Kapitel 3

Der Herr nutzte den Eifer Nehemias, um fast das gesamte Volk zu bewegen. Eine Welle von Tatendrang erwachte unter ihnen. Es mag sein, dass in den Herzen einiger Lauheit, wenn nicht sogar Feindseligkeit war, doch nach außen hin, dem Bekenntnis nach, kamen nahezu alle hinzu und boten ihre Dienste als Arbeiter an. Es war in der Tat ein richtiges Aufleben, wie es nur durch den Geist des Herrn ausgelöst werden kann. Der Wert, den Gott dem zumisst, kann darin gesehen werden, dass Er für die Aufzeichnung und Bewahrung der Namen derer sorgte, die an diesem Werk mitgearbeitet hatten. Dieser Umstand zeigt, dass Er beim Bauen der Mauer auf ihrer Seite war. Es konnte gar nicht anders sein, denn was war die Bedeutung des von ihnen beabsichtigten Werkes? Sie bekannten dadurch, angeführt von Nehemia, die Notwendigkeit ihrer Absonderung von den umliegenden Nationen und ergriffen Maßnahmen, um diese sicherzustellen. Lange Zeit zuvor hatte Mose zum Herrn gesagt: „Und woran soll es denn erkannt werden, dass ich Gnade gefunden habe in deinen Augen, ich und dein Volk? Nicht daran, dass du mit uns gehst und wir ausgesondert werden, ich und dein Volk, aus jedem Volk, das auf dem Erdboden ist?“ (2. Mo 33,16). Sie hatten diese Wahrheit vergessen, doch jetzt waren sie durch Gottes Gnade dabei, den Platz eines für Gott abgesonderten Volkes wieder einzunehmen. Das ist die Bedeutung der Handlung, die in diesem Kapitel aufgezeichnet ist. Doch – ach! – schon bald erwies sich, dass ihr Tatendrang und Glaube dahinziehenden Morgenwolken glich.

In den Einzelheiten dieses Kapitel gibt es vieles, das unsere Beachtung verdient. Es erinnert den Leser fast unweigerlich an Römer 16, wo der Apostel Paulus, vom Geist geleitet, so viele der Heiligen mit Namen nennt und in vielen Fällen ihre verschiedenen Eigenschaften im Dienst beschreibt. So schreibt er zum Beispiel: „Grüßt Tryphäna und Tryphosa, die im Herrn arbeiten. Grüßt Persis, die Geliebte, die viel gearbeitet hat im Herrn“ (Röm 16,12). Durch das Hinzufügen zweier Wörter in seinem Gruß an Persis weist er ihr vor Gott sowie in seinen eigenen und den Zuneigungen der Heiligen einen besonderen Platz zu und stellt ihr eine herausragende Empfehlung aus. So lesen wir in unserem Kapitel:

„Nächst ihm besserte Baruch, der Sohn Sabbais, eine andere Strecke eifrig aus, vom Winkel bis zum Eingang des Hauses Eljaschibs, des Hohenpriesters“ (3,20).

Dies zeigt uns, mit welcher Genauigkeit (wenn wir das so sagen dürfen) Gott sein Volk beobachtet, wie sorgfältig Er den Zustand ihrer Herzen und den Charakter ihres Dienstes aufzeichnet und wie wohltuend für Ihn die Sichtbarkeit von Hingabe zu seiner Ehre ist. Solche Auszeichnungen – nicht durch Menschen, sondern durch Gott, und daher unfehlbar – sollten, während sie einerseits den Richterstuhl des Christus vorwegnehmen, uns andererseits alle dazu anspornen, den gleichen Eifer und unermüdlichen Fleiß im Dienst für den Herrn zu suchen.

Während wir es dem Leser überlassen, diese interessanten Aufzeichnungen für sich selbst zu untersuchen, könnte es nützlich sein, auf einige Einzelheiten hinzuweisen.

Eljaschib, der Hohepriester, und seine Brüder, die Priester, sind die ersten Arbeiter, die erwähnt werden. Nicht, wie man schlussfolgern könnte, weil sie die Übrigen an Kraft und Hingabe übertrafen, sondern vielmehr wegen der Stellung, die sie im Volk einnahmen. Wie wir später sehen werden, ist es ihr Rang, der ihnen den Vorrang in der Aufzeichnung gibt.

