Das Buch des Propheten Jeremia
Kapitel 13
Ich habe das ganze Haus Israel um mich gegürtet
Durch zwei ausdrucksstarke Bilder – der Gürtel und die Krüge – möchte der Herr dem Volk seine Verdorbenheit und Blindheit verständlich machen, welche Gericht nach sich ziehen.
Der Gürtel aus Leinen
„So hat der HERR zu mir gesprochen: Geh und kaufe dir einen leinenen Gürtel, und lege ihn um deine Hüften; aber ins Wasser sollst du ihn nicht bringen. Und ich kaufte den Gürtel, nach dem Wort des HERRN, und legte ihn um meine Hüften. Und das Wort des HERRN erging zum zweiten Mal an mich, indem er sprach: Nimm den Gürtel, den du gekauft hast, der um deine Hüften ist, und mach dich auf, geh an den Euphrat und verbirg ihn dort in einer Felsspalte. Da ging ich hin und verbarg ihn am Euphrat, wie der HERR mir geboten hatte. Und es geschah am Ende vieler Tage, da sprach der HERR zu mir: Mach dich auf, geh an den Euphrat und hole von dort den Gürtel, den ich dir gebot, dort zu verbergen. Und ich ging an den Euphrat und grub und nahm den Gürtel von dem Ort, wo ich ihn verborgen hatte; und siehe, der Gürtel war verdorben, taugte zu gar nichts mehr. Und das Wort des HERRN erging an mich, indem er sprach: So spricht der HERR: So werde ich verderben den Stolz Judas und den großen Stolz Jerusalems. Dieses böse Volk, das sich weigert, meine Worte zu hören, das im Starrsinn seines Herzens wandelt und anderen Göttern nachläuft, um ihnen zu dienen und sich vor ihnen niederzubeugen: Es soll werden wie dieser Gürtel, der zu gar nichts taugt. Denn wie der Gürtel sich an die Hüften eines Mannes anschließt, so habe ich das ganze Haus Israel und das ganze Haus Juda an mich geschlossen, spricht der HERR, damit sie mir zum Volk und zum Namen und zum Ruhm und zum Schmuck seien; aber sie haben nicht gehört.“ (Jer 13,1–11)
Auf Befehl des Herrn soll Jeremia einen Gürtel aus Leinen kaufen und ihn, als Zeichen der Verbundenheit des Herrn mit seinem Volk, um seine Hüfte legen (V. 11). Es handelt sich um einen Gürtel der Priester, das Symbol der Reinheit und der Absonderung für Gott. Weiterhin soll er eine lange Reise unternehmen, um ihn in einer Felsspalte am Ufer des Euphrat zu verbergen, und nach Jerusalem zurückkommen. Lange Zeit später soll er diese Reise wiederholen. Jeremia gehorcht ohne zu widersprechen und findet einen verdorbenen Gürtel: er taugt zu gar nichts mehr (V. 7).
Das war eine ernste Warnung für das rebellische Volk, welches an das Ufer des Euphrat, nach Babylon, weggeführt werden würde, obwohl der Herr so stark mit ihm verbunden war.
Ganz Israel hätte „ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation“ sein sollen (2. Mo 19,6). Wenn es treu gewesen wäre, hätte das Volk seine jugendliche Zuneigung und die Liebe seines Brautstandes in völliger Reinheit bewahrt (Jer 2,2). Gott wollte, dass sie sein Eigentumsvolk wären, ein Gegenstand zu seiner Ehre, seinem Lob und seinem Schmuck auf der Erde. Aber Israel war wie die Nationen durch den Götzendienst verdorben. Dadurch taugten sie, wie der Gürtel, zu nichts mehr, ungeachtet ihres Stolzes das Volk Gottes zu sein. Man erkannte ihn noch nicht, aber die Wegführung nach Babylon würde ihn ans Licht bringen. Es ist dieser ungläubige Stolz, den Gott zerstören will, um die Herzen wieder zu sich zurückzuführen.
Die Krüge
„Und sprich dieses Wort zu ihnen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Jeder Krug wird mit Wein gefüllt. Und wenn sie zu dir sagen: „Wissen wir nicht sehr gut, dass jeder Krug mit Wein gefüllt wird?“, so sprich zu ihnen: So spricht der HERR: Siehe, ich werde alle Bewohner dieses Landes und die Könige, die auf dem Thron Davids sitzen, und die Priester und die Propheten und alle Bewohner von Jerusalem mit Trunkenheit erfüllen. Und ich werde sie zerschmettern, einen gegen den anderen, die Väter und die Kinder zugleich, spricht der HERR; ich werde kein Mitleid haben, nicht verschonen und mich nicht erbarmen, dass ich sie nicht verderbe. Hört und nehmt zu Ohren, überhebt euch nicht! Denn der HERR hat geredet. Gebt dem HERRN, eurem Gott, Ehre, bevor er finster macht und bevor eure Füße sich an Bergen der Dämmerung stoßen und ihr auf Licht wartet, und er es in Todesschatten verwandelt und zur Dunkelheit macht.“ (Jer 13,12–16)
Jeremia soll dann dieses geheimnisvolle Wort an das Volk richten: „Jeder Krug wird mit Wein gefüllt“ (V. 12). Daraufhin wird er Spott ernten. Das ist ja offensichtlich, werden sie sagen. Aber er wird ihnen die schreckliche Bedeutung davon kundtun. Sie werden nicht mit Freude erfüllt werden, sondern mit Schmerz. Das Volk wird Taumelwein trinken (Ps 60,5). In ihrer Verirrung sind sie zerbrochen wie Krüge, die gegeneinander geschlagen werden. In seiner Geduld hält der Herr die Ausführung des Gerichts noch zurück und ruft sein Volk dazu auf, ihm Ehre zu geben, bevor es geblendet wird (Jes 6,10). Ansonsten werden sie im Dunkel ihren Weg gehen und an Hindernissen straucheln, die sie selbst nicht erkennen.
