Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis
Psalm 20
Die guten Wünsche dieses Psalms gelten der Person des „Gesalbten“ des HERRN (Vers 7). Sie beziehen sich zunächst auf die Zeitereignisse des zum König gesalbten David. Als prophetische Aussage treffen sie jedoch auch auf die oft bedrängenden Umstände des Weges Jesu zu. Der zehnte Vers am Schluss des Psalms ist ein kurzes Gebet. Die übrigen Verse sind Gott gemäße Gedanken der Anteilnahme am Ergehen und Erleben Davids, die aber als Vorhersage auf den Weg Jesu, des verworfenen Königs Israels, anwendbar sind. Diejenigen aus dem Volk, die Ihn als Messias und Herrn anerkennen, bringen als Vorausschau zum Ausdruck, dass sie sich innerlich eins fühlen mit Ihm in Seinem Kampf und in Seiner Hingabe, wie sich auch Sein Herz mit ihnen und ihren Umständen eins macht (Ps 16,3; Joh 13,1). Sie wissen, dass Sein Mühen und Ringen ihnen gilt und dass es ein Werk zur Verherrlichung Gottes ist. Seine Rettung und Annahme durch Gott bedeutet gleichzeitig ihre Rettung. Sein Überwinden und Seine Erhöhung ist auch ihr Sieg. Nur in Ihm und mit Ihm kann es endgültige Ruhe und ewigen Frieden geben. „In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden (Joh 16,33). „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor 15,57).
Das hier geäußerte Wohlwollen galt damals David; offenbar erwarteten seine Freunde und Gefolgsleute seine Rettung und Segnung von Gott. Prophetisch hingegen sprechen ihre wohlmeinenden Worte von Christus, dem Messias Israels. In diesem Psalm ist nicht David selbst der Redende, sondern ein anderer, ihm Wohlgesonnener oder auch mehrere – s. V.6,8,9 „wir“ – sprechen zu seinen Gunsten. Der Sprecher und die ihm Gleichgesinnten vertrauen fest darauf, dass der gerechte Gott „Hilfe aus dem Heiligtum“ senden wird, um Seinen Gesalbten zu unterstützen und in Sicherheit zu setzen, denn er hatte sich als ein Gott wohlgefälliger Gottesfürchtiger erwiesen (Verse 2 und 3). Über die Zeit Davids hinausgehend treffen diese Aussagen auf Jesus Christus zu, der vollkommen gerecht und Gott gemäß handelte und die Anerkennung der an Ihn Glaubenden besaß. Auch Seine Lebenstage waren leidvolle Tage, angefüllt mit Bitten und Flehen. Vor Seinem Tod am Kreuz hatte Er den schwersten „Tag der Drangsal“ zu durchstehen, „als er in ringendem Kampf war“ in Gethsemane (Lk 22,43.44). Wenn auch vor der Vollendung des Werkes Jesu keine Antwort auf Sein Flehen kommen konnte, so war sie doch längst von Gott vorgesehen. Darauf vertrauten die Gottesfürchtigen in Psalm 20. Ein Engel vom Himmel stärkte Christus, da Er der Auserwählte war, der Knecht, „den ich stütze“; denn so hatte Gott es in Jesaja 42,1 vorhergesagt. Nur von Gott aus konnte für den Herrn die Hilfe kommen (Vers 3; Ps 22,12).
Das Speisopfer (Vers 4) ist ein Opfer des Gebens und des Gedenkens. Der Herr Jesus war bereit, alles zu opfern, was Er war und was Er hätte beanspruchen können. Zuletzt gab Er Sich Selbst hin und opferte Sein Leben als Brandopfer, als Ganzopfer vor Gott für Sünder. Dieser Liebe und völligen Hingabe bis in den Tod gedenkt Gott in alle Ewigkeit. Er nahm das Opfer Christi an für alle, die an Ihn glauben. Darauf beruht das ewige Heil derer, die Christus, den Gekreuzigten, als ihren Erlöser annehmen. Für Jesus war es auch eine Erprobung bis auf das Äußerste. Allen Anforderungen Gottes genügte Er allein. Er erfüllte das, was als Sühnungswerk für bußfertige Sünder von Gott festgelegt war. Schon von Ewigkeit her besaß Er das ganze Wohlgefallen Gottes. Jetzt aber, nachdem Er auf der Erde war, schließt dieses Wohlgefallen Sein ganzes Erdenleben und Sein Opfer am Kreuz mit ein.