„Und Eljaschib, der Hohepriester, und seine Brüder, die Priester, machten sich auf und bauten das Schaftor; sie heiligten es und setzten seine Flügel ein. Und sie heiligten es bis an den Turm Mea, bis an den Turm Hananel“ (3,1).

Wenn wir diese Beschreibung mit der in Vers 3 vergleichen, wird uns ein entscheidender Unterschied auffallen:

„Und das Fischtor bauten die Söhne Senaas; sie versahen es mit Balken und setzten seine Flügel, seine Klammern und seine Riegel ein“ (3,3).

Der Hohepriester und seine Brüder bauten ein Tor, sie setzten seine Flügel ein, aber sie versahen es nicht „mit Balken“, um ihm Stabilität zu verleihen, noch wird erwähnt, dass sie Klammern oder Riegel einsetzten. Sie nahmen die Sache nicht so ernst wie die Söhne Senaas und Jojada, der Sohn Paseachs und sein Gefährte. Sie wollten das Tor und seine Flügel haben, aber sie trafen keine Vorkehrungen, um es nötigenfalls gegen das Eindringen des Feindes zu sichern. Sie hatten kein Problem mit der Funktion der Tore, doch sie waren nicht bereit, sich von jeglichem Umgang mit dem Feind loszusagen. Und der Grund war, dass Eljaschib selbst, in dessen Mund das Gesetz der Wahrheit hätte gefunden werden sollen, und der in Frieden und Geradheit mit Gott hätte wandeln und viele von ihrer Ungerechtigkeit hätte zurückbringen sollen (Mal 2,6), mit Tobija, dem Ammoniter, verwandt war (13,4). Auch war sein Enkelsohn der Schwiegersohn von Sanballat, dem Horoniter (Neh 13,28). Er hatte daher nur ein schwaches Herz für das Werk der Absonderung. Da er mit so engen Beziehungen mit den Feinden Israels verbunden und doch unter dem Einfluss des tatkräftigen Nehemia stand, taten er und seine Brüder so, als ob sie ihm in ihren Bemühungen des Wiederaufbaus der Mauer und der Stadttore zustimmten. Dies war für den Hohenpriester ein ernster Zustand, und gleichzeitig eine Gefahrenquelle für das Volk.

In Vers 5 wird eine Ausnahme genannt:

„Und ihnen zur Seite besserten die Tekoiter aus; aber die Vornehmen unter ihnen beugten ihren Nacken nicht unter den Dienst ihres Herrn“ (3,5).

Die Tekoiter waren willige Arbeiter, denn in Vers 27 steht, dass sie „eine andere Strecke“ ausbesserten. Sie waren offensichtlich eifrige Männer, und dies trotz der Gleichgültigkeit, wenn nicht des Widerstandes, der „Vornehmen“ unter ihnen. Wenn Gott inmitten seines Volkes wirkt, ist es häufig der Fall, dass „die Vornehmen“ außerhalb des Segenskreises sind. Ebenso wie nicht viele Mächtige sind auch nicht viele Vornehme von Gott in seiner Gnade berufen. So werden in Wiederbelebungen, in neuen und besonderen Wirkungen des Geistes Gottes, die ersten, die auf seine Kraft antworten, in aller Regel unter den Armen und Verachteten gefunden. Die „Vornehmen“ mögen in Gottes liebevollem Erbarmen später mit hineingezogen werden, doch am häufigsten beginnt Er mit den Armen dieser Welt, die Er auserwählt hat, reich im Glauben und Erben des Königreiches zu sein, das Er denen verheißen hat, die Ihn lieben. Darüber hinaus ist der Grund für den Widerspruch dieser Vornehmen offensichtlich. Sie „beugten ihren Nacken nicht unter den Dienst ihres Herrn“. Stolz regierte ihre Herzen. Sie konnten sich nicht so tief herablassen. Sie waren nicht an das Joch gewöhnt und zogen daher ihre eigene Wichtigkeit und Bequemlichkeit dem Werk des Herrn vor. Was für ein Kontrast zu Ihm, der, obwohl Er reich war, arm wurde, damit wir durch seine Armut für immer reich würden (2. Kor 8,9)! Er kam in diese Welt, um den Willen Gottes zu tun und war inmitten der Seinen „wie der Dienende“ (Lk 22,27). Und nachdem Er das Werk vollendet hatte, das Ihm der Vater gegeben hatte, ist Er in seiner unaussprechlichen Gnade und Liebe für immer der Diener seines Volkes geworden. Es ist gut für jedes Kind Gottes, die Lektion zu lernen, dass nur durch das Beugen des Nackens unter das Joch des Herrn Ruhe für die Seele gefunden werden kann. Die Vornehmen von Tekoa wählten ihren eigenen Willen und verloren durch ihre Halsstarrigkeit den Segen des Dienstes, der ihnen angeboten wurde. Gleichzeitig schlossen sie sich damit selbst auf ewig von dem Lob aus, das an ihre Brüder erging, und erwarben sich ebenso ein Zeugnis der Verurteilung Ihres Stolzes.

In mehreren Fällen wird angegeben, dass bestimmte Personen gegenüber von ihren Häusern ausbesserten (Verse 10.23.28.29). In diesen Anmerkungen müssen zwei Dinge unterschieden werden: die Tatsache an sich und die Belehrung, die darin steckt. Die Tatsache war, wie gesagt wird, dass diese Kinder Israels den Bau der Mauer gegenüber von ihren Wohnorten übernahmen. Doch darüber hinaus möchte der Geist Gottes, dass wir die Bedeutung dessen verstehen. Und diese liegt auf der Hand. Wir werden darüber belehrt – wobei wir daran denken, dass die Mauer ein Zeichen von Absonderung ist –, dass diese Diener des Herrn mit ihren eigenen Häusern begannen. Das bedeutet, dass sie vor allem anderen danach strebten, ihre eigenen Familien in Unterordnung unter das Wort Gottes zu bringen und dabei die Absonderung vom Bösen innerhalb des Bereichs ihrer eigenen Verantwortung zu bewirken. Dies ist schon immer die göttliche Reihenfolge gewesen. So auch, als Gott Gideon berief, der Befreier seines Volkes zu sein: Er befahl ihm, den Baalsaltar im Haus seines Vaters niederzureißen, bevor er voranschreiten und gegen die Midianiter kämpfen konnte. Wie einmal jemand sagte: „Innere Treue geht äußerer Stärke voran. Das Böse muss aus Israel hinausgetan werden, bevor der Feind verjagt werden kann. Zuerst Gehorsam, dann Kraft. Das ist die Reihenfolge Gottes.“

Die Beschreibung, dass diese verschiedenen Personen jeweils gegenüber ihren eigenen Häusern ausbesserten, zeigt, dass das Gewissen am Werk war. Außerdem wird deutlich, dass sie Gottes Forderungen an sie im Bereich ihres eigenen Umfeldes richtig verstanden hatten und dass die Instandsetzung ihrer eigenen Häuser eine notwendige Voraussetzung für jeden öffentlichen Dienst war. Dieser Grundsatz gilt auch in der Versammlung. „Der Aufseher“, schreibt der Apostel Paulus, muss jemand sein, „der dem eigenen Haus wohl vorsteht, der seine Kinder in Unterwürfigkeit hält mit allem würdigen Ernst“. Auch von den Dienern wird gefordert, dass sie „ihren Kindern und den eigenen Häusern wohl vorstehen“ (1. Tim 3). Und die Missachtung dieses Grundsatzes ist zum Verlust der Versammlung und der Heiligen sowie zum Schaden für die Seelen derer, die den Platz des Vorstehers in der Versammlung einnehmen. Es stimmt, dass der Geist Gottes uns dazu drängt, denen zu gehorchen, die uns vorstehen. Aber es ist genauso wichtig, dass solche, die die Führung haben, die biblischen Voraussetzungen für die Stellung aufweisen, die sie eingenommen haben.

Ein weiterer wichtiger Punkt sollte bemerkt werden. Einige derer, die die Tore bauten und beim Mau der Mauer mithalfen, besserten nicht gegenüber von ihren Häusern aus, wie z. B. Eljaschib, der Hohepriester (vgl. 3,1 mit 3,20.21). Genauso wird von denen, die gegenüber von ihren Häusern ausbesserten, nicht gesagt, dass sie beim Bau der Tore mithalfen. Hierin werden zwei Gruppen von Heiligen gekennzeichnet.

