinen. Die geschehenen Sünden standen in schrecklichem Gegensatz zu dem „Geist deiner Heiligkeit“ (Vers 13). Gottes Langmut allein war es, die ihn zur Buße geleitet hatte, um Vergebung zu empfangen. Nur in der Gemeinschaft mit seinem Gott und als Sein williger Knecht konnte sich seine Seele von neuem wohlfühlen (Vers 14; 1. Kor 9,27). Heilsgewissheit, Freude und Freimütigkeit zum Dienst konnte er nur in Seiner Gegenwart gewinnen und genießen.
Nun ist er wieder imstande, auf eine geistliche Weise anderen zu dienen. „Bist du einst umgekehrt, so stärke deine Brüder!“ (Vers 15; Lk 22,32). Was er hinzugelernt hat, kann er zum Nutzen anderer einsetzen. Wer selbst Vergebung erfahren hat, ist befähigt, anderen den Weg zur Vergebung ihrer Schuld zu zeigen; zudem wird er sich eher in die Lage des Schuldbeladenen versetzen können und Zugang zu ihm finden. Die Art und Weise der Wiederherstellung Davids ermutigt andere und weist ihnen den Weg zur aufrichtigen Umkehr und zu einer durchgreifenden Zurechtbringung. Durch Davids bußfertige Haltung ist der göttlichen Gerechtigkeit die nötige Hochachtung entgegengebracht worden. Gleichzeitig haben sich die göttliche Weisheit und die Gnade in herrlichem Licht offenbart. Gott ist für David der Gott seiner Rettung geworden. Der gnädige Gott bleibt immer auch der gerechte Gott, daher kann die Vergebung einer Schuld nur auf göttlich gerechte Weise zustande kommen. Nachdem dies geschehen ist, ist David wieder in der Lage, die göttliche Gerechtigkeit jubelnd zu preisen (Vers 16). Aus demselben Grund wird der bekehrte Christ Gottes Gerechtigkeit rühmen, denn seine Sünde ist am Kreuz auf Christus gelegt worden, und auf diese Weise ist der Gerechtigkeit Gottes völlig entsprochen worden. Wenn Gott den Schuldigen auf dem Grundsatz des Glaubens rechtfertigt, hat niemand die Gerechtigkeit des höchsten Richters in Zweifel zu ziehen. Gläubige Christen wissen aufgrund der Schrift, dass sie nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, von ihren Sünden und vom ewigen Gericht erlöst worden sind, sondern „mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“ (1. Pet 1,18.19). Der Ungläubige, der diese Sühnung für ungeeignet oder gar unnötig hält und sie verachtet, der hat Gott verachtet und fällt deshalb dem ewigen Gericht anheim. Der von seiner Sünde Befreite hingegen preist dankbar die Gerechtigkeit und das Erbarmen des Gottes seiner Rettung.
In Vers 17 bittet derjenige, dem die Schuld vergeben ist, dass der Herr seine Lippen zum Verkünden Seines Lobes öffnen möge. Wie er schon eine geistliche Betätigung von der Erneuerung durch Gottes Geist abhängig gemacht hat, so überlässt David hier dem Herrn auch den Wiedereintritt in einen geistlichen Dienst. Nach seinen schlimmen Erfahrungen mit eigener Versündigung und nach der darauf folgenden Demütigung möchte er einen Neubeginn nicht ohne seinen Herrn wagen. Sollte sein Lob dem Herrn wieder angenehm sein, dann würde Er ihm sicherlich auch die geistliche Kraft und die Freimütigkeit dazu geben. David empfand, dass er die verunehrenden Ereignisse nicht einfach übergehen durfte, als ob nichts geschehen sei. Wenn er nun Gott noch etwas schuldete, dann konnte es nur die Dankbarkeit für die empfangene Vergebung sein. Schlachtopfer und Brandopfer von fehlerfreien Tieren hätten seine schwere Schuld nicht sühnen und die Todesstrafe nicht aufheben können (Vers 18; 1. Sam 15,22). Zur Gott gemäßen Sühnung seiner Sünde bedurfte es eines vollkommenen Schlachtopfers und des neuen und besseren Bundes im Neuen Testament, der auch „von den Übertretungen unter dem ersten Bund“ erlöst, dessen Mittler und Bürge Jesus Christus geworden ist (Heb 7,18.19.22; 9,15).