Christus war der einzige Mensch auf der Erde, für den jemand ganz vorbehaltlos vor Gott eintreten und eine so weitgehende Bitte äußern konnte: „Er gebe dir nach deinem Herzen, und alle deine Pläne erfülle er!“ (Vers 5; Ps 21,3), denn es war nichts anderes im Herzen Jesu als nur das, was Gott plante und was Gott liebte, nur das, was Ihn ehrte und verherrlichte (Ps 40,9). Doch in den hier vorliegenden Versen bringen Gottesfürchtige ihre Überzeugung von Davids gutem Charakter mit anerkennenden Worten zum Ausdruck. Sie waren völlig sicher, dass Gott diesen König, Seinen Gesalbten, aus allen Umständen retten würde. Sie glaubten fest an Davids Sieg. Öffentlich wollten sie durch das Hissen eines Banners bekennen, dass sie ihm gerade in der schlimmen Zeit treu blieben, als ihm die allgemeine Anerkennung noch versagt wurde (Vers 6; Ps 60,6). Auch dem Herrn Jesus wurde die Anerkennung von der Mehrheit des Volkes verweigert. Nur die Gottesfürchtigen erkannten in Ihm den verheißenen Messias, den Gesalbten des HERRN, und glaubten an Seinen Sieg, entsprechend den Zusagen der Heiligen Schrift (Ps 72 und 89; Jes 9 und 11). Wenn Christus in der Zukunft auf diese Erde zurückgekehrt sein wird, dann wird Er erneut solche, die Ihn im Glauben erwarten, als einen zahlenmäßig geringen Teil des Volkes Israel vorfinden. Er wird sie zum Sieg führen, und das Endergebnis wird Herrlichkeit sein (Jes 4). Die Erfüllung der Bitten Christi schließt die Rettung dieser Gläubigen mit ein und dies wird ihnen ewiges Heil bringen. Sie wissen um Sein Erlösungswerk am Kreuz und um Seine Auferstehung, und sie verstehen, dass Gott Ihn erhört und Ihn in den Himmel aufgenommen hat, woher sie Ihn dann zurückerwarten. Kein anderer besitzt Gottes Wohlgefallen und Seine Unterstützung so vollkommen wie Jesus, der wahre Sohn Davids, den Er als den Christus gesalbt hat (Vers 7; Ps 2,5–9). Der Name des HERRN beinhaltet, dass Er der Gott der Treue ist. Er wird denen, die Ihn fürchten, zur Hilfe kommen. Dies gilt auch für die Zeit Davids und seiner Getreuen. Im Glauben an den HERRN und im Vertrauen auf Sein Eingreifen zu ihren Gunsten wussten sie sich jedem Gegner überlegen (Ps 124,8). Irdische Machtmittel haben dem HERRN gegenüber keinerlei Bedeutung (Vers 8; Ps 33,16–22). Davids Anhänger rühmen sich des Herrn und sehen sich im Voraus durch Ihn aufrechterhalten (Vers 9; Jes 33,1–3 und Jes 40,31). Sie werden nicht wanken, selbst wenn ihre Feinde für eine gewisse Zeit die Oberhand zu haben scheinen. Ihr Glaube hat in der ruhmreichen Fortentwicklung der Geschichte Davids die beste Bestätigung gefunden. In der zukünftigen Endzeit werden die Gläubigen aus Israel die gleiche Erfahrung von der Macht und Treue des HERRN machen wie ihre Vorfahren zur Zeit Davids. Im Glauben werden sie den Messias erwarten, Jesus Christus, als den Kommenden, der sie aus aller Not rettet (Vers 10; Ps 118,22–28; Jes 64).