Die erste Gruppe bilden die, die als „kirchliche Heilige“ bezeichnet werden könnten. Dies sind solche, die stark für kirchliche Wahrheiten und die Aufrechterhaltung der Wahrheit von der Absonderung vom Bösen für die Versammlung eintreten. Gleichzeitig vernachlässigen sie jedoch ihre eigenen Häuser. Es kann sich in der Versammlung Gottes kaum ein beklagenswerteres Schauspiel zutragen (und wird doch nicht selten gesehen), als wenn jemand öffentlich eintritt für die Ansprüche Gottes an sein Volk und die Aufrechterhaltung seiner Autorität inmitten solcher, die sich zu seinem Namen hin versammeln, jedoch seinem eigenen Haus erlaubt, durch dessen Unordnung für den Feind ein Anlass zum Vorwurf zu werden. Eljaschib ist in diesem Kapitel ein Beispiel für diese Gruppe von Gläubigen. Doch egal, wie gleichgültig sein Herz war, es muss zugegeben werden, dass er an der Aufrechterhaltung von Absonderung und Recht und Gerechtigkeit in Israel beteiligt war, indem er gemeinsam mit seinen Brüdern das Tor baute und es heiligte. Gleichzeitig überließ er es jedoch anderen, sich um die Mauer gegenüber seinem Haus zu kümmern (siehe 3,20.21). Während er den Weingarten anderer pflegte, hatte er seinen eigenen Weingarten nicht bewahrt. Dies zeigt sich in der bereits erwähnten Tatsache, dass er mit Tobija, dem Ammoniter, verwandt war, während sein Enkelsohn eine Tochter Sanballats, des Horoniters, geheiratet hatte. Eli, Samuel und David sind ebenfalls Beispiele aus früheren Tagen für diese Personengruppe.

Dann lesen wir in diesem Kapitel, dass es andere gibt, die eifrig dabei sind, ihre eigenen Häuser zu pflegen und sie nach den Gedanken Gottes zu führen. Diese sind dabei jedoch völlig nachlässig gegenüber dem Wohlergehen der Versammlung. Sie haben die Wahrheit verstanden, dass sie selbst als Einzelne Zeugen für Christus sein sollten, aber sie haben nicht gelernt, dass die Versammlung ein Lichtträger inmitten der Welt sein sollte. Anders gesagt, sie haben die Einheit des Volkes Gottes nicht erkannt, dass die Gläubigen „ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander“ sind (Röm 12,5). Während sie also völlig anerkennen, dass das Wort Gottes in Bezug auf ihren persönlichen Weg maßgebend ist, nehmen sie seine Autorität über die Gläubigen als Gemeinschaft nicht an. Sie stehen daher durch ihre öffentliche Verbindung mit dem Volk Gottes oft im Zusammenhang mit einer Abweichung von der Wahrheit. Dies stellt eine solche Missachtung der Herrschaft Christi als das Haupt der Versammlung dar, dass es sie mit Furcht erfüllen würde, wenn sie ihre Verantwortung in der Versammlung genauso gut wahrnehmen würden wie in ihren eigenen Familien. Doch wenn wir die Stellung verstehen, in die wir durch Gnade gebracht worden sind, wird es unser aufrichtiger Wunsch sein, das Ausbessern gegenüber von unseren Häusern mit dem Bau der Mauer und der Tore zu vereinen.

Im Dienst des Volkes Gottes bleibt nichts unbemerkt. Daher lesen wir:

„Und ihnen zur Seite besserte Schallum aus, der Sohn Hallocheschs, der Oberste des anderen halben Bezirks von Jerusalem, er und seine Töchter“ (3,12).

Der Eifer dieser gottesfürchtigen Frauen hat daher einen Platz in diesem Gedenkschreiben des Werkes des Herrn. Eine solche Auszeichnung zeigt, genauso wie die ausführlicheren Berichte des Neuen Testaments, dass es niemals Schwierigkeiten in Bezug auf den Platz von Frauen im Dienst gibt, wenn sie mit der Kraft des Geistes Gottes erfüllt sind. Die Berichte von Johanna, die Frau Chusas, Susanna und vielen anderen, die dem Herrn mit ihrer Habe dienten (Lk 8,3), von Maria und Martha, von Phoebe, einer Dienerin der Versammlung, von Priska, von Persis und vielen anderen sind sicherlich eine ausreichende Orientierung für jede, die zu Jesu Füßen sitzen und seine Gedanken kennenlernen möchte. Diese Schriftstelle gibt uns nicht notwendigerweise das an, was Menschen sahen, sondern das, was Gott sah. Der Vater und seine Töchter waren beide daran beteiligt, die Mauer auszubessern, und die Tatsache, dass dies erwähnt wird, ist seine Würdigung. Darüber hinaus kann nichts gesagt werden. Die bereits zitierten Beispiele reichen jedoch aus, um zu zeigen, dass es in der Versammlung und auch in der Welt genug Raum für die äußerste Tatkraft und Hingabe an Christus von Frauen gibt, vorausgesetzt sie geschieht in Unterordnung unter Ihn und sein Wort.

