Botschafter des Heils in Christo 1886
Der Freund des Sünders
Die Schrift sagt uns, dass Christus starb, „der Gerechte für die Ungerechten“ (1. Pet 3,18). Gesegnete Tatsache! Sie wird alle die endlosen Zeitalter der Ewigkeit mit Preis und Dank, mit dem Jubel der Erlösten erfüllen. Sie ist die Grundlage aller Segnung und aller wahren Freude. Sie allein gibt dem bangen, zagenden Herzen Ruhe und bringt die Anklagen eines erwachten Gewissens zum Schweigen. Sie allein erfüllt die Seele des Gläubigen mit unerschütterlichem Frieden und gibt ihm Kraft, hinfort ein Leben zur Ehre Gottes zu führen, zu wandeln, wie Christus gewandelt hat.
Die Liebe Christi ist unergründlich und unermesslich. Da nichts anderes imstande war, die Gerechtigkeit Gottes zu befriedigen, da Stier– und Bocksblut die Forderungen eines heiligen Gottes nicht befriedigen und deshalb auch sein Wohlgefallen nicht finden konnten, so sagte Er: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun!“ Da nichts anderes den Sünder zu retten vermochte, da sein Tod, ja. Sein Tod am Stamm des Kreuzes, nötig war, um den Sünder seinem Verderben zu entreißen und aus der Macht Satans loszukaufen, so ging Er, stumm wie ein Lamm vor seinen Scherern, hin nach Golgatha und „schüttete seine Seele aus in den Tod“ (Jes 53).. Welch eine unvergleichliche Liebe und Güte! Der Vater sandte den Sohn als Heiland der Welt, und der Sohn kam freiwillig, um den Vater vollkommen zu verherrlichen und uns von aller Ungerechtigkeit und Sünde zu erlösen.
In Johannes 10,17 lesen wir die Worte: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich es wiedernehme.“ Wie vollkommen ist die Liebe Gottes, die Liebe Christi Jesu, unseres Heilands, nach jeder Seite hin! Wir mögen sie betrachten, von welchem Gesichtspunkt wir wollen – sie ist immer gleich schön und herrlich. Gottes Liebe offenbarte sich darin, dass Er seines eingeborenen Sohnes nicht schonte, sondern Ihn für uns alle dahingab; und die Liebe Christi, des guten Hirten, zeigte sich in seiner freiwilligen Opferung. Er konnte sagen: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Ja, Er starb für uns, als wir noch gottlose Sünder und Feinde Gottes waren. Der Fürst des Lebens schmeckte die Bitterkeit des Todes; Er, der sich selbst „das Leben“ nennen konnte, stieg ins Grab hinab. Seine Seele wurde zum Schuldopfer gestellt (Joh 53,10). Er trug unsere Sünden an seinem eignen Leib auf das Holz. Er liebte uns und gab sich selbst für uns dahin, als ein Opfer lieblichen Wohlgeruchs vor Gott.
Ist das nicht eine wunderbare Gnade, mein Leser? Hast du jemals über die tiefe Bedeutung der Worte nachgedacht: „Jehova gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen.?“ oder auch jener Stelle: „Ihn, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm?“ Hat jemals eine Ahnung deine Seele durchzogen, welche Schrecken das Herz des Geliebten erfüllt haben müssen, als Er dort am Kreuz ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Wenn nicht, so stehe heute still und versenke dich in diese kostbaren Geheimnisse einer erlösenden Liebe! Bedenke, dass der Zweck des ganzen Heilsplanes Gottes und des Werkes seiner Liebe nichts anderes war, als die Errettung des Sünders! Gott hasst die Sünde, aber Er liebt den Sünder. Er ist ein Feind alles Bösen, aber ein Freund des Sünders.
Nichts wird in der Schrift klarer gelehrt, als die Notwendigkeit des Todes Christi, ja, seines Todes am Kreuz zu unserer Erlösung. Ein jeder, der die Gnade Gottes schon an seinem eignen Herzen erfahren und durch den Glauben an Christus Frieden und Vergebung gefunden hat, weiß dieses. Unser gepriesener Herr sagte zu Nikodemus: „Gleichwie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, also muss der Sohn des Menschen erhöht werden.“ Es gab keinen anderen Weg zur Befriedigung der göttlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit und zur Errettung des Sünders. Auch hören wir aus dem Mund des Herrn bei einer anderen Gelegenheit die Worte: „Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt“; und: „Wenn nicht das Weizenkorn in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viele Frucht“ (Joh 3,14; 6,51; 12,24). Ein lebender Christus konnte unmöglich den Sünder retten und aus den Banden der Sünde und des Todes befreien. Um die Sklavenketten Satans zu brechen und die Pforten des Hades zu sprengen, musste Er sterben und wieder auferstehen.
Wie gesegnet ist daher die göttliche Tatsache, dass Christus für die Ungerechten, für Gottlose und Sünder gestorben ist! Er ist der Freund des Sünders und ladet alle Mühseligen und Beladenen ein, zu Ihm zu kommen und bei Ihm Ruhe zu finden für ihre Seelen. Er, der als der Träger unserer Sünden sterben musste, konnte unmöglich von dem Tod behalten werden. Sein Fleisch hat die Verwesung nicht gesehen. Nachdem das Werk der Erlösung vollbracht und Gott vollkommen verherrlicht war, ist Er „durch die Herrlichkeit des Vaters“ aus den Toten auferweckt worden, und Er sitzt jetzt zur Rechten Gottes, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Und das ist der glorreiche Beweis, dass die Gerechtigkeit Gottes vollkommen befriedigt ist, dass alle die Forderungen seiner Heiligkeit erfüllt und alle Ihm willkommen sind, die in einfältigem Vertrauen auf das Blut Jesu seinem Thron nahen.
Und nun, mein Leser, was ist dieser Jesus für dich? Hast du Ihn als deinen Freund kennen gelernt? Hast du an deinem eigenen Herzen erfahren, was sein Tod und seine Auferstehung für den verdammungswürdigen Sünder bedeuten? Hast du deine Zuflucht zu Ihm genommen, der als der Auferstandene und Verherrlichte jetzt als der einzige Grund deiner Hoffnung dir vor Augen gestellt wird? Hast du Frieden gefunden in dem Glauben an sein kostbares Blut? Bedenke, dass niemand zum Vater kommt, als nur durch Ihn, dass Er die einzige Tür zur ewigen Errettung ist. Und vergiss nicht, dass der Augenblick nahe ist, wo Er nicht mehr als der Freund des Sünders seine liebliche Einladung ergehen lassen wird, sondern wo Er als der gerechte Richter einem jeden gegenüberstehen wird, der die Zeit der Gnade versäumt hat. Der Richter steht vor der Tür! Wie willst du dem kommenden Zorn entfliehen, wenn du eine so große Errettung vernachlässigst? Darum verhärte dein Herz nicht länger, sondern eile heute noch zu Jesu! Denn heute ist der Tag des Heils, heute ist die Zeit der Annahme. Es ist Freude im Himmel, Freude vor den Engeln, ja, Freude in dem Vaterherzen Gottes, wenn ein Sünder Buße tut. Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe.