Der Brief an die Römer
4. Der Lebenswandel in Beziehung zu dem Reich des Herrn (Kapitel 14,1–15,13)
4. Der Lebenswandel in Beziehung zu dem Reich des Herrn (Kapitel 14,1–15,13)
In Kapitel 12 haben wir die Ermahnungen an Gläubige gelesen, die im Wesentlichen im Blick auf die Beziehungen zueinander als Glieder des einen Leibes stehen. In Kapitel 13 geht es um Ermahnungen zu unserem Verhalten in Beziehung zur Welt, durch die wir hindurchgehen. In Kapitel 14 und 15 (bis Vers 13) stehen die Ermahnungen in Verbindung mit dem Herrn. Sie haben mit unserem Lebenswandel als Untergebene in seinem Königreich zu tun.
Dieser Teil des Briefes beginnt mit der Gesinnung, in der wir einander aufnehmen sollen. Er endet mit Ermahnungen, die uns in Freude und Friede miteinander verbinden, wenn wir nach ihnen handeln. Der Apostel spricht hier nicht von der Aufnahme in die Versammlung, sondern davon, dass wir einander aufnehmen sollen: ein einzelner nimmt einen anderen Gläubigen im normalen christlichen Miteinander auf. Es ist wichtig, diese richtige Bedeutung dieser Abschnitte zu verstehen, weil diese Verse oft missbraucht worden sind, um falsche Vorstellungen zu stützen. Man hat beispielsweise gesagt, dass jemand, weil er Christ ist und in diesem Sinn von Gott angenommen wurde, von uns in die Gemeinschaft der Versammlung aufzunehmen sei, unabhängig von seinen Verbindungen und seinem geistlichen Zustand.
In unserem Miteinander sollen wir uns daran erinnern, dass wir Untertanen sind im Königreich Gottes (Röm 14,17). Jeder ist für sich dem Herrn verantwortlich, der über sein Reich regiert. In diesem Königreich sind manche schwach im Glauben, andere stark (Röm 14,1; 15,1). Aber unabhängig davon, ob man „schwach“ oder „stark“ ist, ist jeder seinem Herrn gegenüber ganz persönlich verantwortlich. Daher muss jeder in seinem Gewissen frei vor dem Herrn handeln können, ohne dass ein anderer sich einmischt, wenn es sich nicht um direkten Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes handelt.
Der Apostel bezieht sich auf zwei Beispiele, die mit der Freiheit des persönlichen Gewissens zu tun haben:
- Er nennt das Essen bzw. Meiden von bestimmter Nahrung, die im Judentum unrein war (Fleisch von unreinen Tieren).
- Und er greift die Frage auf, ob bestimmte Tage und Feste eingehalten und gefeieret werden müssen.
Solche Fragen nahmen in den apostolischen Tagen noch einen wichtigen Platz ein, als es viele Gläubige gab, die aus dem Judentum stammten. Sie fanden es schwer, sich von ihren durch die frühere jüdische Zeit bestimmten Vorstellungen zu befreien, wo Fleisch und das Einhalten von Tagen eine große Rolle spielte. Die Gläubigen aus den Nationen hatten mit solchen Fragen wenig zu tun. Sie kannten die Unterscheidung von reiner und unreiner Nahrung nicht. Für sie war es auch nicht schwer zu erkennen, dass das götzendienerische System, mit dem sie früher verbunden waren, vollkommen verkehrt war.
Aber diese Fragen nach Essen und Tagen sollten nicht das christliche Miteinander beeinflussen. Vielmehr sollten die Gläubigen dadurch geprägt sein, dass sie einander trugen und ertrugen, gerade wenn sie im Blick auf diese Punkte unterschiedliche Empfindungen besaßen.
Die Schwachen sind nicht diejenigen, die leichtfertig mit dem Bösen umgehen. Sie führen ihr Leben auch nicht im Ungehorsam Gottes Wort gegenüber. Sie sind vielmehr solche, die nicht die ganze Freiheit des Christentums erkennen und verwirklichen. Sie sind Gläubige, die im Blick auf kleine Dinge gesetzlich sind und dadurch nicht nur ein empfindsames Gewissen besitzen, sondern sogar ein krankhaftes.