Über Meschullam, den Sohn Berekjas, wird gesagt, dass er „seiner Zelle gegenüber“ ausbesserte (3,30). Es scheint, als hatte er kein Haus, sondern nur eine Wohnung. Doch obwohl der Kreis seiner Verantwortung eng war, wurde er für treu erfunden. Als der Apostel von Verwaltung spricht, schreibt er: „Denn wenn die Bereitschaft vorhanden ist, so ist jemand angenehm nach dem, was er hat und nicht nach dem, was er nicht hat“ (2. Kor 8,12). Dies sollte solchen ein Trost sein, die sich nach größeren Dienstbereichen sehnen. Es ist die Treue in den Umständen, in die der Herr uns gestellt hat, die Er würdigt und lobt. Daher wird die Arbeit Meschullams genauso zur Beachtung gebracht wie die von Schallun, dem Sohn Kol-Hoses, dem Obersten des Bezirks von Mizpa, von dem gesagt wird, dass er „das Quellentor“ ausbesserte.

„Und das Quellentor besserte Schallun aus, der Sohn Kol-Hoses, der Oberste des Bezirks von Mizpa; er baute es und überdachte es und setzte seine Flügel, seine Klammern und seine Riegel ein; und er baute die Mauer am Teich Siloah beim Garten des Königs und bis zu den Stufen, die von der Stadt Davids hinabgehen“ (3,15).

Wenn wir das gesamte Kapitel betrachten, sollten zwei weitere Aspekte von großer Wichtigkeit angeführt werden. Der Leser wird beobachten, dass einige in Begleitung arbeiteten und andere allein. Einige waren am glücklichsten, wenn sie in Gemeinschaft mit ihren Brüdern dienten, während andere es bevorzugten, in auf den Herrn ausgerichteter Abhängigkeit und allein mit ihm zu arbeiten, wobei sie dennoch in völligem Einklang mit den Absichten ihrer Brüder waren. Dasselbe kann in jedem Zeitalter der Kirchengeschichte beobachtet werden. Es gibt Gefäße, die für den Dienst alleine geeignet sind, und es gibt andere, die ohne die Verbindung mit anderen nahezu untauglich sind. Auf dem Weg beider lauern Gefahren. Erstere sind oft versucht, isoliert zu sein und zu vergessen, dass der Herr noch andere Diener hat, die an denselben Zielen arbeiten. Letztere hingegen lassen sich manchmal dazu verleiten, ihre individuelle Abhängigkeit zu vergessen oder ihre eigenen Überzeugungen über den Willen des Herrn aufzugeben, um Frieden und Einheit zu bewahren. Wichtig ist, seinen Dienst vom Herrn zu empfangen, zu arbeiten, wie Er führt, hinzugehen, wohin Er sendet, ob allein oder in Begleitung anderer, und immer ein Auge auf Seine Verherrlichung gerichtet zu halten. Glücklich ist der Diener, der gelernt hat, dass es der Wille des Herrn ist, der all seine Handlungen steuern muss, und nicht sein eigener.

Der zweite bemerkenswerte Punkt ist die Vielseitigkeit der Dienste dieser Kinder Israels. Einer arbeitete an einer Aufgabe und der nächste an einer anderen, während dennoch alle an demselben Ziel arbeiteten. Das war ein deutliches Abbild der verschiedenen Funktionen der Glieder am Leib Christi. Paulus schreibt zu diesem Thema: „Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben, nach der uns verliehenen Gnade: es sei Weissagung, so lasst uns weissagen nach dem Maß des Glaubens; es sei Dienst, so lasst uns bleiben im Dienst; es sei, der lehrt, in der Lehre; es sei, der ermahnt, in der Ermahnung; der gibt, in Einfalt; der vorsteht, mit Fleiß; der Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit“ (Röm 12,6.7). Die Wichtigkeit kann nicht zu sehr betont werden, dass wir den Platz ausfüllen, der uns zugewiesen ist, und die besondere Gabe oder Aufgabe am Leibe ausführen, die uns geschenkt worden ist. Jeder Christ hat seinen eigenen Platz, den niemand anderes füllen kann, und seine eigene Aufgabe, die niemand anderes übernehmen kann. Die Gesundheit und das Wohlergehen der Versammlung hängen von der Erkenntnis und der Umsetzung dieser Wahrheit ab.

