Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 33
Der Glaube muss sich auf absolut verlässliche Grundlagen stützen können, die keinen Raum lassen für einen Zweifel. Der Feind Gottes ist interessiert daran, in der sichtbaren Welt Entwicklungen ausfindig zu machen, die dem Dasein eines Schöpfers und Erhalters aller Dinge widersprechen. Der Gottesfürchtige setzt sein Vertrauen nicht auf die Ergebnisse menschlichen Denkens, denn er vertraut den Antworten der Heiligen Schrift auf diesbezügliche Fragen. Er glaubt an Gott als den Schöpfer aller Wesen und aller Dinge und möchte dann auch die Gedanken kennenlernen, die Gott zur Erschaffung des Ganzen veranlassten. Da die materielle Welt vergänglich ist und sich verbraucht, wozu ist sie dann erschaffen worden und was geschieht nach ihrer Auflösung? Die Heilige Schrift antwortet darauf; sie spricht über die Zukunft dieser Erde und über das, was danach sein wird. Überdies wird in Gottes Wort erklärt, worauf der moralische Niedergang unter den Menschen zurückzuführen ist und wohin das ständige Anwachsen des Bösen führen wird. Die Bibel berichtet darüber, welche Mittel Gott bisher eingesetzt hat, um den verderbenden Mächten und Einflüssen Einhalt zu gebieten. Prophetisch sagt die Heilige Schrift voraus, dass die Erde von allem Bösen gereinigt werden wird und dass alle, die Christus und Gottes Gnade nicht angenommen haben, dem ewigen Gericht verfallen. Wer an den allein wahren, gerechten Gott glaubt, ist sicher, dass Gott Sich in dem Gemachten verherrlichen will (Ps 19,2; Röm 1,18–20); für ihn kann daher das Endergebnis aller Geschehnisse im Zeitlauf dieser Welt nur die vollkommene Offenbarung der Herrlichkeit Gottes sein (1. Tim 1,17; Jud 25). Der vorliegende Psalm spricht vornehmlich über die herrliche Größe Gottes, er stützt die Überzeugungen des Glaubens durch viele Hinweise auf das Wesen und Werk des Allmächtigen, das sich vor den Blicken der Menschen ausbreitet und von ihnen wahrgenommen und verstanden werden kann. Infolge dieser Zielsetzung spricht der Psalm nicht (wie viele andere Psalmen) von persönlichen Erlebnissen und äußert keine Bitten. Auffallend ist, dass er viele umfassende, allgemeingültige Feststellungen trifft.
Der Psalm befasst sich mit dem gütigen, gerechten und heiligen Wesen dessen, der der alleinige Gott und der Schöpfer ist. Hier wird Gottes Allmacht betont, auch Seine Allgegenwart, Allwissenheit und Majestät, der nichts gleichzusetzen ist. Es geht besonders um die herrlichen Erweisungen Seines Wesens auf der ganzen Erde. Bei all diesen Vorgängen bleibt Gott immer der Gestaltende, der allen Entwicklungen Maß und Ziel setzt. Jeder kann wahrnehmen, wie Gott auf die Menschen und die Schöpfung einwirkt und wodurch Er ihre Geschicke lenkt. Menschen können Sein Wort, Seine Stimme, vernehmen und Seine Taten wie auch Sein ganzes Werk anschauen. Wer von der Heiligen Schrift belehrt werden will und ihr glaubt, dem offenbaren sich die Güte und Liebe des barmherzigen Gottes. Die Schrift beschreibt die Treue und Verlässlichkeit des einen wahren Gottes, die Ratschlüsse des allein weisen Gottes und die Urteile und strafenden Eingriffe des heiligen und gerechten Gottes. Diesem Gott, der als Einziger Wunder wirken kann, gilt der Lobgesang der Gerechten und Aufrichtigen, die im persönlichen Glauben an die Wahrheit Seiner Offenbarungen verharren. In dieser Zeit glauben sie an das Erlösungswerk Christi. Es ist ihr besonderes Vorrecht, Ihn mit Einsatz aller Mittel zu preisen, und das war schon zur Zeit des Alten Testaments die fortwährende Aufgabe der Gottesfürchtigen (Verse 1 bis 3; Ps 97,12). Wenn bei der Aufrichtung des Reiches Christi auf der Erde in der Zukunft alle Dinge nicht nur wiederhergestellt, sondern in Vollkommenheit erstanden sein werden, dann werden die Gottesfürchtigen Ihm zur Ehre „ein neues Lied“ singen, das höher gestimmt ist als alle bisherigen und das die herrliche Neugestaltung der Schöpfung und die uneingeschränkte Herrschaft des Guten lobt (Vers 3; Ps 96,1; 98,1; 149,1; Jes 42,10).