Aufnehmen – ohne entscheiden zu lassen (Verse 1.2)
„Den Schwachen im Glauben aber nehmt auf, doch nicht zur Entscheidung strittiger Überlegungen. Der eine glaubt, er dürfe alles essen; der Schwache aber isst Gemüse“ (Verse 1.2).
Die Schwachen im Glauben sollen nicht gemieden werden. Man soll sie aufnehmen. Dennoch sollte die Aufnahme solcher Gläubiger nicht als Entscheidungsgrundlage dafür dienen, was Gottes Gedanken im Blick auf Essen und Tage sind. Derjenige, der aufgenommen wurde, sollte nicht denken, dass seine Aufnahme auch das Anerkennen seiner besonderen Sichtweisen im Blick auf Nahrung und Tagen bedeutete.
Auf der anderen Seite sollten diejenigen, die einen solchen Schwachen aufnahmen, diese Gelegenheit nicht dafür nutzen, sich im Blick auf sein übermäßig empfindsames Gewissen vor Gott einzumischen. Der eine glaubt, dass er alle Dinge essen kann. Ein anderer, den der Apostel schwach nennt, glaubt, dass es richtig ist, nur Gemüse zu essen. Das lässt der Apostel stehen.
Denn Gott nimmt auf und erhält aufrecht (Verse 3.4)
„Wer isst, verachte den nicht, der nicht isst; wer aber nicht isst, richte den nicht, der isst; denn Gott hat ihn aufgenommen. Wer bist du, der du den Hausknecht eines anderen richtest? Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn. Er wird aber aufrecht gehalten werden, denn der Herr vermag ihn aufrecht zu halten“ (Verse 3.4).
Der Apostel belehrt uns nun, dass es in solchen Themenbereichen ein gegenseitiges Ertragen geben soll. Dafür nennt er drei Gründe:
- Gott hat sowohl den Schwachen als auch den Starken angenommen. Dass Er uns aufgenommen hat, hängt nicht davon ab, ob wir bestimmtes Fleisch essen oder nicht.
- In solchen Bereichen stehen und fallen wir unserem eigenen Herrn. Wir haben nicht das Recht, den Dienst eines anderen zu richten.
- Schließlich ist der Herr in der Lage, uns zu bewahren und aufrecht zu halten, selbst wenn wir in solchen Angelegenheit schwach im Glauben sind.
Der Gläubige lebt vor dem Herrn (Verse 5–8)
„Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere aber hält jeden Tag gleich. Jeder sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt. Wer den Tag achtet, achtet ihn dem Herrn. Und wer isst, isst dem Herrn, denn er danksagt Gott; und wer nicht isst, isst dem Herrn nicht und danksagt Gott. Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn; sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn. Sei es nun, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind des Herrn“ (Verse 5–8).
Der Apostel schließt auch die Frage ein, ob man spezielle Tage halten soll oder nicht. Er geht davon aus, dass jeder vor dem Herrn handelt, unabhängig davon, welchen Standpunkt er im Blick auf Tage und Fleisch einnimmt.
Niemand von uns lebt sich selbst, sondern dem Herrn. Es ist wichtig zu sehen, dass der Apostel nicht vom Tag des Herrn (dem Sonntag) spricht. Das Beobachten des ersten Tages der Woche als des Herrn Tag hat die Billigung der Schrift und wird nicht offengelassen (vgl. Joh 20,19; Apg 20,7; 1. Kor 16,2; Off 1,10).
Persönliche Rechenschaft vor Gott (Verse 9–12)
„Denn hierzu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden: um zu herrschen sowohl über Tote als auch über Lebende. Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was verachtest du deinen Bruder? Denn wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. Denn es steht geschrieben: ‚So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir wird sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Gott bekennen.' So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben“ (Verse 9–12).
Christus hat seinen Anspruch über uns durch seinen Tod und seine Wiederauferstehung verankert. Als der lebende Herr wird Er daher sowohl über Tote als auch über Lebende herrschen. Der Herr ist der Richter, und vor seinem Richterstuhl werden wir alle stehen. Jeder ist verantwortlich für sich selbst, Gott Rechenschaft abzulegen.