Das Einzige, das Gott von dem Schuldigen annehmen konnte, war dessen Demütigung in Gott gemäßer Betrübnis: „Ein zerbrochener Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz“ wird von dem Gott, der reich ist an Vergebung, nicht verachtet (Vers 19; Ps 34,19; Jes 55,7; 57,15; 2. Kor 7,9–10). Je gründlicher dieses Zerbrechen und Zerschlagen ist, desto tiefer geht die Einsicht und desto ausgeprägter ist das Verständnis über Gottes Heiligkeit. Entsprechend höher wird auch die empfangene Gnade eingeschätzt. Das Innerste Davids barg nun neue, wertvolle Einsichten, und doch war es dasselbe Herz, das auch die böse Lust zur Sünde hervorgebracht hatte. Aber jetzt war sein Herz zerbrochen und zerschlagen worden, und das ist ein bedeutungsvolles Ergebnis. Gott achtet ein solches, tief gebeugtes Herz. Er wird sich seiner besonders annehmen und ihm die Gnade, die es jetzt braucht, gerne und reichlich zuwenden. Die Persönlichkeit, das Innere des Menschen, wird durch so tiefgehende Reue stark gebeugt. Dieses sehr persönliche Opfer wollen manche trotz vorhandener Sündenerkenntnis nicht bringen. Nach ihrer Meinung wird ihre Person auf unerträgliche, die Seele schädigende Weise erniedrigt. Nach Gottes Grundsatz jedoch ist das Sündenbekenntnis und eine wahre Reue die unabdingbare Voraussetzung zur Vergebung der Sünde. Die tiefgehende Beugung gereicht dem Bußfertigen zum Heil; er gelangt zum inneren Frieden und hat ein gereinigtes Gewissen.
Als Wiederhergestellter fühlt sich David mit der Gesamtheit des Volkes und der Anbeter erneut verbunden (Verse 20 und 21). Nachdem sein Gewissen entlastet ist, findet er Kraft, für die Stadt und die Mauern Jerusalems zu bitten. Der Reichtum der Güte Gottes soll allen zugutekommen. Das Aufstreben und die Befestigungen zur Verteidigung der Stadt sind David ein besonderes Anliegen; er wünscht dies sicherlich zugleich in geistlicher Hinsicht. Seine Bitten entsprechen dem Willen Gottes (Ps 122; Neh 2 und 3). Eine gut befestigte Mauer beschirmt die heilige Stadt vor verderblichen Einflüssen, die heilige Stätte der Anbetung wird geschützt und die Einheit des Ganzen wird gefördert. Dies konnte einem Gott wohlgefälligen Opferdienst nur zuträglich sein. In der Folge würde unter den gottesfürchtigen Anbetern die Überzeugung gefestigt werden, an dem Gott wohlgefälligen Platz zu sein, weil die Grundsätze Seines Wortes Geltung haben und das Ganze prägen. Am rechten Ort können dann „Opfer der Gerechtigkeit“ dargebracht werden, an denen Gott Gefallen hat. Beim Opfern geht es nicht um eine der Form genügende Erfüllung der Vorschriften, sondern um wahre Frömmigkeit in der rechten Gesinnung (Ps 4,6; 26,6–8; Mal 3,4). Wenn Seine Bedingungen für einen heiligen Gottesdienst missachtet werden, will Gott auch die Opfer nicht. Schlagen aber die Herzen Ihm entgegen und suchen sie Seine Gegenwart, um Seinen Namen zu ehren, dann erhält Er das, was Ihm zukommt. Opfer des Lobes, aus Liebe zu Ihm und in Reinheit dargebracht, sind Ihm angenehm. Gerne wird Er unter solchen Anbetern weilen (Ps 50,23; Heb 13,15).