Nachdem die ersten drei Verse zum Lob Gottes aufgerufen haben, beginnt Vers 4 mit der Beschreibung Seiner Werke, durch die Gott Seine Weisheit und Macht offenbart hat. Alsdann ist die Rede von Seinem Wort, durch das Er die Welten erschuf. Und durch Sein Wort hat Gott Sich an die Menschen gewandt und ihnen die Wahrheit verkündet. In den Versen 4 bis 9 steht dieses „Wort des HERRN“ besonders im Blickfeld, das Seine Grundsätze darlegt und durch das Er gewaltige Wirkungen hervorgebracht hat. Zunächst wird das Wort selbst als „gerade“ charakterisiert. Es ist immer zielgerichtet; es beugt sich vor nichts und niemand. Niemals ist es widersprüchlich, es ist stets makellos wahr und geradlinig. Das Wort ist recht und richtig und immer vertrauenswürdig, denn „Er liebt Gerechtigkeit und Recht“ (Vers 5). Gottes Wort ist allem anderen Wort vorzuziehen als die beste Richtschnur für das Denken und Handeln der Menschen (Spr 22,21; Jes 28,17), es ist ein zuverlässiger Führer für alle (Ps 19,8f; Spr 8,6–9). Wie in jeder anderen Hinsicht, so bleibt Gott Seinem Wort in allem Wirken treu. Er wird immer so handeln, wie Er es zugesagt oder angekündigt hat. Sein Wort und Seine Taten entsprechen einander vollkommen, denn beide sind der Ausdruck Seiner Absichten. Wer sich auf das Wort als uneingeschränkte Gewissheit verlässt, wird nie enttäuscht (4. Mo 23,19; 5. Mo 32,4). Er ist der Gott der Wahrheit. Jedes Seiner Worte steht unerschütterlich fest und erfüllt sich; keins von ihnen fällt dahin. Darum bildet die Heilige Schrift die wahre, sichere Grundlage für das Recht, und Gott liebt das Recht, denn Er ist das Licht. Es geziemt sich für jedes geschaffene Wesen, sich vor Seiner Majestät in Ehrfurcht zu scheuen (Vers 8; Jes 64,1–3). Wem dies wirklich zum Bewusstsein kommt und es sich zu Herzen nimmt, fürchtet sich zu Recht. Indes begegnet dieser Furcht in Vers 5 die Liebe Gottes und lässt den Gottesfürchtigen wissen: „Die Erde ist voll der Güte des HERRN“. Auch dieses ist von jedem Einzelnen jederzeit wahrzunehmen (Ps 119,64; Lk 6,35b). „Denn in ihm leben und weben (oder: bewegen wir uns) und sind wir“ (Apg 17,28). Wer seine Verantwortlichkeit Gott gegenüber erkennt und als sein Geschöpf die Abhängigkeit von Ihm eingesteht, der wird sich demütigen und seine Sünden vor Ihm bekennen. Er wird mit dem Gott der Wahrheit und dem Gott aller Gnade ins Reine kommen und sich im Glauben Seiner Güte erfreuen. Er nimmt die Beweise Seiner Gnade wahr und dankt Ihm dafür. „Denn gewaltig ist seine Güte über denen, die ihn fürchten“ (Ps 103,11).