So werden wir in den zwölf ersten Versen gewarnt davor, das Gewissen unseres Mitbruders seinem Herrn gegenüber gering zu achten. Wir sollen die Rechte über jeden Einzelnen von uns nicht außer Acht lassen und uns nicht in die persönliche Verantwortung vor dem Herrn einmischen.
Aus Liebe zum anderen (Verse 13–18)
„Lasst uns nun nicht mehr einander richten, sondern richtet vielmehr dieses: dem Bruder nicht einen Anstoß oder ein Ärgernis zu geben. Ich weiß und bin überzeugt im Herrn Jesus, dass nichts an sich selbst unrein ist; nur dem, der etwas für unrein erachtet, dem ist es unrein. Denn wenn dein Bruder wegen einer Speise betrübt wird, so wandelst du nicht mehr nach der Liebe. Verdirb nicht mit deiner Speise den, für den Christus gestorben ist. Lass nun euer Gut nicht verlästert werden. Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Denn wer in diesem dem Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt“ (Verse 13–18).
Bis hierhin hat uns der Apostel gezeigt, dass wir von Gott verpflichtet sind, uns davor zu hüten, einander Vorschriften im Blick auf das Essen von Fleisch zu machen. Wir haben kein Recht, uns im Blick auf das Halten von Tagen bei unseren Mitgläubigen einzumischen. Nun zeigt er, dass es noch einen Beweggrund gibt, der uns davor bewahrt, einander in solchen Dingen zu richten. Wir sollten gemäß der Liebe handeln (Vers 15). Wenn wir durch die Liebe für unseren Bruder motiviert werden, werden wir darüber wachen, keinen Stolperstein in den Weg unserer Mitgläubigen zu legen, durch den sie zu Fall kommen.
Paulus war davon vollkommen überzeugt, dass kein Fleisch in sich selbst unrein war. Aber wenn das Essen von bestimmtem Fleisch bei einem Bruder ein schlechtes Gewissen auslöst, wird es bei diesem zu einem Anlass von Verunreinigung. Wir sollten daher aufpassen, unsere Freiheit nicht mit dem Ziel auszuleben, einen Bruder von etwas zu überzeugen, wozu er innerlich nicht frei ist, so dass er mit einem schlechten Gewissen handelt. Wir überreden ihn dann dazu, über seinen Glauben hinaus zu handeln. Und dadurch veranlassen wir ihn, sein eigenes Gewissen zu verletzen. Das bringt ihn von Christus weg. Auf solche Weise wird die Freiheit des Christentums, die wir mit Recht genießen, zu einem Ärgernis und Anstoß für andere, die dadurch zu Fall kommen. Aus diesem Grund warnt uns der Apostel davor, diese christliche Freiheit in einem solchen Fall auszuüben.
Das Königreich Gottes ist nicht charakterisiert durch Essen und Trinken, sondern durch Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Das sind die moralischen Charakterzüge des Reiches, die wir schon jetzt in der Kraft des Heiligen Geistes genießen können. Sie werden weltweit genossen werden, wenn das Reich in Macht aufgerichtet wird.
Schon heute aber sind dies die Eigenschaften, die sowohl Schwache als auch Starke prägen sollen. Diese Charakterzüge sind Gott wohlgefällig, und dadurch ist man auch den Menschen bewährt. Es steht Gottes Absichten jedoch entgegen und wird auch von Menschen abgelehnt, wenn man die eigene Freiheit einem anderen, der durch das Ausleben in seinem schwachen Gewissen verletzt wird, aufzuzwingen möchte.
Dem Frieden nachstreben (Verse 19–23)
„Also lasst uns nun dem nachstreben, was zum Frieden und was zur gegenseitigen Erbauung dient. Zerstöre nicht einer Speise wegen das Werk Gottes. Alles ist zwar rein, aber es ist böse für den Menschen, der mit Anstoß isst. Es ist gut, kein Fleisch zu essen noch Wein zu trinken, noch etwas zu tun, woran dein Bruder sich stößt oder sich ärgert oder worin er schwach ist. Hast du Glauben? Habe ihn für dich selbst vor Gott. Glückselig, wer sich selbst nicht richtet in dem, was er gutheißt! Wer aber zweifelt, wenn er isst, ist verurteilt, weil er es nicht aus Glauben tut. Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ (Verse 19–23).
