Elisa, der Prophet
Die Lektion des Krieges
„Und es geschah danach“. Beachten wir diese Worte. Der Feind lässt das Volk Gottes nicht lange in Ruhe. Sein rastloser Hass versucht jede Gelegenheit zu nutzen, um es in Schwierigkeiten zu bringen. So war es in Elisas Tagen, und so ist es auch in unserer Zeit. Und trotzdem ist es befremdlich 2. Könige 6,24 zu lesen, wenn man bedenkt, welch bemerkenswerte Geschichte in den vorangegangenen Versen berichtet wird. Wir hätten annehmen können, dass das syrische Heer, nachdem die Israeliten ihnen Essen und Trinken gegeben hatten, weitere Angriffe auf sie aus Scham unterlassen würde, zumindest in dieser Generation. Aber das menschliche Herz ist unverbesserlich schlecht. Selbst überreichliche Gnade hat keine Auswirkung, es sei denn, man ist von neuem geboren. Das allein erklärt die weltweite Auflehnung nach dem Tausendjährigen Reich, von der in Offenbarung 20,7–9 die Rede ist. Auch der Segen dieser wunderbaren Zeit wird das Fleisch nicht mit Gott versöhnen. Nichts geschieht jedoch ohne Grund. Der erneute Angriff der Syrer auf Israel war ganz und gar böse. Gott wurde bei diesen bösartigen Plänen völlig außen vor gelassen. Das stimmt zwar, dennoch war das Volk Gottes in einem Zustand, der Zucht erforderte und der nur durch die harte Erprobung eines Krieges korrigiert werden konnte. So gerieten also die Bürger Samarias in bitterste Not. Das ganze Elend wird dem König durch die Geschichte der armen Frau deutlich, die ihren eigenen Sohn kochen musste. Wie zutreffend ist doch Gottes Wort sowohl in Bezug auf seine Warnungen als auch auf seine Verheißungen! In 3. Mose 26 und in 5. Mose 28 schildert Mose dem Volk vor dem Einzug in das verheißene Land in ernsten Worten, welche schrecklichen Folgen Ungehorsam nach sich ziehen würde. In der Regierungszeit Jorams finden wir diese alle wörtlich erfüllt.
Wir selbst gehen derzeit durch eine schwere Krise. Was auch immer wir für Unannehmlichkeiten und Verluste erleiden, welche Sorgen wir auch haben mögen, durch unsere begünstigte Lage auf den Inseln können wir uns kaum vorstellen, wie die Lage in den direkt vom Krieg betroffenen Ländern ist. (Während des Ersten Weltkriegs 1914–1918 verfasst). Das Volk Gottes befindet sich inmitten von Leiden, Schmerzen, Erschöpfung, Überdruss, Kälte und Blöße. Ist es ohne Grund, dass sowohl die Kirche als auch die Welt in diese Bedrängnis gekommen sind? Wie war denn unser Zustand während der vielen Jahren der Ruhe und des Wohlstands? Halbherzigkeit, Weltlichkeit und Spaltungen kennzeichneten uns. Dass wir aus dieser schrecklichen Zeit lernen mögen! Wenn die breite Masse der Menschen nicht auf die Rute hören will und auf den, der sie ausgesandt hat, sind wir, die Erlösten Gottes, denn bereit zu hören? Haben wir uns schon vor Gott gedemütigt wegen unserer Sünden und Verfehlungen?
Joram war nicht der schlimmste König Israels. Er tat zwar, was böse war in den Augen des Herrn, jedoch nicht in dem Maß wie sein Vater und seine Mutter (2. Kön 3,2). Er schien zumindest nach außen etwas Gottesfurcht zu zeigen, indem er den Namen des Herrn gebrauchte und sich in Sacktuch kleidete. Aber sein Herz war nie auf Gott gerichtet. Dementsprechend brachte die schreckliche Erprobung des Krieges nur das Böse in seinem Herzen hervor. Wie der Hörer, der „auf das Steinige gesät ist“ in Matthäus 13,21, kam er ins Straucheln, sobald Schwierigkeiten auftraten. Als er die schreckliche Geschichte von der Frau und ihrem Sohn hörte, rief er daher aus: „So soll mir Gott tun und so hinzufügen, wenn der Kopf Elisas, des Sohnes Saphats, heute auf ihm bleibt!“ Anstatt sich selbst vor Gott in Staub und Asche zu erniedrigen und Gnade von oben zu erbitten, erhob er seine Hand zum Schlag. Wen wollte er denn schlagen? Gott, wenn er Ihn hätte erreichen können; aber da das unmöglich war, wollte er dessen Vertreter töten.
„Warum macht Gott dem Krieg kein Ende?“, so lautet die aufgebrachte Forderung der Menschen heutzutage. „Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er denn das ganze Leid zu?“ Dass ihre eigenen Sünden den Krieg herbeigeführt haben und dass es nicht zu ihrem Guten sein könnte, wenn sich die Wolke zu bald erheben würde, scheint den meisten unserer Mitmenschen nicht klar zu sein. In ihren Augen ist Gott eine Art öffentlicher Diener, der sowohl mit als auch ohne Aufforderung stets zur Rettung eilt, wenn Menschen in Not geraten. In ihrer Blindheit vergessen sie, dass Er ein moralisches Oberhaupt ist, dessen Ansprüche sie missachtet haben und dessen Existenz sie praktisch ignorieren. Sie haben Wind gesät und ernten nun Sturm. Es kann nicht anders sein, denn der Weg zur Rettung ist Buße. „Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher“ (Röm 5,20). Nun sehen wir Joram voller Zorn, wie er mit seinem Anführer im Gefolge das Haus des Propheten aufsucht. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der vor der Bedrohung Isebels floh, saß Elisa immer noch in seinem Haus. Als der Mörder erscheint, lesen wir nichts von einer göttlichen Anklage, sondern eine wunderbare Botschaft der Gnade wird kundgetan. Elisa sagt: „Hört das Wort des HERRN! So spricht der HERR: Morgen um diese Zeit wird ein Maß Feinmehl einen Sekel wert sein, und zwei Maß Gerste einen Sekel im Tor von Samaria“ (2. Kön 7,1). Unsere Gedanken gehen an das Kreuz von Golgatha und all dem, was dieser dunklen Szene folgte. Es war damals so wie in Elisas Tagen, als das Höchstmaß an Schlechtigkeit aus dem Menschen kam, gab Gott sein Bestes. Nicht das Gericht, sondern das Evangelium der Gnade Gottes war das unmittelbare Ergebnis des Todes des Herrn Jesus. Als Joram kurz davor war, Elisa zu töten, verkündete Gott seine frohe Botschaft der Rettung und des Reichtums; als der Mensch seinen geliebten Sohn getötet hatte, verkündete Gott die Segnungen des Evangeliums. Und nicht nur das, die Stadt, in der diese schreckliche Tat verübt worden war, empfing diese Botschaft sogar als erste von allen (Lk 24,17). Es gibt wahrhaftig keinen, der so gütig und gnädig ist wie unser Gott!