„Durch das Wort des HERRN sind die Himmel gemacht, und all ihr Heer durch den Hauch seines Mundes“ (Vers 6; Ps 65,6–14; Heb 11,3). Will der Mensch ein nützliches Werk beginnen, dann häufen sich oft die Schwierigkeiten, die nötigen Mittel und Wege zur Durchführung zu finden. Danach bedarf es viel Zeit und Kraft, bis das Werk vollendet ist. Für Gott bedeuten Zeit, Mittel und Pläne nie eine Schwierigkeit, denn alles Nötige besitzt Er, und es steht Ihm in Fülle zur Verfügung (Jes 40,12–17). Sein Wirken setzt niemals Zeit und Materie voraus, denn Er hat nichts von dem zu berücksichtigen, was wir zu einem Werk nötig haben oder was uns dabei Mühe macht. Wie Vers 6 es ausdrückt, gleicht der Hauch, der beim Aussprechen eines Befehls entsteht, dem Aufwand, den der Schöpfer für die Vollendung Seiner Pläne benötigt. Was sich nach menschlichem Verständnis nur während eines langen Zeitraums entwickelt haben könnte, war bei seinem Beginn durch Ihn und für Ihn bereits fertig. Der Herr Jesus, der ewige Sohn Gottes, steht als Schöpfer Selbst am „Anfang der Schöpfung Gottes“. Er ist „der Erste und der Letzte“, „das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende“, (Off 1,8.17; 2,8; 3,14; 21,6; 22,13). Und: „Du, Herr, hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Werke deiner Hände“ (Heb 1,10; Jes 42,5), „und alle Dinge bestehen durch ihn“, „der das Bild des unsichtbaren Gottes ist“ (Kol 1,15–17). Wer im Glauben diese Aussagen der Heiligen Schrift als die Wahrheit in sein Herz aufgenommen hat, versteht dann auch, dass der Herr Jesus Christus das ganze Geschehen in dieser Schöpfung begleitet, aufrechterhält und zu dem vorbestimmten Ziel lenkt. Christus ist es, der das Ganze eröffnet und beschließt. Er beherrscht es mühelos. Von Ihm, von dem Hauch Seines Mundes, ist das Weltall abhängig. Er ist es, „der der Sonne befiehlt“ (Hiob 9,6–10). Dass Er mit den größten Kräften der Natur, etwa mit den Wassermassen der Meere, nach Seinem Willen verfahren kann, wird dann verständlich (Vers 7; 1. Mo 1,9; Ps 104,5–9; Jes 40,12; Jer 5,22). „Er (Jesus) wachte auf, schalt den Wind und sprach zu dem See: Schweig, verstumme! Und der Wind legte sich, und es trat eine große Stille ein. ...Und sie fürchteten sich mit großer Furcht und sprachen zueinander: Wer ist denn dieser, dass auch der Wind und der See ihm gehorchen?“ (Mk 4,39–41).
Den vorliegenden Versen und den angeführten Schriftstellen entnimmt der Gottesfürchtige, wie groß und erhaben die wunderbare Person ist, die ihn bei der Hand genommen hat und ihm zur Seite steht. Der Hauptmann von Kapernaum hatte erkannt, wer ihm, dem geringen, unwürdigen Geschöpf, in der Person Jesu gegenüberstand; durch Glauben war ihm bewusst geworden, dass Jesus mit einem bloßen Wort die Gesetzmäßigkeiten der Schöpfung sowohl neu schaffen als auch einfach übergehen oder ändern konnte; also bat er den Herrn: „Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden“. Der Herr Jesus beantwortete diesen Glauben mit besonderer Anerkennung: „Wahrlich, ich sage euch, bei niemand in Israel habe ich so großen Glauben gefunden“ (Mt 8,5–13). Denn hier hatte der Herr einen unter den „Bewohnern des Erdkreises“ gefunden, der Ihm in Gottesfurcht und Glauben die gebührende Ehre entgegenbrachte, gemäß dem, was der Vers 9 dieses Psalms über Ihn gesagt hat: „Denn er sprach, und es war; er gebot, und es stand da“ (vergl. Ps 148,5.6). Die Berichte der Evangelien über die Wunderwerke Jesu lassen erkennen, dass sich in der Erhaltung oder der Wiederherstellung von etwas Geschaffenem die gleiche Macht, Weisheit und Güte entfaltet wie bei der Erschaffung der Welten. Darin findet der Glaube des Gottesfürchtigen eine grundlegende Bestätigung für sein Vertrauen auf den Herrn. Nicht von selbst oder gar durch Zufall kann in der Schöpfung etwas besser und höher Entwickeltes als das bisher Dagewesene entstehen. Ebenso wenig erneuert sich Zerfallenes und Verbrauchtes zufällig und von selbst. Dies kann in der Tat nur durch das Wirken des göttlichen Willens und durch die Weisheit Gottes nach Seinem Befehl geschehen. Offenkundig regiert in der Schöpfung nirgends der Zufall oder die Beliebigkeit, wie es sich gerade so trifft; nichts in ihr geschieht unwillkürlich. Sollten Ereignisse den Anschein des Zufälligen haben, dann hat Gott sie regierend ermöglicht und gewollt.