Der Apostel hat uns ermahnt, in Übereinstimmung mit der Liebe zu leben und unseren Bruder nicht zu Fall zu bringen. Nun ermahnt er uns, dem Frieden nachzustreben und dem, was zur gegenseitigen Erbauung dient. Einen schwachen Bruder zu überreden suchen, das zu tun, was ihm ein schlechtes Gewissen bereitet, ist tendenziell das Zerstören des Werkes Gottes in seiner Seele. So werden wir zu einem Anlass, dass er zu Fall kommt. Es ist besser, kein Fleisch zu essen noch Wein zu trinken, wenn wir dadurch vermeiden, unseren Bruder zu verletzen bzw. ihm zu schaden.
Wenn wir Glauben haben, bestimmte Dinge zu tun, sollten wir ihn vor Gott haben. Stark zu sein im Glauben, ist recht. Aber wir sollten nicht versuchen, einen anderen zu etwas zu bringen, woran er Zweifel hat. Denn so könnten wir ihn auf einen Weg bringen, den er nicht im Glauben gehen kann. Und alles das, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde.
Zum Wohl des anderen (Kapitel 15,1.2)
„Wir aber, die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. Jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten, zur Erbauung“ (Verse 1.2).
Die ersten 13 Verse des 15. Kapitels schließen das Thema des 14. Kapitels ab. Paulus spricht hier über den Lebenswandel, der für die Gläubigen angemessen ist, die sich im Königreich Gottes befinden. Die vier wichtigen Ermahnungen dieses großen Abschnitts lauten:
- „Wer isst, verachte den nicht, der nicht isst; wer aber nicht isst, richte den nicht, der isst“ (K. 14,3). So werden wir aufgefordert zu gegenseitigem Ertragen in Dingen, bei denen keine Verbindung mit Bösem oder Ungehorsam Gottes Wort gegenüber betroffen ist.
- „Lasst uns nun nicht mehr einander richten“ (K. 14,13). Hier ermahnt uns der Apostel, in Übereinstimmung mit der Liebe zu handeln.
- „Lasst uns nun dem nachstreben, was zum Frieden dient“ (K. 14,19).
- „Jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten, zur Erbauung“ (K. 15,2).
Die Gläubigen im Reich Gottes sollten somit geprägt sein durch gegenseitiges Ertragen, durch Liebe, Frieden und Selbstlosigkeit, die den Blick von sich selbst weglenkt, um anderen zu deren Nutzen zu gefallen.
Gleich gesinnt – Christus Jesus gemäß (Verse 3–7)
„Denn auch der Christus hat nicht sich selbst gefallen, sondern wie geschrieben steht: ‚Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.' Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben. Der Gott des Ausharrens und der Ermunterung aber gebe euch, gleich gesinnt zu sein untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht. Deshalb nehmt einander auf, wie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit“ (Verse 3–7).
Zu unserer Ermunterung spricht der Apostel über Christus als unser vollkommenes Beispiel einer Person, die nicht sich selbst gefallen hat. Das war derart verschieden von den Wegen der Welt, dass es Ihm Schmähung gebracht hat.
Darüber hinaus haben wir nicht nur das Beispiel von Christus, sondern auch die Ermunterung der Schriften. Denn alles das, was zuvor aufgeschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung verfasst, damit wir durch Ausharren und Ermutigung die wahre Hoffnung in unseren Herzen bewahren.
Zudem haben wir nicht nur die Ermunterung der Schriften, sondern auch die Hilfe Gottes selbst. Denn der Gott des Ausharrens und der Ermunterung wird uns in einer Weise bewahren, die zu seinem Königreich passt.