In Kapitel 3 finden wir also eine wunderschöne Veranschaulichung der wirkenden Kraft des Geistes Gottes in dem hingebungsvollen Dienst seines Volkes. Doch wann immer das Volk Gottes aktiv ist, wird Satan tätig und versucht mit allen Mitteln seiner Macht, Hindernisse und Schwierigkeiten zu schaffen. Dies wird ein weiteres Mal deutlich in den letzten Versen dieses Kapitels, die uns den dritten Versuch seines Widerstandes gegen das Werk der Arbeiter Gottes beschreiben. In Kapitel 2,10 „verdross es sie sehr, dass ein Mensch gekommen war, um das Wohl der Kinder Israel zu suchen“. Dann versuchte er es mit Spott und Verachtung (2,19), und nun wendet er die Waffen des Zorns und der Empörung an.

„Und es geschah, als Sanballat hörte, dass wir die Mauer bauten, da wurde er zornig und ärgerte sich sehr. Und er spottete über die Juden und sprach vor seinen Brüdern und dem Heer von Samaria und sagte: Was machen die ohnmächtigen Juden? Wird man es ihnen zulassen? Werden sie opfern? Werden sie es an diesem Tag vollenden? Werden sie die Steine aus den Schutthaufen wieder beleben, da sie doch verbrannt sind? Und Tobija, der Ammoniter, stand neben ihm und sprach: Was sie auch bauen – wenn ein Fuchs hinaufstiege, so würde er ihre steinerne Mauer auseinanderreißen!“ (3,33-35).

Sowohl die Reden Sanballats als auch Tobijas waren nicht in Übereinstimmung mit ihren Empfindungen. In Vers 33 finden wir ihren wahren Gefühlszustand. Zorn und Empörung hatte ihre Seelen in Besitz genommen, denn sie kannten die Bedeutung der Bemühungen der Kinder Israel nur zu gut. Doch als sie reden, verdecken sie ihren Ärger mit gespielter Verachtung. Doch wenn die „ohnmächtigen Juden“ umsonst arbeiteten, wenn die Mauer, die sie bauten, so verachtenswert war, warum dann der Zorn Sanballats und Tobijas? Wie gut war es für die Arbeiter, dass ihr Anführer auf der Hut war und, zu jeder Zeit gegen die Methoden Satans gewappnet, wusste, wie man den Schild des Glaubens benutzte, mit dem diese feurigen Pfeile abzuwehren waren. Denn was war Nehemias Stärke angesichts dieser neuen Art der Feinseligkeit?

„Höre, unser Gott, denn wir sind zur Verachtung geworden; und bring ihren Hohn auf ihren Kopf zurück und gib sie dem Raub hin in einem Land der Gefangenschaft! Und decke ihre Ungerechtigkeit nicht zu, und ihre Sünde werde nicht ausgelöscht vor deinem Angesicht! Denn sie haben dich gereizt angesichts der Bauenden“ (3,36-37).

Er sagte: „Höre, unser Gott, denn wir sind zur Verachtung geworden.“ und wandte sich damit schlicht an Gott in der Gewissheit, dass Er für sein Volk sorgte und ihr Schutz und ihr Schild sein würde, da sie ja in seinem eigenen Dienst standen. Es ist immer zum Segen, wenn wir alle Schmähungen zu Gott bringen und sie Ihm überlassen können. In dem Eifer und der Ungeduld unserer Natur neigen wir schnell zu dem Versuch, dem Feind in unserer eigenen Kraft zu begegnen. Dadurch stürzen wir uns oft in den Kampf, um dann eine Niederlage und Unheil zu erfahren. Doch der Glaube richtet seine Augen empor und befiehlt alles dem Herrn an. Hiskia liefert uns ein schönes Beispiel davon, als er in das Haus Gottes hinaufging und vor Ihm den Brief ausbreitete, den er von dem Rabsaken, dem Anführer des Heeres von Sanherib, erhalten hatte. In gleicher Weise rief Nehemia: „Höre, unser Gott.“ Man beachte seine Begründung: „Denn wir sind zur Verachtung geworden.“ Das Volk Gottes ist wertvoll in seinen Augen, und es zu verachten, bedeutet Ihn zu verachten. Nehemia stützte sich darauf und trägt so dem Herzen Gottes seine Bitte vor. Indem er sich so auf Gott stützt und sich selbst und das Volk (denn er identifiziert sich vollständig mit diesem) unter seinen Schutz stellt, schöpft er die Kraft, gegen den Feind zu beten.