Die Verse 8 bis 17 befassen sich mit den selbstherrlichen Zielsetzungen der Völker dieser Erde, die Gottes Oberhoheit nicht in Rechnung stellen; sie meinen nach ihrem Belieben verfahren zu können. Vom Unglauben irregeführt, nehmen sie ihre erdgebundene Begrenztheit und ihre Abhängigkeit von dem Schöpfer nicht wahr. Sie wissen nichts von der unsichtbaren Hand Gottes, die hinter den Wirren der Völkergeschichte die Geschicke aller Nationen lenkt und das vereitelt, was Seine Pläne durchkreuzt. Darüber hinaus bringen die Verse 13 bis 19 zum Bewusstsein, dass Gott das Ganze dieser Welt in jeder Einzelheit in seiner Entwicklung verfolgt. Gottes Aufmerksamkeit entgeht nichts. Er greift steuernd und verhindernd in das Leben Einzelner und in die Geschichte der Völker ein, sobald das Böse überhandnimmt und Seine Ziele zu durchkreuzen sucht (Ps 2; Jes 8,9f; 14,24–27; 19,1–15; 46,9–11). Denn der Urheber des Ganzen und Herrscher über die Schöpfung ist auch der Herr aller Herren und König aller Könige (Jes 40,22–26). Im Gegensatz zu irdischen Mächten und Regierungssystemen ändert Er nie Seine Regierungsgrundsätze, niemals ermüdet Er oder legt Er die Herrschaft nieder. Ein zeitloses, von keinerlei geistigen oder politischen Strömungen beeinflusstes Recht und Gesetz findet sich nur bei Ihm und in Seinem Wort. Wer sich danach ausrichtet, tut wohl. Wer es für ewig wahr hält und sich darauf stützt, setzt sein Vertrauen auf das allein wirklich Verlässliche, auf die Heilige Schrift. Denn „der Ratschluss des HERRN besteht ewig, die Gedanken seines Herzens von Geschlecht zu Geschlecht“ (Vers 11; Mt 5,18–20).
Bis heute hat es keine Nation gegeben, die von sich behaupten könnte, dass sie sich Gott unterworfen habe und dass Er ihr HERR sei. Ebenso wenig hat sich jemals ein Volk „glückselig“ nennen können. Daraus folgt, dass Vers 12 von einem noch zukünftigen Ziel spricht: „Glückselig die Nation, deren Gott der HERR ist, das Volk, das er sich zum Erbteil erwählt hat“. Solche Glückseligkeit hat der HERR für die Zukunft Seines Volkes im Sinn. Um dieses Ziel zu erreichen, wird Er die Schöpfung entsprechend regieren und die geschichtlichen Entwicklungen der Menschheit dahingehend lenken. Sein Plan betrifft insbesondere „das Volk, das er sich zum Erbteil erwählt hat“. Das derart begünstigte Volk ist offensichtlich das Israel der Zukunft, obwohl es hier nicht namentlich genannt wird (was dem Charakter des Psalms entspricht). Er hat Sich dieses Volk zu Seiner Verherrlichung erwählt (Ps 28,9 und 144,15); es wird dann „heilig heißen“, und es „ist zum Leben eingeschrieben“. Es handelt sich um solche aus Israel, die in der Zukunft Jesus Christus als ihren Messias und HERRN anerkennen werden und Ihm als ein Geschlecht zugerechnet werden. Durch Christus und Sein vollbrachtes Werk werden sie dann die dazu nötige Gerechtigkeit besitzen (Jes 53,8).