Alle diese Ermahnung haben das große Ziel im Blick, dass wir „untereinander gleich gesinnt sind, Christus Jesus gemäß“, um „einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ zu verherrlichen. Der Apostel zeigt uns so auf klare Weise, dass die absolute Voraussetzung dafür, Gott mit einem Mund zu verherrlichen, darin besteht, „untereinander gleich gesinnt zu sein“. Wir sehen, dass diese beiden Dinge die Heiligen in den ersten Pfingsttagen prägten. Wir lesen, dass „sie einmütig ihre Stimme zu Gott erhoben“. Dann wird uns gesagt, dass diese Gläubigen, die Gott einmütig verherrlichten, „ein Herz und eine Seele“ waren. Sie waren einmütig Gott gegenüber, weil sie untereinander gleichgesinnt waren (Apg 4,24.32).
Leider war die Einheit dieser ersten Tage sehr schnell vorbei. Wir leben in Tagen des Ruins, in denen die größte Verwirrung in der Christenheit vorherrscht. Selbst unter denen, die in Tagen des Verfalls dem Wort Gottes gehorsam sein wollten, sehen wir zunehmend, dass der Teufel damit erfolgreich war, „Neid und Streitsucht“ zu erzeugen, die zu „Zerrüttung und jeder schlechten Tat“ führen, wie Jakobus das nennt.
Wenn es jedoch nicht mehr möglich ist, alle Gläubigen miteinander zu versammeln, ist es dann auch nicht möglich für einige wenige, „untereinander gleich gesinnt“ und so Gott mit einem Mund verherrlichend zu finden? Diese genannten Schriftstellen zeigen, auf was für eine Art und Weise das auch heute noch möglich ist.
Lasst uns erkennen, dass der Apostel auf den Hinweis, „untereinander gleich gesinnt“ zu sein, sofort folgen lässt: „Christus Jesus gemäß“. Es ist möglich, gemäß der Natur oder dem Fleisch gleich gesinnt zu sein und so an der Gesinnung Christi vollständig vorbeizugehen. Gemäß Christus Jesus gleich gesinnt zu sein bedeutet, durch die vier Charakterzüge geprägt zu sein, die der Apostel zuvor genannt hat: gegenseitiges Ertragen, Liebe, Friede und Selbstlosigkeit. So vergisst man sich selbst und sucht, den anderen zu deren Nutzen wohlzutun. Auf diese Weise werden wir wirklich „mit einem Mund den Gott und Vater unsers Herrn Jesus Christus“ verherrlichen. Wie wären unsere Leben verändert und was hätten wir für wertvolle Zeiten der Anbetung, wenn wir zusammenkommen, um an den Herrn Jesus zu denken, wenn wir durch Gottes Gnade „untereinander gleich gesinnt“ wären.
Der Dienst Christi (Verse 8.9)
„Denn ich sage, dass Christus ein Diener der Beschneidung geworden ist um der Wahrheit Gottes willen, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen, damit die Nationen aber Gott verherrlichen mögen um der Begnadigung willen“ (Verse 8.9).
Der Apostel schließt diese praktischen Ermahnungen ab, indem er auf den Dienst Christi hinweist. Dieser hat den Ratschluss Gottes im Blick, Juden und Heiden durch Christus zusammenzufügen, damit sie mit einer Gesinnung Gott verherrlichen. Die Versammlung in Rom war wahrscheinlich eine gemischte Gesellschaft aus Gläubigen mit jüdischer und heidnischer Herkunft. Daher bestand die Gefahr, dass jeder seine nationalen Vorurteile in die Versammlung mitbrachte und so die Harmonie insgesamt zerstörte.
Die praktische Bedeutung der Kapitel 14,1–15,13 besteht darin zu zeigen, dass die Gläubigen nur dann ihr Leben in Eintracht zusammen führen können, wenn jeder sich dem Herrn unterstellt. Es gibt Dinge, die eine Gewissensfrage sind, wie zum Beispiel Essen, Getränke und Tage. Hier dürfen wir das Gewissen des anderen nicht übergehen. Reines Argumentieren und Überreden löst diese Fragen nicht und bewirkt nicht, dass diejenigen einmütig zusammenleben, die in diesen Fragen unterschiedlich denken. Nur dann, wenn jeder einzelne persönlich sein Leben in Gemeinschaft mit dem Herrn führt, ist es möglich, auch zusammen in Frieden miteinander zu leben. Wie leicht kann jeder von uns, wenn er diese Nähe des Herrn aufgibt, die Harmonie einer örtlichen Versammlung zerstören.