Diejenigen, die es ablehnen das Licht des Wortes Gottes aufzunehmen, werden in Zukunft verblendet sein, während die Glaubenden in den Himmel aufgenommen werden (2. Thes 2,11.12). Die Ungläubigen werden sehnsüchtig auf Licht warten, aber durch die Aussicht auf Frieden und Sicherheit verführt werden (1. Thes 5,3), kurz vor einer plötzlichen Zerstörung.
Dringende Aufrufe
„Wenn ihr aber nicht hört, so wird meine Seele im Verborgenen weinen wegen eures Hochmuts; und tränen wird mein Auge und von Tränen rinnen, weil die Herde des HERRN gefangen weggeführt ist. Sprich zum König und zur Königin: Setzt euch tief herunter; denn herabgesunken ist von euren Häuptern die Krone eurer Herrlichkeit. Die Städte des Südens sind verschlossen, und niemand öffnet; Juda ist weggeführt insgesamt, ist vollständig weggeführt. Erhebt eure Augen und seht die von Norden Kommenden! Wo ist die Herde, die dir gegeben war, dein herrliches Kleinvieh? Was willst du sagen, wenn er die zum Haupt über dich bestellt, die du als Vertraute an dich gewöhnt hast? Werden nicht Wehen dich ergreifen, wie eine gebärende Frau? Und wenn du in deinem Herzen sprichst: „Warum ist mir dies begegnet?“ – wegen der Größe deiner Schuld sind deine Säume aufgedeckt und haben deine Fersen Gewalt gelitten.“ (Jer 13,17–22)
Der Prophet leidet stark, denn er ahnt ihre Hartnäckigkeit voraus: „wenn ihr aber nicht hört, wird meine Seele im Verborgenen weinen, wegen eures Hochmuts“ (V. 17) und dessen schrecklichen Folgen. „Die Herde des HERRN ist gefangen weggeführt.“ Die Gesinnung des Propheten (Jer 9,1; Jer 14,17) bildet die des Herrn voraus, der über die Stadt Jerusalem weint, während er ihr ankündigt: „Deine Feinde … werden in dir nicht einen Stein auf dem anderen lassen, darum, dass du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast“ (Lk 19,41–44).
Zum König Jojakim und zur Königin, die ein Vorbild hätten sein sollen, lässt Gott sagen: „Setzt euch tief herunter“ (V. 18). Das ist ein Aufruf, der sich auch an jeden von uns richtet (Jak 4,10; 1. Pet 5,6) und auf den man persönlich und ohne Aufschub antworten muss. Es ist besser sich unter die mächtige Hand Gottes zu demütigen, als damit zu warten sich ihrer Zucht auszusetzen. Schließlich wendet sich Gott an alle diejenigen, die einen Platz des Aufsehers oder des Hirten innehaben: „Wo ist die Herde, die dir gegeben war, dein herrliches Kleinvieh?“ (V. 20). Ihr Versagen wird seinen gerechten Lohn empfangen (Jer 23,1.2). Israel fragt sich: „Warum ist mir dies begegnet?“ Und Gott antwortet: „Wegen der Größe deiner Schuld … weil du mich vergessen und auf Lüge vertraut hast“ (V. 22.25).
Ein unheilbarer Zustand
„Und wenn du in deinem Herzen sprichst: „Warum ist mir dies begegnet?“ – wegen der Größe deiner Schuld sind deine Säume aufgedeckt und haben deine Fersen Gewalt gelitten. Kann ein Kuschiter seine Haut wandeln, ein Leopard seine Flecken? Dann könntet auch ihr Gutes tun, die ihr Böses zu tun gewöhnt seid. Darum werde ich sie zerstreuen wie Stoppeln, die durch den Wind der Wüste dahinfahren. Das ist dein Los, dein von mir zugemessenes Teil, spricht der HERR, weil du mich vergessen und auf Lüge vertraut hast. Und so werde auch ich deine Säume aufstreifen über dein Gesicht, dass deine Schande gesehen werde. Dein Ehebrechen und dein Wiehern, die Schandtat deiner Hurerei auf den Hügeln im Feld – deine Gräuel habe ich gesehen. Wehe dir, Jerusalem! Du wirst nicht rein werden – wie lange wird es noch dauern?“ (Jer 13,22–27)
„Kann ein Kuschit seine Haut wandeln, ein Leopard seine Flecken?“ (V. 23). Dieses ausdrucksstarke Bild zeigt den unheilbaren Charakter des natürlichen Herzens des Menschen und seine völlige Unfähigkeit, sich selbst zu verändern. Das Urteil des Herrn über das Herz des Menschen wird noch deutlicher in Kapitel 17 Vers 9 ausgedrückt werden. Gott hat den Menschen auf die Probe gestellt, unter das Gesetz vom Sinai, und hat die endgültige Feststellung gemacht, dass der Mensch „im Fleisch“ nichts Gutes tun kann (Röm 8,8). Schon zu Beginn seines Dienstes hat Jesus zu Nikodemus gesagt: „Ihr müsst von Neuem geboren werden“ (Joh 3,7). Die Neugeburt, die Mitteilung eines neuen Lebens, ist das göttliche Mittel, welches das Werk Christi mit sich bringt, um einen solchen Zustand zu heilen.