Als der, der alle Dinge und alle Wesen geschaffen hat und beherrscht, „blickt der HERR von den Himmeln herab, er sieht alle Menschenkinder“. Von Seiner heiligen Wohnung aus erforscht Er sowohl ihr Innerstes als auch ihre Worte und Wege (Verse 13 bis 15; Ps 11,4 und 139,1–7; Jer 17,10; Heb 4,13). Ihre Absichten sind Ihm bekannt, ehe sie zur Tat werden; um ihre Gedanken und Neigungen weiß Er. Von ihnen selbst unbemerkt, kann Er auf ihr Herz und ihren Verstand Einfluss nehmen (Jes 37,7; Off 17,17). Wie die Körperkraft, so kann Er ihnen die seelische Kraft und die geistigen Fähigkeiten wegnehmen, denn über dies alles erstreckt sich Seine Macht als Schöpfer (Jes 29,10 und 30,28; Röm 11,8; 2. Thes 2,11). So ist es Ihm ein Leichtes, das Ergebnis ihrer Unternehmungen zu beeinflussen, während die Menschen meinen, alles selbständig geplant und ausgeführt zu haben, kraft eigener Befähigung und in freier Willensentscheidung. Gläubige Leute zur Besinnung mahnend, fragt der Apostel Paulus: „Was aber hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber auch empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?“ (1. Kor 4,7). Doch von solcher Abhängigkeit wollen die meisten Menschen nichts wissen. Die Selbstbewussten, die Begabten, die Herrschenden und die Helden schreiben die Erfolge gerne dem Einsatz ihrer Mittel und ihrem klugen, geschickten Vorgehen zu (Jes 31,1–3). Ihre Ruhmsucht neigt zum Selbstbetrug und ihr Hochmut nimmt ihnen die Besonnenheit weg. Menschliches Wissen und Können, das Gewicht von Machtfaktoren, die Verfügungsgewalt und gut funktionierende Strukturen laden dazu ein, sich darauf zu verlassen, aber wirklich verlässlich sind sie nicht. Rettung, Befreiung und ein Entrinnen vom Untergang gewähren sie letztlich nicht (Verse 16 und 17; Pred 9,11; Jes 30,15f und 37,15ff; Hos 1,7; Amos 2,14ff).
In den Versen 13 bis 15 wird das alles durchdringende Auge des HERRN so dargestellt, dass man es eher zu fürchten hätte. In den Versen 18 und 19 hingegen begrüßen es die Gottesfürchtigen, dass das Auge ihres Herrn mit Liebe und in Fürsorge auf sie gerichtet ist. Jeder Gläubige sollte wissen, wer vor allen anderen zu fürchten ist und wer allein ihn wirklich zu retten vermag (Lk 12,5–7). In jeder Notlage, aber auch ohne besonderen Anlass, tut der Gottesfürchtige gut daran, sich vor Gottes Augen zu fragen, ob er tatsächlich mit dem Herrn rechnet und ob es wirklich der Herr ist, auf dessen Hilfe er vertraut. Denn der Glaube und die Demut und darüber hinaus die Rechtschaffenheit und die Aufrichtigkeit sind es, die der Herr in Seiner Güte belohnen möchte. Nur Einer ist allmächtig und vollkommen vertrauenswürdig: der Gott aller Gnade, der Sein Auge gerne auf solche richtet, die Ihn fürchten (Verse 18 und 19; 2. Chr 16,9; Ps 32,8 und 34,16). Er wird große Dinge, die kein anderer zu tun vermag, an ihnen sichtbar werden lassen. Er errettet ihre Seele vom Tod und wird sie für immer am Leben erhalten (Ps 37,18.19). Durch Seine Gnade zu leben und sich unter den Augen Gottes aufzuhalten, ist der vollkommen sichere Schutz; es ist der Platz, den Seine Liebe für alle, die Ihn lieben, bereithält. Dann freuen sich die Herzen in Ihm und empfinden, dass Seine Güte wie ein Schutzschirm über ihnen ist (Ps 103,11 und 117,2). Der Glaube harrt auf Seine Güte, er wartet auf den HERRN, freut sich in Ihm und vertraut auf Seinen heiligen Namen (Jes 64,3.4).