Das große Ziel des Dienstes des Herrn ist es, Juden und Heiden zusammenzubinden. Diese stehen sich von Natur aus regelrecht feindlich gegenüber, auch was die Anbetung und den Lobpreis Gottes betrifft. Dieses Ziel wird, wie wir wissen, im 1.000-jährigen Reich erfüllt werden. In der Zwischenzeit werden Gläubige von den Juden und von den Heiden in dem einen Leib der Versammlung auf himmlischer Grundlage zusammengefügt. Alle nationalen Unterschiede verschwinden hier. Es ist offensichtlich, dass wir im Alten Testament keinen Hinweis auf die Versammlung finden. Dennoch gibt es viele herrliche Weissagungen, die uns den Tag vorhersagen, wenn Juden und Heiden in der Anerkennung Gottes und in seinem Lob zusammengeführt werden.
Um uns zu zeigen, dass ein großes Ziel des Dienstes des Herrn darin besteht, die Verheißungen des weltweiten Segens zu bestätigen, die den Erzvätern gemacht worden sind, zitiert der Apostel aus den Psalmen, dem Gesetz und den Propheten.
Der Herr bezeugt Gott unter den Nationen (Vers 9)
„wie geschrieben steht: ‚Darum werde ich dich preisen unter den Nationen und deinem Namen lobsingen.'“ (Vers 9).
Das erste Zitat kommt aus Psalm 18,50. Abraham wurde verheißen, dass „in dir alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen“ (1. Mo 12,3). Um diese und ähnliche Verheißungen an die Väter zu erfüllen, erweist der Herr den Nationen Barmherzigkeit und bezeugt Gott unter ihnen.
Nationen und Israel (Vers 10)
„Und wiederum sagt er: ‚Seid fröhlich, ihr Nationen, mit seinem Volk!'“ (Vers 10).
Das zweite Zitat ist aus dem Gesetz (5. Mo 32,43). Hier lesen wir, dass nicht nur die Heiden Gott lobsingen werden, sondern dass sie es mit dem Volk Israel zusammen tun werden.
Appell an Nationen und Israel (Vers 11)
„Und wiederum: ‚Lobt den Herrn, alle Nationen, und alle Völker sollen ihn preisen!'“ (Vers 11).
Das dritte Zitat aus Psalm 117,1 ist ein Appell an Juden und Heiden, sich im Lob des Herrn zu verbinden.
Christus bindet Nationen und Israel zusammen (Vers 12)
„Und wiederum sagt Jesaja: ‚Es wird sein die Wurzel Isais und der aufsteht, um über die Nationen zu herrschen- auf ihn werden die Nationen hoffen.'“ (Vers 12).
Das letzte Zitat stammt aus Jesaja 11,10. Es beweist, dass Christus selbst das Band ist, das Juden und Heiden miteinander verbinden wird. Er steht auf aus den Juden, der Wurzel Isais, um über die Nationen zu herrschen. Und auf ihn werden die Nationen hoffen.
Überreich in der Hoffnung (Vers 13)
„Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich seid in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“ (Vers 13)
Auf der Grundlage dieser Barmherzigkeit und Gnade, die zu den Nationen fließen und Juden und Nationen zusammen in das kommende Königreich bringen wird, befiehlt der Apostel die Gläubigen dem Gott der Hoffnung an. Er wünscht, dass sie erfüllt sind mit Freude und Frieden, indem sie in der Hoffnung überfließen durch die Kraft des Heiligen Geistes, der das Unterpfand der kommenden Herrlichkeit ist.
Mit der Erwartung der kommenden Herrlichkeit vor uns sollten wir über die Fragen von Fleisch essen und Wein trinken und Tage halten erhoben werden. Nicht diese Fragen sollten uns erfüllen, sondern die Freude der Erwartung der kommenden Herrlichkeit bringt uns dazu, miteinander Frieden zu haben und zu genießen.