„Bring ihren Hohn auf ihren Kopf zurück und gib sie dem Raub hin in einem Land der Gefangenschaft! Und decke ihre Ungerechtigkeit nicht zu, und ihre Sünde werde nicht ausgelöscht vor deinem Angesicht! Denn sie haben dich gereizt angesichts der Bauenden.“ Den oberflächlichen Leser mag es überraschen, dass solch ein Gebet gesprochen werden konnte. Dabei sollte man zwei Dinge bedenken: Erstens die Haushaltung, in der das Volk lebte, und zweitens, dass die Feinde Israels auch die Feinde Gottes waren. Sanballat und Tobija begaben sich bewusst in den Widerstand gegen das Werk des Geistes Gottes. Und alle sollten aus diesem Gebet lernen, wie auch Saulus später auf andere Weise lernte, was für eine ernste Sache es ist, Gottes Volk zu verfolgen und sein Werk zu behindern. Der Grundsatz, auf den Nehemia seine Bitte gründet, ist: „Sie haben dich gereizt angesichts der Bauenden.“ Die Angelegenheit dieser verachteten Kinder der Gefangenschaft war die Angelegenheit Gottes. In dieser Zuversicht fand Nehemia – wie alle Gläubigen, die in ihrer Arbeit in Gemeinschaft mit den Gedanken Gottes sind – den Mut, Seine Hilfe gegen die Feinde zu erbitten.

Doch wenn Nehemia betete (wie wir nochmals sehen werden), beeinträchtigte das weder sein Werk noch das des Volkes. Vielmehr könnte man meinen, dass sein Ausharren in seinem Werk seinen Gebeten entsprang. Wir sprechen von seinen Gebeten, denn es handelt sich um individuelle Rufe zu Gott, und zwar seine Rufe im Stillen zu Gott. Uns wird ein Einblick in das Seelenleben dieses hingebungsvollen Dieners genauso wie in seine öffentlichen Arbeiten gewährt. Keines außer das Ohr Gottes hörte dieses Gebet. Dennoch wurde es aufgezeichnet, um uns zu lehren, dass das Geheimnis aller wahren Aktivität sowie des Mutes in Gegenwart von Gefahren in der Abhängigkeit von Gott liegt. So fügt Nehemia hinzu, nachdem er sein Gebet aufgeschrieben hat:

„Aber wir bauten weiter an der Mauer; und die ganze Mauer wurde bis zur Hälfte geschlossen, und das Volk hatte Mut zur Arbeit“ (3,38).

Dies ist ein gesegneter Bericht, einer, der die Kraft des Geistes Gottes bezeugt, der durch Nehemia unter dem Volk Gottes wirkte und Einmütigkeit und Ausharren bewirkte. Denn wenn er sagt, „das Volk hatte Mut zur Arbeit“, heißt das, dass sie nach Gottes Gedanken arbeiteten. Manchmal wird Einmütigkeit beobachtet und man bejubelt dies, ohne zu berücksichtigen, ob sie in Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes ist. In demselben Sinn und der derselben Meinung vollendet zu sein (1. Kor 1,10) sichert, wenn es das Ergebnis göttlicher Kraft ist, die erfolgreiche Fertigstellung jedes Dienstes, zu dem Gott sein Volk beruft, denn wenn sein Geist nicht betrübt wird, kann Er ohne Hindernis in ihrer Mitte wirken.

Dieses Schauspiel vereinten Ausharrens im Werk Gottes veranlasste den Feind zu noch gezielterem Widerstand. Nachdem er viele Waffen ohne Erfolg ausprobiert hat, das Volk vom Bau der Mauer abzuhalten, zieht er nun eine weitere.

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